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Die Pfeile

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Da meine Bögen zwar nicht mehr vollständig, aber doch zum großen Teil aus Holz sind, verwende ich auch Holzpfeile. Holz ist Natur, und daher auch deren Gesetzen unterworfen. Es reagiert und verändert sich durch äußere Einflüsse, ist lebendig.

Holzschäfte besitzen oft ihre ganz eigenen Maserungen, die auch hier von ebenmäßig bis zu flammend reichen können. Solange sie unbehandelt und nicht gebeizt oder lackiert sind, bieten sie die wunderbare Möglichkeit, verziert, bemalt oder beschrieben zu werden. Dadurch kann ihnen eine Bedeutung oder Botschaft mitgegeben werden, die sie, werden sie abgeschossen, symbolisch nach außen in die Welt tragen.

Natürlich ist es nicht immer möglich, auf diese Weise Pfeile mit einer Aussage zu versehen. Dann können die Federfarben wichtig werden. Farben rufen bestimmte Assoziationen hervor, die unterschiedlichste Facetten haben können. Sie können Ausdruck der Freude, der Stärke und des Stolzes sein, der Angst, der Trauer und des Leids, und ebenso des Widerwillens, der Abwehr oder gar des Ekels.

So steht Rot oft für das Herz mit den Aspekten von Freude, Liebe und Wärme, aber auch für Warnung, Wut oder Schmerz. Weiß wiederum kann mit der Vorstellung von Unschuld, Reinheit und Natürlichkeit verbunden werden, und ebenso mit Uneindeutigkeit oder Nebulösem.

Würde jetzt nur ein Set an Federfarben zur Verfügung stehen, könnte damit nicht allzu viel ausgedrückt werden. Um also mehr Möglichkeiten zu bieten, auch durch Farben sprechen zu können, sollte beim Bestellen oder Bauen von Pfeilen eine größere Farbpalette in Frage kommen.

Es sollte auch nicht unbedingt auf eine möglichst harmonische Farbauswahl und Zusammenstellung geachtet werden. Vielmehr kann es Sinn machen, auch bunte und auffällige Farben zu wählen; Farben, die eher düster oder langweilig erscheinen oder die selbst vielleicht nicht unbedingt verwendet würden. Je mehr also die eigene Bereitschaft besteht, über eigene Vorlieben bei den Federfarben hinauszugehen, desto größer wird damit die Bandbreite von Assoziations- und Bedeutungsmöglichkeiten für die Klient*innen.

Das Durchsehen der eigenen vorhandenen Pfeile kann also die Frage begleiten, welche Aspekte und damit Farben vielleicht noch fehlen und wichtig wären. Ich lasse mich dabei auch gern von den Ideen und Wünschen meiner Klient*innen, Gruppen- und Workshopteilnehmer*innen inspirieren und leiten.

Ein weiterer Aspekt des Pfeils ist für mich noch von zentraler Bedeutung. Ich fordere alle meine Klient*innen und Teilnehmer*innen zumindest einmal auf, den Pfeil an seiner Messingspitze zu berühren, denn die Spitzen, die ich verwende, sind scharf. Sie können verletzten und theoretisch sogar tödlich sein. Auch wenn dies gerne ausgeblendet werden mag: Mit dem Pfeil wird der Bogen zur Waffe. Dies ist ein Aspekt, der weder beschönigt noch vermieden werden soll, sondern der ganz im Gegenteil in der therapeutischen Arbeit sehr wertvoll sein kann. Dazu schreibe ich an anderer noch Stelle ausführlicher.4)

Das Wesentliche jedoch, was den Pfeil ausmacht, ist, dass er irgendwann abgeschossen wird. Durch diesen Akt wird er gesehen und auch gehört, wenn er in die Scheibe fliegt oder mit einer sog. Heulspitze5) versehen ist. Und nicht nur er, sondern auch das, wofür er steht oder was er mit sich trägt. Für manche ist dies schon eine fast unglaubliche Erfahrung, dass das, was sie nach außen bringen, tatsächlich wahrgenommen werden kann und auch wird.

Der fliegende Pfeil ist eine unschätzbar kraftvolle und eindrückliche Metapher für alles, was von ihnen weg, nach außen muss. Seien dies nun quälende Gedanken, belastende oder drängende Gefühle, oder Worte, die schon immer einmal von ihnen gesagt werden mussten. All dies können sie mit den Pfeilen aus sich heraus und von sich fort schießen. Gleichzeitig unterstützen die Pfeile die Klient*innen dabei herauszufinden, was sich in ihnen bewegt, mit was sie in Kontakt sind.

Jeder Pfeil kann eine Frage, aber auch eine Antwort sein, zum Nachspüren oder zum Erkunden einladen. In den seltensten Fällen braucht es dafür nur ein paar wenige Pfeile. Manchmal muss überhaupt erst ein Weg freigeschossen werden, um ans Wahrnehmen oder gar Ausdrücken kommen zu können. Dann ist es gut, einen ganzen Köcher voller Pfeile zu haben. Noch besser ist es, diesen bei Bedarf mehrmals nachfüllen zu können.


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