Читать книгу Öffentliches Wirtschaftsrecht - Stefan Storr - Страница 67

aa) Grundrechte als Abwehrrechte

Оглавление

103

Freiheitsrechte fungieren auch im öffentlichen Wirtschaftsrecht primär als Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe[270]. Die Vorschriften des öffentlichen Wirtschaftsrechts müssen sich also vor allem an den Grundrechten der Gewerbetreibenden messen lassen. Nach der allgemeinen Definition ist ein Eingriff jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich des konkreten Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht. Auf die vom Staat gewählte Handlungsform kommt es dabei nicht an. Jeder Eingriff muss aber nicht nur den Anforderungen an das Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen, sondern bedarf nach der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes einer gesetzlichen Grundlage. Als „vorverlagerte Verteidigungslinie der Grundrechte als Abwehrrechte“[271] verlangt dieses zentrale Element des Rechtsstaatsprinzips nicht nur, dass überhaupt eine gesetzliche Grundlage für einen Grundrechtseingriff vorhanden ist, sondern auch, dass die wesentlichen Entscheidungen durch den Gesetzgeber getroffen werden (sog. Parlamentsvorbehalt)[272]. Dies gilt insbes für intensive Grundrechtseingriffe[273]. Dabei ist die Intensität keineswegs zwingend von der gewählten Handlungsform abhängig (zur Eingriffsqualität staatlicher Information s. Rn 133 f). Umstritten ist die Reichweite des Gesetzesvorbehalts im Bereich der Leistungsverwaltung, wo diese Frage vor allem im Zusammenhang mit staatlichen Subventionen relevant wird (dazu unten Rn 780 ff).

Einerseits hat das BVerfG zu Recht die Lehre vom Totalvorbehalt abgelehnt, so dass grundsätzlich die Aufnahme der Subventionsmittel in einen Haushaltsplan genügt[274]. Strengere Anforderungen gelten dann, wenn die Subventionierung gleichzeitig in Grundrechte der Konkurrenten eingreift, insbesondere bei der Pressesubvention[275] bzw im Schutzbereich des Art. 4 GG[276]. Nicht abschließend geklärt ist die Frage des Grundrechtsschutzes gegen sonstige Subventionen, die einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das BVerfG tendiert zu einer Ausweitung des Gesetzesvorbehaltes. Dann nämlich, wenn der Gesetzgeber Vorteile im beruflichen Wettbewerb schafft, bedeutet die Verweigerung des Vorteils einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Dies wiederum wird keinesfalls nur bei Subventionen, sondern auch in anderen Zusammenhängen relevant[277]. Allerdings relativiert sich die Bedeutung der Grundrechte überall dort, wo die Rechtsprechung eine besondere Schwere des Grundrechtseingriffs verlangt.

104

Nur selten führt der Grundrechtseingriff freilich zur Verfassungswidrigkeit wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Normen. Grundrechte wirken in aller Regel normintern; unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensspielräume lassen ausreichend Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Die Bedeutung der norminternen Grundrechtswirkung kann jedoch kaum überschätzt werden. So ergibt sich beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einer berufsbezogenen Genehmigung grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung dieser Genehmigung.

Vor allem aber ergeben sich Konsequenzen für den Rechtsschutz. Haben grundrechtlich geschützte Rechtsgüter eine verfassungsmäßige Konkretisierung in einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften erfahren, sind diese im Zweifel verfassungskonform im Sinne subjektiver Rechte der Betroffenen auszulegen[278]. Gleichzeitig schließen solche einfachgesetzlichen Vorschriften wegen ihrer Spezialität einen unmittelbaren Rückgriff auf Grundrechte aus. Normextern wirken Grundrechte daher eher selten. Doch auch dann ist ihre Wirkung keinesfalls auf die mögliche Verfassungswidrigkeit einer Regelung beschränkt. Sie können auch für den Rechtsschutz relevant werden. Es liegt in der Logik des subjektiven Grundrechtsschutzes auch gegenüber dem Gesetzgeber, den Grundrechten dann eine normexterne Wirkung zuzubilligen, wenn der Gesetzgeber es versäumt hat, den grundrechtlich gebotenen Mindestschutz[279] durch unterverfassungsrechtliche Vorschriften zu gewährleisten[280].

Öffentliches Wirtschaftsrecht

Подняться наверх