Читать книгу Phönix Band 2 - Stefanie Worbs - Страница 12
Оглавление7
„Du dreckiger Bastard! Dafür bezahlst du!“
Gerade will ich erneut ausholen, als Hände mich packen und wegziehen. Ich sehe noch, dass Ty sich an Bent drückt und er ihr Gesicht an seiner Brust birgt. Sein Blick ist erschrocken und offensichtlich verwirrt.
„Er war es!“, spucke ich aus und deute mit dem Schwert auf Duan, der sich am Boden krümmt. „Er hat das Tyree angetan! Ich werde ihn umbringen, den Hurensohn!“
„Was? En! Wieso ...“, stößt Bent aus, doch ich unterbreche ihn.
„Ich weiß es“, knurre ich nur, weil ich nicht will, dass sie wissen, dass Ty es mir ungewollt verraten hat. „Er hat sie geschlagen und vergewaltigt! Er hat mein Mädchen angefasst!“, brülle ich halb. Bis auf den letzten Satz, den knurre ich wieder nur.
„En! Bist total bescheuert?! So eine Scheiße!“, flucht Ducan und lässt mich los, um seinem Bruder zu helfen. „Was ist denn bei dir kaputt, verflucht?!“
„Du bist genauso ein heuchlerischer Scheißkerl! Du hast es gewusst! Vermutlich schon die ganze Zeit!“
„Ich ...“, beginnt Ducan, doch Zac unterbricht ihn.
„De braucht Hilfe! Scheiß auf die Idioten und ihre Hure! Wir müssen ihn zu einem Heiler bringen!“ Auch er lässt mich los, um Duan zu helfen, passt aber auf, dass ich mein Schwert nicht wieder erhebe.
„Geh deine Wunden lecken, du mieser Bastard! Und wenn ich dich wiedersehe, bringe ich dich um, verfluchter Wichser!“, spucke ihm entgegen. Zac und Ducan heben Duan und seine Hand hoch, dann verschwinden sie Richtung Heiler-Flügel.
„En“, haucht Bent fast nur. „Heilige Scheiße! Du hast ihm die Hand abgeschlagen!“
„Ich hätte ihn köpfen sollen!“, grolle ich und wende mich um. Ty liegt noch immer in Bents Armen und zittert haltlos. Meine Wut ist wie weggeblasen, als sie den Kopf hebt und sich zu mir dreht. Ihre Augen sind tränennass.
„Verzeih mir“, entschuldige ich mich für mein Verhalten und senke den Blick.
Einen Moment später steht sie bei mir und ich lege ihr die Arme um, als sie es bei mir tut. „Danke“, haucht sie und schluchzt gleichzeitig. Das ist mein Beweis, dass ich wirklich den Richtigen getroffen habe. Ich war mir zwar schon vorher sicher, doch sie hat es mir gerade noch mal bestätigt.
„Woher willst du wissen, dass er es war? En, wenn er es nicht war, dann ...“
Mein Blick bringt Bent zum Schweigen. „Er war es. Ty hat’s mir gezeigt.“ Mehr sage ich nicht. Es ihm zu erklären, würde nichts bringen. Es war eine winzige Reaktion meines Mädchens, die Duan verraten hat. Ein Zucken, wenn man so will, als er sie eine Hure genannt hat.
„Das wird riesen Ärger geben“, meint Bent und fährt sich mit der Hand übers Gesicht. „Ty muss verschwinden, bevor Ristan ausrastet.“
„Duan hat eine Strafe verdient und die hat er bekommen! Es war nur gerecht! Und noch viel zu milde, wenn du mich fragst!“
„Du hast ihm ohne Beweise, die Hand abgeschlagen!“
„Ty hat ...“
„Ty hat gar nichts! Niemand wird ihr glauben! Sie muss gehen! Sofort!“
„Wohin denn? Hast du schon eine Nachricht bekommen?“
„Nein. Aber das ist egal.“ Kurz überlegt er. „Bring sie zu den Zwergen. Ich komme nach. Rike!“, ruft er seinen Wolf, der augenblicklich bereitsteht. „Geh zu Cara“, weist er ihn an und der Wolf rennt los. Er scheint zu wissen, was sein Auftrag ist. Allerdings ist es sicher nicht einfach nur zu unserer Schwester zu laufen. „Nimm Wölfchen mit. Geht ohne Umwege zu Zeez. Ich bringe nach, was wir brauchen.“
Ich nicke. „Denk an Ty“, erinnere ich ihn an die Medizin.
„Sicher. Los jetzt.“
Ohne Zögern nehme ich Tyrees Hand und sie folgt mir ebenso. Noch immer zittert sie, doch sie scheint zu wissen, dass jetzt nicht der Zeitpunkt für Panik ist. Mein Mädchen. So stolz und stark.
Wir durchqueren das Haus und sind schon auf der Zufahrt, als im Haus Gebrüll einsetzt. Es ist Ristan, der außer sich ist.
„Wir müssen rennen, Ty.“ Mein Blick richtet sich eindringlich auf sie und sie nickt. Dann laufen wir los. Wölfchen bleibt hinter uns und bildet so unsere Nachhut. Immer wieder merke ich, wie die Kleine langsamer wird. Sie ist außer Atem und schwitzt stark. Du schaffst das, Kleine, feuere ich sie im Stillen an, dann endlich haben wir eine U-Bahn erreicht.
Ich packe Ty und trage sie die Treppen runter, während Wölfchen neben uns her springt. Unten setze ich sie ab und führe sie zu einer Bank. Keuchend lässt sie sich fallen. Mein Blick fliegt zur Anzeige, wann der Zug kommt. Sieben Minuten. Das werden lange sieben Minuten.
„Wie geht’s dir?“, frage ich und hocke mich vor sie.
„Geht schon“, kommt die atemlose Antwort. „Ich muss echt wieder mehr laufen. So ein Dreck.“ Sie grinst und ich muss lachen. Sie bekommt ihren Humor zurück. Sehr gut. Es dauert eine Weile, bis sie wieder normal atmet und nicht so fertig wirkt.
„Wo leben Zeez und Myra“, will ich wissen und hoffe, dass es nicht unter Tage ist. Damals haben Bent und ich an der Station warten müssen, bis Zeez seine Frau geholt hatte. Und wir waren auch den Rest per Zug gefahren. Einfach weil es schneller ging.
„Station 14“, antwortet Ty und meine Hoffnung verfliegt im Wind.
Ich lasse den Kopf resigniert sinken. Sie lacht leise und ich schaue auf.
„Blöde Sache, was?“, fragt sie neckisch und legt mir eine Hand auf die Schulter. „Aber du bist hier runtergekommen und das, ohne zu zögern. Der Rest wird genauso leicht.“
„Wenn du meinst.“
„Meine ich.“
Der Zug kommt und ich laufe zum Führerhaus. Es ist nicht Zeez, aber auch dieser Zwerg hier scheint mir wohlgesonnen.
„Der Elf“, stellt er fest. „Enyo? Richtig?“, begrüßt er mich dann zu meiner Überraschung und das sogar recht freundlich.
Ich stutze. „Ehm, ja. Du kennst mich?“
„Mein Boss hat uns Bescheid gegeben, dass hier Elfen auftauchen könnten. Er hat euch beschrieben“, er macht eine Geste in seine Haare und meint damit sicher meine Frisur, „und ich hab dich mit Tyree gesehen.“ Er deutet auf mein Mädchen.
„Okay“, geb ich ihm nur zurück und bin trotzdem verwirrt. „Wir müssen zu ihm.“
„Na dann rein mit euch und in drei Stationen wieder raus“, meint er und grinst.
Ich nicke dankend und laufe zurück zu Ty. „Auf geht’s. Zeez scheint auf uns zu warten.“
Station 14 kommt und wir steigen aus. Ein paar Gänge weiter liegt die Zwergenbleibe, die fast noch kleiner ist als Tyrees Hof. Es ist beklemmend und eng und mir fehlt hier unten einfach die Luft zum Atmen. Myra hat in einem kleinen Nebenraum Essen gemacht, doch ich werde nichts runterkriegen. Innerlich hoffe und bete ich, dass Bent schnell kommt.
Ty wirft mir vom Tisch aus einen Blick zu, steht auf und kommt zu mir. In den Händen hält sie ein Stück Brot. Sie setzt sich neben mich auf den Boden an der Tür und reicht es mir.
„Danke, aber ich hab keinen Hunger“, lehne ich ab.
Sie lächelt. „Sonst zwingst du mich zum Essen. Heute bin ich dran.“
Ich verziehe den Mund zu einem schiefen Grinsen und nehme es nun doch. „Ich zwinge dich nicht. Ich will nur, dass du zu Kräften kommst.“
„Ein bisschen zwingst du mich schon“, grinst sie.
„Das ist nicht meine Absicht.“
„Passt schon. Ich weiß ja, dass du es gut meinst.“ Sie mustert mich und fragt dann: „Geht’s dir gut?“
Ich muss lachen. „Haben wir die Rolle getauscht?“
„Sieht so aus“, lacht sie ebenfalls leise. „Und?“
„Es geht. Es ist ziemlich eng hier. Das ist unangenehm. Aber ich werd’s überleben.“
„Du machst das wegen mir. Danke dafür.“
„Kein Ding.“
„En?“
„Mhh?“
„Woher wusstest du, dass es dieser Elf war?“, will sie wissen und klingt vorsichtig neugierig.
„Ich hab gesehen, wie du reagiert hast, als er ... du weißt schon was, gesagt hat. Ich war mir sicher.“
„Ich habe doch gar nichts getan?“, verteidigt sie sich.
„Sicher nicht willentlich. Du bist gut im Verbergen. Aber ich hab’s gesehen.“ Mein Blick trifft ihren. „Ich verstehe dich langsam.“
„Ein bisschen gruselig ist das schon“, meint sie und zieht die Nase kraus.
„Ehrlich? Entschuldige“, sage ich, muss aber lachen, weil sie so niedlich dreinschaut.
„Das mit der Hand war ...“, beginnt sie, beendet den Satz aber nicht.
„Auch das tut mir leid. Ich hab überreagiert.“
„Nein. Hast du nicht. Ich würde gern sagen, dass es nett von dir war. Aber irgendwie klingt das komisch, wenn man bedenkt, was du getan hast. Immerhin hast du ihm die Hand abgeschlagen. Einfach so.“
Jetzt muss ich richtig lachen und bekomme dafür verwirrte und fragende Blicke von den Zwergen zugeworfen.
„Lach nicht“, empört sie sich ein wenig.
„Ach Kleine. Egal was oder wie es war, ich hab’s für dich getan. Ich hoffe, das war okay.“
Sie verzieht das Gesicht und wendet den Blick ab.
„War es das nicht?“, frage ich, weil mir ihr Ausdruck Bedenken bereitet.
„Doch schon. Ich meine, er hat es verdient. Ich hätte es vermutlich auch getan. Aber dass du es getan hast?“
„Warum denn nicht?“
Sie zuckt mit den Schultern, sagt aber nichts.
„Ty. Ich hab gesagt, ich werde denjenigen umbringen, der dir das angetan hat. Ich hätte es getan, wenn Ducan und Zac mich nicht aufgehalten hätten.“
„Du hättest getötet?“
„Ja.“
„Einen Elf.“
„Ja.“
„Für einen Menschen.“
„Für dich.“
Sie schaut mir in die Augen und ich hab das Gefühl, dass in diesem Moment eine Mauer bricht. „Danke“, haucht sie nur, während sie meinen Blick festhält.
„Immer.“
Der Abend ist lang und die Nacht noch länger. Ich mache mir Sorgen um Bent und Cara. Bis jetzt hat sich noch keiner blicken lassen. Immer wieder laufe ich die Flure vor der Zwergenwohnung auf und ab, doch der Zug, kommt und fährt, ohne dass die beiden auftauchen.
„En?“
Ich wende mich um und entdecke Tyree.
„Hier.“ Sie hält mir einen Becher hin und ich rieche Kaffee.
„Wir haben wirklich getauscht“, sage ich und nehme ihr die Tasse grinsend ab.
„Scheint so“, bekomme ich als Bestätigung, dann lacht sie leise.
„Ich mag dein Lachen“, geb ich zu und nehme einen Schluck von dem Getränk.
„Gut zu wissen“, lächelt sie frech.
„Es freut mich, dass du es wieder öfter tust.“
„Schön. Irgendwie fällt es mir hier draußen leichter.“
„Draußen? Du meinst, wohl eher tief im Inneren der Erde.“
Jetzt lacht sie auf. „So tief sind wir hier gar nicht.“
„Es gibt kein Tageslicht. Das ist also tief genug.“
„Warum mögen Elfen das nicht? Was ist so schlimm daran?“
Ich hebe die Schultern. „Es ist einfach zu eng. Zu wenig Platz. Keine frische Luft.“ Ich schüttle mich und sie tritt näher, bis ihre Brust mich berührt. Ich verstumme, weil sie so nah ist. Sicher kann sie mein Herz hören, so laut wie es schlägt.
„Du bist trotzdem hier.“
„Bin ich.“
„Das tust du auch für mich.“
„Stimmt. Ich mache so einige komische Sachen, seit ich dich kenne.“
Sie grinst frech und streicht mir die blonde Strähne zurück. „Mach weiter.“ Ihr Gesicht kommt näher, denn sie erhebt sich auf Zehenspitzen.
„Gerne.“ Ich senke leicht den Kopf, damit ihr Weg nicht so weit ist, dann liegen ihre Lippen erneut federleicht auf meinen. Wieder kämpfe ich mit mir, weil meine Triebe durchschlagen wollen. Und diesmal ist es schwerer, denn ihre Finger krallen sich in mein Shirt und ihr Kuss wird fester.
Ein Hüsteln unterbricht uns und Ty ist so schnell weg, dass ich einen Moment brauche, um es zu realisieren. Zeez steht hinter ihr und sieht mich mit undeutbarem Blick an. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, fast wie ein Vater, der es missbilligt, dass seine Tochter ein Date hat.
„Deine Geschwister kommen mit dem nächsten Zug. Sie haben ein paar Sachen dabei. Wir sollten ihnen helfen.“
„Ja. Klar. Ehm, okay.“
Bent, Cara und zu meiner Verblüffung auch Basil, haben vier große Taschen dabei. Rike folgt seinem Herren still und hat die Augen überall. Auch ihm scheint der Untergrund nicht zu behagen.
„Bay?!“, frage ich gereizt und werfe ihm einen Blick zu.
„Ja. Ich dachte, ihr braucht Hilfe.“
„Was willst du hier!“, grolle ich trotz seiner Erklärung.
„Hab ich doch grad gesagt. Helfen.“
„Seit wann genau bist du denn auf unserer Seite?!“
„Genau genommen schon seit Cleary. Aber auch was Duan mit Tyree gemacht hat, ist nicht richtig. Und das Ristan nichts gegen ihn unternehmen will, stört mich. Duan hat’s zugegeben, auch dass er Cleary getötet hat. Er hat das getan, um zu verschleiern, dass er das mit Ty war. Weil er dachte, wir würden es ihm nicht zutrauen, dass er meinen Wolf tötet. Ich hätte es ja auch nicht. Ristan will ihn trotz allem nicht bestrafen.“
„Warum nicht? Gab es schon einen Prozess?“ Ich bin verblüfft, dass Duan gestanden hat.
„Den wird es nicht geben, En“, schaltet sich Bent ein. „Ristan sagt, dass du zwar überreagiert hast und es nicht richtig war, dass du über seinen Kopf hinweg gehandelt hast, aber die verlorene Hand ist Duans Strafe. Er hat dein Eigentum angefasst, du hast ihm die Hand abgeschlagen. Ristan findet es etwas übertrieben, aber ich denke, du hast so was wie einen, wahnsinniger Bruder - Bonus.“
„Wegen Cleary hat er nur gesagt, ich solle entscheiden“ , knurrt Bay. „Aber ich darf ihn nicht töten oder ihm nicht die andere Hand abschlagen.“
Wir erreichen die kleine Wohnung und bleiben davor stehen. Die Gesichter meiner Brüder spiegeln mein Unbehagen. Mit ihnen, Cara und Rike, wird da drin nicht mal mehr eine Drehung um die eigene Achse möglich sein.
„Ich bleibe hier“, meint Bay und lässt die Tasche fallen, die er getragen hat. „Es reicht schon, dass wir hier unten sind. In so ein Mäuseloch muss ich nicht auch noch reinkriechen.“
„Er hat recht. Ich bleibe auch draußen“, stimmt Bent ihm zu. „Wir sollten sowieso nicht so lange hier sein. Sie werden sich denken können, wo wir sind.“
„Wo sollen wir denn hin?“, will ich wissen. „Ty hat’s grad mal so bis hierher geschafft. Ohne Auto kommen wir nicht mal bis zum Stadtrand.“
„Müssen wir aber. Und Ty muss uns auf den Hof lassen“, hält Bent fest.