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Als Vicky am nächsten Tag in das kleine Lieblingscafé der beiden Freundinnen stürmte, reichte ihr Grinsen bis zu den Ohren. Sie war, wie immer, zu spät und ein wenig außer Atem. Sie musste sich beeilt haben. Ihre Locken waren noch feucht vom Duschen. Sie trug ein Top mit freizügigem Ausschnitt und eine, wie immer, viel zu enge Jeans.

Mit einem Seufzer ließ sie sich auf den Stuhl gegenüber Maika fallen. »Man, hab ich einen Hunger. Und ich brauche mindestens zwei Liter Kaffee.« Dann stand sie noch einmal auf, beugte sich über den kleinen Bistrotisch, auf dem ein Blumensträußchen mit künstlichen Blüten stand, und gab Maika einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich wieder zurückplumpsen ließ.

Maika grinste zurück. »Du siehst abgekämpft aus.«

»Tu ich das? Seltsam.« Sie griff nach der Menükarte und begann sie provokativ zu studieren. Sie kannte die Angebote auswendig. Die beiden Frauen waren fast jede Woche im Café und bestellten auch meist das gleiche Frühstück.

Maika fixierte ihr Gegenüber und wartete. Es war verdammt schwierig darauf zu warten, dass Vicky loslegte, und Vicky genoss sichtlich die Ungeduld der Freundin.

Eine kleine Frau kam an den Tisch und nahm die Bestellung auf. Als sie gegangen war, hielt Maika es nicht mehr aus.

»Du Miststück hättest ja wenigstens noch mal runterkommen können, um Tschüss zu sagen. Einfach so abziehen und mich allein lassen. Zum Glück ist Miriam gekommen und hat mich abgelöst. Sonst hätte ich meinen Job nicht machen können.«

»He, du bist ein Profi. Ich weiß, wie du arbeitest. War schließlich schon oft genug dabei. Selbst wenn du an dem Abend nicht da gewesen wärst, könntest du einen fantastischen Artikel schreiben. Stimmt doch, Süße«, rief Vicky und tätschelte gut gelaunt Maikas Hand.

Die kleine Frau brachte zwei große Tassen Milchkaffee und stellte einen Korb voller Brötchen auf den Tisch. Wenig später kam der Rest des Frühstücks, zu dem auch ein Schälchen Oliven gehörte, das Vicky Maika kommentarlos herüberschob. Vicky nahm einen großen Schluck von ihrem Milchkaffee, stellte die Tasse ab und beugte sich zu Maika. »Frag schon.«

»Was denn?«, entgegnete Maika mit einem Augenaufschlag.

Vicky fletschte die Zähne und knurrte. »Frag mich endlich. Oder interessiert es dich nicht?«

»Schon.« Maika begann, ein Brötchen aufzuschneiden, und versuchte, gelangweilt auszusehen. »Und, wie war es?«

Jetzt hatte Vicky ihren großen Auftritt. Sie griff sich auch ein Brötchen und meinte: »Ganz nett.«

»Wie ganz nett? Details. Ich will alles wissen. Mach schon.«

Vicky fuchtelte mit dem Messer in der Luft herum. »Ihr Journalisten seid einfach unausstehlich. Immer wollt ihr alles wissen.« Dann beugte sie sich mit einem gefährlichen Grinsen nach vorne und flüsterte: »Willst du wirklich alles wissen? Ich meine, so jedes Detail?« Dann lehnte sie sich zurück und fügte hinzu: »Ich will ja nicht, dass dir schlecht wird oder dass du eifersüchtig wirst.«

Maika nahm eine Olive und tat so, als wollte sie diese nach ihr werfen, bevor die Olive in ihrem Mund verschwand. »Du Miststück. Ich will alles wissen. Jedes Detail. Du weißt, ich brauche dich als Informantin für mein Lebenswerk. Irgendwann schreibe ich den Roman, den ich seit Ewigkeiten im Kopf habe. Und dafür brauche ich jede Menge Sexdetails.«

Zwei Handwerker kamen in das Café und schienen Maikas letztes Wort aufgeschnappt zu haben. Sie grinsten sich gegenseitig an und Maika wurde rot, während Vicky sich umsah. »Lecker, der Rechte.«

»Lenk jetzt nicht ab. Du hast gerade eine heiße Nacht hinter dir. Also werd jetzt nicht gierig.«

»Schon gut, schon gut.« Vicky wiegelte ab und begann leise zu erzählen, so dass die beiden Jungs hinter ihr nichts mitbekamen.

»Also, er heißt Patrick und ist Ire.«

»Weiß ich.«

»Er hat ein Hotel und ist ein Freund von Tom.«

»Weiß ich.«

»Na, wenn du schon alles weißt, muss ich dir ja nichts mehr erzählen«, konterte Vicky und spielte die Eingeschnappte.

»Du machst mich wahnsinnig. Ich will was ganz anderes von dir wissen«, schnaubte Maika und sah sie mit gespielter Wut an.

»Okay, okay. Das Hotel heißt »Cowards Inn«. Was bedeutet das?«

Maika erklärte es ihr. »Coward heißt Feigling und Inn heißen die Hotels mit Pub auf der Insel.«

Vicky nickte verstehend und drehte sich nach den beiden Handwerkern um, die gerade das Café verließen. Nun waren die beiden allein und Vicky kam endlich zur Sache. »Also wir sind hochgegangen und haben eine geraucht.«

Maika trommelte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. »Weiter.«

»Dann haben wir noch eine geraucht.«

Maika sprang auf und legte die Hände um Vickys Hals. »Ich bring dich um, Weib. Machs nicht so spannend.«

Vicky lachte ihr lautes, verruchtes Lachen und verschluckte sich dabei an einem Bissen. Als sie mit der Husterei aufgehört und mit einem Schluck Kaffee nachgespült hatte, beugte sie sich wieder vor und erzählte weiter.

»Wir sind zum Parkplatz gegangen und haben ein bisschen rumgemacht. Und da war schon klar, dass der Typ scharf wie ein Rettich war. Himmel, der hat ordentlich was in der Hose, hab ich gedacht. Und ich wurde nicht enttäuscht.« Sie biss wieder in ihr Brötchen und sprach kauend weiter. »Also sind wir zu mir gefahren. Ich hatte irgendwie keinen Bock drauf, mit ihm ins Hotel zu gehen. Aber vielleicht probieren wir es heute Nacht mal dort aus. Hab ich dir gesagt, dass er heute Abend ins Pub kommt? Er meinte, er bleibt noch ein paar Tage.«

Maika grinste. »Du lenkst schon wieder ab. Aber es ist gut, zu wissen, dass er ins Pub kommt. Dann hab ich die Gelegenheit, mir diesen Hengst mal genauer anzusehen. Erzähl weiter.«

»Also das Wort Hengst passt irgendwie. Der ist echt abgegangen. Da war nichts von wegen, ein wenig quatschen oder kuscheln oder Vorspiel. Der ist gleich zur Sache gekommen. Ich hab noch nie einen Kerl gehabt, der so schnell seine Klamotten ausgezogen hat. Schon als er ins Schlafzimmer kam, hat er sich nur kurz umgesehen und dann ging es los. Tja, ich würde sagen, der ist nichts, wenn man es langsam angehen will. Aber was das Ficken anbetrifft, da kennt er sich aus. Das hat er echt gut gemacht, und zwar die ganze Nacht. Keine Ahnung, wo er die Ausdauer hernimmt. Aber sein Appetit war nicht zu zügeln und außerdem weiß er auch, dass man eine Frau nicht nur mit dem Schwanz befriedigen kann.«

Maika hob die Hand. »Ich glaube, jetzt hast du das Stadium erreicht, wo ich passen muss.«

»Wieso?« Vicky grinste. »Aber gut. Ich wollte damit nur andeuten, dass Patrick sehr kreativ ist. Also was Stellungen und so anbetrifft.«

Dann schwieg sie und ließ das Gesagte auf ihre Freundin wirken. Maika verfiel ins Grübeln. »Also bist du zufrieden mit der letzten Nacht?«

»Jep. War genau das, worauf ich Bock hatte.«

»Und ihr habt gar nicht miteinander geredet?«

»Wenig.« Vicky runzelte die Stirn und es wirkte auf einmal, als müsste sie sich vor Maika rechtfertigen. »Immerhin weiß ich wie er heißt, wo er herkommt und dass er ein Inn hat. Das Cowards Inn. Muss ihn unbedingt fragen, wo der lustige Namen herkommt.« Sie schwieg einen Moment. »Weißt du Schatz, ich war schon mit Kerlen im Bett, von denen ich viel weniger wusste.« Dann wurde sie plötzlich ernst. »Bei einer Zigarettenpause hat er mich was Komisches gefragt. Er wollte wissen, was ich beruflich mache.«

»Und was hast du ihm geantwortet?«

»Ich hab ihm gesagt, mal dies, mal das. Alles, was so anfällt. Ich bin nämlich ein Multitalent.«

»Und was hat er geantwortet?«

»Er meinte nur, das würde stimmen. Und dann ging die nächste Runde los.«

Maika nahm die letzte Olive und schob sie sich in den Mund. »Und wie seid ihr auseinandergegangen?«

»Es wurde schon hell draußen, als unser letzter Ritt zu Ende war. Ich hab mich zur Seite gedreht und wollte schlafen. Da hat er mich auf den Mund geküsst, ist aufgestanden und hat sich angezogen. Und bevor er gegangen ist, hat er mich von der Tür aus angelächelt und bis später gesagt. Wahrscheinlich hat er sich ein Taxi gerufen.«

»Das klingt alles andere als romantisch«, meinte Maika und sah ein wenig enttäuscht aus.

»Ich weiß schon, der ist nichts für dich. Ficken spielt bei dir eine untergeordnete Rolle.«

»Sag das nicht«, entgegnete Maika. »Ich würde auch gern mal wieder, du weißt schon, mit einem Partner. Nichts gegen Spielzeug. Mal abgesehen davon, dass ich definitiv zu viele Batterien verbrauche.« Maika grinste ihre Freundin verschmitzt an und wartete darauf, dass ihre kleine Anspielung wirkte. Sie wurde mit Vickys lautem Lachen belohnt.

»Für mich gehört einfach viel mehr zum Sex, als das lapidare Rein-Raus-Spiel. Das ist doch etwas ganz Intimes. Da gehören Zuneigung und Zärtlichkeit dazu, Vor- und Nachspiel. Da ist wichtig, wie dein Partner riecht, wie er schmeckt und wie er sich anfühlt.«

»Also Patrick riecht fantastisch. Und er schmeckt auch gut. Das kann ich dir sagen.« Vicky tunkte den Zeigefinger in die übriggebliebene Marmelade und leckte sich lasziv den Finger ab.

»Na, ja«, fuhr Maika fort. »Und dann ist da auch noch die Sache mit dem Vertrauen.«

»Oh ja. Du immer mit deinem Vertrauen. Hör mal Schatz. Ich sag dir was. Wenn Vicky einem Menschen auf dieser Welt vertraut, dann nur sich selber. Ich hab zu viel Scheiße durchgemacht, um irgendeinem anderen Menschen zu vertrauen, und ganz besonders keinem Kerl.«

»Und was ist, wenn er loszieht und allen detailliert von eurem Schäferstündchen erzählt?«

»Süße, das nennt man Risiko. Und außerdem ist mir das scheißegal. Schließlich hab ich dir auch detailliert von der letzten Nacht erzählt.«

Maika sah ihre Freundin entrüstet an. »Aber das ist doch was ganz anderes.«

»Ist es das?« Vicky grinste verschmitzt. »Schon gut. Ich weiß, bei dir ist es gut aufgehoben. Und außerdem nennst du das, wie war das noch? Feldforschung oder Recherche.« Sie lachte und begann die Tasse in ihren Handflächen zu drehen. Dann schwiegen die beiden und die kleine Frau kam, um abzuräumen und noch einen Kaffee für beide zu bringen.

»Eigentlich passt dieser Patrick überhaupt nicht in dein Beuteschema, oder?«, fragte Maika.

»Das stimmt wohl.«

»Du stehst doch eigentlich auf diesen Muskelberg, der seit ein paar Tagen ins Pub kommt.«

Vicky legte den Kopf in den Nacken und seufzte. »Jep.«

»Wir müssen unbedingt mehr über ihn herausfinden.« Maikas Stimme klang entschlossen.

»Jep.«

»Was ist, warum bist du auf einmal so kurz angebunden?«

»Wenn es um diesen Muskelberg, wie du ihn nennst, geht, bin ich genau so verdammt schüchtern wie du. Weißt du, den würde ich nie nur für eine Nacht mitnehmen. Den finde ich echt toll. Nicht nur lecker.«

»Oh. Jetzt bin ich aber platt. Vicky, meine Heldin. Miss Furchtlos hat auf einmal Muffensausen?«

»Ja, es ist nicht zu glauben. Aber das liegt daran, dass ich für ihn sowas wie Gefühle habe. Klingt irgendwie seltsam, das von mir zu hören. Aber auch ich hab eine romantische Ader. Jedenfalls bei ihm. Und wenn du meine Freundin bist, und das bist du, sogar meine Beste, dann wirst du für mich herausfinden, was das für einer ist, wie er heißt und all so was. Schließlich bist du Journalistin, oder? Du kannst das.«

»Abgemacht.« Maika hob ihre Kaffeetasse und prostete ihrer Freundin zu. »Für dich mach ich das. Und wenn ich mich mal verliebe, machst du dasselbe für mich, okay?«

»Genau. So machen wir das. Ach und übrigens. Was ich vorhin gesagt habe, stimmt nicht so ganz.« Maika runzelte die Stirn und sah Vicky fragend an. »Na ja, das mit dem Vertrauen und dass ich nur mir und sonst keinem anderen Menschen traue. Das stimmt nicht. Weil ich nämlich dir vertraue. Voll und ganz. Aber das weißt du ja, oder?«

»Weiß ich«, flüsterte Maika und strich ihrer Freundin sanft über den Handrücken. Durch die Hölle würde sie für Vicky gehen. Und umgekehrt war es genau so.

»So und jetzt schick ich dich ins Bett.« Maika stand entschlossen auf. »Schließlich musst du heute Abend wieder ausgeschlafen sein und zum Anbeißen aussehen. Egal für wen. Ob für den Muskelberg oder diesen Hengst Patrick.«

»Meinst du, er kommt heute?« Da war ein ganz kleiner Hauch von Unsicherheit in Vickys Blick.

»Sagtest du nicht, er würde kommen?« Maika grinste. Sie wusste genau, von wem die Freundin gerade gesprochen hatte.

»Na, ich meine doch den schönen Unbekannten, nicht den Iren.«

»Wenn der Hübsche heute Abend kommt, und er kommt schließlich jeden Abend, dann solltest du nicht mit Patrick rumknutschen. Sonst denkt er, du bist vergeben.«

Vicky knabberte auf ihrer Unterlippe. »Ja, du hast Recht. Das würde komisch aussehen. Wie gut, dass ich so eine umsichtige Freundin wie dich habe. Danke für den Tipp.«

Sie bezahlten und umarmten sich herzlich zum Abschied.

Irish Rover

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