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KONFLIKTMANAGEMENT NACH DEM HULK-PRINZIP


In mir steckt ein Maserati, der geht in zwei Sekunden von Lillifee auf Ghetto Queen.

Konflikte, Reibereien und Meinungsverschiedenheiten kann man sich an jeder Ecke und in jeder Facebook-Timeline abholen. Die Leute wollen Recht haben, gleichzeitig aber auch verstanden werden. Bei so vielen Meinungen, Wehwehchen und Bedürfnissen ist das aber unmöglich, deshalb gibt’s Knatsch.

Als Sensibelchen bin ich jemand, der zu den anderen erst mal einen Höflichkeitsabstand einhält. Da das die wenigsten machen, wird dieser von diversen Elefanten allerdings regelmäßig niedergetrampelt. Ums in den Worten des Abou-Chaker-Clans auszudrücken: ends das Opfer! Möchte man meinen …

Ja stimmt: Meine Haut hat keine Goretexbeschichtung und die Garstigkeiten dieser Welt können an mir nicht abperlen. Sei’s die herablassende Art einer Bekannten, die mit mir redet wie mit einem Schulkind und versucht, mich zu erziehen. Sorry, schon passiert! Vor ein paar Dekaden und das von meiner Mami. Oder das Augenrollen und Gestöhne im Job, wenn ich irgendetwas nicht sofort auf Sekunde zwei raffe. Dann gibt’s noch die miesepetrige Nachbarin, die mich trotz freundlichen Grüßens jedes Mal ignoriert. Oder die alte Schulfreundin mit ihrem schwer erziehbaren Kind, die gerne meinen sehr umgänglichen Nachwuchs ins Visier nimmt und ungefragt Optimierungstipps verteilt. Auch wenn die eben genannten Herrschaften oder Situationen es oft nicht wert sind, kann mich so etwas schon mal den halben Tag aus der Bahn werfen.

Chronologisch läuft das dann so ab: Erst könnt ich heulen, dann werde ich stinkig und mit der aufgestauten Wut melde ich mich dann zu Wort. Wenn man so über meinen Gartenzaun trampelt, wird das Opfer zum Hulk. Dann wird’s hart. Emily Erdbeer goes Predator. Augen zukneifen! Was dann kommt, ist nicht schön. Saucool wäre es, wenn ich mich nach so einer Verwandlung lässig ohne Helm auf mein Motorrad schwingen und in Richtung Horizont auf zu neuen Abenteuern brettern könnte! Aber nein, in mir arbeitet das schön weiter.

Da mir von klein auf erklärt wurde, dass man als Frau lieb zu sein hat, gibt’s dann diesen inneren Konflikt, der sich immer dann auftut und wie eine Fischvergiftung anfühlt, wenn ich meine Rechte mit Nachdruck eingefordert habe. Ratio weiß natürlich, dass ich ohne die Gunst dieser Narzissten sehr gut weiterleben kann, aber meine Gefühle lügen mich an und sagen: „Böse Tanja, ganz, ganz böse!“

Den Ausknopf für diese Schuldgefühle konnte ich bisher noch nicht aufspüren. Er ist irgendwo tief in meiner Matrix vergraben und setzt sich zusammen aus Angst vor Ablehnung und Bestrafung. Damit bin ich ohne Zweifel nicht allein.

Da kann die familiäre Erziehung noch so emanzipiert gewesen sein, die Gesellschaft gibt uns bis heute das Gefühl, dass man als Frau lieb zu sein hat, selbstlos, fleißig, höflich und bescheiden mit schönen Haaren. So zu sein, funktioniert nur nicht in einer Welt, in der Lillifee aufs Maul kriegen würde.

Ich möchte nicht die Axt im Wald sein und plädiere grundsätzlich für mehr Mitgefühl und einen freundlicheren Umgang, aber auf beiden Seiten und auf Augenhöhe. Ich bin zum Hausmeister genauso nett wie zum Programmdirektor, will niemanden unterdrücken, möchte aber auch in Ruhe gelassen und gleichermaßen behandelt werden. Wer’s nicht kapieren will, dem trete ich gerne gegen das Schienbein. Mehrmals, wenn’s sein muss. Dann ist Schluss mit Diplomatie. Mit dieser Art können Leute schwer umgehen. Bis es scheppert, bin ich nämlich sehr handsam, probiere es mit Nett-Reden und Freundlich-Grenzen-Setzen, wenn das aber nicht gehört wird: Wow, Riesenüberraschungseffekt, wenn mein Gegenüber sieht, wie ich auch kann. Und ich nehme in Kauf, dass ich mich danach verstoßen und ungeliebt fühle, weil ich weiß, dass es von einer ollen Konditionierung kommt, die mir bis heute am Schuh klebt und die ich vielleicht mit etwas mehr Lebenserfahrung noch loswerde. Aber hey, es gibt genügend Leute, die einen trotzdem mögen. Manche sogar dann erst recht. Konflikte sind nicht schön, aber besser so, als blöd wie ein Feldweg auf sich herumtrampeln zu lassen.

Hier kommt eine weitere gute Nachricht: Wir haben es in der Hand, unsere Kinder anders zu erziehen. Andere Bilder in die Welt zu tragen. Daher hört meine Tochter täglich diese Leier:

Du musst nicht allen gefallen, weil du gut bist, so wie du bist. Hau auch mal auf den Tisch, wenn’s sein muss! Mama und Papa stehen wie eine Massivholzschrankwand hinter dir!


Vielleicht wird sie mal ein tafferes Cookie als ihre Muddi. Und wenn wir es schaffen, unsere Kinder so zu erziehen, dass sie nicht vor jedem Gockel in Deckung gehen, sich nicht von Posern beeindrucken lassen und sich klar und deutlich ausdrücken können, wird das bestimmt irgendwann eine Welt, in der Duckmäuse vom Aussterben bedroht sein werden. Es wird mehr diskutiert und weniger unterdrückt werden. Man wird besser überlegen, was man dem anderen zumuten kann und was nicht. Es wird mehr Gespräche auf Augenhöhe geben und Partnerschaften werden gleichberechtigt sein. Das wird schön für alle, denn unter patriarchalen Unterdrückungsmechanismen leiden viele – Männlein wie Weiblein. Dagegen zu kämpfen lohnt sich!

Schluss mit Muss

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