Читать книгу Magic Tales - Verhext um Mitternacht - Stefanie Hasse - Страница 8
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TRISTAN
Es war reine Schikane. Wie immer. Mit einem vermutlich antiken Besen in der Hand stand ich am Rand des alten Marktplatzes und fegte die Straße. Als könnten die anderen das Chaos nicht mit nur einem schnellen Zauber beseitigen! Die alten Gebäude, für die der Verschönerungsverein derzeit Denkmalschutz verlangt hatte, boten die perfekte Kulisse. Hinzu kam der Nebel, den die erste Jägerbrigade direkt nach ihrer Ankunft hatte aufziehen lassen, um sich besser zu tarnen. Die Weißroben waren überall und erinnerten mich wieder und wieder an den Abend, an dem sie meinen Vater mitgenommen hatten.
Ich sah mich unentwegt um und war damit nicht der Einzige. Selbst die Hexen, die sich wenigstens ernsthaft wehren konnten, machten sich Sorgen, während sie den Jägern einen unwissenden Menschen nach dem anderen zur Löschung der Erinnerungen brachten.
Die Stadt war angegriffen worden! Von Dunkelhexen! Natürlich kannte ich die Gerüchte um die Angriffe der Blutmagier, aber sie alle hatten weit entfernt stattgefunden. Nicht hier, so nah, dass ich unwillkürlich Angst um all die Unwissenden dort draußen hatte, Menschen, denen ich tagtäglich begegnete.
Während ich die Scherben einer zerbrochenen Autoscheibe zusammenfegte, beobachtete ich Chris und Noah. Ihre linken Unterarme gaben ein konstantes bläuliches Leuchten ab. Sie wirkten einen Zauber nach dem anderen, reparierten zerstörte Scheiben und entfernten die Beulen aus den geparkten Autos, während die Jäger umherhuschten wie Geister und die zum Leben erweckten Bronzefiguren des alten Brunnens einfingen. Die Figuren hatten keine Chance. Ebenso wenig, wie mein Vater eine Chance gehabt hatte.
Erst durch den metallischen Geschmack im Mund bemerkte ich, wie fest ich mir auf die Wange gebissen hatte. Meine Finger waren um das raue Holz des Besens verkrampft.
»Warum fegst du die Straße?«, fragte mich ein dunkelhaariger Mann in weißer Robe, den ich so auf Mitte vierzig schätzte. Er hob bereits die Hand, um die Scherben mit Magie einzusammeln, aber jemand trat zu uns und legte seine Hand auf den linken Arm des Mannes, bis dieser ihn senkte und das Leuchten verblasste.
»Tristan will auch seinen Beitrag leisten«, sagte Noah und mein Griff wurde noch fester, während der Mann sich mit einem Schulterzucken abwandte und woanders seine Magie wirkte.
Noah trat mit einem gehässigen Grinsen noch näher, begutachtete die Scherben zu meinen Füßen, die ich aufgehäuft hatte. Seine Sigille leuchtete noch von der Reparatur des Schaufensterglases der Apotheke.
Ehe ich irgendwie reagieren konnte, floss das bläulich schimmernde Licht aus seiner Sigille heraus nach unten und zerstreute die Scherben wieder wie eine Windböe einen Laubhaufen.
Beruhige dich, ermahnte ich mich und schloss die Augen. Noch genau 211 Tage bis zu meinem achtzehnten Geburtstag, zu meiner Freiheit. Ich zählte die Tage, bis ich endlich zum Unwissenden werden und der Hexenwelt entfliehen konnte, wie menschliche Kinder die Tage bis Weihnachten.