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Von außen sah das Burleigh noch immer wie ein Hotel im Landhausstil aus, doch als Cat ins Foyer trat, merkte sie, dass es auf gepflegte, anspruchsvolle Weise verschönert worden war. Die Wände waren jetzt kittfarben, der Teppichboden braungrau, die Polster variierten zwischen cremefarben und hellgrau. Die Frontseite der Bar war, wie sich herausstellte, mit cremefarbenem Leder bezogen, die Hocker auch, nur in dunklerem Farbton. Die Beleuchtung war neu gestaltet. Es war intim, aber kühl, der italienische Einfluss überall spürbar.

Lukes Partner Enrico musste einige seiner vielen Millionen in dieses Haus gesteckt haben, in der Hoffnung, eine reichere und internationalere Klientel anzuziehen, doch da die Lage ausschlaggebend war, fragte sie sich, ob er wohl Erfolg mit einem Hotel haben würde, das außerhalb von Lafferton lag, wenn auch das Land grün und schön anzusehen war.

»Cat! Du siehst aus wie der junge Frühling!«

Sie wusste sofort, warum sie Luke vor fünfundzwanzig Jahren angehimmelt hatte. Er sah noch genauso aus, war noch schlank und wirkte jünger, als erlaubt war, hatte noch immer dichtes Haar, das allerdings auf attraktive Weise leicht angegraut war. Und er war charmant wie eh und je. Er nahm ihre Hände und küsste Cat auf beide Wangen.

»Und du hast nicht vergessen, wie man Komplimente macht. Es tut so gut, dich zu sehen, Luke.«

»Ich habe einen Tisch am Fenster. Lass uns zur Feier des Tages ein Glas Champagner trinken.«

Er führte sie durch den Raum, in dem es sehr ruhig war. Sie bemerkte nicht, dass er ein Zeichen gab, um eine Bestellung aufzugeben, aber als sie Platz nahmen, kam ein Kellner mit zwei Gläsern Veuve Clicquot.

»Dieser Anzug kann nur aus Italien sein«, sagte sie. Er war hellgrau, aus feinem Wollstoff, perfekt geschnitten, kombiniert mit einem schiefergrauen Hemd und einer fuchsroten Krawatte. Cat versuchte sich Kieron im selben Outfit vorzustellen und lächelte. Er war schick in Uniform, aber ansonsten das Gegenteil von elegant. Seit sie verheiratet waren, hatte sie sich bemüht, seine Garderobe in kleinen, unauffälligen Schritten aufzubessern. Chris war genauso gewesen. Simon hingegen – der könnte so einen Anzug gut tragen.

»Auf uns«, sagte Luke. Oliven wurden gebracht, dazu Toaststücke in Pennygröße mit einem Klecks Topfgarnelen, mit Dill bestreut, einem Teelöffel Kaviar oder einem Kringel Räucherlachs darauf.

Cat seufzte und lehnte sich zurück. »Was auch immer der Anlass sein mag«, sagte sie, »es ist so schön. Danke.«

»Stimmt, und jetzt erzähl mir von deinen letzten zwanzig Jahren und so, Dr. Deerbon. Du hast deinen Namen aus beruflichen Gründen nicht geändert, nehme ich an?«

Während sie den Champagner genossen, erzählte sie ihm von den Kindern, Chris’ Krankheit und seinem Tod, von Simon, Kieron. Richard erwähnte sie nicht – Luke wusste vom Tod ihrer Mutter aus den Todesanzeigen in medizinischen Fachzeitschriften.

»Okay, so weit das Privatleben. Kommen wir zur Medizin.«

»Das wird bis zum Ende des Hauptgangs dauern.«

»Kein Problem. Ich habe jede Menge Zeit. Und du?«

»Ich habe heute meinen freien Tag.«

Das Hotel hatte jetzt sowohl seinen früheren, formellen Speisesaal, als auch eine Brasserie. Luke überließ Cat die Wahl, und sie schaute über die Schulter in den Hauptraum.

»Tut mir leid, aber das wäre wie eine Mahlzeit in der Leichenhalle – da drinnen ist ja niemand.«

Die italienische Brasserie war sehr gemütlich, anheimelnd, die Tische standen nicht zu nah nebeneinander, und die Speisen waren sowohl auf einer Tafel hinter der Bar abzulesen als auch auf einzelnen Kreidetafeln, die an den Tisch gebracht wurden. Sie bestellten Linguine mit Krebs und Hummer, dazu einen Salat. Frisches warmes Brot und Olivenöl wurden vorab gereicht.

»Ich kenne den Zustand von Allgemeinpraxen generell«, sagte Luke, »aber wie steht es mit deiner persönlichen Erfahrung? Bring mich auf den Stand der Dinge.«

Cat tat ihm den Gefallen, legte detailliert ihre Zeit in der Palliativpflege im Imogen House Hospiz dar, die kurze Phase wieder als Partnerin in einer Praxis für Allgemeinmedizin, in der sie ihrer Meinung nach unterschätzt und gemobbt worden war, bis hin zu ihrer neuen Anstellung als Praxisvertretung.

»Das ist einerseits gut – die sind alle nett da, leisten Unterstützung und beziehen mich in Diskussionen und Besprechungen mit ein, als wäre ich eine Partnerin. Tatsache ist aber, dass ich es nicht bin. Ich nehme die Patienten an, die in letzter Minute kommen, die Überhänge, die keine Dauerpatienten sind. Ich erledige eine Menge Telefonberatungen. Da gibt es keine Kontinuität, oder nur sehr wenig, und ich sehe Patienten nur selten zweimal. Das Übliche.«

»Wie viele Wochenstunden hast du?«

»Insgesamt entsprechen sie dreieinhalb Tagen.«

»Ausstattung?«

»Nicht übel. Ich habe kein eigenes Sprechzimmer, aber das haben Vertretungen nie. Es funktioniert, da ich freie Zeit habe, um ein bisschen zu leben und meinen Mann zu sehen.«

»Du bist nicht überlastet.«

»Um Himmels willen, nein.«

»Aber auch nicht gut bezahlt.«

»Nein … Die Zeiten haben sich geändert. Ebenso wie die Ärzte.«

Cat hörte auf zu reden und aß. Die Linguine waren saftig, reichhaltig mit Krebs- und Hummerstücken versehen, der Salat mit dem besten Olivenöl angerichtet. Sie wollte ausgiebig genießen.

Luke schenkte ihnen beiden noch Eiswasser nach. Im Krug schwammen Limonenscheiben und frische Minze.

»Ich möchte dir etwas über Concierge-Medizin erzählen.«

Bitter Lemon Granitas und zwei Portionen Kaffee, so gut, wie ihn nur die Italiener zubereiten, kamen und gingen, und Luke hatte kaum Luft geholt. Doch nun leerte er seinen zweiten Espresso und lehnte sich zurück.

»Ich werde dich jetzt nicht nach deiner Meinung fragen – da gibt es vieles zu überdenken, es klingt kompliziert, obwohl es das eigentlich nicht sein wird. Aber als einzige Reaktion an diesem Punkt müsste ich von dir nur wissen, ob du etwas gegen das Prinzip hast – viele Ärzte sind absolut gegen Privatmedizin jeder Art, und ich respektiere das. Wenn du es auch bist, nun, dann hatten wir ein tolles Mittagessen, und es war schön, dich wiederzusehen.«

»Chris war absolut dagegen. Er hätte sich verabschiedet und wäre gegangen, noch bevor du das erste Viertel vorgebracht hättest. Ich war immer anderer Meinung, obwohl ich einige seiner Argumente nachvollziehen konnte, aber bei ihm kam Stolz mit ins Spiel, und dafür ist kein Platz, gerade in der jetzigen Form der Allgemeinpraxen.«

Luke wartete, ob sie fortfahren wollte, doch sie hatte nichts mehr zu sagen. Heute nicht. Jetzt nicht.

»Ich brauche eine Woche Bedenkzeit, bevor ich dir eine Antwort geben kann. Gibt es schon etwas Schriftliches?«

Luke griff in seine Jackentasche und zog eine Karte heraus. »Hier stehen meine genaue Adresse und die Angaben zur Website – ist natürlich noch nicht online, wurde von einem professionellen Designer gestaltet, und sie sagt dir absolut alles. Der Versuch, mit weniger Papier auszukommen, wenn auch nicht ganz ohne.«

»Danke. Ich verspreche, dass ich sie mir sehr genau ansehen und wieder auf dich zukommen werde – aber erst, wenn ich mir darüber im Klaren bin, wo ich stehe. Klingt allerdings sehr interessant.«

»Du sagst also nicht Nein.«

»Ich sage jetzt noch gar nichts, Luke, nur dass ich gern noch einen Kaffee hätte.«

Den Rest der Zeit verbrachten sie damit, sich über Studienkollegen auf den neuesten Stand zu bringen und Geschichten über den schrecklichen Zustand der Personalbeschaffung und die Laxheit der aktuellen Ausbildung auszutauschen. Cat fand, sie beide klangen wie ihre Eltern, als Cat mit dem Medizinstudium angefangen hatte – »Früher war alles besser«.

Luke begleitete sie zu ihrem Wagen und küsste sie wieder auf beide Wangen. »Ich kann’s kaum erwarten, von dir zu hören«, sagte er.

»Du wirst dich gedulden müssen. Danke fürs Essen.«

Er winkte ihr nach, als sie aus dem Tor fuhr. Sie hatte auf ihn den Eindruck gemacht, als sei sie einigermaßen interessiert an seinem Vorhaben, würde dem detaillierten Studium der Webseite aber keine Priorität einräumen. Tatsächlich war Cat viel neugieriger darauf, als sie sich hatte anmerken lassen. Ihr gefiel, was sie bisher gehört hatte, vor allem weil es einen möglichen Weg aus dem beruflichen Trott eröffnete, in dem sie sich befand. Als sie Luke gefragt hatte, ob sie Kieron etwas darüber erzählen dürfe, war er sogar begeistert gewesen. »Partner sind dabei wichtig, es betrifft ja den gemeinsamen Alltag. Sag es ihm ruhig, mich würden seine Ansichten interessieren. Ich hoffe, ich lerne ihn mal kennen – bin noch nie einem Chief Constable begegnet.«

Phantomschmerzen

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