Читать книгу Sea of Flames - Svea Dunnabey - Страница 3

Kapitel I

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Blake

Ziellos fuhr ich durch die Stadt, fuhr immer wieder auf die Highways um Gas zu geben, das Adrenalin zu spüren, was mich ablenken sollte, um irgendwie meinen Kopf frei zu bekommen, doch das funktionierte nicht. Egal wie schnell und lange ich fuhr, egal wie sehr ich mich durch laute Musik ablenkte, es brachte rein gar nichts.

Immer wieder dachte ich an Evelyn, daran, dass sie schwanger war und automatisch auch an June. Millionen von Gedanken schossen durch mein Gehirn, wobei ich sie nicht greifen konnte, da sie sofort wieder verschwanden und sich mit einem neuen Gedanken abwechselten. Ich fühlte mich vollkommen überfordert und versuchte meinen Kopf abzustellen, doch das war vergebens.

Wenn es schon nicht mit lauter Musik und Adrenalin im Wagen zu machen war, dann vielleicht mit Alkohol, weswegen ich in der Nähe meiner Wohnung hielt und mich in eine Bar setzte. So konnte ich anschließend immerhin zu Fuß nach Hause gehen, als ich mir auch schon einen Whisky bestellte.

Heute Nachmittag war noch alles in Ordnung gewesen. Ich hatte mich auf meine Arbeit konzentrieren können, hatte einen neuen Vertrag abgeschlossen, hatte Lewis mit Dan zusammen zum Ausstatter begleitet, um einen Anzug für seine Hochzeit zu finden, hatte mit Evelyn telefoniert und mit ihr eine Art Telefonsex gehabt und jetzt?

Es hatte grade einmal zwei Minuten gedauert, ehe alles, was bisher gut lief in meinem Leben, zerbrochen war. Dass, was ich immer versucht hatte zu verhindern, was ich auf keinen Fall riskieren wollte, war nach hinten losgegangen. Evelyn war anscheinend schwanger und das von mir.

Egal, wie oft ich mir das selbst sagte, es klang falsch und ich wollte es nicht wahrhaben. Bei Kelly hatte ich immer die Angst gehabt, dass sie irgendwann nicht mehr verhüten würde, weswegen ich selbst darauf geachtet hatte und jedes Mal auf ein Kondom bestanden hatte, aber bei Evelyn...

Als wir uns kennenlernten war ich dermaßen triebgesteuert gewesen, dass ich meine Vorsicht über Bord geworfen hatte. Natürlich hatten wir über Verhütung geredet, wo sie mir versichert hatte, dass sie die Spirale benutzen würde und es somit keinen Grund für ein Kondom gäbe, da wir beide gesund waren, weswegen ich ihr vertraut hatte.

Vielleicht hätte ich zwischendurch nachfragen sollen, natürlich war es nicht nur ihre Schuld, allerdings war es einfacher die Schuld abzugeben. Außerdem hatte ich immer angenommen, dass Evelyn bei dieser Sache zuverlässig wäre, da sie selbst keine Kinder wollte und ich davon ausging, dass sie alles daran setzen würde, damit solch eine Situation nicht geschehen würde.

>> Ihr doppelter Whisky.<< sagte der Barkeeper und stellte mir das volle Glas auf den Tisch.

>> Danke.<<

Er nickte nur und ging wieder, um mich in Ruhe zu lassen, während ich das Glas nahm und den Whisky in meiner Kehle brennen ließ. Ein wenig ruhiger lehnte ich mich zurück und schloss kurz die Augen, um Kraft zu tanken.

Ich wusste, dass ich nur kurz hier bleiben konnte, weil ich gleich noch den Vertrag fertig stellen musste, dass ich sowieso viel Arbeit aufholen musste, was vielleicht auch gar nicht schlecht war. Umso mehr konnte ich mich von meinem Privatleben ablenken.

Um nicht in meine Wohnung gehen zu müssen, da dort etliche Bilder von Evelyn in meinem Arbeitszimmer hingen, holte ich die Unterlagen und meinen Laptop aus meinem Wagen und arbeitete kurzerhand in der Bar, die immer leerer wurde, da es auch schon zwei Uhr nachts war.

Zudem hatte ich einen Tisch ergattert, der in einer kleinen Nische lag, wobei es sowieso sehr ruhig war, da die meisten Personen direkt an der Bar saßen und leise miteinander sprachen. Eine Stunde später hatte ich alles wegen Mr Kyles erledigt und Dan und Lewis eine Kopie des Vertrages als Mail geschickt.

Da es schon drei Uhr nachts war, bezahlte ich und ging zu Fuß nach Hause, was nicht weit war. Meinen Laptop und alle Unterlagen hatte ich wieder in den Wagen getan, da es in Strömen regnete. Nach wenigen Metern war ich schon vollkommen durchnässt, doch das war mir egal.

Träge schleppte ich mich zu meiner Wohnung, wobei meine Schritte immer kleiner und ich dadurch immer langsamer wurde. Was wäre, wenn Evelyn in der Wohnung wäre und auf mich warten würde? Was, wenn sie mit mir reden wollen würde? Was würde ich ihr sagen?

Ich hatte keine Ahnung, was ich ihr sagen sollte, was ich wollte, was wir machen sollten. Ich hatte einfach noch keine Antworten gefunden, keine Entscheidungen treffen können, da ich noch Zeit brauchte und ich hoffte, dass sie das verstehen würde.

Vielleicht schlief sie ja auch schon und ich könnte mich, bevor sie aufwachte, wieder herausschleichen, doch auch das war mehr als falsch. Wir waren ein Paar, waren verheiratet und sollten darüber reden, doch das war für mich bei diesem Thema mehr als schwierig.

Schließlich stand ich vor dem Gebäude, ging nach einem kurzen Zögern hinein und begrüßte den Portier.

>> Guten Abend Mr Humphrey.<< erwiderte er freundlich und nickte mir zu.

>> Wissen Sie, ob meine Freundin schon zu Hause ist?<< fragte ich nach, damit ich mich während der Fahrt nach oben schon darauf einstellen könnte.

>> Tut mir Leid, aber ich habe erst vor wenigen Minuten meine Schicht angefangen, weil mein Kollege sich nicht gut fühlte.<<

>> Kein Problem, danke.<< tat ich es ab, während ich innerlich tief durchatmete und zu den Aufzügen ging. Nervös drückte ich auf den Knopf und verspannte mich immer mehr, je näher ich meinem Stockwerk kam.

Noch nie hatte ich mich unwohl gefühlt, oder Angst gespürt, wenn ich nach Hause gekommen war und nicht wusste, ob Evelyn da wäre. Bisher hatte ich es immer gehofft, da ich ihre Anwesenheit über alles genossen hatte, doch seit heute Abend hatte sich das geändert.

Vorsichtig und leise öffnete ich die Tür, betätigte die kleine Lampe auf dem Tisch, um sie nicht durch zu viel Licht zu wecken, falls sie da war. Anschließend ging ich leise ins Schlafzimmer und atmete erleichtert auf, als ich sah, dass das Bett verlassen und leer war. Nachdem ich auch noch die anderen Räume überprüft hatte, ließ ich mich erleichtert aufs Sofa sinken und atmete beruhigt auf.

Doch dann wich meine Erleichterung einer starken Sorge, da ich nicht wusste, wo Evelyn war. Ob sie wohl bei Robert war? Bestimmt, da sie sich so gut verstanden, was jedoch bewirkte, dass ich auf einmal eifersüchtig wurde. Warum musste sie sich unbedingt mit ihm so gut verstehen?

Anstatt über Evelyn und ihre Schwangerschaft nachzudenken, verdrängte mein Kopf es und verrannte sich stattdessen in einer starken Eifersucht, in irgendwelchen Szenarien darüber, was sie grade mit Robert machte, weswegen ich vor Wut und Adrenalin in meinen Fitnessraum ging und den Boxsack bearbeitete.

Immer wieder schlug ich darauf ein, stellte mir vor, dass es Robert wäre, dem ich eine verpasste und spürte wie meine Schläge immer stärker wurden, bis ich nach zwei Stunden vollkommen erschöpft aufgab und ins Bad ging, wo ich mich schnell abduschte.

Anschließend legte ich mich ins leere Bett, sah auf Evelyns leere Seite und zog ihr Kissen, das noch stark nach ihr duftete, zu mir. So gerne wollte ich sie in meinen Armen spüren, wollte sie küssen und sie spüren, weil ich sie brauchte und ohne sie nicht leben konnte. Wieder dachte ich daran, dass sie von mir schwanger war und konnte meine Angst davor nicht leugnen.

So sehr ich es auch versuchte, ich schaffte es nicht meine Gedanken auszuschalten und einzuschlafen. Immer wieder dachte ich daran, was dieser eine Satz für mich, für Evelyn und für uns beide als Paar bedeutete, welche Möglichkeiten und Entscheidungen es gab, was mich fertig machte.

Ohne es zu wollen, dachte ich wieder an June, was zwar schon Ewigkeiten her zu sein schien, was jedoch jetzt präsenter denn je war. All die Jahre hatte ich es erfolgreich unterdrückt, es in die hinterste Ecke meines Gehirns geschoben, doch nun war es zurück und ich konnte nichts dagegen tun.

Als Evelyn mir davon erzählt hatte, wie sehr sie sich damals über die Schwangerschaft ihrer Mutter und ihre Geschwister dabei gefreut hatte, konnte ich das nur zu gut nachempfinden, da es mir damals nicht anders gegangen war.

Ich war immer der Jüngste in der Familie gewesen, das Nesthäkchen mit Geschwistern, zu denen ich aufblicken musste, aber dann erfuhr ich, dass meine Mutter schwanger war und bald ein Kind mehr im Haus wäre, was die Rolle als Nesthäkchen einnehmen würde.

Ich konnte es kaum erwarten und fieberte dem Termin immer stärker entgegen, bis es schließlich so weit war und ich endlich meine neue Schwester im Krankenhaus besuchen durfte. Ich wusste noch, wie aufgeregt ich gewesen war und wie fröhlich und glücklich, als mein Vater die Tür öffnete und ich diese kleine Puppe im Bettchen neben meiner Mutter liegen gesehen habe.

Auch wenn ich nur ihr Bruder gewesen war, war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Meine Mutter begrüßte ich nur flüchtig, da ich ab dem Punkt, wo ich June gesehen hatte, nur noch Augen für sie gehabt hatte. Vielleicht legte dieser Moment auch den Grundstein für meine spätere Karriere in der Branche des Personenschutzes.

Denn ab diesem Tag passte ich auf sie auf, wie auf niemanden sonst zuvor. Sobald June einmal weinte oder schrie, war ich zur Stelle und sah nach, was los war. Ich spielte stundenlang mit ihr, drehte immer wieder das Mobile an, sang ihr Lieder vor und spielte für sie den albernen Clown, damit sie lachte und glücklich war.

Ich hasste es in die Schule zu gehen, weil ich dann nicht für sie da sein konnte und nie wusste, wie es ihr ging, weswegen ich nach dem Unterricht so schnell ich konnte nach Hause rannte. Ich liebte dieses kleine Mädchen wirklich abgöttisch, weswegen ich schon als kleiner Junge wusste, dass ich später einmal ganz viele eigene Kinder haben wollte.

Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als Vater zu werden und mich um meine Kinder zu kümmern. Sie abends in den Schlaf zu singen, sie zu füttern, natürlich auch sie zu wickeln, mit ihnen zu kuscheln, sie zu beruhigen, sie zum Lachen zu bringen und mit ihnen Quatsch zu machen. Wenn ich so darüber nachdachte, konnte ich es als Kind wirklich nicht erwarten endlich groß zu sein.

Und jetzt saß ich hier. Erwachsen. Verheiratet. Meine Frau schwanger und das mit meinem Kind und ich konnte mich nicht weniger darüber freuen. Hätte man mir das damals gesagt, hätte ich denjenigen ausgelacht und ihm den Vogel gezeigt.

Der tragische Tod von June hatte alles kaputt gemacht. Hatte mich und meine Zukunft zerstört. Sie hatte mir so viel bedeutet, hatte mir so viel gegeben, hatte nichts Schlimmes getan, immerhin war sie erst ein paar Monate alt gewesen und trotzdem hatte sie nicht weiter leben dürfen.

Obwohl es inzwischen schon fast 25 Jahre her war, unsere Familie nie über sie sprach und ich die Erinnerungen gut verstaut hatte, war es, als wäre es gestern gewesen.

Wie ich aufgewacht war und mich gewundert hatte, dass June mich noch nicht mit ihrem Gebrabbel aufgeweckt hatte. Wie ich irritiert zu ihrem Bettchen ging und sie schlafen sah. Wie ich ihren Schlafsack öffnete und direkt spürte, wie kalt sie war. Wie ich immer wieder ihren Namen sagte und hoffte, sie würde die Augen aufmachen. Wie ich mich über ihre bläuliche Hautfarbe wunderte.

Wie ich sie auf den Arm nehmen wollte und spürte, wie kalt und steif sie war. Wie ich ihre Atmung kontrollierte und erschrak. Wie ich meine Eltern und Geschwister rief, schrie, schluchzte und immer verzweifelter wurde. Wie Tränen in mir aufstiegen und ich das Ganze nicht wahrhaben wollte. Wie meine Mutter ins Zimmer kam und mich erschrocken und entsetzt ansah. Wie auch die anderen kamen und alle versuchten June aufzuwecken.

Wie ich einige Schritte zurückging. Wie ich schluchzte. Wie ich mich zusammenrollte und alle dabei beobachtete, wie sie versuchten zu helfen. Wie sie June versuchten wiederzubeleben. Wie die Sanitäter kamen und ebenfalls versuchten June zurückzuholen. Wie ich einen Sanitäter beobachtete, der nach einer gefühlten Ewigkeit nur noch mit dem Kopf schüttelte. Wie die Zeit still stand.

Wie meine Mutter daraufhin anfing zu schreien, zu weinen und zu schluchzen. Wie unser Kindermädchen sie aus dem Zimmer holte und sie versuchte zu beruhigen. Wie June immer noch da lag, als ob sie schlafen würde, angeschlossen an alle möglichen Maschinen mit denen sie versucht hatten, sie wieder zurückzuholen. Wie Ava sich vor mich setzte und mich in den Arm nahm.

Wie June abgeholt wurde. Wie wir das Gespräch beim Bestatter hatten. Wie wir ihren Sarg und ihre Blumen aussuchten. Wie wir die Trauerfeier planten. Wie wir ein Kleid für sie kauften, damit sie besonders schön auf der Trauerfeier aussehen würde. Wie sich meine Mutter einen offenen Sarg wünschte.

Wie wir zur Kirche fuhren. Wie uns alle mitleidig ansahen. Wie mich alle in den Arm nahmen und drückten. Wie alle mir immer wieder sagten, dass wir für unsere Eltern stark sein müssten. Wie wir uns in die erste Reihe setzten. Wie der Priester seine Rede begann.

Wie er davon erzählte, dass alles im Leben seinen Sinn hätte und dass auch Junes Tod einen Sinn gehabt hätte. Wie wichtig dieser Tod doch wäre, damit wir alle verstünden, dass wir nur Gäste auf dieser Welt seien. Wie gut es ihr doch ginge, wo sie jetzt beim Allmächtigen wäre.

Wie ich immer wütender wurde. Wie ich meine Fäuste ballte. Wie ich den Priester anschrie. Wie ich schluchzte. Wie mein Vater mir eine Ohrfeige verpasste. Wie Ava mich mit sich nach draußen zog. Wie sie mich beruhigte und in den Arm nahm. Wie wir nach Hause gingen und mein Wunsch Vater zu werden mit June gestorben und begraben worden war.

Das alles wollte und konnte ich nie wieder mitmachen, weswegen eigene Kinder für mich undenkbar waren und doch war Evelyn nun schwanger. Egal, wie sehr ich Kinder liebte und gerne eigene gehabt hätte, konnte ich die Angst nicht ertragen, dass es sterben könnte und ich eines Morgens wieder das gleiche durchmachen würde wie vor 25 Jahren.

Wir hatten damals alle Mittel gehabt, waren reich gewesen, hatten alle gesundheitlichen Tests machen lassen, meine Eltern waren gesund gewesen und hatten ein gesundes Kind zur Welt gebracht und dennoch hatte all das nichts gebracht. Evelyn war gesund, ich war gesund, auch wir hatten Geld, konnten alle Tests machen, konnten noch so vorsichtig sein und dennoch könnte ich nicht sicher sein, dass es nicht doch wieder passierte.

Vollkommen hilflos und hin und hergerissen wälzte ich mich immer wieder im Bett herum, sah wie die Minuten verstrichen, wie die Sonne langsam wieder aufging, wie die Lichter in den einzelnen Wohnungen anderer Hochhäuser angeschaltet wurden und ich immer noch nicht geschlafen hatte.

Mein Körper und meine Gedanken kamen einfach nicht zur Ruhe, weswegen ich es gegen sechs Uhr schließlich aufgab und wieder aufstand. Träge schleppte ich mich in mein Bad, machte mich frisch, wobei es mich nicht mit neuem Leben weckte, weswegen ich es mit einem doppelten Espresso versuchte, was jedoch auch nichts brachte.

Ausgelaugt fuhr ich nach unten und ging zu der Bar von gestern, um mein Auto dort abzuholen und schließlich in die Firma zu fahren, wo ich mich hoffentlich besser ablenken konnte.

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