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Post aus New York

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Am Sonntag, dem 9. Oktober 2005, schrieb nach dem Lunch in New York bei leichtem Regen und angenehmen 23 Grad der weltberühmte Dirigent Kurt Masur einen Brief an die Geigenbaumeisterin Ruth Brückner in Erfurt:

Sehr geehrte Frau Ruth Brückner,

leider kann ich Ihnen erst heute antworten, weil ich lange auf Tourneen und nicht in Leipzig war. Die Instrumente Ihres Vaters waren immer so wertvoll, dass man sie klanglich mit alten Italienischen vergleichen konnte. Ich bin sicher, daß Sie diese Tradition übernommen haben und weiß von Musikern, daß Ihre Instrumente hoch eingeschätzt werden. Leider müssen wir heute gemeinsam um die Anerkennung der Musik in unserer Gesellschaft ringen. Ich hoffe, daß in Ihrem Falle bei den verantwortlichen Stellen die Kenntnis und die Einsicht vorhanden ist, welch wichtige Rolle Kultur und speziell die Musikkultur im Leben eines Menschen darstellen. Die Tätigkeit eines Geigenbaumeisters ist eine künstlerisch hocheinzuschätzende, denn sie müssen nicht nur die handwerklichen Kenntnisse sondern auch das Ohr eines Musikers und das Fingerspitzengefühl besitzen, um solche wertvollen Instrumente zu bauen.

In Hochachtung und lebendiger Erinnerung an Ihren Vater

Ihr

Kurt Masur

Profaner Anlass für diese herzliche und rührende Ode an die künstlerische Qualität des Geigenbaues im Allgemeinen und das Ansehen Brücknerscher Instrumente im Besonderen, war ein Streit mit den Thüringer Steuerbehörden, ob der Bau von Meisterinstrumenten nur schnödes Gewerbe ist oder als kulturell hochstehende, kreative Leistung betrachtet werden kann. Spätestens nach diesem Schreiben waren allerdings selbst die Finanzbeamten überzeugt, dass ein mit Liebe und innerem Feuer hergestelltes Instrument, welches sich immer wieder neu an individueller klanglicher und optischer Schönheit orientiert und immer auch ein unverwechselbares Einzelstück bleiben wird, vielleicht doch nicht ganz mit jenen heute in Fernost gefertigten, geigenähnlichen Schachteln verglichen werden kann, die niemals die Hand eines Meisters gespürt haben und für 200 Euro inklusive Kasten und Bogen im Supermarkt feil geboten werden . (Auf seiner ersten Sitzung nach dem Krieg legte der Geigenbauerverband 1948 in Stuttgart fest: Eine Schülergeige müsse mehr als 60 Mark kosten. Was unter 20 Mark lag, solle nicht einmal zur Reparatur angenommen werden, denn es handele sich um Spielzeug und kein Musikinstrument. Meistergeigen könnten nicht unter 400 Mark hergestellt werden. Auch die heutigen „Internetschnäppchen“ und eBay-Auktionen erweisen sich fast immer als mehr oder minder teure Fehlinvestition.)

GEIGENBAU IM SPIEGEL DER ZEITEN

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