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Оглавление4. Kapitel
Gabriel
Cape Martin, Frankreich – vier Monate später.
Möwen krähen und ziehen ihre Kreise am beinahe wolkenlosen Himmel. Das sanfte Schaukeln des Bootes beruhigt mein aufgebrachtes Gemüt. Ich stehe mit meinen Jungs auf einem alten Fischerboot, das wir als Tarnung für unsere Geschäfte nutzen. Cape Martin, die französische Gemeinde, die zwischen Monaco und Menton an der Côte d’Azur liegt und nur wenige Einwohner hat, ist der perfekte Ort für uns, um unauffällig unseren Geschäften nachzugehen. Es ist ziemlich warm heute. Wir sind ein Stück aufs Meer hinausgefahren, bis das Festland modellklein erscheint. Und das aus gutem Grund: Wir wollen nicht gesehen werden, denn heute sind unsere Geschäftsabsichten eher indirekt. Wir wollen keinen Deal abschließen, sondern beenden. Für immer. Denn einer unserer Geschäftspartner hat uns an die Tiagos verraten und das bleibt nicht ungesühnt.
Nicht nur die Sonne treibt Roger die Schweißperlen auf die Stirn, sondern seine Scheiß-Angst vor dem, was wir mit ihm anstellen werden. Kann ich gut verstehen – ich würde auch wie ein Schwein schwitzen, wenn ich an seiner Stelle wäre und meine Füße gerade in Beton gegossen werden. Das hätte diese Kanalratte sich vorher überlegen sollen. Die Hände hinter dem Rücken und die Füße auf Höhe der Sprunggelenke zusammengebunden steht er in einem Blumenkübel und fleht um Gnade. »Bitte, hört doch auf damit!«
Ohne mit der Wimper zu zucken, leert Antoine den Eimer mit dem frisch angemischten Beton über Rogers Füßen und trägt dabei die gleiche Freude im Gesicht wie meine Mutter, wenn sie Sonntagskuchen backt und den wohlriechenden Teig in die Backform gießt.
»Nein! Bitte!«, wimmert Roger unter Tränen und zieht die Zehen an, um der kalten Masse zu entgehen. Als ob das etwas nützen würde. »Bitte! Wir kennen uns doch schon so lange …«
»Eben!«, schimpft Antoine und wirft Roger einen finsteren Blick zu. »Du bist Abschaum! Wer weiß, wie lange du Ratte dein doppeltes Spielchen schon spielst.«
Dieser ist nur noch ein Häufchen Elend, heult Rotz und Wasser, doch er weckt in niemandem von uns auch nur ein Fünkchen Mitleid. Im Gegenteil. Er macht mich wütend. Doch meine Wut habe ich im Griff. Ich schlucke sie herunter.
Trotzdem fühle ich mich immer noch durch sein Geheule provoziert und trete genervt neben ihn.
»Mein Freund …«, beginne ich ruhig, fahre ihm mit den Fingern durch das verschwitzte Haar und streiche ihm einen Seitenscheitel. »Du musst doch schick aussehen, wenn du unserem Schöpfer gegenübertrittst. Obwohl …« Grübelnd fasse ich mir ans Kinn und rolle mit den Augen. »Ich denke eher, dass du ans Höllentor treten wirst.« Schnell verstrubbele ich seine Haare und grinse anschließend zufrieden. Meine Gehässigkeit ist manchmal so furchtbar, dass ich mich selbst deswegen nicht leiden kann. Aber diese Ratte hat es nicht anders verdient. »So siehst du besser aus.« Mein Blick verfinstert sich und ich spucke Roger vor die Füße, beziehungsweise die inzwischen etwas angehärtete Betonmasse. »Zeig dich einfach wie du bist, als einen miesen Verräter, der uns hinterhältig an die Tiagos verpfiffen hat.«
»Ich habe euch nicht verraten! Das war ein Missverständnis!« Roger läuft beim aufgebrachten Flehen etwas Speichel aus dem Mundwinkel.
»Missverständnis nennst du das?« Höhnisch grinsend drehe ich mich zu Mathéo um. »Hast du das gehört? Was meinst du dazu? War das ein Missverständnis?«
»Nö, ich glaube nicht.« Mathéo löst die Arme, die er vor der Brust verschränkt hat, tritt vor Roger und holt mit geballter Faust aus.
Schnell packe ich ihn am Arm, damit er nicht umfällt wie ein nasser Sack.
Rogers Kopf fliegt zur Seite und Blut spritzt aus seiner Nase, das ihm kurz darauf in Strömen über das Kinn läuft. Die Nase ist eben eine ziemlich empfindliche Stelle. Und Mathéo trifft sie jedes Mal ziemlich gut.
Die Sonne blendet mich, also ziehe ich meine Sonnenbrille aus der Tasche meines schwarzen Hemdes und setze sie auf. Dann gehe ich leicht in die Knie und blicke von unten auf Roger. »Ich glaube, du hast da was.« Mit dem Zeigefinger deute ich auf seine von Blut überströmte, ziemlich schiefe Nase.
»Du Bastard!«, zischt Roger und funkelt mich wutentbrannt an.
Leicht empört ziehe ich die Sonnenbrille ein Stück herunter und schaue über den Rand. »Wie hast du mich gerade genannt?«
»Einen verdammten Bastard«, schimpft Roger und spuckt mir einen Mix aus Speichel und Blut vor die Füße.
»Mathéo? Du darfst nochmal«, sage ich kalt und behalte den Verräter ganz genau im Blick.
Kurz darauf fliegt dessen Kopf in die andere Richtung. Erneut spritzt Blut und ein Zahn landet neben mir auf dem Boden. Dann wimmert der Verräter.
»Ouuu, das hat weh getan«, bemerkt Antoine belustigt.
Genervt sehe ich auf meine Rolex. »Bei der Sonneneinstrahlung ungefähr noch fünfzehn Minuten, dann müsste der Beton hart sein.«
»Nein! Nein!« Roger laufen Tränen über die Wangen.
»Nein. Nein«, äfft Mathéo ihn nach.
Ich bücke mich nach dem Zahn, hebe ihn auf und beäuge ihn wie einen Diamanten. »Schade, dass du den heute Nacht nicht mehr unter dein Kopfkissen legen kannst. Aber ich sage dir was: Die Zahnfee kommt eh nicht zu Verrätern.«
»Wollen wir noch eine Partie Karten spielen, während das Zeug aushärtet?«, schlägt Antoine vor.
»Au ja, eine Runde Mau Mau!« Alain klatscht kindisch in die Hände.
Augenrollend stimme ich dem Affentheater zu. »Also schön. Aber Antoine mischt die Karten. Alain, du schummelst jedes Mal.«
Wir lassen uns neben Roger auf dem Boden nieder und stellen einen Sonnenschirm über unserer Runde auf, während wir Roger schön in der prallen Sonne brutzeln lassen – schließlich muss der Beton aushärten. Um Roger noch ein wenig mehr Schweiß in den Nacken zu treiben, stelle ich eine Eieruhr, deren Ticken ihn an seine ablaufende Lebenszeit erinnert.
Wir spielen ausgelassen, wie im Kindergarten – natürlich alles nur Teil unserer zugegeben kranken Psycho-Show – während Roger jammert und immer wieder wie ein Baby heult, wenn wir Tick Tack sagen. Das gehört zu seiner Strafe dazu. Nur zu sterben, wäre ja zu einfach.
Das schrille Bimmeln der Eieruhr beendet unsere fröhliche Runde.
»Ohhh, wie schade«, ruft Alain ironiegeschwängert aus und wirft Roger einen spöttischen Blick zu.
Dieser hat plötzlich Schnappatmung und sein von der Sonne gerötetes Gesicht verliert an Farbe. »Nein! Bitte!«
»Die Spielstunde ist jetzt zu Ende”, verkünde ich.
Roger schluckt laut.
Der finstere Blick, den ich ihm zuwerfe, dürfte ihm einen Schauer über den Rücken jagen, denn die feinen Härchen an seinen Armen stehen aufrecht wie salutierende Soldaten. »Bist du dann auch soweit, du Verräter? Wir singen dir jetzt noch Time to say goodbye. Wusstest du schon? Antoine gibt einen wunderbaren Andrea Bocelli ab.«
Wie sehr ich die Ironie des Augenblicks liebe. Roger hat uns verarscht und nun ist es umgekehrt. Mit dem kleinen Unterschied, dass er sterben wird, weil wir schlau genug waren, unsere Köpfe aus der Schlinge zu ziehen, die er uns um den Hals geworfen hat.
»Oh, ja!« Antoine grinst und klopft sich wie Tarzan auf die Brust. »Time tooooo«, beginnt er zu singen und hakt sich bei Roger ein, während Mathéo es ihm von der anderen Seite aus gleichtut.
Während Antoine munter und voller Leidenschaft singt, tragen die beiden Roger an den Rand des Bootes und lassen den Verräter schon mal etwas Meerwasser schnuppern.
»Nein! Nein! Bitte! Ich sage niemandem etwas, wenn ihr mich gehen lasst!«, beschwört uns dieser.
»Vergiss es, Pussycat«, gähnt Mathéo gelangweilt und der Geruch von Urin steigt mir in die Nase.
Alain zeigt lachend auf Rogers Jeans. »Ha! Der Penner hat sich eingepisst.«
Antoine stoppt seinen herrlichen Gesang und verzieht das Gesicht. Dann schaut er zornig an Roger herab. »Was? Ich singe und du pisst dich ein? Gefällt dir mein Gesang etwa nicht?! Frechheit. Komm, du Bettnässer, geh dich waschen!« Kaum hat er zu Ende gesprochen, löst er seinen Arm, nickt Mathéo zu, der ebenfalls loslässt und gibt Roger einen Stoß nach vorn.
Dieser kippt nach vorn und taucht mit einem lauten Platscher ins Meer ein.
»Ein Tiago-Schwein weniger«, stelle ich fest und gebe den Jungs das Zeichen, zurück zum Festland zu rudern. Schon bald werden die Tiagos ihren Informanten vermissen und dann will ich vorbereitet sein.