Читать книгу Sphärenwechsel – Tagebuch eines inkarnierten Engels - Sybilla Seraphina Mewes - Страница 15
Auftrag 6: der pessimistische Tobias
ОглавлениеLiebes Tagebuch,
Für diesen Auftrag musste ich mich verlieben, weil ich nur so Zugang zu seiner Seele finden konnte.
Im letzten Schuljahr lernte ich Tobias kennen, der sich in der jungen Gemeinde und dessen Eltern Pfarrersleute waren. Wir trafen uns bei dem Musical „Momo“, dass seine „Junge Gemeinde“ aufführte. Er erzählte mir etwas später, dass er an diesem Morgen so eine Art Vorahnung hatte, nämlich dass er jemanden besonderes kennen lernen würde und dass ich diejenige sei. Als ich das mit der Vorahnung hörte, verspürte ich sofort eine Faszination dabei, aber auch in mir etwas, dass mir absolut vertraut vorkam und dass ich kannte.
Er schrieb mir sehr tief greifende Briefe, die jedoch jedes Mal pessimistisch und sich selbst als Versager und Trottel bezeichnend, endeten. In mir löste das seltsame Gefühle aus. So viel Pessimismus mit häufigen Wiederholungen, das machte mich nervös und war mir selbst völlig unbekannt. In einem seiner Briefe schrieb er mir, dass mich der Himmel schicken und ihm Hoffnung geben würde, weil so ein Wesen wie ich, mich mit ihm abgeben würde. Aber selbst das stellte er sehr oft in Zweifel. Bei diesem Satz machte mein Herz einen kurzen Hüpfer, aber ich wusste damals noch nicht, warum.
Interessanterweise konnte ich lange und ausführlich mit ihm über Themen wie Vorahnungen, bedeutungsvolle Träume und psychologische Themen reden. Es waren unsere Lieblingsthemen, die sich nie erschöpften.
An ein Erlebnis erinnerte ich mich noch sehr genau, als ich mit Tobias noch zusammen war. An einem herrlichen Sonnentag im Mai wollte ich mich unbedingt mit ihm treffen, doch da wir beide kein Telefon hatten, wusste ich nicht, wie ich ihn erreichen sollte. Aber irgendetwas trieb mich aus der Wohnung. Ein bestimmtes Ziel hatte ich dabei nicht, ich lief einfach in Richtung Innenstadt und dachte die ganze Zeit nur an ihn. Als ich die lange Einkaufsstraße entlang ging, kam so ein Gefühl seiner Anwesenheit hinzu, was sich verstärkte, je näher ich dem Marktplatz kam. Kurz bevor ich nach links zum Marktplatz abbog, wusste ich plötzlich genau, dass er dort war und wir uns da treffen würden. Ich bog also um die Ecke und ..., da sah ich ihn tatsächlich. Wir beide freuten uns sehr, dass wir zusammengekommen waren und verbrachten noch den restlichen Nachmittag miteinander. Ich hatte es also schon vorher gespürt, dass ich ihn an diesem Ort treffen würde und war meiner Intuition gefolgt.
Was diese jungen Menschen in der „Jungen Gemeinde“ miteinander machten empfand ich als befremdend. Wenn sie kirchliche Lieder sangen oder beteten, schaute ich jedes Mal betreten nach unten, wusste nicht wohin mit mir und ich fühlte mich elend.
Ich konnte auch nichts damit anfangen, wenn Tobias über seine Liebe zu Jesus und zu Gott sprach und dass sie noch über der Liebe zu einem Menschen stand.
Als er mir dann noch sagte, dass es für ihn kein Sex vor der Ehe geben würde, war ich schockiert. Zu diesem Zeitpunkt war ich selbst zwar an Sex nicht interessiert und dennoch spürte ich da etwas, was mit Verboten, Tabus und Eingrenzungen zu tun hatte. Zum Beginn meiner Lehrausbildung beendete ich diese Beziehung, weil es für mich zu anstrengend wurde, eine pessimistische Fernbeziehung zu führen. Außerdem wartete schon der nächste Auftrag auf mich.
Tobias war durch meinen Rückzug regelrecht geschockt. Für ihn brach eine Welt zusammen, weil er gehofft hatte, mich später einmal zu heiraten. Seinen verzweifelten, 8 Seiten langen Abschiedsbrief konnte ich jahrelang nicht lesen. Erst jetzt (nach 22 Jahren), während ich das alles aufschreibe, habe ich mir diesen Brief angeschaut.
Für einige Monate in Tobias Leben hatte ich ihm Zuwendung und Glücksgefühle geben können. Zahlreiche Male hatte ich ihm gesagt, dass er kein Versager wäre. Dennoch war es für mich nicht vorgesehen gewesen, mit Tobias dauerhaft zusammen zu kommen.
Damals hatte ich überhaupt nicht die kleinste Ahnung darüber, wer ich wirklich war und dass ich solche Aufträge in mir trug. Zu Jesus hatte ich keinen Draht bzw. er war nicht aktiv. An eine übergeordnete Kraft, auch in mir, erinnerte ich mich erst viele Jahre später wieder.