Читать книгу Faylinn - Stefanie Worbs - Страница 7

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Ein Keuchen drang mir aus der Kehle und mit einem Schlag wurde mir erst richtig bewusst, was ich getan hatte. Ich hatte Leben ausgelöscht. Einfach so. Und das, wo ich es doch verabscheute, überhaupt jemandem körperliches Leid anzutun. Doch das Schlimmste an alle dem war, dass ich es nicht mit einer Waffe getan hatte, sondern mit meiner eigenen Magie. Die Magie, die mir immer so viel bedeutet hatte. Die ich nie als Waffe gesehen hatte, die mein Leben war. Ohne die ich nichts war. Meine Fantasie.

Mein Atem ging schneller und mein Herz schlug schmerzhaft gegen meine Brust. Ich stemmte mich nach vorn auf die Knie und stützte mich mit den Händen am Boden ab, um aufzustehen, doch es gelang mir nicht. Stattdessen rutschte ich vor dem Waschbeckenunterschrank wieder zusammen und kauerte nun dort. Panik, Angst und Verzweiflung nahmen überhand in meinem Kopf. Ich hatte das Schlimmste getan, was ich hätte tun können und ich hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Immer wieder stürzten die Bilder auf mich ein und zogen mich tiefer in meine Panikattacke und in die Schwärze dahinter.

Dann legten sich Arme um mich und zogen mich fest an eine starke Schulter. „Alles wird gut, kleine Hexe. Du bist nicht allein. Alles wird gut“, sagte eine Stimme, wie aus weiter Ferne. Eine Hand legte sich an meinen Hinterkopf und ich ließ zu, dass sie mein Gesicht an die Schulter der Person drückte, die neben mir hockte. Der Duft von Wald stieg mir in die Nase. Moos, Kiefernnadeln und Morgentau. Zuhause.

Elias. Ich sog seinen Geruch ein und klammerte mich daran fest, als wäre er der einzige Halt für mich, um nicht in der Schwärze meiner Gedanken zu versinken. Mit einer Hand strich er mir übers Haar, während er mich mit der anderen festhielt. Langsam beruhigte sich meine Atmung, dann kamen die Tränen. Ich wollte nicht weinen, doch ich konnte es nicht zurückhalten. Elias hielt mich einfach weiter fest und schwieg.

Ich hatte keine Ahnung wie lange wir da gesessen und nichts gesagt hatten. Wie lange ich an seiner Schulter weinte und das Chaos meiner Gefühle und Gedanken in mir wütete, doch irgendwann ebbten meine Tränen ab und es wurde still. Ich entspannte meine Hand, die sich in sein Hemd gegraben hatte, und legte sie flach auf seine Brust. Unter ihr spürte ich sein Herz ruhig und gleichmäßig schlagen und wie sich sein Brustkorb bei jedem Atemzug sachte hob und senkte. Immer noch atmete ich seinen Duft ein und immer noch beruhigte er mich. Doch wir konnten hier nicht ewig sitzen und so zwang ich mich von ihm abzurücken.

Ohne ihn anzusehen, wischte ich mir die Wangen. „Tut mir leid“, kam es mir über die Lippen in kaum mehr als einem Flüstern. Ein Déjà-vu-Gefühl überkam mich.

Seine Hand schob sich in mein Blickfeld, er fasste mein Kinn, drückte es hoch und sah mir ins Gesicht, auch wenn ich die Augen gesenkt ließ. „Erzählst du es mir?“, fragte er ebenfalls leise, doch ich schüttelte den Kopf, weil ich nicht wusste, ob ich es schaffen würde. Sein Daumen strich mir über die Unterlippe und mit dem anderen wischte er noch eine Träne von meiner Wange, die sich heimlich gelöst hatte. Dann stand er auf und half mir hoch. Wir gingen zurück, er setzte mich aufs Bett und ließ sich neben mich sinken. Dyllan war verschwunden. Ich ging davon aus, dass Elias ihn fortgeschickt hatte. Es war mir ganz recht.

„Wie bist du ins Bad gekommen?“, wollte ich wissen, denn ich hatte ja abgeschlossen.

Er tippte auf den Griff seines Dolches. „Eure Türen sind nicht sicherer als unsere, allerdings glaube ich, die muss jetzt ausgetauscht werden.“ Er nickte zum Badezimmer und grinste leicht.

Auch mir huschte ein Lächeln über die Lippen. „Danke.“

Wieder strichen seine Finger über meine Wange. „Ich will ehrlich sein. Ein kleines Bisschen hatten Ro und ich damit gerechnet, dass so was passiert. Was mich allerdings verwundert ist, dass es doch so spät kam.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hab bis gerade eben nicht mehr drüber nachgedacht.“

„Aber du hast die beiden doch gesehen.“

„Ja und dann habe ich versucht, sie zu vergessen.“

„Das geht nicht.“

„Das weiß ich jetzt auch.“

Er lachte leise, dann wurde er wieder ernst. „Du musst darüber reden. Das hilft.“

„Was sollte es helfen? Ich habe zwei Menschen getötet. Einer davon hat nur Befehle befolgt. Ich hab nicht richtig nachgedacht und jetzt sind sie tot.“

„Sie sind es, weil sie uns angegriffen haben. Sie haben dich bedroht. Du hast dich gewehrt.“

„Ich hätte sie nicht töten müssen. Das mit der Wurzel hätte, so, gar nicht passieren sollen und der Magier ... ich habe das getan, weil ich dem Moment so ... so ... wütend war. Ich habe nicht auf meinen Kopf, sondern auf mein Bauch gehört. Diesmal war es falsch. Und tödlich.“

„Wenn das mit der Wurzel nicht so geschehen sollte, dann kannst du das als Unfall abtun. Es war nicht deine Schuld. Es war einfach ein unglücklicher Zufall, dass das Pferd nicht gebremst hat und der Reiter ungünstig gefallen ist.“

Ich lachte bitter auf. „Ach, ein Unfall also und ungünstig gefallen? Ich habe diese Wurzel wachsen lassen!“

„Aber nicht in der Absicht, jemandem Leid zuzufügen. Du wolltest dich schützen. Sie hätten dich ja nicht verflogen müssen. So gesehen, war es sogar ihre eigene Schuld.“

„Und der Magier? Der Ast den ich habe fliegen lassen, damit er sich in sein Herz bohrt und ihn tötet? Hast du dafür auch eine Ausrede?“, fragte ich und schaute ihn missmutig an.

Er erwiderte meinen Blick kurz, dann sagte er: „Du hast deinen Bauch entscheiden lassen. Manchmal ist das besser, als ewig nachzudenken. Wer weiß was passiert wäre, wenn du erst überlegt hättest, wie du ihn aufhalten kannst, ohne ihn zu töten.“

„Er hätte dich fallen gelassen. Er wollte, dass ich zaubere. Ich glaube, er wollte sich selbst beweisen, dass er richtig lag, was meine Fähigkeiten angeht.“

„Also hat er dich provoziert und hätte damit rechnen müssen, dass du so reagierst. Dann hat auch er sein Schicksal selbst gewählt.“

Ich fing Elias’ Blick erneut auf und schüttelte leicht den Kopf. „Du kannst das nicht gut reden.“

„Tu ich auch nicht. Ich zeige dir nur eine andere Seite, damit du erkennst, dass es nicht deine Schuld war.“

Ich senkte den Blick auf meine Hände. „Aber es war meine Schuld. Ich habe gezaubert. Selbst wenn ich es aus deiner Perspektive betrachte, war es immer noch meine Magie. Ich wollte nie eine Waffe führen, weil ich niemanden verletzen wollte. Ich bin kein Mensch, der mit Gewalt Gefechte schlägt, und was habe ich jetzt getan? Ich habe als Waffe benutzt, was ich nie als solche gesehen habe. Du hast keine Ahnung, Elias.“

„Dann erklär es mir“, bat er, nahm meine Hand und drückte sie leicht. „Ich will es verstehen.“

Ich atmete tief ein und wieder aus. „Mein Leben ist so verkorkst. Alles war gut, bis meine Magie mir mein Leben verdreht hat. Es war alles wunderbar. Weißt du, wie man meine Macht nennt?“

„Mentalmagie.“

„Auch. Aber sie hat noch einen anderen Namen. Fantasie.“

Er runzelte die Stirn. „Fantasie? Die hat doch jeder.“

„Ja, aber in meinem Fall hat sie auch etwas Magisches. Deshalb bin ich Hüterin geworden. Ich kann Dinge, die ich mir vorstelle, real werden lassen, weil meine Vorstellungskraft so stark und detailgetreu ist. Wenn ich an etwas denke, kann ich dieses Bild echt werden lassen. So funktioniert meine Magie. Das geht ganz ohne Mana oder Spruch. Ich muss nur daran denken, es mir vorstellen und es wird real. Dafür brauche ich Fantasie.“

Er musterte mich nur abwartend. Sein Blick verriet mir aber, dass er mehr wissen wollte.

„Viele Leute haben es nicht verstanden. Sie dachten, ich sei verrückt und hätte zu viel Vorstellungskraft. Sie wussten nichts von Magie oder dass ich jemand Besonderes werden sollte. Für sie war ich einfach ein Kind mit zu viel Vorstellungsvermögen. Eben nicht ganz richtig im Kopf. Sie haben versucht, mir das auszutreiben, indem sie mich in ein Irrenhaus gesteckt haben. Sie wollten mir nehmen, was mich ausmacht, haben mir meine Zeichensachen weggenommen und mir Medikamente gegen meine angeblichen Halluzinationen gegeben. Doch ich habe es nicht zugelassen. Ich habe mich geweigert, mir meine Fantasie nehmen zu lassen, denn sie war das Einzige, was ich noch hatte. Ohne sie bin ich nichts. Sie ist sozusagen der wichtigste Teil von mir.“ Ich stand auf, holte meinen Skizzenblock und reichte ihn an Elias. „May kam zu mir und brachte mich hierher. Sie und die anderen Professoren erzählten mir, was ich bin und erklärten, dass es gut so war. Und endlich hatte ich wieder das Gefühl akzeptiert zu werden. Ich lernte mit meiner Fantasie, mit meiner Macht, umzugehen. Ich lernte, wie wunderbar sie ist.“ Ich stoppte in meiner Erklärung und Elias schaute auf.

Er hatte in dem Block geblättert und horchte auf, als ich verstummte. „Aber?“, fragte er leise, als wüsste er die Antwort schon.

„Aber jetzt habe ich gelernt, dass sie nicht wunderbar ist. Sie ist gefährlich und tödlich, weil ich sie nicht richtig einsetzen kann. Weil ich nicht in der Lage bin, sie richtig einzuschätzen und so zu nutzen, wie es ein richtig ausgebildeter Hüter tun würde. Aber ohne sie bin ich nichts. Sie ist, was mich ausmacht. Verstehst du? Ich habe mit dem getötet, was ich bin. Ich kann sie also nicht mal von mir schieben, weil ich ohne meine Fantasie nichts wäre.“

Er legte den Block zur Seite und wandte sich nun ganz mir zu. Sorge stand in seinem Gesicht und sogar etwas Angst.

„Elias, ich glaube, ich kann das nicht. Wisterias Hüterin sein, meine ich. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Wie ich deine - eure - Welt retten soll. Ich hatte ein halbes Jahr Ausbildung, ein halbes von sieben! Ich dachte, ich weiß alles über deine Welt. Ich dachte, ich wäre bereit und könnte das schaffen. Ich dachte, meine Macht würde das für mich tun. Aber das ist nicht so. Hüter sind mächtige Magier, wenn sie ihre Macht beherrschen. Das tue ich nicht. Das habe ich jetzt verstanden.“

„Sagst du mir gerade, dass du aufgeben willst?“

„Ich weiß nicht. Ich glaube schon.“

„Das kannst du nicht!“, gab er mir eindringlich zurück.

„Ich werde mehr kaputtmachen, als dass ich helfe. Elias, ich ...“

„Nein. Hör auf“, unterbrach er mich. Seine Stimme war ruhig und bedacht, auch wenn ich die Angst heraushörte. „Du wirst nicht aufgeben! Du bist unsere Hüterin! Du wirst unsere Welt retten! Das ist deine Aufgabe!“, sagte er mit Nachdruck, doch ohne jeglichen Vorwurf. „Fay, du kannst uns nicht im Stich lassen“, fügte er an und suchte meinen Blick.

„Das will ich ja auch nicht.“

„Dann tu’s nicht.“

„Aber wie soll ich helfen? Wie kann ich helfen? Ich kann vielleicht zaubern, aber eben nicht richtig. Ich hab nicht mal den Zauber richtig hinbekommen, der Deaks Kleidung ändern sollte. Jeder richtig ausgebildete Hüter hätte das mit Links gemacht. Und ich stand nicht mal unter Druck.“

„Kein Druck? Wenn dein Freund so krank ist? Nach einem Angriff solcher Klasse? Kein Druck?“ Elias zog die Augenbrauen hoch. „Ich würde sagen, das war genug Druck.“

„Finde ich nicht. Wenn das schon Druck gewesen sein soll, was ist dann, wenn’s hart auf hart kommt? Wenn ich doch einem Magier oder einem Drachen gegenüberstehe? Wenn ich zwischen die Fronten gerate oder wenn die Zeit gekommen ist und ich eingreifen muss, weil Wisteria sonst dem Untergang preisgegeben ist? Das ist Druck.“

Wieder musterte er mich. „Gib nicht auf. Bitte. Ich weiß, dass das alles viel ist, was gerade passiert. Und ich kann mir vorstellen, welcher gewaltigen Aufgabe du dich gegenüber siehst. Aber egal was passiert ist oder passieren wird, du bist nicht allein und wirst das auch nicht allein durchstehen müssen.“

„Ich weiß. Trotzdem weiß ich nicht, was ich überhaupt tun kann.“

„Wenn ich dir verspreche, dass wir gemeinsam einen Weg finden werden und dass wir gemeinsam kämpfen werden, versprichst du mir dann, dass du weitermachst? Dass du nicht aufgibst? Wir brauchen dich. Und ob nun ein halbes Jahr oder sieben ganze, du bist eine Hüterin, unsere. Wir zählen auf dich und helfen dir. Aber bitte mach weiter. Also, wie sieht’s aus? Abgemacht?“

Ich schaute in seine dunklen Augen und sah die Aufrichtigkeit darin. Sein Vertrauen in mich, dass ich ... dass wir es schaffen konnten. Ich nickte. „Abgemacht“, sagte ich leise und schluckte.

Wieder hob er die Arme und zog mich an sich. „Danke, kleine Hexe.“

„Gerne doch“, kicherte ich leise aber bedrückt, an seiner Brust.

Er wuschelte mir durchs Haar und ließ mich los. „Ich muss mich noch für was anderes bedanken. Das habe ich bis jetzt nicht getan. Zumindest noch nicht bei dir.“

Ich runzelte die Stirn. „Ach, für was denn?“

„Für mein Leben.“ Er lachte leise. „Wir hatten uns kurz vorher noch darüber unterhalten, dass nur wenige Elfen so ein hohes Alter erreichen, wie unsere Elder. Na ja, ohne dich und Deaken hätte ich jetzt auch keine Chance mehr darauf. Mit ihm habe ich schon geredet und ihm meinen Dank ausgesprochen, doch bei dir hatte ich noch keine Gelegenheit. Also danke, kleine Hexe.“ Er neigte den Kopf.

„Auch hierfür gern geschehen. Aber es wäre nicht nötig gewesen. Ich hätte es nie zugelassen, dass dir oder einem der anderen was passiert.“

„Wie auch immer. Jetzt hab ich wieder eine Chance auf die 300.“ Er grinste.

„Eigentlich sollten wir dich alter Mann nennen, nicht Orkun. Du bist jetzt schon fast doppelt so alt wie er.“

Jetzt lachte der Elf. „Für dich. Für einen Elfen bin ich ein Jungspund.“

„Was ist dann Ro? Ein Kleinkind?“

„Wenn du es so sehen willst?“, feixte er.

„Nein, lieber nicht.“ Ich stimmte in sein Lachen ein. „Ich glaube, das sollte ich auch lieber nicht in seiner Gegenwart wiederholen.“

„Nein, lieber nicht“, wiederholte Elias meine Worte grinsend. Er griff neben sich und hatte nun wieder meinen Block in der Hand. „Sind die alle von dir?“, wollte er wissen und schlug das kleine Heft wahllos auf.

„Ja. Ich zeichne schon, seit ich denken kann. Früher habe ich die großen Bilder auf Leinwand sogar verkauft. Mit dem Geld könnte ich mir locker ein Haus kaufen und einige Jahre sorglos leben.“

„Das glaube ich. Die sind wirklich gut.“

„Ich hatte auch noch viel mehr, als nur das da.“ Ich deutete auf den Block.

„Wo sind die Bilder? Kann ich sie sehen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Es gibt sie nicht mehr.“

„Hast du sie alle verkauft?“

„Nein. Ich meine damit, dass es sie gar nicht mehr gibt. Meine Eltern haben sie vernichtet.“

Entsetzen trat in Elias’ sein Gesicht. „Was? Warum denn?“

„Weil ich verrückt geworden bin.“

Das Entsetzen wich der Erkenntnis. „Sie waren die Leute, die dich ins Irrenhaus gesteckt haben.“

Ich nickte. „Das da, ein Zweites davon und ein alter Block von früher sind die einzigen Überbleibsel. Seit ich auf dem Internat hier angekommen bin, hatte ich kaum Zeit für mehr und dann kam schon Wisteria.“

„Du solltest das wieder machen. Du solltest dir die Zeit dafür nehmen.“

„Ich hab die Zeit aber nicht. Ich muss eine Welt retten“, sagte ich und schubste ihn spielerisch mit der Schulter an.

Er grinste. „Stimmt, musst du. Und trotzdem. Ich glaube, es ist ein guter Weg für dich, um einen klaren Kopf zu behalten. Wenn du sagst, deine Vorstellungskraft ist deine Macht, dann solltest du sie nicht nur arbeiten lassen, sondern ihr auch Freizeit gönnen. Verstehst du?“

Ich verstand. Er meinte, dass ich auch einfach mal abschalten sollte, um nicht die ganze Zeit unter Druck zu stehen. Egal was gerade vorging, ich sollte zwischendrin durchatmen, um wieder Kraft zu finden.

„Ich werde dir Farbe und all das besorgen und du wirst zeichnen. Ich will mehr davon sehen.“ Sein Blick glitt über die Zeichnungen im Block und blieb an dem Bild hängen, das als loses Blatt zwischen die Seiten geklemmt war. Das Bild, das ich damals in der Anstalt gezeichnet hatte, als der Arzt mir den Block dagelassen hatte. Eine leichte Zeichnung, einfach und schlicht. Und doch hatte sie mir Kraft gegeben und mich meinen Glauben nicht verlieren lassen und nie zuvor hatte sie jemand gesehen. Nicht mal Deaken, denn der hatte nur den anderen Block in die Finger bekommen. Die Zeichnung zeigte ein Augenpaar und es gehörte Ro.

Ich hatte das Bild seiner Augen nicht aus dem Kopf bekommen, seit ich das erste Mal durch die Tür geschaut hatte. Zwar hatte die Kugelschreiberzeichnung keine Farbe außer Blau, doch in meiner Vorstellung war die Iris so hellgrau, wie Dayrons Augen es auch in Natur waren. Nun trafen Elias’ dunkelbraune auf meine grünen und sein Blick wurde unergründlich.

Ich hatte das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, also sagte ich: „Das Bild ist alt. Ich habe es in der Anstalt gemalt. Ro hatte mich doch bemerkt, als ich nach Wisteria geschaut hatte, und irgendwie hab ich seinen Blick nicht aus meinem Kopf bekommen. Es hat nichts weiter zu bedeuten. Auch wenn ich zugeben muss, dass das Bild an sich mir einiges bedeutet.“

„Was denn?“

„Es hat mir Halt gegeben“, antwortete ich.

Elias runzelte die Stirn.

„Alle sagten, ich sei verrückt und würde mir Dinge einbilden. Die haben mich eingewiesen und mir eingeredet, dass Ava, Meryl und Wisteria nicht echt seien. Ich hatte Angst, sie könnten recht behalten. Ich hatte Angst, das alles zu verlieren. Da hab ich das Bild gemalt, weil es das Einzige war, was unauffällig genug war, um es in einer Irrenanstalt zeichnen zu können. Es hat mir den Halt gegeben, den ich brauchte, um mich nicht zu verlieren. Es hat mich daran erinnert, dass ich mir das alles nicht nur eingebildet hab.“

Der Elf nickte nur und schaute wieder auf die Zeichnung. Sein Ausdruck blieb unergründlich. Lias Worte drängten sich mir in den Kopf.

Frag ihn mal, was er für dich empfindet.

Faylinn

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