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Blatt 28: Zurückgelassen am Aufzug

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Das Lindenbankhaus – Ihre Andere Bank

Auszug 35 159 23 5, Blatt 28

Aktueller Kontostand: ein ßilberling, ein Ende

RLG Zurückgelassen im Aufzug. War Radius Lehr für kurze Zeit wie angewurzelt. Um dann den Liftboy hinterher zu eilen. Das Treppenhaus hinuntergestürzt, im gebührenden Abstand über das Geländer hinweg Charlie Bermudas grau uniformierter Ellenbogen zu erkennen. Alles Hetzen wollte jedoch nichts nutzen, am Ende stieß Radius auf knallharte Tatsachen. Im wahrsten Sinnsinn, und um Haaresbreite hätte er sich die Nase verbeult. Ein, zwei Schritte zurück erkannte er, dass er unmittelbar vor einer großen, geweißelten Metalltür gelandet war. Charlie Bermuda selbst glich einem wie vom Erdboden Verschluckter, nur einige Schritte waren es, die von irgendwoher hallten, von den kalten Höhen des kalten Treppenhauses, und noch bevor sich Radius Lehr auch nur einen Zentimeter hätte zusammenraffen können, erschien von oben jemand. Ein ganz normaler Typ eigentlich, leicht untersetzt, in den besten Jahren, wenn man so will, modisch die Jeans, das Hemd dafür kariert, die Ärmel hochgekrempelt und mit einer Frage im Gepäck: Anderer Typ: Hallo, können Sie mir vielleicht sagen, was mit dem Aufzug ist?

RLG Der Typ hatte eine Mappe bei sich.

Radius Lehr Ach der - der ist kaputt.

Anderer Typ Oha – Sie scheinen sich ja hier gut auszukennen.

Radius Lehr Ja, aber auch, wenn er wieder funktioniert, nutzt das nichts. Der Charlie ist nämlich getürmt.

Anderer Typ Ziemlich gut sogar. Wie ich feststelle.

Radius Lehr Kein Wunder, schließlich bin auch ich nicht gerade zum ersten Mal Aufzug gefahren.

Anderer Typ Ach, dann waren Sie bereits schon in höheren Gefilden?

Radius Lehr Das kann man gar nicht laut genug sagen.

Anderer Typ Aber doch nicht ganz oben - oder etwa doch?

Radius Lehr Und wie!

Anderer Typ Beim - beim Chef!

Radius Lehr Ha!

Anderer Typ Ist das denn die Möglichkeit?

Radius Lehr Da bleibt einem wie dir die Spucke weg, nicht wahr!“

Anderer Typ Das nun vielleicht dann doch nicht. Es ist nur so, weil ich auch einen Termin habe.

Radius Lehr Dann sollten Sie sich sputen.

Anderer Typ Ach herrje, was für einer ist er denn nun? Am Ende doch ein Pingeliger?

Radius Lehr Mitnichten; aber auf jeden Fall beeilen.

Anderer Typ Oh weh – und das im Anbetracht eines kaputten Aufzugs.

Radius Lehr Tja, wird nichts anderes übrigbleiben.

Anderer Typ Und seine Laune?

Radius Lehr Welche Laune?

Anderer Typ Na, die vom Chef natürlich.

Radius Lehr Also, der hat eine Sekretärin. Aus Japan oder so, die hat, wenn du mich fragst, einen gewaltigen Schuss in der Birne, aber das Lembelchen selbst.

Anderer Typ Merken Sie eigentlich nicht, dass Sie in Rätseln sprechen?

Radius Lehr Keine Angst, der Lembel ist schon okay. Und dass, obwohl er so gut wie keine Zeit hat. Immer nur so‘ n bisschen.

RLG Radius Lehr zückte den nagelneuen Tantiemenvertrag hervor.

Anderer Typ Neunzehn Anteile – ist das viel?

Radius Lehr Na klar - uns jetzt sind es ja nur neunzehn. Doch bald schon werden es Millionen sein.

AndererTyp Hugo Bauklotz? Was – und ein Zaun? Na, ob man hierbei überhaupt noch mithalten kann?“

Radius Lehr Nicht jeder ist zum Bücherschreiber geboren, das ist nun einmal so.

Anderer Typ Hm - gerade neunzehn habe ich auch.

Radius Lehr Einer wie der Charlie kann ein Lied davon singen.

Anderer Typ Neunzehn Frauen natürlich.

Radius Lehr So viele Weiber! Um Himmelswillen!

Anderer Typ Aber wieso – geht es schließlich nicht nur darum, was sich besser verkauft?

Radius Lehr Ach so, aber dann warte mal ab. Bis ich meinen fertig gestrichenen Zaun auf den Tisch geknallt habe.

Anderer Typ Moral hin, Moral her – ist doch sowieso alles Wurst.

Radius Lehr Das Meisterlein hat auch nur noch gestaunt.

Anderer Typ Und was schon ist besonders verwerflich an einem kleinen Vergewaltigungsroman?

Radius Lehr Das hätte man von einem alten Literaturhasen auch nicht gerade erwartet.

Anderer Typ Triefendes Blut – alles halb so schlimm. Heutzutage wird sowieso alles in Watte gepackt.

Radius Lehr Hauptsache es macht Spaß.

Anderer Typ Aber wie komm ich jetzt nur rauf?

Radius Lehr Gerade das Bücherschreiben.

RLG Es quietschte und klackte plötzlich, was das Zeug zu halten imstande war, Radius und der andere schritten zur Seite, langsam und scheinbar wie aus einem heiteren Nichts schob sich die weiße Metalltür auf, dahinter der Hüne von einem Mann. In der Tat drohte der aufgrund seiner Statur an einem eineinhalb breiten Gewehrschrank Erinnernde mit einem länglichen, bohnenartigen Gesicht aus einem schwarzen, hocheleganten Anzug zu quellen. Mit Fliege sogar, und einem roten Rosenkopf oben im Jackett.

Hüne Sagen Sie mal – was machen Sie hier eigentlich?

Andere Autor Also, ich für meinen Teil habe mich in der Etage geirrt.

Hüne Dies hier ist doch kein Ort zum Abhalten für irgendwelche Kaffeekränze.

Anderer Autor Ursprünglich wollte ich ja auch zum Chef.

RLG Er zeigte dem Hünen einen Terminzettel.

Der Hüne Ach, Sie sind das, warum sagen Sie das nicht gleich? Nun gut, man hat ja schon einiges gehört, und nicht nur Herr Lembel schwärmt von Ihnen – herzlich willkommen kann ich nur sagen.

Anderer Autor Ihre Begeisterung in allen Ehren, aber ehrlich gesagt wäre es mir dann doch lieber, wenn sie für mein Manuskript aufgehoben werden würde.

Hüne Keine Sorge, und soweit ich weiß, werden Sie für heute bereits erwartet. In der obersten Etage.

Anderer Autor Ich weiß, ich weiß, allerdings funktioniert der Aufzug nicht.

Radius Lehr Kein Wunder, das Ding ist ja auch kaputt.

Hüne Und ich mag es nicht, wenn man sich ungefragt einmischt!

Radius Lehr Ha!

Hüne Warum halten Sie nicht einfach Ihre Klappe!

Radius Lehr Stimmt aber, und der Charlie ist auch noch weg.

Hüne Ach so - ach, dann sind Sie sicherlich der neue Betriebshandwerker

Anderer Autor Manches ist einfach nur Ansichtssache.

Hüne Normalerweise sind für Leute für Sie die Hinterausgänge reserviert.

Anderer Autor Wie – nicht die oberste Etage?

Hüne Jeder hat seinen eigenen Stil.

RLG Mit einem Zeigefinger deutete er auf den Tantiemenvertrag in Radius Lehrs Händen.

Hüne Ah - einen Arbeitsvertrag scheinen Sie auch schon zu haben. Na, wenigstens etwas.

Radius Lehr Und sogar vom Lembel selber! Frisch geleimt sozusagen.

RLG Der Hüne patschte Radius Lehr den Vertrag aus den Händen.

Radius Lehr He, ist doch meiner.

Hüne Gejammer ist etwas, was ich erst recht nicht leiden kann.

Anderer Autor Entschuldigung, Sie gestatten, dass ich mich empfehle. Ewig warten Termine auf einem ja bekanntlich auch nicht.

Hüne Ist gut, mein Bester, Sie wissen ja, wo unser Aufzug ist.

Radius Lehr Nützt doch nichts, das kaputte Ding. Und ohne den Charlie.

Hüne Sie sollen doch die Klappe halten, was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind.

RLG Der Andere Autor begab sich zu den Treppen und verschwand.

Hüne So und nun zu Ihnen, aber eines möchte ich vorher klarstellen: mein Name ist Prora– Petraeus Prora! Damit Sie gleich mal wissen, mit wem Sie‘ s zu tun haben.

Radius Lehr Ich will doch nur meinen Vertrag wiederhaben.

Petraeus Prora Ich bin der Prokurist hier in diesem Haus, und es haben schon noch ganz andere versucht, mir in die Karten zu kacken.

RLG Eilig überflog Prora den Vertrag.

Petraeus Prora Was - Hugo Bauklotz?

Radius Lehr Meiner.

Petraeus Prora Und ein Zaun?

Radius Lehr Will ihn wiederhaben.

Petraeus Prora Was soll das denn bitte schön sein!0

Radius Lehr Ach so - na ja. Aber wissen Sie was, staunen Sie nur, das hätten Sie ja wohl auch nicht gerade gedacht.

Petraeus Prora Der Neid muss es lassen – na ja.

Radius Lehr Dann hätten Sie vorhin mal den Lembel erleben müssen.

Petraeus Prora Nein, wirklich - darauf muss man wirklich erst einmal kommen.

Radius Lehr Dann kann ich ihn endlich wiederhaben? Meinen Vertrag?

Petraeus Prora Wenn das Ihr einziges Problem ist! Mann, Sie wissen doch, wo der Aufzug ist. Und Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie von irgendjemand festgehalten werden. Glauben Sie das ja nicht, sonst werde ich Ihnen doch noch auf die Sprünge helfen.

Radius Lehr Aber der Charlie ist doch getürmt.0

Petraeus Prora Ach Sie - warum hauen Sie nicht auch einfach ab? Ihnen scheint ja ohnehin nichts zu passen!

Radius Lehr Ohne meinen Pinselvertrag gehe ich nicht!

Petraeus Prora Was Sie nur für eine Nervensäge sind! Als ob mir das gerade noch gefehlt hätte!

Radius Lehr Nicht einen Zentimeter!

Petraeus Prora Nur keine Panik, ja. Das ist nämlich etwas, was ich überhaupt nicht leiden kann!

Radius Lehr Und wenn Sie mich totschlagen, Sie Bohnengesicht!

Petraeus Prora Mann, Sie werden schon noch zu Ihrem Jungfernbrunnen geleitet.

Radius Lehr Das will ich aber nicht!

Petraeus Prora Ordnung muss schließlich sein, etwas, was gerade einem Betriebshandwerker geläufig sein müsste.

RLG Nun setzte sich die mächtige Metalltür wieder in Bewegung, und noch bevor Radius Lehr noch ein paar weitere Sekunden weiterdenken konnten, war sie zugeknallt, der Hüne dahinter verschwunden. Mit dem für ihn so lebenswichtigen Papier, Radius Lehr schwitzte fürchterlich unter dem Overall. Ja, den Tränen nahe, um nicht zu sagen äußerst nahe, denn drohte nicht alles das, was er gerade frisch erobert hatte, gleich wieder zu entgleiten? Die Ziegel für den Millionenturm.

Wie lange er in den Niederungen des Lembelhauses zu verharren hatte, war nicht wirklich auszumachen, für Radius Lehr jedoch waren es gefühlte Ewigkeiten. Kleinere zumindest, bis sich am Ende dann doch die weiße Metalltür wieder aufschob, und zu seiner ganzen Erleichterung Prora wiedererschien. Einschließlich Tantiemenvertrag.

Petraeus Prora Okay, hier haben Sie‘ s, und nun machen Sie sich endlich an die Arbeit.

Radius Lehr Aber!

RLG Die Tür schloss sich, endgültig scheinbar, zu Radius Lehrs Erleichterung leuchtete, als er eine Etage höher gestiegen war, der Knopf neben dem Aufzug kurz auf.

Radius Lehr Donnerwetter!

Molly Holly Die Tore für die Betriebshandwerker befinden sich hinten, wie oft muss ich Ihnen das denn eigentlich noch sagen?

Radius Lehr Wozu brauchen Sie Handwerker, der Aufzug scheint doch auch so wieder zu gehen.

Molly Holly Ach, wozu rede ich mit Ihnen überhaupt, Sie begreifen ja doch nichts.

Neuer Kontostand: ein ßilberling, ein Ende

Hugo Bauklotz - Ein Zaun

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