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2.1 Anlagevermögen

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Wird in der Steuerbilanz der Zielgesellschaft ein in der Vergangenheit erworbener Geschäfts- oder Firmenwert unter dem immateriellen Vermögen ausgewiesen, stellt dieser steuerliches Abschreibungspotential für den Erwerber dar. Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Ausdruck für die Gewinnchancen, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind.[41] Nach den steuerlichen Vorschriften wird der Geschäfts- oder Firmenwert über eine Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben. Ob dieses Abschreibungspotential vollumfänglich genutzt werden kann, muss im Rahmen der Due Diligence beurteilt werden.

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Steuerliche Risiken ergeben sich aus der Ermittlung des aktivierten Geschäfts- oder Firmenwertes, aber auch aus dessen Werthaltigkeit zum Zeitpunkt der Prüfung. Nicht auszuschließen ist, dass ein Verkäufer durch gezielte Umstrukturierungsvorgänge in einem Unternehmensverbund einen Goodwill geschaffen hat, der von den Finanzbehörden nicht akzeptiert wird. Dieses Risiko besteht, wenn die Aktivierung des Goodwills in einem Wirtschaftsjahr erfolgt ist, das noch nicht der Festsetzungsverjährung unterliegt. Im Rahmen von Betriebsprüfungen werden derartige Sachverhalte insbesondere aufgegriffen, wenn keine außenstehenden Dritten an Unternehmenstransaktionen beteiligt waren, da dann zulässige Gestaltungsspielräume durch den Ansatz überhöhter Kaufpreise überschritten worden sein könnten.

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Die steuerliche Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes lässt dem Bilanzierenden keinen Gestaltungsspielraum, da sie zwingend über 15 Jahre erfolgen muss. Die Abschreibung darf auch dann nicht nach einer kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden, wenn im Einzelfall Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als 15 Jahre sein wird.[42] Diese relativ lange Abschreibungsdauer geht zum Zeitpunkt der Prüfung möglicherweise nicht mehr mit dem tatsächlichen Buchwert des Goodwills konform. Die mit dem Geschäftswert abgebildeten Geschäftsbeziehungen (Kundenstamm), die Innovationskraft oder auch das Ansehen eines Unternehmens sowie sonstige Faktoren können bereits nach kürzerer Nutzungsdauer aufgebraucht sein. Diesen Verbrauch mag der Verkäufer bewusst nicht in seiner Steuerbilanz dargestellt haben, zumal die maßgeblichen Beurteilungsfaktoren hier schwer zu greifen sind. Sofern sich die Zahlung für den Geschäfts- oder Firmenwert als Fehlmaßnahme erwiesen hat oder sein Wert unter den Buchwert gesunken bzw. der Geschäftswert nicht mehr vorhanden ist, ist eine Teilwertabschreibung zulässig. Wichtig ist hierbei der Nachweis, dass es sich um eine nachhaltige Minderung des Geschäftswertes handelt, was z.B. anhand von Absatzstatistiken zu belegen ist. Der Verkäufer, der die Vermögenslage eines Unternehmens positiv darstellen wird, möchte derartige Teilwertabschreibungen solange unterlassen, wie das Finanzamt ihn nicht dazu zwingt. Aus diesem Grunde besteht auch hier ein latentes Betriebsprüfungsrisiko des Erwerbers, einen Kaufpreis für Wirtschaftsgüter zu entrichten, die keinen Nutzen für ihn haben.

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Ein weiterer Fokus der steuerlichen Due Diligence liegt im Bereich des Sachanlagevermögens und zwar in der Analyse des Abschreibungspotentials und der vorhandenen stillen Reserven des bilanzierten Sachanlagevermögens. Grundlage der Analyse sind Informationen wie das Anlagennebenbuch, (Immobilien-)Bewertungsgutachten von Sachverständigen sowie die Investitionspläne der letzten drei bis fünf Jahre und die Planung der Anschaffungen in Folgejahren.

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Anhand dieser Informationen gilt es, die in der Vergangenheit betriebene steuerliche Abschreibungspolitik zu würdigen und zukünftige Risiken zu erkennen. Diese bestehen darin, dass der Verkäufer in der Vergangenheit erhöhte stille Reserven gebildet hat, die bei einer Veräußerung in Folgeperioden den Veräußerungsgewinn erhöhen. Diese stillen Reserven können aus Sonderabschreibungen nach § 7g EStG oder aus Teilwertabschreibungen resultieren. Eine in der Vergangenheit aufgrund technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung vorgenommene Teilwertabschreibung unterliegt bei Wegfall des Abschreibungsgrundes dem Wertaufholungsgebot.[43]

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Sofern der Verkäufer dem Wertaufholungsgebot im Einzelfall nicht gefolgt ist, kann sich hieraus eine Diskussion im Rahmen zukünftiger Betriebsprüfungen ergeben. Das Risiko besteht in einer steuerlichen Zuschreibung und einer Erhöhung der Ertragsteuerbelastung, wobei zu beachten ist, dass es sich bei der Zuschreibung um einen cashflow-unwirksamen Vorgang handelt.

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Ein besonderes Augenmerk ist auf die Ausnutzung steuerbilanzpolitischer Spielräume bei der Bilanzierung und Bewertung von Immobilien zu legen. Diese stellen in der Regel die wertvollsten Vermögenswerte eines Unternehmens dar und sind daher häufig Gegenstand steuerlicher Gestaltungsüberlegungen. Bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eines bebauten Grundstücks stellt sich die Frage, wie der gezahlte Kaufpreis auf die erworbenen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist. Der Gesetzgeber fordert, dass die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der Teilwerte auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen sind. Die Ermittlung dieser Teilwerte stellt sich in der Praxis schwierig dar, wobei bestimmte Richtgrößen wie der Bodenrichtwert zur Ermittlung des Bodenwertes herangezogen werden. Der Erwerber eines bebauten Grundstücks möchte i.d.R. einen Großteil der Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten auf die abnutzbaren Wirtschaftsgüter wie das Gebäude oder die miterworbenen selbstständigen Betriebsvorrichtungen verteilen. Insbesondere dann, wenn der gewählte Aufteilungsmaßstab noch nicht Gegenstand steuerlicher Betriebsprüfung war, kann der Erwerber erhebliche Nachteile erleiden, denn der Aufteilungsmaßstab könnte durch den Betriebsprüfer verworfen werden und steuerliches Abschreibungsvolumen verloren gehen.

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Neben dem Anschaffungsvorgang führt häufig auch die Weiterentwicklung der erworbenen Immobilie zu steuerlichen Diskussionen mit dem Betriebsprüfer. Sofern wesentliche Instandhaltungsmaßnahmen an Immobilien vorgenommen würden, kann dies zu einer Aktivierungspflicht dieser werterhöhenden Aufwendungen führen, wenn diese über den gewöhnlichen Instandhaltungsaufwand hinausgehen.[44] Hat der Verkäufer in der Vergangenheit derartige Aufwendungen getätigt, diese aber nicht aktiviert, wurden dadurch stille Reserven gelegt. Die Steuerlast aus der Realisierung solcher stillen Reserven träfe bei Veräußerung der Immobilie den Erwerber.

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