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Unterschiede und Gleiches

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Am Mittag des nächsten Tages machte Gaten sich auf den Weg zurück zum See. Er wusste von seinen Leuten, dass die Reiter die Nacht bei ihren Drachen verbracht hatten, und so war ihm ein Gespräch mit Dannika verwehrt geblieben. Er wollte sich jedoch entschuldigen und versuchen, schon im Vorfeld einige Unstimmigkeiten zu klären.

Als er am See ankam und vom Pferd absaß, bot sich ihm schon wieder ein kleines Schauspiel. Zwei der mächtigen Drachen waren im Wasser. Der Lilafarbene und der Blaue. Sie tauchten immer wieder unter und wenn sie an die Oberfläche kamen, war es, als würde ein Berg aus puren Edelsteinen aus dem See auftauchen. Die nassen Schuppen reflektierten das Sonnenlicht und ließen die Tiere regelrecht schillern. Gaten trat ans Ufer, bis das Wasser seine Schuhe durchnässte. Der Tag war erneut heiß und die kleine Abkühlung tat gut.

„Kommandant Gaten“, begrüßte Mélina ihn und kam herüber. Auch sie war nass und leicht außer Atem. Ihre Laune schien jedoch noch immer gut zu sein. Die Nähe zu ihrem Drachen machte sie sichtlich friedlicher.

„Gardistin Mélina.“ Er neigte leicht den Kopf.

Sie grinste. „Was verschafft uns denn die Ehre?“

„Ich wollte Euch nur besuchen kommen“, erklärte Gaten und wies auf die Drachen im See.

Die Reiterin verzog wissend das Gesicht und senkte den Blick für einen kurzen Moment auf seine Füße.

Er lachte leise. „Und die Gelegenheit für eine Abkühlung nutzen.“

Nun lachte sie auch. „Na dann. Ihr seid herzlich eingeladen, mit uns zu schwimmen.“ Sie hob den Arm und wies ebenfalls auf die Drachen. „Oder traut Ihr Euch nicht?“, deutete sie seinen unschlüssigen Gesichtsausdruck richtig.

„Habt Ihr keine Angst, dass sie Euch irgendwie, ich weiß nicht, erdrücken könnten?“

Mélinas Lachen wurde lauter. „Nein. Aber es ist natürlich Euch überlassen. Schwitzt ruhig weiter, wenn Ihr wollt.“ Sie grinste noch mal breit und rannte zurück in den See. Ruw hob die mächtigen Flügel aus dem Wasser, ließ sie niederschwingen, als Mélina gerade einen Sprung machte und dann im Wasser abtauchte. Die Welle, die der Drache geschlagen hatte, wogte so hoch, dass nun auch Gatens Knie nass wurden.

Sein Blick suchte unterdessen Fehr und mit ihm Dannika, doch er fand sie nicht. Schließlich erkannte er, dass Lynéra, die auf dem Rücken ihres Drachen stand, ihn ebenfalls entdeckt hatte. Sie hob die Hand zum Gruß und deutete dann in den Himmel. Gaten grüßte zurück und hob den Blick, um im wolkenlosen Blau, nach der Generalin Ausschau zu halten. Nach einigen Minuten tauchte über dem großen Hügel, der eine Seite des Sees begrenzte, der mächtige grüne Drache auf. Fehr verlangsamte sein Tempo nicht und stürzte kurz darauf, fast senkrecht in die Mitte des Sees. Gaten hielt den Atem an. Zwar war der See tief, aber würde er für Fehr ausreichen?

Es musste wohl so sein, denn nicht viel später tauchte der Flugführer aus den Fluten auf und breitete seine Flügel aus, sodass Wassertropfen in alle Richtungen flogen und wie Diamanten im Licht glitzerten. Es platschte gewaltig, als die Schwingen die Wasseroberfläche trafen und der riesige Drache sich flach auf den See legte. Jetzt erkannte Gaten auch seine Reiterin, die sich lachend aufrichtete, bis sie stand. Leichtfüßig lief sie über einen ausgestreckten Flügel und sprang kopfüber in den See.

An Fehrs Schnauze tauchte sie wieder auf, gab ihm einen Kuss auf das mächtige Maul und lachte auf, als er kurz den Kopf ins Wasser drückte und damit eine Welle erzeugte, die sie von ihm wegspülte. Ihre Miene blieb so fröhlich, als sie sich schließlich auf den Bauch drehte und mit eleganten Zügen ans Ufer geschwommen kam, wo Gaten stand.

„Lord Gaten“, begrüßte sie ihn.

Sein Blick hatte sich förmlich an ihr festgesogen, als sie aus dem Wasser aufgetaucht und dann zu ihm gekommen war. Sie trug heute keine Rüstung, nur ein leichtes Hemd bedeckte ihren Oberkörper und eine kurze Hose die schlanken Beine. Zwar hatte Gaten ihre Gestalt auch schon in der Rüstung bewundert, doch so zivil und vor allem in diesem Zustand, kam er nicht umhin, sie auch als attraktiv im fraulichen Sinne zu sehen.

„La ... ich meine, Dannika. Hallo.“ Gaten verstummte, sich seiner deutlichen Unsicherheit durchaus bewusst.

Dannika lächelte. „Du wolltest uns also besuchen kommen?“

„Ich, ehm, ja. Woher weißt du das?“

„Mélina hat es Ruw gesagt und er hat es Fehr weitergegeben.“

„Oh. Ja, klar. Entschuldige. Ich hab diese Verbindungssache noch nicht so verarbeitet.“

„Kein Problem“, lächelte sie. „Wie ich sehe, ist es ein offizieller Besuch.“ Ihr Blick glitt an ihm hoch und wieder runter. „Bitte entschuldige, dass wir unangemessen auftreten. Wir hatten nicht damit gerechnet.“

„Oh nein. Nein. Ich bin in eigener Sache hier“, erklärte er sofort.

„Und welche Sache ist das?“

„Ich wollte mich für den Abend gestern entschuldigen. Mein König ist natürlich über alles im Bilde, was ich tue. Wie er aber selbst gesagt hat, ist es im Moment ein bisschen schwierig für uns, geduldig zu sein. Was uns wiederum unkluge Dinge tun und sagen lässt. Ich hoffe, ihr könnt uns verzeihen.“

„Für einen König sollte er sich aber besser im Griff haben“, erklärte sie und Gaten nickte zustimmend.

„Es war wirklich nicht seine Absicht, unhöflich zu sein“, entschuldigte er sich abermals.

„Es sei ihm verziehen.“

Gaten verneigte sich leicht. „Ich danke dir.“

Dannika lachte auf und schüttelte den Kopf. „Bitte entschuldige“, sagte sie kichernd, weil Gaten ihr einen argwöhnischen Blick zuwarf. „Fehr hatte nur gerade eine Meinung. Er ist manchmal unmöglich.“

„Ach so? Welche war es denn?“

„Die, dass ich deinen König das nächste Mal einfach auffresse, wenn er wieder unhöflich wird. Oder ihm mindestens einen Arm abbeiße. Er braucht sicher nicht beide“, kam die Antwort vom Drachen selbst mit hörbaren Grinsen.

Für einen Augenblick wurde es Gaten schlecht. „Aber ...“

Erneut lachte Dannika. „Das war ein Scherz. Drachen fressen keine Menschen. Zumindest Fehr tut es nicht.“

„Oh. Gut.“ Gaten räusperte sich. Seine Unsicherheit war noch immer offensichtlich.

„Ich denke, wir sollten mit dem Kennenlernen weitermachen“, meinte sie und lächelte ihn beruhigend an. „Wie ich sehe, ist selbst unsere Art Humor einzusetzen unterschiedlich.“

„Das glaube ich nicht. Es ist eher die Tatsache, dass mein Volk, das der Drachen nicht einschätzen kann“, erklärte Gaten. „Es wäre nicht unmöglich, dass ein Drache einen Menschen frisst. Die Sturmlande und die Freien Länder sind keine Freunde.“

Dannika presste die Lippen aufeinander und nickte. „Entschuldige. Wenn man es so sieht, ist diese Art Witz natürlich bedrohlich. Sei versichert, dass niemand von uns euch schaden will. Ich gebe dir mein Wort als unh Garda.“

Gaten nahm das Versprechen dankend an. „Wie sieht es dann aus. Hast du Zeit? Ich könnte dir die Stadt zeigen und wie wir hier leben.“

„Sehr gern.“ Sie wandte sich zum See und rief ihren Leuten zu, was sie vorhatte zu tun. Avery hob die Hand, dass er sie verstanden hatte, und schwamm mit langen Zügen zum Ufer. Er kam unweit der beiden aus dem Wasser und ging zu seinen Sachen, die auf einem Haufen am Strand lagen.

Gaten erkannte, dass der Mann muskulöser war, als es unter der Rüstung den Anschein gemacht hatte. Sein Körper war von oben bis unten gestählt und kein Gramm Fett war zu sehen. Er wirkte, trotz der wenigen Kleidung als würde ein Schwert einfach an ihm abprallen, sollte man es wagen, eines gegen ihn zu schwingen.

„Gefällt er dir?“, kam eine Frage von Dannika und Gaten wandte den Blick zu ihr zurück.

Mit gerunzelter Stirn fragte er: „Ob er was tut?“

Sie neigte den Kopf kurz in Richtung Avery, ohne den Blick von Gaten zu wenden. „Ob er dir gefällt?“

Perplex antwortete er: „Nein. Ich ... nein.“

Sie zuckte mit den Schultern, dann drehte auch sie sich um und lief zu dem Stapel Sachen und Waffen, an dem auch Avery stand. Gaten musste sich höllisch zusammenreißen, den Blick abzuwenden, als sie in einer geschmeidigen Bewegung ihr Oberteil über den Kopf zog.

Wenig später tippte sie ihm auf die Schulter und sagte: „Wir können los.“

Er nickte und stieg auf sein Pferd. Auch die anderen beiden saßen auf, wobei Dannika an seine Seite kam. Avery blieb in gebührendem Abstand hinter ihnen.

„Also wenn du doch Gefallen an ihm findest, kann ich ihm gern eine Nachricht überbringen“, erklärte sie und meinte es vollkommen ernst.

Gaten schüttelte grinsend den Kopf. „Das ist nett, aber wirklich, nein danke. Ich bevorzuge Frauen.“

„Warum hast du ihn dann so angestarrt?“

„Habe ich das? Tut mir leid. Das war keine Absicht. Es war wohl eher männliche Neugier, am potenziellen Rangrivalen. Das Prüfen neuer Männchen im Revier, und so.“ Er grinste frech.

„Oh. In Ordnung. Macht ihr das immer?“

Nun lachte Gaten. „Nein. Ich bin neugierig. Mehr nicht. Eure Rüstungen verbergen viel. Da habe ich die Gelegenheit genutzt, dass er keine anhatte.“

„Aha. Und bist du zufrieden? Hast du erfahren, was du wolltest?“ Das klang ein klein wenig abschätzend.

„Falls du denkst, ich würde so rausfinden wollen, ob ihr gute Kämpfer seid, dann liegst du falsch. Ihr seid nur so anders als wir. Es ist erstaunlich, wie wenig wir gemeinsam zu haben scheinen.“

„We lev in dora differé Entied, Lord Gaten. Ke edi da cel ewarta? Wir leben in zwei verschiedenen Welten. Was hast du denn erwartet?“

Nun zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß nicht genau. Um ehrlich zu sein, habe ich mir nur über die Drachen den Kopf zerbrochen.“

„So so.“

Er senkte den Blick kurz auf seine Hände und wandte ihn dann der Generalin zu. „Ich hatte keine Vorstellung von eurem Volk. Wenn ich eine gehabt hätte, hätte ich vermutet, ihr wärt wie wir.“

„Das ist ziemlich kurzsichtig“, merkte sie an.

„Vielleicht. Aber nun seid ihr ja hier. Ihr habt die Möglichkeit, all unsere Fehleinschätzungen zu berichtigen.“

„Alle? Dafür haben wir wohl kaum genug Zeit.“

Gatens Blick für die Gardistin musste seinen Unmut über diese Aussage zeigen, denn nun atmete sie tief durch und fügte an: „Entschuldige. Das war nun unhöflich von mir. Darf ich vorschlagen, dass wir nicht mehr so viel über unsere Unterschiede sprechen, dafür aber mehr Gemeinsamkeiten suchen?“

Gaten verzog kurz das Gesicht, stimmte aber zu. „Ja. Auch wenn ich fast befürchte, dass es schwierig wird, Gleichheiten zu finden, wo es doch so viele Unterschiede gibt.“

„Ich bin zuversichtlich“, lächelte Dannika nun, was Gaten spiegelte.

Eine viertel Stunde später ritten sie auf dem Burghof ein und stiegen von den Pferden. Gaten wollte seine Zügel gerade an einen Knappen übergeben, als er Dannika erneut zögern sah. Er bedeutete dem Jungen, sich zurückzuziehen, und führte sein Tier zur Gardistin. Sie erkannte sein Entgegenkommen und folgte ihm mit ihrem Pferd in die Stallungen.

Als er sein Tier festband, fragte er: „Es scheint euch wirklich unangenehm zu sein, dass jemand für euch Dienste verrichtet. Ist es das dann?“

Averys Blick war missmutig und Gaten spürte, dass der Mann liebend gern etwas gesagt hätte, doch Dannika antwortete: „Es ist bei uns nicht üblich. Wir sind sehr selbstständig. Wir erledigen die meisten Dinge allein. Wenn wir doch Hilfe brauchen, bitten wir darum und erwidern den Gefallen gleichermaßen. Dass jemand etwas für uns tut, ohne dass wir es ihm entlohnen können, ist ein bisschen befremdlich.“

„Unsere Bediensteten werden entlohnt“, erklärte Gaten.

„Aber nicht durch uns.“

„Nein. Der König zahlt ihren Lohn. Zählt das nicht?“

„Mhh. Man könnte es gelten lassen. Es ist ja normal bei euch.“

„Wie macht ihr das? Erwidert ihr jeden Gefallen oder Dienst? Ist das nicht anstrengend?“

Dannika kicherte. „Es ist ein Geben und Nehmen. Natürlich schenken wir uns auch Dinge oder Taten. Die muss man auch nicht erwidern. Aber wenn man jemanden um Hilfe bittet, dann ist es üblich, dass man ihm ebenfalls Hilfe gewährt. Natürlich nur, wenn man selbst imstande dazu ist. Wir erbitten nichts, was unserem Gegenüber unmöglich wäre.“

„Ihr steht also immer in der Schuld eines anderen?“

„Nein. Für euch mag das so aussehen. Für uns ist es einfach unsere Kultur. Es steht kein Zwang oder Muss dahinter. Wenn aber jemand immer wieder nur fordert, ohne selbst auch zu geben, dann wird er eines Tages keine Hilfe mehr bekommen.“

„Kommt das oft vor?“

„Ab und zu. Sicher habt ihr hier auch Egissés. Ich meine, ehm. Wie ist das Wort gleich ... ah, Eigenbrötler?“

„Stimmt. Haben wir. Siehe da. Eine Gemeinsamkeit“, grinste Gaten und freute sich ehrlich darüber.

Dannika lachte auf. „Wunderbar. Vielleicht nicht die Beste, aber ein Anfang.“

Auch Gaten lachte. „Lass uns darauf aufbauen. Erzähl mir mehr von deinem Zuhause.“

„Da gibt es so viel.“

„Ich habe Zeit.“

Sie schmunzelte. „Gut.“ Während sie die Pferde versorgten und anschließend durch die Burg und die Stadt spazierten, erzählte Dannika ihm von den Sturmlanden. Er versuchte, sich ein Bild im Kopf zu machen, und musste feststellen, dass es fast unmöglich war, weil die Inseln wirklich alles zu haben schienen.

Dannika erklärte, dass sie tatsächlich jede Wetterlage hatten. Man konnte von brütender Hitze bis hin zu eiszeitlichen Stürmen alles erleben. Sie verriet ihm auch, dass sie selbst ein kleines Häuschen im bewaldeten Teil der Sturmlande auf der Insel Rhohán besaß. Es lag nicht weit vom Drachenfels entfernt, auf einer Klippe und hatte laut ihrer Aussage einen fantastischen Ausblick auf eine Bucht und das Meer dahinter.

Die Bewohner der Sturmlande verteilten sich ungleichmäßig auf alle Inseln. Auch wenn es, neben dem Drachenfels, drei große Haupteilande gab - Rhohán, die Wüsteninselinsel Sedda und die Felsinsel Áther-Fellis - die von Menschen bewohnt werden konnten, waren die kleinen nebenan teils dichter besiedelt als die großen.

Das Thema Politik und Regierung hatten sie ja schon kurz angeschnitten, doch nun erklärte die Generalin das gesamte System und wie gut es schon seit Anbeginn der Zeit dort funktionierte. Hier konnte Gaten sich ein gutes Bild machen und glaubte ihr, wenn sie sagte, es gäbe keine Probleme damit. Dort.

Hier in den Freien Ländern würde es nicht funktionieren. Auf dem Festland waren die Leute es gewohnt, regiert zu werden. Würde man ihnen die Entscheidungsgewalt von heute auf morgen übertragen, würde Chaos ausbrechen, weil jeder sofort versuchen würde, umzusetzen, was er für richtig hielt. Da die Sturmländler von jeher so selbstständig waren, war eine Demokratie für sie die bessere Wahl.

„Was tut ihr, wenn ihr euch uneinig seid? Wie trefft ihr wichtige Entscheidungen?“, hakte er nach, als sie gerade den Truppenübungsplatz von Thale erreichten.

„Wir halten bei allen wichtigen Dingen Volksabstimmungen oder bei Regierungswechseln, Kron-Wahlen ab. Das Volk bekommt in mehreren Zusammenkünften alle Informationen, die es gibt und es werden, wenn benötigt, Lösungsvorschläge gesammelt. Es wird auch vermerkt, wer an diesen Sitzungen teilnimmt, denn nur Teilnehmer dürfen am Ende auch wählen. Sind alle ausreichend informiert, wird gewählt.

Wir haben zwischen den Sitzungen und der Wahl eine Bedenkzeit von bis zu einem halben Jahr, je nachdem wie schwerwiegend die Entscheidung ist. Wenn gewählt wurde, entscheidet die eindeutige Mehrheit, die mindestens zweidrittel erreicht haben muss. Gibt es keine, wird erneut eine Bedenkzeit gegeben, in der wiederum Zusammenkünfte stattfinden, um die Uneinigkeit zu beseitigen. Das kann dreimal insgesamt passieren.

Sind wir uns dann immer noch uneins, kommt der Rat um unseren Regenten zusammen. Er bespricht sich, grenzt eventuell die Möglichkeiten ein und wägt ab, was das Beste wäre. Wir müssen immer mindestens drei Möglichkeiten finden, die dann in einer vierten und vorerst letzten Abstimmung an das Volk weitergereicht werden. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es erneut nicht zu einer Einigung kommt, entscheidet der Rat zwischen den beiden am meisten gewählten Ergebnissen. Das kam aber erst wenige Male in der Geschichte vor. Zumeist wird spätestens beim zweiten Wahlgang endgültig entschieden.“

„Das klingt nach einer sehr langwierigen Entscheidungsfindung. Ist das nicht hinderlich? Ich meine, was ist, wenn schnell eine wichtige Entscheidung gefällt werden muss?“

„Welche Entscheidung ist so wichtig, dass wir den Menschen und Bewohnern des Landes nicht genügend Bedenkzeit geben sollten?“, stellte Dannika eine Gegenfrage.

„Ich weiß nicht. Wenn zum Beispiel dringend ein neuer Regent gewählt werden muss?“

„Das geht ziemlich schnell bei uns. Und selbst wenn nicht, ist ein Regent nicht überlebenswichtig für unser Volk. Im Grunde agiert der jeweilige Souverän nur als Hauptansprechpartner für alle anderen Regenten, Könige oder Botschafter. Ist er nicht abkömmlich, vertritt ihn der Rat.“

„Also regiert dein Volk sich selbst?“

„Genau genommen, ja. Zaya ist eine wichtige Person, keine Frage. Ihre erste Aufgabe ist es aber, das Wohl des Volkes sicherzustellen. Und wer weiß am besten, was das Volk braucht, wenn nicht das Volk selbst? Allerdings fällt sie auch Entscheidungen allein, ohne eine Wahl abzuhalten. Nicht jedes Vorhaben erfordert eine Volksabstimmung. Insbesondere was unser Militär angeht. So zum Beispiel auch unsere Reise hier her. Der Rat und Zaya haben es entschieden, nicht das Volk.“

Gaten nickte. „Also ist sie nur dafür verantwortlich, dass am Ende alles so läuft, wie das Volk es will?“

„Einfach ausgedrückt, ja.“

„Das wäre bei uns nie denkbar. Die Leute würden das Land ins Chaos stürzen.“

„Jedes Land muss selbst rausfinden, wie es am besten überlebt. Ich denke, eine Demokratie könnte bei euch auch funktionieren. Man muss es nur langsam anfangen und den Leuten die Wichtigkeit ihrer Handlungen erklären. Und vor allem muss man ihrem Urteilsvermögen vertrauen. Wenn das nicht gegeben ist, bleibt immer die Skepsis und die bringt Unmut. Das Volk würde merken, dass das Vertrauen fehlt, und es würde aus Protest unsinnige oder zu radikale Entscheidungen treffen. Es wäre ein Irrkreis.“

„Ich denke, dann bleiben wir lieber bei unserem System. Eine Umstellung wäre viel zu aufwendig.“

„Was immer du meinst“, lächelte Dannika und Gaten wusste, dass sie das Risiko eingehen würde. Er beließ es dabei.

Die Drachen der Skareth

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