Читать книгу KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher - Stephan Waldscheidt - Страница 14

Literaturagenten: Finden und Zusammenarbeit

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Literaturagenten vermitteln Ihr Manuskript an einen Verlag. Dafür bekommen sie eine Provision von allen Ihren Einnahmen, die aus dem Verlagsvertrag zu dem vermittelten Werk entstehen. Diese liegt bei 15 bis 20 %. Agenten haben Kontakte in die Verlage und kennen den Markt. Agenten sind ein Filter für die Verlage und nehmen ihnen Auswahlarbeit ab. Einen Agenten zu finden, ist ebenso schwierig, wie einen Verlag zu finden.

Brauchen Autoren einen Agenten? Wenn Sie Agenten fragen, ist die Antwort: »Ja.« Wenn Sie Verlage fragen, ist die Antwort: »Ach was.« Fragen Sie Autoren, ist die Antwort entweder »Kommt darauf an.« oder »Keine Ahnung.«

Manche Selfpublisher lehnen jede Art von Filter- oder Torwächterfunktion ab. Das ist zu kurz gedacht. Agenten bewachen nicht nur die Tore in die Verlagswelt, sie können sie für den Autor auch öffnen.

Wenn ein Autor sich an einen der großen Publikumsverlage wendet, hat er ohne Agent keine Chance. Doch, die hat er. Aber sie ist winzig und wird immer winziger. In den zehn Jahren nach 2003 wurden 80 % aller Romane, die in einem großen Verlag erschienen sind, von Agenten vermittelt (Quelle: »The Tempest« vom August 2014).

Positiv ausgedrückt: Es gibt noch immer Chancen auch für Verlagsautoren ohne Agent. Von diesen 20 % dürfte allerdings nur ein winziger Teil über unaufgefordert eingesandte Manuskripte zustande gekommen sein. Durch die Branche geistern Zahlen zwischen einem und drei Prozent. Der weit größere Rest der Bücher kommt von bereits bekannten Autoren, wenn sie etwa den Verlag wechseln, oder wird von Verlagslektoren und über Beziehungen angestoßen.

Wendet ein Autor sich hingegen an einen mittelgroßen oder kleinen Verlag, kann sich die Sache mit den Agenturen sogar in ihr Gegenteil verkehren: Viele der kleineren Verlage mögen Agenten nicht sonderlich. Weil sie Dinge von ihnen verlangen, die sie kaum leisten können oder leisten wollen: (hohe) Vorschüsse. Der Agent will möglichst viel Geld verdienen, der Verlag will das auch. Wer aber stellt das Beste für den Autor an erste Stelle?

Manche Autoren haben kein gutes Gefühl, jemandem etwas von ihrem Geld abzugeben – und das langfristig bis ewig. Agenten bekommen ihre Provision, solange Geld aus dem Verkauf der Rechte an dem Buch fließt, das sie vermittelt haben. Sprich: Auch wenn sie längst nichts mehr für den Autor tun oder der Autor längst bei einem anderen Agenten unter Vertrag ist.

Diesen zweifelnden Autoren empfehle ich folgende simple Rechnung: Was ist mehr: 85 % von etwas oder 100 % von nichts? Diese Rechnung ist immer dann gültig, wenn ein Agent einen Verlag gefunden hätte, Sie selbst aber nicht. Ob der Agent das tatsächlich schafft, steht auf einem anderen Blatt. In vielen Fällen tut er das, sonst würde er umsonst arbeiten.

Richtig ist: Die meisten Agenturen verlangen 15 % Provision. Die bezieht sich auf alle Einkünfte, die sich aus dem durch die Agentur vermittelten Verlagsvertrag ergeben: Einkünfte aus Vorschüssen, Rechten für eine Hörbuchlizenz, Auslandslizenzen, bibliophile Sonderausgaben usw. Die Provision wird auch dann noch fällig, wenn Sie sich von der Agentur getrennt haben oder sogar mit ihr im juristischen Clinch liegen!

Doch keine Panik. Die Provision bezieht sich nur auf bestimmte Bücher. Bei anderen, nicht von der Agentur vermittelten Werken brauchen Sie nichts von Ihren Einkünften abzugeben. Wie das im Einzelnen aussieht, entnehmen Sie bitte dem Agenturvertrag.

Für die Suche nach einem Agenten gilt im Groben das Gleiche wie für die Suche nach einem Verlag: Suchen Sie die Agenturen für sich heraus, die seriös sind und zu Ihnen und Ihrem Manuskript passen. Nicht jede Agentur vertritt alle Genres, manche spezialisieren sich auf Sachbücher oder Kinderbücher.

Seriös sind auf den ersten Blick die, die erst und nur dann Geld von Ihnen wollen, wenn sie Ihr Manuskript vermitteln. Das ergibt Sinn. Denn warum sollte eine Agentur noch Mühe in die Vermittlung Ihres Manuskripts stecken, wenn sie schon reichlich Geld an Ihnen verdient hat – und zwar ohne Arbeit? Finger weg von allen Angeboten, bei denen Sie schon vor Vermittlung zahlen sollen. Egal, unter welchem schönen Namen Ihnen diese Kosten untergejubelt werden.

Achtung: Lassen Sie sich nicht von einer Liste angeblich vermittelter Manuskripte täuschen! Gerade die unseriösen Anbieter brüsten sich gerne mit erfundenen Erfolgen. Fragen Sie im Zweifel doch einfach direkt bei einem der dort angeblich vertretenen und vermittelten Autoren nach. Die meisten Autoren sind nette Menschen und auskunftsfreudig. So wie Sie.

Haben Sie sich die Agenten herausgepickt, denen Sie Ihr Roman- oder Sachbuchmanuskript anbieten möchten, beginnt die eigentliche Arbeit: Schreiben Sie ein knackiges Exposé oder bringen Sie das vorhandene auf Hochglanz. Dito den Anfang Ihres Manuskripts. Die ersten Seiten des Manuskripts, die Leseprobe, sollten Sie nur in möglichst perfektem Zustand (das heißt, so gut, wie Sie das eben hinkriegen) an die Agentur schicken.

Achten Sie darauf, was genau die Agentur will – und wie sie es will. Sehen Sie sich auf der Website der Agentur an, was dort zur Kontaktaufnahme steht. Manche Agenten bestehen auf einem Erstkontakt per Telefon oder Mail, bevor Sie Ihr Exposé oder gar das komplette Manuskript hinschicken. Manche wollen nur zehn Seiten Leseprobe, andere wollen fünfzig. Einige möchten einen kurzen, andere einen ausführlichen Lebenslauf, wieder andere wollen, dass Sie einen Fragebogen ausfüllen.

Was für die Verlagssuche gilt, gilt auch hier: Die Suche nach einem Agenten macht keinen Spaß, sondern Arbeit. Und sie erfordert viel Geduld. Ein kleiner Trost: Die Agenten antworten meist schneller als Verlage.

Dem steht jedoch eine unschöne Entwicklung sowohl bei Verlagen als auch bei Agenten entgegen: Viele von ihnen schicken nicht mal mehr Absagen, auch keine Standardabsagen. Doch wenn sie das nicht tun, sagen sie das in den meisten Fällen auf ihrer Homepage. Etwa so: »Wir melden uns nur bei Ihnen, wenn wir an Ihrem Manuskript interessiert sind. Wenn Sie nicht innerhalb von sechs Wochen von uns hören, betrachten Sie das bitte als Absage.«

Das ist verständlich angesichts der Vielzahl von Angeboten, die bei den Agenten eingehen. Höflich oder gar freundlich ist es nicht. Vor allem sorgt es dafür, dass sich Autoren heute mehr als je zuvor wie Bittsteller fühlen statt wie die Schöpfer der Inhalte und Geschichten, von denen eine ganze Branche lebt.

In der Praxis: Verlagsautor Volker hatte Glück. Er hat ohne Agentur einen Verlag gefunden, sogar einen der größeren. Das Geld für eine Agentur will er sich sparen. Er kann gut verhandeln, scheut sich auch nicht, um Nachkommastellen zu feilschen, er ist lange genug in der Branche, um sich auszukennen, hat Kontakte zu Autoren, Institutionen, Verlegern.

Da ist aber noch ein Argument, warum Volker sich entschieden hat, es ohne Agentur zu versuchen. Er ist überzeugt, Agenten wählen sich ihre Autoren noch stärker nach Verkäuflichkeit aus, als dies selbst die großen Verlage tun.

Volkers Argument: Die Agenten arbeiten unter dem Motto vorauseilenden Gehorsams. Sie nehmen nur Autoren, von deren Verkäuflichkeit an Verlage sie überzeugt sind. Daher gehen Sie noch weniger Risiko ein als die risikoscheuen Publikumsverlage. In einem Verlag kann sich der Lektor für ein Manuskript entscheiden, weil er glaubt, es passe zum Verlag oder dieses Buch müsse einfach erscheinen.

Solche Gedanken sind für einen Agenten Luxus. Ein Luxus, den sich die Wenigsten leisten und leisten können. Wie Verlagen werden auch Agenturen weit mehr Manuskripte angeboten, als sie bewältigen können – und angesichts der zumeist mäßigen Qualität bewältigen wollen. Alles, was nicht nach sehr wahrscheinlichem Verkauf aussieht, wird abgelehnt. So frustrierend das für Autoren ist, so verständlich und richtig ist das aus Sicht der Agenturen. Sie arbeiten schließlich so lange unentgeltlich für einen Autor, bis sie die Rechte an seinem Manuskript einem Verlag verkauft haben.

Es gibt Ausnahmen. Manche Agenturen erkennen ein Potenzial in einem Autor und wollen das entwickeln. Aber darauf vertrauen, dass ausgerechnet Sie und Ihr Manuskript zu diesen Auserwählten gehören, sollten Sie nicht.

Für einen Autor, der nicht ganz klar und breit in einer bestimmten Schublade schreibt, gestaltet sich die Suche nach einem Agenten besonders schwierig. Alles, was nicht gleich auf den ersten Blick kommerziell wirkt, wird abgelehnt. Hinzu kommt: Agenten vermitteln in der Regel nur an Verlage, die ihren Autoren Vorschuss zahlen. Und das tun eben nur die großen und manche der mittelgroßen Verlage. Bei Kleinverlagen sind Vorschüsse in mehr als symbolischer Höhe, also solche, die zumindest in den unteren vierstelligen Bereich kommen, selten.

Eine weitere Gefahr lauert auf den Autor, der sein Manuskript in einem größeren Verlag unterbringen möchte. Bei der Suche nach einer Agentur fangen Sie am besten ganz oben an: bei den Agenten, mit denen Sie am liebsten zusammenarbeiten möchten. Das ist klug. Doch je mehr Agenten von oben Ihnen absagen, desto mehr Kompromisse gehen Sie ein. Am Ende bleibt als einziger Partner womöglich eine Agentur, bei der Sie sich nicht wohlfühlen, bei der Ihr Werk nicht gut aufgehoben wäre.

Damit steht die nächste Entscheidung an: »Will ich es mit einer suboptimalen Agentur versuchen? Ist eine schlechte Agentur besser als keine?« Ich unterstelle einmal, dass es unter den seriösen Agenturen keine wirklich schlechte gibt. Doch manche Agenturen vertreten Sie vielleicht nicht so, wie Sie das möchten. So gibt es Agenten, die mit den Autoren am Text arbeiten, andere tun das nicht. Manche Agenturen sind so groß, dass Sie Ihnen nicht die Betreuung anbieten können, die Sie erwarten oder brauchen.

In der Praxis: Diese schlechte Erfahrung hat Volker gemacht. Nach anfänglichem Enthusiasmus wurde die einzige Agentur, mit der er je zusammenarbeitete, bald zu einer Blackbox. Er bekam keine oder nur sehr zeitverzögerte Antworten auf seine Mails, wusste nicht, an welche Verlage der Agent sein Manuskript geschickt hatte und erfuhr trotz mehrfachen Nachfragens nicht, warum Heyne und Ullstein seinen Thriller abgelehnt hatten.

Nach einem Jahr hat Volker den Vertrag mit der Agentur gekündigt und sich geschworen: nie mehr. Ein Jahr, das er im Nachhinein als ein verlorenes Jahr betrachtet, ein Jahr, in dem seine Karriere auf der Stelle trat. Er hatte seiner Agentur zu sehr vertraut, nur um festzustellen, dass sie in der ganzen Zeit so gut wie nichts für ihn getan hatte. Von einem Vermittlungserfolg ganz zu schweigen.

In der Praxis: Ich selbst habe noch Krasseres mit meiner ersten Agentur erlebt. Dort meldete sich die für mich zuständige Agentin irgendwann gar nicht mehr. Über Monate wurden weder meine Mails noch meine Anrufe beantwortet. Nach mehr als einem halben Jahr kompletter Funkstille ließ man sich in der Agentur dazu herab, mir mitzuteilen, die für mich zuständige Agentin stecke »in einer persönlichen Krise«! Ein halbes Jahr, in dem nichts geschah und meine Karriere auf der Stelle trat. In der kein anderer der Mitarbeiter es für nötig befand, sich um die Autoren zu kümmern, für die jene in der Krise befindliche Kollegin zuständig war. Aber auch ein Fehler von mir. Ich hätte hartnäckiger drängen oder den Vertrag eher kündigen müssen.

Für Sie heißt das: Wenn es nicht anders geht, seien Sie auch mal penetrant im Umgang mit Ihrer Agentur. Sie sind Kunde und Auftraggeber, Sie sind derjenige, der sagen sollte, wo es langgeht. Denken Sie daran, dass Sie mit vielen anderen Autoren um die Zeit der Agenten buhlen. Wer sich da zu sehr zurückhält, kommt leicht zu kurz.

In der Praxis: Anders als Volker hat Vera die Entscheidung für einen Agenten zu Beginn ihrer Karriere ganz pragmatisch getroffen und nicht bereut. Sie hatte folgenden Plan: Erst würde sie alle infrage kommenden Agenturen anschreiben. Danach die Verlage. Wohl wissend, dass kein Agent Ihr Manuskript auch nur mit der Grillzange anfassen würde, wenn es zuvor schon von dreißig Verlagen abgelehnt worden war. Außerdem wusste sie da schon, dass in der Regel Agenten schneller antworten als Verlage.

Vielleicht wäre dieses Vorgehen, falls Sie in einem Publikumsverlag veröffentlichen möchten, auch das Richtige für Sie?

Und wenn Sie Selfpublisher sind? Da müssen Sie keine schwierige Entscheidung pro oder kontra Agentur treffen. Zudem sparen Sie sich die Mühe, die Zeit, den Ärger und vor allem: die Frustration bei der Suche nach dem passenden Agenten. Niemand erhält gerne Absagen, und es dürfte den wenigsten Autoren gelingen, eine Absage nicht zumindest zum Teil auch persönlich zu nehmen. Selbst wenn sie wissen, dass es da in den meisten Fällen nicht um ihre Person geht, sondern nur um das Manuskript, um den Roman oder um das Sachbuchkonzept.

In der Praxis: Selbstverlegerin Selma war zu Anfang ihrer Karriere bereits nach einigen Absagen frustriert. Sie hat sich geschworen: nie mehr. Das Argument einer Kollegin, sie habe von einigen Agenturen und Verlagen in den Absageschreiben nützliche Hinweise zu ihrem Manuskript erhalten, lässt Selma nicht gelten: »Glückssache.« Das sagt sie auch, weil Sie sich die Aussage einer Agentin gemerkt hat: »Aus Absagen von Verlagen lernst du als Autor ... gar nichts.«

Was heute mehr denn je zutrifft, wo – siehe oben – viele Verlage und manche Agenturen nicht einmal mehr Standardabsagen verschicken.

Ein wenig komplizierter wird die Sache für Hybrid-Autoren, Autoren, die sowohl traditionell im Verlag wie auch selbst publizieren. Für sie kann es sinnvoll sein, auch in der Frage der Agenturen zweigleisig zu fahren und die Verlagsbücher über ihre Agentur laufen zu lassen. So halte ich es mit meinem Agenten.

Hier kommt es darauf an, wie gut Sie sich mit Ihrem Agenten arrangieren. Könnte gut sein, dass er versuchen wird, Sie vom Selbstpublizieren abzubringen. Schließlich verdient er dabei nichts und verliert sogar noch das Geld, das Sie in der Zeit mit einem Verlagsbuch für ihn verdienen könnten. Könnte aber auch sein, dass er es schafft, für Ihre selbstveröffentlichten Werke einen großen Verlag zu interessieren – und Konditionen für Sie herauszuholen, die gut genug sind, Ihre Unabhängigkeit dafür aufzugeben. Es ist, einmal mehr, Ihre Entscheidung.

Linktipps:

Eine Literaturagentin gibt Auskunft über ihre Arbeit. Ein schon etwas älteres Interview mit Petra Herrmanns von Scripts for Sale, aber im Prinzip noch immer aktuell (PDF, aus dem »Handbuch für Autorinnen und Autoren«):

http://j.mp/1p6m0H9

Wie arbeiten Agenten? Literaturagent Peter Molden gibt Auskunft – im Pub. Von literaturjournal.de:

http://j.mp/1pNQjRG

Literaturagenturen. Eine detaillierte Übersicht bei Autorenwelt.de:

http://j.mp/1pL0AhA

Die vermutlich beste Liste mit vielen Details, etwa über die vertretenen Genres und die gewünschten Unterlagen. Betrachten Sie diese aber nur als Ausgangspunkt für Ihre Suche. Im Zweifel sind die Angaben auf der agentureigenen Website oder Facebook-Fanseite maßgeblich. Und natürlich das, was Ihnen der Agent am Telefon oder per Mail persönlich sagt.

Falls Sie nicht sicher sind, ob die Agentur, die Sie interessiert, seriös arbeitet, können Sie folgende Checkliste des Literaturcafés durchgehen. »So erkennen Sie dubiose Literaturagenten, Literaturagenturen und Zuschussverlage«:

http://j.mp/1pL0oz3

... und sich auch noch diesen Artikel durch den Kopf gehen lassen, ebenfalls im Literaturcafé veröffentlicht. »Welche Verlage und Literaturagenten wir Ihnen empfehlen können«:

http://j.mp/1pL1ivq

Fazit: Agenten

Agenten sind beim direkten Weg in die großen Verlage fast unverzichtbar und können beim Aufbau einer Autorenkarriere sehr weiterhelfen. Ein Freifahrschein ins Verlagsprogramm oder auf die Bestsellerliste sind sie nicht. Selbstverleger ersparen sich durch ihren Verzicht auf einen Agenten Mühen und Ärger, aber vergeben sich auch Chancen. Auch für Hybrid-Autoren kann ein Agent Sinn machen.

Verlagsautoren

+ Wer in einem der großen Publikumsverlage wie Random House, Rowohlt, Ullstein oder Droemer-Knaur veröffentlichen will, hat ohne Agent (noch) schlechte(re) Karten. Zwar wirft man in allen Verlagen zumindest einen Blick in jedes eingehende Projektangebot oder Manuskript. Die Zeit aber und das zur Verfügung stehende Know-how (unerfahrene Praktikanten im Vorlektorat) sind knapp bemessen. Zudem sind die Vorstellungen, was für eine Art Text man sucht, oft schon so detailliert, dass die Chancen für einen Autor, auf diese Weise einen Verlag zu finden, selbst mit einem sensationell guten Manuskript kaum größer sind als auf den Gewinn des Jackpots beim Lotto.

+ Ein Agent wird in den Verlagen als Filter begrüßt. Kein Wunder, er hat schon das Gröbste ausgesiebt. Der Verlag muss sich nur noch mit den Perlen beschäftigen.

+ Ein guter Agent sorgt dafür, dass Sie gegenüber dem Verlag immer professionell vertreten werden – und eher auf Augenhöhe.

+ Ein guter Agent findet nicht bloß irgendeinen Verlag, sondern einen, in den Ihr Manuskript gut hineinpasst.

+ Ein guter Agent handelt mehr Vorschuss oder bessere Konditionen heraus, als Sie es könnten (zum Beispiel die Platzierung im Programm als Spitzentitel). Bei den Verhandlungen geht es um mehr als Verhandlungsgeschick. Ein guter Agent weiß, an welcher Stelle sich noch etwas herausholen lässt – Ideen, auf die Sie gar nicht kämen.

+ Ein guter Agent betreut Sie auch bei weiteren Projekten und baut mit Ihnen im Idealfall Ihre Karriere als Autor auf und aus. Er sagt Ihnen, was sich vermutlich verkaufen lässt und von welchen Themen Sie besser Abstand nehmen. Ein guter Agent kann Ihr Vertrauter im Buchdschungel werden.

+ Ein Agent tritt im Prinzip in Vorkasse für Sie: Sie sparen sich die Druck- und Portokosten und vor allem die Zeit, die Sie mit Ihrem Brotjob oder Schreiben sinnvoller verbringen können.

± Agenten, so heißt es, könnten rücksichtsloser verhandeln als Autoren. Sie müssten ja nicht fürchten, dadurch die enge Zusammenarbeit am Projekt und das gute Klima zu gefährden. Andererseits wollen es sich Agenten auch nicht mit Verlagen verscherzen, schließlich leben sie von ihren Kontakten.

± Agenten holen nicht unbedingt mehr beim Verlag heraus als Sie.

± Agenten nehmen Ihnen viel Arbeit ab: Das Versenden von Manuskripten, das Nachhaken bei Verlagen. Zugleich nehmen Sie Ihnen aber auch Kontrolle aus der Hand. Wann welches Manuskript an welchen Verlag geschickt wird, bestimmt in der Regel die Agentur. Das kann auch bedeuten, dass eine Agentur langsamer ist, als Sie es wären. Schließlich muss die Agentur sich noch um eine Reihe weiterer Autoren kümmern. Auch bekommen Sie nicht immer mit, wo Ihr Manuskript gerade steckt. Regelmäßiges Reporting der Agenturen wird gerne behauptet, aber selten geliefert.

– Agenten suchen Verlage, die Vorschüsse zahlen. Dabei fallen womöglich Verlage unter den Tisch, bei denen Sie und Ihr Buch sehr gut aufgehoben wären.

– Gerade mittlere und kleinere Verlage schreckt es eher ab, wenn Sie einen Agenten vorschicken. Womöglich wären Sie da besser beraten, wenn Sie direkt mit dem Verlagsleiter sprächen.

– Leider sind nicht alle Agenten gute oder gar idealtypische Agenten. Die meisten Agenturen haben heute mehr Autoren, als sie betreuen können. Nicht alle ziehen rechtzeitig die Notbremse und stellen die Aufnahme weiterer Autoren ein. Wenn Sie auf Agenturwebsites sehen, dass eine Agentur mit zwei Agenten hundert Autoren betreut, sollten Sie sich darauf einstellen, dass man wenig Zeit für Sie und Ihre Karriere haben wird. Selbst wenn die Agenten Ihnen etwas anderes versichern.

– Agenten sind Menschen. Sie sind mal krank, machen Urlaub, erleben Katastrophen – leider sorgt all das dafür, dass die Betreuung leidet. Vielleicht wird Ihr Manuskript dadurch erst Monate später an Verlage geschickt. Vielleicht meldet man sich Monate lang nicht bei Ihnen. Womöglich tritt Ihre Karriere Wochen, Monate oder sogar ein Jahr auf der Stelle. Nicht immer merken Sie das rechtzeitig. Selbstbild der Agentur und Realität weichen schon mal voneinander ab, ohne dass das beabsichtigt oder gar böse gemeint wäre.

– Die schlechteren Agenten sind vor allem Verkäufer. Heißt: Sie lügen gelegentlich. Es ist nicht einfach zu entscheiden, ob man einem solchen Agenten vertrauen kann. Und wie weit. Vor allem dann nicht, wenn man nur alle paar Monate mal telefoniert und ein, zwei Mal im Monat eine knappe Mail erhält.

– In typischen Agenturverträgen wird es Ihnen untersagt, selbst Verhandlungen mit Verlagen oder anderen zu führen, die an Ihren Werksrechten interessiert sind – ein Verlust von Freiheit.

Selfpublisher

+ Als Selbstverleger vergeuden Sie keine Zeit, Mühen, Ärger mit der Agentursuche oder der (für Sie) falschen Agentur.

+ Für Hybrid-Autoren kann eine Agentur ebenso hilfreich wie für reine Verlagsautoren sein. Mehr noch: Ein guter Agent mag für das selbstpublizierte Projekt einen Verlag finden.

+ Selbstverleger, die viele Bücher verkaufen, finden bei Bedarf leichter einen Agenten als ein noch unpublizierter Autor. Der Wechsel ins traditionelle Publishing wird für Sie mit einem Agenten einfacher.

– Mit der Agentur fehlt Ihnen ein guter und erfahrener Partner und Branchenkenner, der Sie bei einzelnen Projekten berät und Ihnen beim längerfristigen Aufbau einer Karriere hilft.

Diese Fragen sollten Sie sich ehrlich beantworten:

Wollen Sie unbedingt in einem großen Publikumsverlag veröffentlichen und überall im Buchhandel präsent sein? Oder reicht es Ihnen, dass Ihr Buch überhaupt einen Verlag findet?

Haben Sie die Ressourcen an Zeit und Geld, die das Erstellen der Unterlagen für die Suche nach einem Verlag sowie das Drucken und Versenden von Manuskripten Sie kosten? Sind Sie bereit, dafür Zeit zu opfern, die Ihnen dann fürs Schreiben oder Ihren Brotjob nicht mehr zur Verfügung steht?

Wie gut kommen Sie mit Absagen zurecht? Wie geduldig können Sie warten? Ertragen Sie zwanzig Wochen Warten und zwanzig Absagen? Oder mehr? Viel mehr?

Sind Sie ein guter Verhandler? Kennen Sie sich gut genug auf dem Buchmarkt und in Verlagen aus, um in Vertragsverhandlungen mit dem Verlag tatsächlich das Beste für Sie und Ihr Werk herauszuholen? Wissen Sie, was das Beste für Sie und Ihr Werk ist? Wissen Sie, wohin Sie mit Ihrer Karriere als Schriftsteller wollen?

Können Sie Kontrolle abgeben? Sind Sie imstande, auch die Konsequenzen davon zu tragen, wie beispielsweise Fehler, die andere zu verantworten haben, die aber Ihnen schaden?

Wollen Sie sich so viel wie möglich aufs Schreiben konzentrieren? Oder macht es Ihnen nichts aus, selbst die passenden Verlage zu suchen, Manuskripte auszudrucken, einzusenden, nachzuhaken?

Möchten Sie lieber direkt mit einem Verlag in Kontakt stehen, auch wenn es um Gelddinge geht? Oder bevorzugen Sie einen Puffer zur Business-Seite des Verlags?

Entscheidungshilfe: Verlag oder Selfpublishing?

Wie wichtig ist mir das Thema »Literaturagenten«?

(1 = weniger wichtig; 2 = wichtig; 3 = sehr wichtig.)

Welcher Publikationsweg passt beim Thema »Literaturagenten« besser zu mir?

(Vergeben Sie an Verlag oder Selfpublishing je nach Wichtigkeit 1, 2 oder 3 Punkte.)

Ihre Entscheidung:

Verlag: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte

Selfpublishing: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte

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