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III. Zukunftsorientierte Analyse

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Die zukunftsorientierte Analyse zielt darauf ab, Steuerwirkungen zu analysieren, die sich aus dem eigentlichen Akquisitionsvorgang ergeben oder im Zusammenhang mit der Finanzierung und Strategie des Akquisitionsvorhabens stehen. Ausgehend von den Erkenntnissen der vergangenheitsbezogenen Analyse soll die optimale steuerliche Akquisitionsstruktur des Erwerbers gefunden werden. Steuerwirkungen resultieren hier aus Sachverhalten, die aus Sicht des Erwerbers eigenbestimmt sind. Er kann also in einem gewissen Umfang mit Blick auf die steuerlichen Einschränkungen selber disponieren.

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Die zukunftsorientierte Analyse konzentriert sich i.d.R. auf die Bereiche:

Abschreibung des Kaufpreises,
Nutzung latenter Steuern,
steuerliche Berücksichtigung von Finanzierungskosten,
Nutzung von Verlustvorträgen,
Möglichkeiten der Ausgestaltung von Organschaftsverhältnissen,
Reorganisationen/Umstrukturierungen,
Grunderwerbsteuer,
Auslandsaspekte.

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Ein wesentliches Interesse des Erwerbers besteht darin, die im Zusammenhang mit dem Unternehmenserwerb stehenden Anschaffungskosten steuerlich geltend zu machen. In Abhängigkeit von der Ausgestaltung des Unternehmenskaufs in Form eines Asset Deals oder eines Share Deals ergeben sich unterschiedliche steuerliche Konsequenzen.[1]

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Aktive bzw. passive Steuerlatenzen stellen Steuerminder- bzw. -mehrbelastungen in künftigen Perioden dar. Die Steuerabgrenzung erfolgt nach § 274 HGB nach dem bilanzorientierten „Temporary“-Konzept auf Grundlage der Unterschiedsbeträge zwischen dem Buchwert eines Vermögensgegenstands, eines Schuldpostens oder eines Rechnungsabgrenzungspostens in der Handelsbilanz und dem korrespondierenden Wertansatz in der Steuerbilanz, die sich in künftigen Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen und somit zu ertragsteuerlichen Ent- oder Belastungen führen werden.[2] Abzugrenzen sind neben den temporären Differenzen auch erfolgsneutral entstandene Differenzen sowie quasi-permanente Differenzen, wie etwa eine steuerlich nicht anerkannte Teilwertabschreibung auf nicht zum Verkauf bestimmten Grund und Boden. Permanente Differenzen, wie bspw. nichtabziehbare Aufwendungen, dürfen jedoch nicht in die Ermittlung der latenten Steuern einbezogen werden, da sie sich in künftigen Geschäftsjahren nicht abbauen werden.[3] Der Verkäufer eines Unternehmens wird sich regelmäßig im Kaufpreis die künftigen Steuerminderbelastungen vergüten lassen. Der Käufer eines Unternehmens wird umgekehrt darauf achten, künftige Steuermehrbelastungen als Minderung des Kaufpreises zu berücksichtigen.[4] Die Tax Due Diligence analysiert die bestehenden Differenzen zwischen den handels- und steuerrechtlichen Wertansätzen unter Einbeziehung ggf. vorhandener steuerlicher Verlustvorträge. Vor dem Hintergrund des Ausweiswahlrechts aktiver latenter Steuern und den Besonderheiten i.R.d. Berücksichtigung aktiver latenter Steuern auf steuerliche Verlustvorträge ist es ratsam, nicht ausschließlich auf die Untersuchung der Handels- und Steuerbilanz abzustellen.[5]

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Die Möglichkeit der steuerlichen Berücksichtigung von Finanzierungskosten richtet sich im Wesentlichen nach der Person des Erwerbers. Handelt es sich bei diesem um eine natürliche Person, so ist der Umfang der berücksichtigungsfähigen Finanzierungskosten davon abhängig, ob die Beteiligung im Privat- oder Betriebsvermögen gehalten wird. Ferner sind für die Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten zwingend die durch die Zinsschranke nach § 4h EStG und § 8a KStG gemachten Einschränkungen für natürliche und juristische Personen zu bedenken.[6]

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Die Verwendung bestehender Verlustvorträge wird durch §§ 8c, 8d KStG deutlich beschränkt, wobei sich die Höhe des Verlustnutzungspotentials im Wesentlichen nach dem Umfang der übertragenen Anteile richtet. Bei einem Anteilserwerb von mehr als 50 % sind Verlustvorträge insgesamt nicht mehr nutzbar.[7] Dem wirkt § 8d KStG entgegen, wenngleich auch mit den o.g. restriktiven Tatbestandsvoraussetzungen und Zweifelsfragen. Im 8. Kap finden sich ausführliche Darstellungen zu transaktionsbedingten Verlusteinschränkungen.

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Handelt es sich bei dem Erwerber um einen Inländer, sind die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Organschaftsverhältnissen zu prüfen.[8] Im Hinblick auf die Anerkennung der körperschaftsteuerlichen sowie gewerbesteuerlichen Organschaft ist zu bedenken, dass mit der Zielgesellschaft Gewinnabführungsverträge für einen Mindestzeitraum von 5 Jahren geschlossen werden müssen. Die formalen Anforderungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Gewinnabführungsverträgen werden in R 14.5 der KStR konkretisiert.[9] Ein besonderes Augenmerk ist auf die Formulierung der Verlustübernahmeregelung in einem Gewinnabführungsvertrag mit einer GmbH zu richten. Zum notwendigen Inhalt dieser Verlustübernahmevereinbarung gehört nach Auffassung des BFH eine ausdrückliche Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG.[10] Demnach halten die Oberfinanzdirektionen Rheinland und Münster in ihrer Verfügung vom 12.8.2009 bestimmte in der Praxis gängige Formulierungen, die lediglich auf den § 302 AktG verweisen, nicht für ausreichend.[11] Sondern gefordert ist der „dynamische Verweis“, der sich ausdrücklich auf § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung beziehen muss.

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Neben der finanziellen Eingliederung muss in Hinblick auf die umsatzsteuerliche Anerkennung der Organschaft zwar kein Gewinnabführungsvertrag vorliegen. Es muss aber zusätzlich die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung gegeben sein. Soll die Zielgesellschaft als Organgesellschaft in eine Umsatzsteuerorganschaft integriert werden, setzt die wirtschaftliche Eingliederung zwingend voraus, dass die Organgesellschaft nach dem Willen des Organträgers im Rahmen des Gesamtunternehmens wirtschaftlich abgestimmt tätig ist.[12] Ein Indiz für die wirtschaftliche Eingliederung liegt dann vor, wenn bspw. die Warenwege vom Organträger zur Organgesellschaft oder umgekehrt verlaufen. Der Erwerber muss die erworbene Gesellschaft organisatorisch eingliedern, so dass sichergestellt ist, dass der Wille des Organträgers tatsächlich ausgeführt wird. Diese Voraussetzung wird als erfüllt angesehen, wenn ein Geschäftsführer den Organträger sowie das erworbene Unternehmen in Personalunion leitet.[13]

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Wurden in der Vergangenheit Reorganisationen bzw. Umstrukturierungen vorgenommen, die unter das Umwandlungssteuergesetz fallen, sind im Rahmen der Tax Due Diligence – abhängig von der Art der Reorganisation bzw. Umstrukturierung – Besonderheiten zu beachten.

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Das Umwandlungssteuergesetz ermöglicht unter gewissen Voraussetzungen ertragsteuerneutrale Transaktionen bzw. Vorgänge zum Buchwert. Hierunter fallen bspw. der Rechtsformwechsel, Spaltungen, Verschmelzungen, und Eingliederungen. Die Buchwertfortführung ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie etwa die erforderliche Antragstellung auf Buchwertfortführung bei der Finanzverwaltung oder – bei Einbringungen – das Erbringen des jährlichen Nachweises der Einhaltung gesetzlicher Haltefristen. Im Zuge der Tax Due Diligence sind hierbei die wesentlichen Voraussetzungen für die in der Vergangenheit vorgenommen Umstrukturierungen zu untersuchen, insbesondere im Hinblick auf die zukünftig geplante Integration der erworbenen Gesellschaft bzw. des erworbenen Vermögens.[14]

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Bei Transaktionen sind grunderwerbsteuerliche Risiken in zweierlei Hinsicht zu untersuchen: einerseits für den Erwerber als Bestandteil der Transaktions- bzw. Anschaffungsnebenkosten und andererseits als Folge des Kaufs als übernommene Steuerverbindlichkeiten des Zielunternehmens.[15]

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Gem. § 1 Abs. 3 GrEStG löst der Erwerb einer Zielgesellschaft Grunderwerbsteuer aus, wenn die Zielgesellschaft selbst Grundstücke hat oder wenn sie eine mindestens 95 %ige Beteiligung an einer anderen Gesellschaft mit Grundbesitz hält. Die Regelung gilt ebenso für Erwerbe der Zielgesellschaft in Vorjahren. Ferner ist die Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG zu beachten, nach der bei einem mittelbaren oder unmittelbaren Wechsel von 95 % der Gesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren der Vorgang einem grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsgeschäft gleichgestellt wird. Nach § 1 Abs. 3a GrEStG gilt dies auch für Rechtsvorgänge, durch die unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar bzw. teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 95 % an eine Grundbesitz besitzende Gesellschaft entsteht.

Im Rahmen der Tax Due Diligence sind daher die Grunderwerbsteuer auslösenden Vorgänge und gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen eingehend zu analysieren.[16]

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Vor dem Hintergrund der modernen Kommunikationstechniken und der selbst im Mittelstand häufig international agierenden Unternehmen, hat sich die Tax Due Diligence verstärkt mit grenzüberschreitenden Sachverhalten auseinanderzusetzen.[17]

Hierunter fallen auch Themengebiete, wie die Angemessenheit von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen, die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG sowie steuerliche Risiken der Betriebstättenbesteuerung.

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Ein weiteres Ziel der Tax Due Diligence ist in diesem Zusammenhang, das Risiko latenter Doppelbesteuerungen aufzuzeigen.[18]

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