Читать книгу Faylinn - Hüterin der Türen (Band 1) - Auf Weave Mansion - Stefanie Worbs - Страница 10
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Lia und er saßen schon an unserem Stammtisch, doch nur meine Schwester hatte etwas zu essen vor sich stehen. Deaken, eine Tasse Kaffee in der Hand, beobachtete sie dabei, wie sie sich umständlich ein Brötchen mit Marmelade bestrich, dann glitt sein Blick zu mir. Ich machte einen Bogen an der Ausgabe vorbei und holte mir ebenfalls ein Brötchen und Schokoaufstrich dazu. Bei den beiden angekommen umrundete ich seinen Stuhl und ließ mich auf meinen angestammten Platz fallen.
Lia warf mir einen seltsamen Blick zu, dann fragte sie geradeheraus: „Heute stinkt er wohl nicht?“
Deaken prustete los. Der Schluck Kaffee, den er gerade hatte trinken wollen, verteilte sich über den Tisch und ging knapp an Lia vorbei. Sie verzog ein wenig angeekelt das Gesicht und rutschte etwas weiter zur Seite, wobei sie ihren Teller mitnahm. Ich konnte sie nur fassungslos anstarren. Deaken hatte kurz Mühe sich wieder einzukriegen, wischte sich den Kaffee vom Mund und grinste dann breit zu mir. Mein Blick glitt zu ihm, doch sagen konnte ich nichts, während mein Mund sich lautlos öffnete und wieder schloss.
Er musterte meinen Ausdruck und feixte noch immer, als er schließlich aufstand und meinte: „Ich hole mal was zum Aufwischen und einen neuen Kaffee, willst du auch einen?“ Er hatte seinen halb verschüttet, bei seinem kleinen Anfall eben.
„Ich, ehm, also, Latte bitte“, antwortete ich etwas kleinlauter als gewollt.
Er nickte und ging.
Mein Blick flog wieder zu Lia. „Spinnst du? Was war das denn?“
„Ich hab doch nur gefragt“, meinte sie unschuldig.
„Ja, vor ihm und diese Frage! Warum denn bitte?“
Sie verzog das Gesicht. „Weil ich es wissen wollte?“, antwortete sie kindlich fragend. „Außerdem weiß ich was, was du nicht weißt.“ Sie lächelte wissend, wie jemand der ein Geheimnis hatte, es nur zu gern sagen wollte, es aber trotzdem für sich behielt. Ich verdrehte nur die Augen und machte mich daran, mein Brötchen zu schmieren. Deaken kam zurück und stellte mir meinen Kaffee hin.
„Danke“, sagte ich und zog das Getränk zu mir, wobei ich sorgfältig darauf achtete, ihn nicht anzusehen oder versehentlich zu berühren. Wieder warf Lia mir einen seltsamen Blick zu und holte Luft.
„Sei bloß still!“, knurrte ich halblaut und sah sie böse an.
Sie schloss den Mund und stieß die Luft in einem murrendem Mhh aus. Mit ihren zehn Jahren wurde sie langsam ganz schön aufmüpfig. Deakens Blick glitt zwischen mir und ihr hin und her.
Er hatte sich inzwischen wieder gesetzt, lehnte sich nun zurück und blies in seinen neuen Kaffee. „Was verpasse ich hier gerade?“, wollte er wissen und ich konnte seinen Blick im Rücken spüren.
„Gar nichts“, sagte ich und warf ihm ein gekünsteltes Lächeln über die Schulter zu.
Sein Blick ging zurück zu Lia und er zog fragend die Augenbrauen hoch.
„Sie steht auf dich“, ließ meine kleine Schwester verlauten und tat so, als hätte sie gerade einfach mal die Zeit angesagt. Mein Blick schoss zu ihr und mein Mund klappte auf. Ich spürte förmlich, wie Deaken sich neben mir versteifte. Das Brötchen in meiner Hand war vergessen.
Eine endlos scheinende Weile herrschte Stille, dann schaute Lia unschuldig auf, von mir zu Deaken und zurück. „Was? Ist doch so“, sagte sie und tunkte den Rest ihres Brötchens in ihren Kakao. Unfähig irgendetwas zu erwidern starrte ich sie an. Deaken räusperte sich schließlich und lehnte sich leicht vor, blieb aber immer noch hinter mir und außerhalb meines Sichtfeldes. Ich bemerkte es nur, weil seine Stimme näher war und natürlich zuckte ich zusammen, als er sprach.
„Und du weißt das, weil?“, fragte er an meine kleine Schwester gewandt und auch wenn er es zu verbergen suchte, konnte ich heraushören, dass er es wirklich wissen wollte.
„Nur so ein Gefühl. Ach ja und natürlich, weil sie von dir redet.“
„Tu ich gar nicht!“, empörte ich mich, schaute dann aber entschuldigend zu ihm. „Also ich meine, schon. Aber nur wenn ich mich mit Lia unterhalte. Sie ist diejenige, die ständig nach dir fragt.“ Eine Rechtfertigung? Warum rechtfertige ich mich hier überhaupt?
„Ich rede ja auch nicht von unseren Unterhaltungen“, fügte Lia besserwisserisch an.
Deakens Gesicht spiegelte meine Verwirrung.
„Ich rede doch sonst mit keinem?“, brachte ich raus und versuchte zu verstehen, was sie meinte.
„Ich sagte auch nicht, dass du mit jemandem über ihn redest.“ Lia grinste verschlagen.
„Was?“ Meine Stimme glitt eine Tonlage höher. Ich verstand nur Bahnhof.
„Fay führt Selbstgespräche?“, grinste Deaken und warf mir einen schelmischen Blick zu.
„Tu ich gar nicht!“
„Tut sie nicht. Aber sie träumt. Und das anscheinend viel von dir.“ Lia grinste wieder breit und hämisch. Offensichtlich zufrieden mit sich. Ach du heilige ... Was hatte sie gehört? Wann? Und wie? Unsere Zimmer lagen zwar nah beieinander, doch sie hätte über den Flur zu mir kommen müssen und in mein Zimmer rein und dann hätte ich sie doch mitbekommen?
Ich spürte mein Gesicht heiß werden und Deakens Blick auf mir. Was sollte ich jetzt tun? Aufspringen und davonlaufen? Nein, das wäre albern und damit würde ich ja beweisen, dass sie recht hatte. Lachen und sagen, dass sie spinnt? Nein, das würde nicht echt rüberkommen. Es einfach übergehen und einen Scherz auf ihre Kosten machen? Aber es war kein Scherz von ihr gewesen. Verdammt! Sie hatte recht. Ich hatte von Deaken geträumt. Schon öfter und, na ja, auch schon heißer. Himmel, er war ja auch heiß, was machte ich mir vor. Aber er war eben auch ein Prof. Meiner. Das ginge nicht. Ich wüsste nicht mal wie.
Aber seine Augen. Sein Lächeln. Die Art wie er meinen Namen sagte. Und da waren sie wieder, die Schmetterlinge. Aber diesmal waren es zu viele und nun sprang ich doch auf. Ohne ein Wort lief in Richtung Mädchenklo. So viel zum Thema Frühstück.
Ich konnte die Klotür auf und wieder zu gehen hören.
„Fay?“, drang Lias leise Stimme durch die geschlossene Kabinentür.
„Jetzt nicht, Kleine“, krächzte ich mit rauer Stimme. Ich hatte noch nicht wirklich was gegessen und so ziemlich jeder weiß wohl, wie es ist, sich auf leeren Magen zu übergeben.
„Fay, es tut mir leid.“
Ich schwieg.
„Fay?“
„Mhh?“
„Bist du böse auf mich?“ Sie klang bedrückt.
„Nein.“ Ich konnte ihr nie böse sein. Nicht lange zumindest. Außerdem hatte ich gerade andere Probleme. Nämlich zum Beispiel meinen Magen unter Kontrolle zu bringen.
„Ich hätte das nicht sagen dürfen.“
„Schon gut.“ Ich hockte an einer Wand der Kabine, den Kopf daran gelehnt, die Augen geschlossen. „Du hättest es erst mal mir sagen können. Aber ich kenne dich ja. Immer direkt.“ Ich musste grinsen. Ein Punkt, in dem wir uns glichen.
Sie kicherte. „Aber weißt du was?“
„Mh mh“, verneinte ich.
„Das war nicht das Geheimnis, was ich meinte.“ Ihre Stimme wurde etwas leiser.
„Nicht?“ Jetzt horchte ich auf. Ich hätte gedacht, dass es das gewesen war.
„Nein. Ich glaube aber, es ist fair, wenn ich es dir erzähle.“
„Tu es nicht. Es ist ein Geheimnis.“
„Aber es ist meins und ich kann es erzählen, wem ich will“, sagte sie und klang leicht eingeschnappt.
„Na dann, schieß mal los.“
„Deaken steht genauso auf dich.“ Sie sprach leise und ich wusste, sie wollte nicht, dass es sonst jemand hörte. Auch wenn hier, genau wie im Speisesaal, niemand war. Im Gegensatz zu den anderen hier lebenden Schülern durfte ich ja heute nicht ausschlafen.
Ruckartig löste ich meinen Kopf von der Wand und sah die geschlossene Tür an. „Das kannst du doch gar nicht wissen“, gab ich ihr argwöhnisch zurück.
„Kann ich wohl.“ Sie klang wieder eingeschnappt.
„Und woher bitte?“
„Das merkt man doch! Und ich habe ihn mit May reden hören, als ich ihn besuchen wollte.“
Das hatte ich auch und auch da hatte man etwas raushören können. „Das hat nichts zu sagen. Ich bin seine Schülerin. Wir mögen uns als Freunde.“
„Hat es auch nichts zu sagen, wenn er zugibt, Gefühle für dich zu haben?“
„Hat er das denn?“ Ich runzelte die Stirn. Hatte er?
„Hat er. Nur weiß er nicht, was er tun soll, weil er ja auch dein Professor ist. Er macht sich Sorgen, die anderen Schüler könnten dummes Zeug reden. Er will nicht, dass du schlecht da stehst.“
Genug. Jetzt musste ich ihr in die Augen sehen, um sicher zu wissen, dass sie mich nicht auf den Arm nahm. Ich rappelte mich hoch und öffnete die Tür. Lia hockte im Schneidersitz davor und schaute zu mir auf.
„Was hast du gehört? Und wann?“ Ich setzte mich vor sie und lehnte mich an die Tür, die hinter mir zugefallen war.
Sie reichte mir einen Pfefferminzbonbon. Offensichtlich wusste sie, was passiert war. „Was ich gesagt habe. Er hat zu May gesagt, dass er ständig an dich denken muss. Und er weiß nicht, wie er es dir sagen soll und ob überhaupt. Er denkt, du würdest ihn sowieso zurückweisen, schon wegen der Lehrer-Schüler Sache. Und er macht sich Sorgen wegen deiner Ausbildung. Er hat was von einem Wächter gesagt und dass du keinen hättest. Ich glaube, dass du deswegen das Kampftraining machen musst. Außerdem hat er May gebeten, dass er dich unterrichten darf.“
„Wann war das?“, hakte ich noch mal nach.
„Vor ungefähr einer Woche. Ich glaube allerdings, dass er schon länger auf dich steht.“
„Ah ja?“
„Mhh“, raunte sie zustimmend und spielte mit ihren Schnürsenkeln.
Ich warf ihr einen auffordernd fragenden Blick zu.
Sie hob den Kopf, fing ihn auf und grinste verschlagen. „Schon seit der Anstalt.“
„Was? Ehrlich? Aber da kannte er mich doch noch gar nicht richtig.“
„Wahrscheinlich doch. Er hat mich ständig nach dir gefragt.“
„Was hast du ihm denn erzählt?“
„Was er eben wissen wollte.“
„Lia?!“ Himmel, ich wollte lieber nicht wissen, was das alles war.
„Alles okay, keine Sorge. Es waren nur nette Sachen“, feixte sie und spielte weiter mit ihren Schnürsenkeln. Ich lehnte den Kopf an die Klotür und seufzte, als ein leises Klopfen ertönte. Wir wandten beide unsere Aufmerksamkeit der Tür zu, die in dieses Mädchenklo führte. Ich überlegte gerade, wer klopfte, weil Mädchen es ja nicht mussten, da beantwortete die Person mir meine unausgesprochene Frage selbst.
„Lia? Fay? Ist alles in Ordnung?“ Deaken, wer sonst.
Lia sprang auf, noch bevor ich sie davon abhalten konnte und öffnete ihm. Ich seufzte erneut und lehnte den Kopf wieder an die Klotür, die Augen abermals geschlossen. Drei große Schritte und er war bei mir. Ich öffnete die Augen wieder und erkannte Besorgnis in seinem Gesicht.
„Geht’s dir gut?“, fragte er und runzelte die Stirn. Er hockte jetzt vor mir und musterte mich eingehend.
„Alles klar.“ Ich versuchte ein Lächeln, doch es schien mir nicht zu gelingen.
„Wenn es dir nicht gut geht, sollten wir besser nicht trainieren“, meinte er und sah mich abschätzend an.
Oh, die Gelegenheit könnte ich ergreifen. Nicht mit einem Schwert herumfuchteln zu müssen und jemandem, sehr wahrscheinlich ihm, aus Versehen den Kopf abzuschlagen, hatte einen großen Reiz. Doch ich musste es ja lernen und nun hatte ich einmal zugesagt.
„Nein, ist schon gut“, resignierte ich halb und senkte den Blick zu Boden. Lia, die halb hinter Deaken stand, grinste. Ich sah es gerade noch und warf ihr einen warnenden Blick zu.
Er wandte sich kurz zu ihr um und dann gleich wieder zu mir. „Na gut, wenn du sicher bist. Komm, du solltest noch was essen, bevor wir anfangen.“ Er hielt mir seine Hand hin.
Ich ergriff sie und er zog mich hoch. „Ich habe keinen Hunger mehr. Lass uns gleich anfangen, dann hab ich das hinter mir“, murrte ich und richtete meine Klamotten.
Er grinste. „Du weißt schon, dass es nicht bei dem einen Training bleibt, oder?“
„Mhh“, murrte ich abermals. „Aber vielleicht bin ich ja wirklich ein Naturtalent.“ Ich verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.
„Wir werden sehen.“ Er lächelte und sofort waren die Schmetterlinge wieder da. Diesmal zum Glück aber nicht so viele und ich konnte meinen Magen davon abhalten auszuflippen. Deaken wandte sich um und ging voraus. Ich folgte ihm, hinter mir kam Lia.
„Ich komme mit“, flötete sie in einem Singsang und hüpfte uns nach. Für sie war es das reinste Wunderland. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie sich ebenfalls ein Schwert geschnappt und sich in den Kampf gestürzt. Doch die jüngeren Schüler durften erst mit 13 anfangen die schweren Waffen zu benutzen. Bis dahin hielten sie sich an zum Beispiel Pfeil und Bogen oder Kampfstäbe. Lia beherrschte natürlich bereits beide wirklich gut und das in nur drei Monaten auf Weave. Ich war ungemein stolz auf sie. Es war eines ihrer wahlfreien Fächer und sie war schon Jahrgangsbeste.
Auf dem Übungsplatz angekommen, ließ sie sich ins Gras fallen und Deaken reichte mir ein Schwert.
Er zog sein Eigenes und nahm Aufstellung. „Bereit?“, fragte er und hob die Waffe.
„Nicht wirklich“, antwortete ich, hob meine diesmal aber auch. Er machte einen Ausfallschritt nach vorn und ich wich automatisch zurück. Dann holte er aus und ließ sein Schwert auf mich niederfahren. Gleichzeitig machte er einen zweiten Schritt, um näher an mich heranzukommen. Wieder wich ich nur aus.
„Fay“, stöhnte Lia genervt. „Du musst schon mitmachen.“
Ich warf ihr einen ebenfalls genervten Blick zu und parierte einen Moment später Deakens Klinge.
„Ach. Unerwartete Schläge kannst du also abblocken“, stellte er fest und grinste.
„Das war gemein“, murrte ich und warf ihm einen bösen Blick zu.
„Das war gut“, meinte er und deutete mit seinem Schwert auf meins. „Wirklich. Gut geblockt. Los, noch mal“, sagte er und griff wieder unerwartet an. Ich blockte jeden Schlag und jeder kam aus einer anderen Richtung. Unerwartet konnte er gut. Doch irgendwann fiel mir ein Muster auf und wie von selbst schaltete mein Gehirn auf Ausweichen. Er führte noch drei Schläge, dann hielt er inne und musterte mich.
Sein Atem ging nur ein wenig schwerer. „Mhh“, grübelte er und sah mich einfach weiter an.
„Was?“, fragte ich, als hätte er mich zurechtgewiesen, obwohl ich gar nichts getan hatte.
„Du hast eine gute Auffassungsgabe“, meinte er.
„Ehm. Danke?“ Wie kam er jetzt da drauf?
Er grinste, als könne er die Frage auf meinem Gesicht lesen. „Ich meinte damit, dass du schnell durchschaut hast, was ich vorhabe.“
„Stimmt, habe ich. Und?“
„Na ja. Du hast sofort aufgehört zu blocken, als du meinen nächsten Schlag erahnen konntest.“
„Und?“ Meine Stimme wurde genervter.
„Nur weil du weißt, was ich als Nächstes tun werde, heißt das nicht, dass du aufhören solltest zu kämpfen. Du kannst das Wissen nutzen und mich ausschalten.“
„Ich habe nicht vor dich auszuschalten“, gab ich ihm zurück und verzog das Gesicht.
„Dann eben deinen Gegner. Los, wir probieren das noch mal.“ Damit ging er wieder unerwartet auf mich los und wieder blockte ich nur so lange, bis ich voraussehen konnte, was er tun würde. Mein Kopf schaltete um und ich wich aus.
Er hielt inne. „Fay“, seufzte er und ließ das Schwert sinken.
„Was denn? Ich mache das nicht mit Absicht. Es passiert einfach“, versuchte ich eine Rechtfertigung. „Außerdem weiß ich gar nicht, wie ich es nutzen soll, dass ich weiß, was du tun wirst. Ich kann doch nicht wahllos auf dich einschlagen.“
„Warum denn nicht?“, wollte er wissen und legte den Kopf schief.
„Na, gibt’s beim Schwertkampf nicht Regeln, oder so?“
Er lachte auf. „Sicher. Wenn es ein kontrollierter Kampf ist. Das sind aber die Wenigsten. Meistens ist es nur hauen und stechen.“
„Das sieht aber nicht so aus.“ Ich hatte schon ältere Schüler trainieren sehen und das sah immer danach aus, als würden sie bestimmte Schläge oder Stellungen üben.
„Du meinst die Oberstufenübungskämpfe?“
„Jepp.“
Er trat näher. „Das sind Übungskämpfe. Es sind Schlagfolgen, die man einstudieren kann und Bewegungsabläufe, die einem hilfreich sein können. Aber das ist nicht wie ich kämpfe.“
„Nicht?“
„Nein. Ich kann das natürlich alles und ich werde es auch dir beibringen. Aber am besten lernt man etwas, wenn man ins kalte Wasser geworfen wird. Und du bist dafür ja der beste Beweis.“
Mehr als einen verständnislosen Blick hatte ich nicht für ihn.
„Wenn ich dich einfach angreife, ohne Vorbereitung und ohne dass du weißt, dass ich es tun werde, blockst du perfekt ab. Du bist eine ich werfe sie ins kalte Wasser - Kandidatin.“
„Na danke auch. Was hättest du getan, wenn ich keine wäre?“
„Dann hätten wir mit den Schlagfolgen und dem ganzen Kram weitergemacht. Ich dachte aber, ich teste es erst mal aus.“ Er grinste.
„Prima. Wie nett von dir“, entgegnete ich ihm bissig und verzog das Gesicht.
„Jetzt müssen wir dich nur noch dazu kriegen, dass du dich auch wehrst und nicht nur abblockst.“ Er musterte mich einen Moment, als überlegte er, wie er das hinbekommen konnte. Lia sprang auf und kam zu uns. Sie zupfte ihm am Ärmel und er beugte sich, damit sie ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und er erhob sich wieder. Dann verschwand er kurz und kehrte mit einem dritten und kleineren Schwert zurück.
Er hielt es ihr hin, sprach aber zu mir: „Mach eine Pause, Fay und schau hin was ich damit meine, wenn ich sage, du sollst dich wehren.“ Was hatte er vor? Wollte er sich mit Lia schlagen?
Aber sie konnte genauso wenig mit dem Schwert umgehen wie ich.
„Was soll das, Deaken!“, fuhr ich ihn an. „Lia ist zu klein dafür!“ Er würde sie in Stücke hauen. Sie hätte ja nicht mal genug Kraft, um seine Schläge zu blocken.
„Lia möchte es ausprobieren und sie ist gewillt, sich auch zu verteidigen.“
„Stimmt“, sagte sie und streckte mir die Zunge raus. Sie hatte das Schwert schon gezogen und trotz dass es kleiner war als meins, konnte ich sehen, dass sie Mühe hatte es zu halten.
„Lia! Das ist zu gefährlich!“
„Ist es nicht. Deak passt schon auf“, entgegnete sie trotzig und ging ein Stück weiter mittig auf den Platz. Sie hob das Schwert mühsam an und lächelte zu uns herüber.
Deaken hatte ihr nachgeschaut, wie sie davon gestiefelt war und wandte sich nun wieder mir zu. „Willst du zugucken oder lieber die Hände vor die Augen halten?“, fragte er neckisch spitz.
„Tu ihr weh und du bist tot!“, fauchte ich und stieß ihm den Finger hart vor die Brust. Er hielt sich die Stelle, grinste und formte mit dem Mund ein lautloses Au. Dann wandte ich mich ab und lief zum Rand des Platzes, wo Lia zuvor gesessen hatte. Allerdings blieb ich stehen. Sie und Deaken nahmen Aufstellung und meine kleine Schwester grinste noch mal zu mir herüber. Sie freute sich offensichtlich über die Chance, das Schwert schwingen zu dürfen. Dann griff er an und mir stockte der Atem.