Читать книгу In Love with an Outlaw - Talina Leandro - Страница 14

Оглавление

5. Kapitel

Elizá

Mehrere Stunden hat die Fahrt zum Anwesen der Tiagos gedauert. Ihr Anwesen liegt ein wenig außerhalb von Calandri, in der Nähe der italienisch-französischen Grenze und ist sehr abgelegen von der nächsten Stadt. Die Via alle Ville ist die einzige Straße, die dorthin führt. Jemand, der nicht ortsansässig ist, würde das Anwesen der Tiagos niemals finden. Die Tiagos, so hat Pierre mir das zumindest erzählt, haben enge Kontakte zu den großen, richtig gefährlichen italienischen Clans aus der Region. Auch, wenn mir ein wenig mulmig ist, bin ich dennoch gespannt, wie Pierre und seine Leute hier leben.

Während der Fahrt lasse ich letzten Wochen noch einmal Revue passieren und muss an einen ganz besonderen Tag denken. Drei Tage nach dem Konzert hat Pierre mich ziemlich zerknirscht angerufen. Ihn hat das schlechte Gewissen geplagt, weil er mich nach dem Gig nicht nach Hause gebracht hat. Zur Entschädigung hat er mich ins Hard Rock Café in Florenz eingeladen. Damit nicht genug, nach dem Essen hat er ohne große Umschweife eine für mich signierte Nirvana-CD aus seinem Rucksack hervorgezogen und auf den Tisch gelegt. Ich bin vor Freude fast ausgeflippt und konnte mein Glück gar nicht fassen. Für so einen Hardcore-Fan wie mich ein Hauptgewinn. Paulina, die wegen ihres neuen Mackers kaum noch Zeit für mich hat, war ganz schön neidisch. Pierre kann echt ein Schatz sein, wenn er will. Das hat er auch gezeigt, als nur wenige Wochen danach die Hiobsbotschaft von Cobains Tod auf mich und die gesamte Nirvana-Fan-Welt hereinstürzte. Das hat mich sehr mitgenommen, doch Pierre war für mich da.

Der Wagen ruckelt und reißt mich aus meinen schönen Gedanken. Nachdem wir von der Via alle Ville auf eine kleine Seitenstraße abgebogen sind, wird der Untergrund noch unebener und steiniger. Die schon recht warme Junisonne scheint durch die Baumkronen, links und rechts von der kleinen, unasphaltierten Straße.

Ich sitze auf der Rückbank von Pierres Geländewagen, den er heute ausnahmsweise mal nicht selbst fährt, sondern ein Mann namens Laurent.

Der Endfünfziger mit den kurzen, grauen Haaren ist mir mit seinem charismatischen Lächeln auf Anhieb sympathisch und passt irgendwie nicht zu den anderen Mitgliedern der Tiagos. Vito, ein hochgewachsenes Schwergewicht mit Glatze, trüben Augen und einem Lächeln so kalt wie das Wasser beim Untergang der Titanic, ist einer von ihnen. Er sitzt neben mir und raucht.

Der Zigarettenqualm nebelt mich unangenehm ein und es gibt für mich als Nichtraucher kaum etwas Ätzenderes als wie ein Aschenbecher zu stinken.

Pierre sitzt auf dem Beifahrersitz und dreht sich zu mir um. Er kaut seinen Kaugummi ziemlich offensichtlich und zwinkert mir zu. »Wir sind gleich da, Babe.«

Ich lächle ihm zu und muss daran denken, wie schnell die Zeit seit dem Konzert verflogen ist. Inzwischen sind Pierre und ich seit vier Monaten ein Paar. Jedoch ohne miteinander geschlafen zu haben. Pierre predigt mir immer sein Dogma: Sex nach der Eheschließung, denn er ist streng gläubig, was irgendwie so gar nicht zu seinem Lebensstil passt.

Wir biegen noch einmal ab und fahren durch ein Holztor auf einen Hof, der zu einem ländlichen Anwesen gehört.

Auf den entfernten, abgezäunten Koppeln, stehen Pferde und Schafe.

Nett, aber mit denen konnte ich noch nie etwas anfangen. Sind wir hier etwa auf einer Art Bauernhof? Habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.

Der Jeep kommt kurz vor dem Anwesen, einer Villa, zum Stillstand. Aha. Also doch kein Bauernhof.

Vito öffnet die Tür und sofort dringt mir heiße, staubige Luft entgegen.

Neugierig steige ich aus. Die Sonne knallt mit voller Wucht auf den kleinen Parkplatz und brennt auf meiner Haut.

»Na, dann komm mal mit.« Pierre steuert auf die Villa zu und winkt mich grinsend hinter sich her.

Ich folge Vito und Pierre, in Richtung Hauseingang, während Laurent nach einem Schlauch greift und den verstaubten Wagen abspritzt. Was mich wohl hier erwartet?

Der sandige Boden knarzt leise unter unseren Fußsohlen.

Wir erreichen den überdachten Eingang und stehen endlich und dankbar im kühlenden Schatten.

Die azurblaue Eingangstür, wird von innen wie von Geisterhand geöffnet und gewährt mir einen Blick in die kleine Eingangshalle. Sie ist im mediterranen Stil eingerichtet und ein großer, weißer Teppich liegt auf dem beigen Steinboden.

Seitlich von mir steht eine mollige Frau in weißer Bluse und einer schwarzen Stoffhose. Wahrscheinlich eine Bedienstete, denn sie grüßt Pierre ganz förmlich mit »Signore Tiago« und klingt dabei ziemlich ehrfürchtig.

Pierre grüßt nüchtern zurück und geht an ihr vorbei, während Vito der Frau überhaupt keine Beachtung schenkt.

Sie ignoriert ihn ebenfalls. Scheinbar mögen die beiden sich nicht besonders. Dann sieht sie ihm kurz mit zornigem Blick nach, wirkt jedoch sofort wieder freundlich, als sie mich entdeckt. »Ciao e bentornato a casa«, werde ich von ihr begrüßt.

»Hallo, ich bin Elizá«, stelle ich mich mit einem freundlichen Lächeln vor.

»Herzlich willkommen.« Die Frau beugt sich nach vorn und es macht den Anschein, dass sie mich sympathisch findet.

»Das Personal hat nicht zu interessieren, wie du heißt. Komm jetzt«, brummt Vito, der kurz stehengeblieben ist und ungeduldig zu mir herübersieht.

Ich nicke schnell und trete ein.

Vito stiefelt geradewegs hinter Pierre her, der auf eine weitere Tür am Ende des Flurs zuhält.

Pierre legt die Hand auf die Klinke und drückt sie herunter.

Ich bin gespannt, was sich dahinter verbirgt.

Er tritt ein und öffnet mir die Pforte in eine andere Welt.

Vito bleibt neben der Tür stehen und wartet, bis ich ihn erreicht habe.

Mit klopfendem Herzen trete ich durch die Tür, durch die mir das Gezwitscher von Vögeln entgegen dringt, das ich noch nie zuvor vernommen habe. Kurz drehe ich mich um, doch Vito, der gerade noch neben der Tür stand, ist verschwunden.

»Komm!«, höre ich Pierre entnervt knurren.

Ich husche vorwärts und finde mich in einer riesigen Glaskuppel wieder, die ich beim Betreten des Grundstücks überhaupt nicht wahrgenommen habe. Wie konnte ich die nur übersehen?

Staunend lege ich den Kopf in den Nacken und betrachte das Dach der Kuppel, durch das Sonnenstrahlen hineinfallen. Sie scheinen vom Glas aus durch dichtes Geäst und kitzeln meine Nase.

Über all um mich herum sind Pflanzen, Sträucher, sogar Bäume. Wie kommt das alles hierher? In den Kronen der Bäume versteckt müssen viele Vögel sein, denn das muntere Gezwitscher kommt von ganz oben.

Pierre tritt vor mich und grinst selbstgefällig. »Na, beeindruckt?«

»Ja, sehr«, flüstere ich ehrfürchtig und drehe mich um die eigene Achse, um alle Eindrücke einzufangen.

»Die Vögel, die du da hörst, sind seltene Arten, die teilweise vom Aussterben bedroht sind. Aber das ist noch gar nichts. Komm mal mit.« Pierre geht an mir vorbei, greift nach meiner Hand und zieht mich langsam hinter sich her.

Wir gehen einen schmal gepflasterten Weg entlang, der uns tiefer in den künstlich angelegten Urwald führt. »Keine Sorge. Hier kann man sich nicht verlaufen. Es gibt nur einen einzigen Weg. Und der führt rein und raus.«

Staunend wandert mein Blick von links nach rechts und wieder zurück. Plötzlich bleibe ich stehen, als links von mir ein Schatten durch die Hecken huscht. Viel zu schnell rauscht das Tier an uns vorbei. Es war kein Hund, obwohl das Gesicht so aussah, aber auch keine Katze, obwohl es Streifen und einen langen Schwanz hatte. Ein Tier wie dieses, das etwas größer als ein Fuchs war, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Weder in einem Zoo, noch in freier Wildbahn.

»Was war das?«

Pierre bleibt stehen und sieht ebenfalls nach links. Er zieht die Augenbrauen zusammen und schaut genauer in die Ecke, in der ich das Tier gesehen hatte.

»Sag bloß hier laufen Raubtiere rum?« Mir wird ganz mulmig bei der Vorstellung, vielleicht an der nächsten Hecke von einem Tiger überrascht zu werden.

»Ich glaube, das war Ramon.«

»Ramon?«, hake ich neugierig nach und bin mir immer noch nicht sicher, was genau ich da gesehen hatte.

»Ein tasmanischer Tiger«, sagt Pierre, als sei es das Normalste der Welt, dass ein offiziell für ausgestorben erklärtes Tier hier herumläuft.

»Das kann gar nicht sein.« Ich schüttle ungläubig lachend den Kopf. »Die gibt es schon lange nicht mehr. In Italien sowieso nicht. Der Mensch hat sie ausgerottet. Und das schon vor vielen Jahren. Wir hatte das Thema mal im Biologie-Unterricht. Das kann also nicht sein.«

»Warum nicht? Du hast ihn doch gesehen. Er ist sehr scheu, aber er ist ein echter Beutelwolf. Hat mich zwar eine halbe Millionen gekostet. Aber ich wollte unbedingt einen haben.«

Völlig perplex reiße ich die Augen auf, sehe noch einmal in die Richtung des Tieres, das sich schon wieder verzogen hat und dann erneut zu Pierre. »Wo hast du ihn her? Die gibt es doch gar nicht mehr. Oder ist das eine illegale Nachzucht?«

»Mit dem nötigen Kleingeld gibt es auf dem Schwarzmarkt alles, was du willst, Baby«, antwortet Pierre salopp, ohne auf meine letzte Frage einzugehen.

Skeptisch verschränke ich die Arme vor der Brust. »Wenn das wirklich ein Beutelwolf war, will ich ihn sehen. Aus der Nähe.«

»Wieso? Glaubst du, es war vielleicht doch nur ein angepinselter Hund?« Pierre lacht kehlig und stemmt die Arme in die Hüfte.

Ich fühle mich verarscht und verschränke die Arme vor der Brust. »Wer weiß.«

»Wie gesagt, er ist scheu. Deswegen gibt es hier auch keinen Stromzaun. Aber ich bin sowieso nie unbewaffnet. Allerdings ist Ramon nicht wie ein Hund, der angelaufen kommt, wenn man ihn beim Namen ruft.« Pierre hebt entschuldigend die Hände.

»Also doch nur Gelaber«, stelle ich fest und grinse spitzbübisch.

»Nein. Das ist ein tasmanischer Tiger.«

»So, so. Dann hast du vielleicht andere Beweise?«, sage ich anstachelnd und grinse.

Pierre schenkt mir ein smartes Lächeln und setzt zum Gehen an. »Na klar. Fotos von ihm und mir. In der Galerie. Zeig ich dir später. Komm jetzt weiter.« Was? Unglaublich. Na auf die Fotos bin ich gespannt. Ob sie echt oder eine Fotomontage sind?

Ein paar Minuten später erreichen wir sechs große Käfige. Es ist ziemlich laut hier, denn die roten Sumpfspringaffen, Rüsselhündchen, ein Amur Leopard und goldene Bambuslemuren, die sich in den Käfigen befinden, machen lautstark auf sich aufmerksam. Allesamt Tiere, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Und alle wahrscheinlich selten und vom Aussterben bedroht.

Tierschützer oder kranker Sammler? »Kann es sein, dass du ein Faible für besondere Tiere hast?«, bemerke ich spitz, während ich staunend an den Käfigen vorbeigehe.

»Gut möglich?«, antwortet Pierre mit einer Frage.

Also doch eher ein kranker Sammler. Verdammt, das gefällt mir nicht. Solche Tiere sollten in Freiheit leben und ihre Art geschützt werden. Ich bleibe stehen, drehe mich zu Pierre um und sehe ihn ernst an. »Und warum das Ganze?«

»Weil ich es kann.« Da spricht wieder das überhebliche Arschloch aus ihm.

Typisch Pierre. Was sonst hätte ich für eine Antwort erwarten können?

Ein kleines Schmunzeln kann ich mir nun wirklich nicht verkneifen. »Du bist also ein großer Tierfreund, ja?«

Pierre bleibt stehen und sieht mich an, als ob ich ihn beleidigt habe. »Babe, willst du mich auf den Arm nehmen?«

Stille.

»Nein. Ich …«

»Pass auf«, grätscht Pierre meiner Antwort dazwischen und erklärt sich. »Einmal im Monat fahren Vito, Monti und ich raus und lassen eines der Tiere frei.«

Oh. Na immerhin. Es besteht doch noch Hoffnung, einen guten Menschen aus Pierre zu machen. Vorausgesetzt, dass es stimmt. Zufrieden lächele ich ihn an.

Pierre kratzt sich am Kinn. »Natürlich, um sie dann zu jagen und abzuknallen.« Er lächelt müde. »Die Trophäen hängen in unserem Esszimmer.«

In diesem Augenblick entgleitet mir alles aus dem Gesicht, das entspannte Lächeln und das Strahlen in meinen Augen. Wie versteinert stehe ich da und starre mein Gegenüber an. »Das war jetzt aber ein Witz, oder?«

»Nö. Ich zeig sie dir gleich. Ist mittlerweile schon ein kleines Museum. Nur damit sie durch die Gefangenschaft nicht scheiße aussehen, soll es ihnen vorher gutgehen. Deshalb der Aufwand hier«, sagt er nüchtern und ich höre ein wenig Stolz mitschwingen.

Ein unangenehmer Schauer überkommt mich. Das darf doch nicht wahr sein. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto plausibler wird die Story. Es passt zu ihm. So ein Arsch. Ich möchte keine Minute länger hier sein.

»Du ehrlich gesagt, möchte ich jetzt doch lieber wieder nach Hause«, stammle ich.

»Was?« Ungläubig mustert er mich. »Etwa wegen den paar Tierchen? Das ist doch nicht dein Ernst.« Schallendes Gelächter bricht aus ihm heraus. Er lacht mich aus.

»Doch, das ist mein Ernst«, sage ich entschlossen und kneife die Augen finster zusammen.

Pierre beruhigt sich wieder, greift nach meiner Hand und zieht mich mit. »Komm, ich zeig dir mal unseren kleinen Wellnessbereich. Du wirst begeistert sein.« Er ignoriert meine Worte und zerrt mich so heftig hinter sich her, dass ich sofort verstehe, dass er keinerlei Gegenwehr meinerseits duldet.

Sofort muss ich an die unschönen Dinge denken, die ich über die Tiagos gehört habe. Die Brutalität, die sie bei Widerstand walten lassen. Besser, ich diskutiere jetzt nicht mit ihm.

In Love with an Outlaw

Подняться наверх