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cc) Berufsausübungsregelungen

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Diese regelmäßig mildeste Form des Eingriffes lässt sich durch „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls“ legitimieren[389]. Seinem sachlichen Umfang nach erstreckt sich der grundrechtliche Schutz „auf den Beruf in all seinen Aspekten“[390]. Dabei setzt Art. 12 GG dem Gesetzgeber nur wenige Schranken. Der Gesetzgeber darf dabei Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen und hat vor allem bei der Festlegung arbeits-, sozial- und wirtschaftspolitischer Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum[391]. Die Beispiele reichen von Ladenschlussvorschriften[392], den Vorgaben des Lebensmittelrechts für den Lebensmitteleinzelhandel und Gaststätten bis hin zu den Rauchverboten in Gaststätten (ausführlich ▸ Klausurenkurs Fall Nr 2).

Im Hinblick auf die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG sind diese jedenfalls auf gesetzlicher Grundlage zulässig[393]. Wird von der gesetzlichen Regelung der Nichtraucherschutz jedoch durch Ausnahmeregelungen relativiert, wie es in den meisten Bundesländern geschehen ist[394], muss sie diese Entscheidung auch folgerichtig weiterverfolgen (s. zum Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit Rn 146)[395]. Nachdem allerdings die Verfassungsgerichte unter deutlich stärkerer Betonung der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative Ausnahmeregelungen für Einraumgaststätten und die Zeltgastronomie ausdrücklich gebilligt und weitere Ausnahmen für nicht verfassungsrechtlich gefordert erachtet haben[396], dürften die verfassungsrechtlichen Fragen für die Praxis geklärt sein[397].

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Die Berufsausübungsfreiheit schließt also auch die Außendarstellung von Gewerbetreibenden ein, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet ist. Staatliche Werbebeschränkungen sind also Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung[398]. Während sich objektbezogene Werbebeschränkungen, wie sie für jugendgefährdende Schriften bzw Medien, Heilmittel (§ 11 Nr 12 HwG) und Tabakwerbung (§ 22 Abs. 2 TabakG) gelten, in der Regel als unproblematisch darstellen, hat sich zu den Grenzen der branchenspezifischen Werbebeschränkungen, vor allem im Bereich der freien Berufe, eine umfangreiche Kasuistik entwickelt[399].

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Daraus ergibt sich für die Lösung von Fall 8 (Rn 99)[400] Folgendes: Werbeverbote und Werbeeinschränkungen stellen auch für freie Berufe Berufsausübungsregelungen dar[401]. Sie sollen als Teil der Berufsordnung mit dazu beitragen, dass der Berufsstand seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Dem Apotheker ist die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung überantwortet (§ 1 Abs. 1 ApG). Die Bevölkerung soll darauf vertrauen dürfen, dass der Apotheker – obwohl auch Gewerbetreibender – sich nicht von Gewinnstreben beherrschen lässt, sondern seine Verantwortung im Rahmen der Gesundheitsberufe wahrnimmt. In diesem Sinne sollen die Werbeverbote dem Arzneimittelfehlgebrauch entgegenwirken und die ordnungsgemäße Berufsausübung stärken. Insbes soll das Vertrauen der Bevölkerung in die berufliche Integrität der Apotheker erhalten und gefördert werden. Die Werbeverbote für verschreibungspflichtige Arzneimittel gem. § 10 HeilmittelwerbeG sind daher verfassungskonform. Die angeführten Gründe rechtfertigen aber nicht den Ausschluss der Werbung für das frei verkäufliche (nicht apothekengebundene) Sortiment. In seinen Werbemethoden lässt sich auch kein „unkollegiales Verhalten“ sehen. Mit den entsprechenden Ausführungen hat das Landesberufsgericht die Tragweite von Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG verkannt. Konkurrenzschutz und Schutz vor Umsatzverlagerungen sind keine legitimen Zwecke, die Einschränkungen in der Berufsausübung rechtfertigen können. Weder genießen die sonstigen ortsansässigen Apotheker aus Art. 12 Abs. 1 GG Schutz vor den werbeaktiven Konkurrenten[402], noch darf dies aus dem herkömmlichen Berufsbild gefolgert werden, weil das Berufsbild des Apothekers nicht Selbstzweck ist, sondern nur zum Schutz der Volksgesundheit entwickelt und aufrechterhalten worden ist[403]. Damit steht das Verbot der Werbung für das frei verkäufliche Apothekensortiment nicht mit der Verfassung in Einklang, die zwar Werbeverbote zur Sicherung der Integrität des Berufsstandes und des Vertrauens der Bevölkerung in die freien Berufe grundsätzlich für gerechtfertigt hält, aber in den konkreten Fällen zu einer zunehmenden Lockerung entsprechender Beschränkungen geführt hat. Die sich in einigen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen abzeichnende Differenzierung zwischen dem Internetauftritt und sonstigen Werbebeschränkungen[404] überzeugt dagegen nicht.

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