Читать книгу Midnight Clan - Thabita Waters - Страница 7
Zwei
Оглавление“Ich möchte deine Tochter zu mir nehmen. Und ihr eine bessere Zukunft geben. Ich werde mich höchstpersönlich um Ihre Erziehung kümmern und dafür sorgen, dass es ihr an nichts fehlt.“
Anders konnte er sein Anliegen nicht hervor bringen. Warum auch um den heißen Brei herum reden?
Erleichterung und Schmerz wechselten sich auf dem Gesicht der Frau ab. Zweifelnd blickte sie zu Dominik. Ihre Tochter war ihr einziger Lichtblick und nun sollte sie Dawn ziehen lassen. Jedoch wäre sie in Sicherheit und nicht mehr den Launen ihres Vaters, oder denen ihres Bruders ausgeliefert. Schließlich siegte die Vernunft und sie nickte kaum merklich. Endlich müsste sie keine Angst mehr haben, dass Dawn eines Tages nach einer Prügelattacke ihres Vaters nicht mehr aufstand. Der Verlust war groß, aber ihre Liebe zu Dawn ermahnte sie, an deren Zukunft zu denken. Und die bot ihrem Engel gerade alles, wovon manch anderer nur träumen konnte. Wie konnte sie da Nein sagen?
Durchdringend blickte Dominik sie an, Dawns Mutter senkte den Blick. Seine Augen durchsuchten den Raum und blieb an dem kleinen Mädchen im hinteren Teil des Zimmers hängen. Eisblaue Pupillen, wie die ihrer Mutter blickten ihm entgegen. Sogar der Hauch von Eigensinn war der Gleiche. Unfähig diesem Augenpaar zu widerstehen hielt er die Augen auf sie gerichtet und bemerkte amüsiert, dass leichte Röte ihre Wangen überzog und ihr Mund aufklappte. Zu gerne würde er ihre Gedanken lesen.
“Er kann sie haben, wenn er uns angemessen bezahlt. Ich will 20 Pfund für das Balg.“
Dominik platzte der Kragen. Ein Vater, der sein Kind verkaufte. Wütend schob er Dawns Mutter auf die Seite und stürmte an ihr vorbei. Auf dem einzigen Stuhl im Raum saß der Vater von Dawn und schenkte sich aus einem Krug schales Bier ein. Der Gestank, der von ihm ausging, raubte Dominik fast den Atem.
Dominik packte ihn am Kragen und zog ihn vom Stuhl.
“Du kannst froh sein, wenn ich dich nicht vom Hof jage und deinen Taugenichts von Sohn gleich mit. Ihr dürft kostenfrei hier wohnen und für euer Auskommen wird gesorgt. Ihr erhaltet ab heute zusätzliches Essen aus dem Haupthaus. Denn ich weiß, dass die Mahlzeiten, die verteilt werden, hier wohl nicht ankommen. Da würde ich an eurer Stelle mit eurem Sohn reden. Sehe ich aber jemals deinen Sohn oder dich in Dawns Nähe, bringe ich euch an den Galgen, beide.“
Dominik ließ den Mann los, dieser sank zurück auf seinen Stuhl und hob seinen Krug.
“Ach Frau, gebe ihm das Balg mit, sie ist sowieso zu nichts zu gebrauchen.“ Er war Widerspruch nicht gewohnt. Mit seinen Fäusten regierte er die Familie. Nur, bei diesem einen Gutsherrn, würde er damit nichts erreichen.
Damit hob er den Krug an seine Lippen und trank in großen Zügen. Schließlich hatte er es doch ein wenig mit der Angst zu tun bekommen. Noch nie musste er sich gegen jemanden verteidigen. Wann immer ihm danach war, konnte er seinen Unmut an seiner Frau oder seiner Tochter auslassen. Früher tat er dies auch bei seinem Sohn, doch dieser wurde so langsam erwachsen und da wollte er lieber vorsichtig sein.
Wieder suchte Dominiks Blick den von Dawn. Nun, da er im Raum war, konnte er sie genauer betrachten, denn bis jetzt hatte er sie nur aus dem oberen Stockwerk beobachtet. Abgemagert bis auf die Knochen saß sie auf einer Strohmatte, aber ihr Gesicht versprach einmal bildhübsch werden. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr zerzaust bis auf die Taille. Ihr voller Mund würde manchen Mann zu wilden Fantasien anregen. Der einzige Makel, den sie hatte, war der große blaue Fleck an ihrer Schulter. Aber er schwor sich, dass, dieser der Letzte sein sollte. Ab jetzt würde es keiner mehr wagen, ihr mehr als drei Meter zu nahe zu kommen. So wie sie da auf ihrem Strohlager hockte, erinnerte sie ihn mehr denn je an Liz. Nur die Augenfarbe und der gequälte Gesichtsausdruck unterschieden sie. Liz musste nie so unter der Gewalt eines Menschen leiden, wie Dawn.
Lächelnd streckte er eine Hand nach ihr aus, sie durchquerte den Raum und ergriff sie. Ihre Augen blickten hoffnungsvoll und gleichzeitig fragend zu ihm auf. Dominik ging in die Hocke, um Dawns Gesicht noch näher zu betrachten. Ringe lagen unter ihren Augen und ihr Mund war ängstlich zusammengekniffen. Ein seltsames Gefühl breitet sich in ihm aus.
“Guten Tag Dawn ich bin Dominik, ab heute darfst du bei mir im großen Haus wohnen und ich verspreche dir, dass dir nie wieder jemand etwas antun wird. Hab also keine Angst.“
Vertrauensvoll ergriff Dawn Dominiks Hand.
“Ich habe keine Angst. Doch wenn ich weggehe, was wird dann aus meiner Mutter?“
Dominik zog Dawn an sich und ihre Mutter wandte ihr Gesicht Dominik zu.
“Ich verspreche dir, für sie wird gesorgt. Und solange ich hier bin, steht sie unter meinem Schutz.“
Während er dieses sagte, blickte er drohend zu Dawns Vater. Befriedigt sah er, dass dieser den Kopf einzog.
“Danke“, flüsterte Dawns Mutter, “und passt gut auf sie auf, sie ist was Besonderes.“ Eine Träne bahnte sich glitzernd ihren Weg über die eingefallenen Wangen.
Jahre später sollte sich Dominik offenbaren, wie weitreichend ihre Worte waren.
Ein letztes Mal zog Dawns Mutter ihre Tochter an sich und flüsterte ihr zu: “Alles wird gut Kleines. Ich vertraue Mister Dominik. Bei ihm wirst du es gut haben.“
Schnellen Schrittes verließ er das Gesindehaus und überquerte mit Dawn an der Hand den Hof. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Dawns Bruder sich ihm näherte.
“Wo willst du mit meiner Schwester hin?“
Angewidert nahm Dominik den Geruch nach Alkohol an dem Jungen war.
“Sie wohnt ab jetzt im Haupthaus und es wäre besser für dich, wenn du ihr nie wieder zu nahe kommst.“ Eindringlich sah Dominik dem Jungen in die Augen.
“Da will ich auch wohnen, aber nicht als Magd, wie diese Drecksgöre da.“
Abfällig zeigte Jeremia auf seine Schwester.
Dominik blickte den Jungen feindselig an. Dieses Bürschchen bedeutete Ärger. Doch er schwor sich, dass solange er hier das Sagen hätte, sich dieser Junge fügen müsste, sonst würde er ihn eigenhändig vom Hof jagen.
“Sie wohnt da, als mein Mündel und nicht als Magd. Und du solltest machen, dass du nach Hause kommst. Ich denke deine Mutter braucht ab jetzt deine Hilfe zum Wasser schleppen.“
Die Kinnlade des Burschen fiel nach unten. Drohend hob er die Faust und wollte einen weiteren Schritt auf Dominik zugehen. Dieser richtete sich zu seiner vollen Größe auf und erhob seine Stimme.
“Überleg dir gut, was du machst Junge. Du bist im Begriff, dich mit den falschen Leuten anzulegen.“
Der Junge taumelte rückwärts. Ihm wurde bewusst, dass Dominik recht hatte, wie sehr wusste er nicht. Doch hier musste Jeremia sich geschlagen geben. Unmut machte sich in ihm breit und ein neues Gefühl kam hinzu, Hass. Irgendwann wäre er alt genug und dann würde er dem feinen Herren zeigen, was es hieß, sich mit ihm anzulegen.
Dominik setzte seinen Weg zum Haupthaus fort. Dawn folgte ihm und fasste seine Hand fester.
“Das war gut, er hat so was schon lange verdient.“
Lächelnd sah Dominik zu ihr hinunter. Dawn beeindruckte ihn immer mehr. Insgeheim versprach er sich, dass er alles dransetzen würde, um Dawn die Kindheit von nun an so angenehm wie möglich zu machen. Ab heute würde er ihr Leben in die Hand nehmen.
Im Haupthaus angekommen atmete er durch, hier fühlte er sich auf sicherem Terrain. Vor allem das Licht war hier angenehmer. Wie die meisten Vampire beschränkte er seine Aktivitäten auf die Dämmerung oder die Nacht. Lässig klopfte Dominik sich den Staub von seiner Bunthose. Fast 500 Jahre war er ein notorischer Einzelgänger gewesen. Sicher es gab genug Frauen, die sein Bett geteilt hatten, jedoch keine von ihnen blieb länger als eine Nacht, dann war er ihrer überdrüssig. Aber Dawn war ein Kind und das war was ganz anderes. Einzig Albert war zu einem Freund und ständigen Begleiter geworden.
“Sage mal Dawn, wie alt, bist du eigentlich?“
“Ich bin elf, werde aber bald schon zwölf.“
Der Stolz in ihrer Stimme war unüberhörbar. Elf, er blickte sie an. Dawn war sehr klein für ihr Alter. Eigentlich war Dominik davon ausgegangen, dass sie höchstens acht sein konnte. Doch das lag wahrscheinlich an der permanenten Unterernährung. Dazu kam, dass sie nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien.
“Ich zeig dir jetzt dein Zimmer und besorge dir etwas zu essen. Was hältst du davon?“ Freundlich blickte Dominik zu ihr herab.
“Aber nur, wenn es nicht allzu viele Umstände macht. Nicht dass du mich wegschickst, weil ich dir lästig werde.“
Damit hatte sie seinen wunden Punkt getroffen. Was war, wenn er sie nur als Spielzeug sah, das man wie eine Puppe hübsch machen konnte, um sie dann in die Welt zurück zu stoßen aus der sie gerade kam? Alberts Worte kamen ihm wieder in den Sinn.
Nein, das würde er nicht machen, er dachte an ihre Mutter und wie dankbar sie gewesen ist. Es würde ihr das Herz brechen. Noch etwas machte ihm zu schaffen. Dawn ist ein Mensch und er konnte ihr Herz schlagen hören, registrierte, wie sich ihr Blut seinen Weg durch ihren Körper suchte. Ihm wurde bewusst, dass er dringend auf die Jagd gehen musste. Seid Tagen hatte er kein Blut mehr genossen. Sonst würde er für sie zur Gefahr werden. Denn auch seine Beherrschung kannte Grenzen.
Mit Dawn an seiner Hand ging er die breite Treppe hinauf und steuerte auf ein Zimmer zu, das eigentlich für Gäste vorgesehen war. Dominik öffnete die Tür und machte eine einladende Geste. Dawn riss staunend die Augen auf, so viel Luxus hatte sie noch nie gesehen, dabei war das Gutshaus eher praktisch eingerichtet. Ein paar Bilder an den Wänden, aber kein großer Pomp. Was würde sie sagen, wenn sie sein Haus in London sieht? Er beschloss, dass sie erst ein wenig manierlicher aussehen musste, ehe er sie dorthin mitnahm.
“So das ist ab heute dein Zimmer. Wenn du was brauchst, dann musst du nur die Klingel da auf dem Nachttisch läuten und es wird dir gebracht.“
Sie blickte ihn mit ihren Eisaugen an. Dieser Blick fraß sich bis in sein Innerstes, hinterließ eine Spur in seinem Herzen. Ein Kribbeln machte sich in ihm breit und Wärme, etwas was er lange nicht gefühlt hatte. Nur wusste er es nicht zu deuten.
“War das mal das Zimmer einer feinen Dame? Und was wenn ich, mir das selbst holen möchte. Ich will nicht, dass irgendjemand durch mich Mühe hat.“
Dominik spürte, dass sie es ernst meinte. Dawn schien über ein großes Maß an Gerechtigkeitssinn zu verfügen. Nur würde sie lernen müssen, dass es Unterschiede zu ihrem bisherigen Leben gab.
“Kleines, das Zimmer war immer nur für unsere Gäste und die Leute, die hier arbeiten, sind dazu eingestellt, dir und uns jeden Wunsch zu erfüllen.“
“Hmm, weißt du, ich werde es so machen, wie ich es für richtig halte. Es kann ja nicht so schlimm sein, wenn ich da behilflich sein möchte.“ Trotzig blickte sie zu ihm hoch.
“Du bist ganz schön eigensinnig, oder? Es ist deine sache, wie du es handhabst, wunder dich aber bitte nicht, wenn die Dienstboten beleidigt sind. Denn schlecht ergeht es ihnen hier nicht und der Lohn, den sie erhalten, ist mehr als großzügig. “
“Warum sollten sie denn, ich werde nett zu ihnen sein. Und immer ein Lächeln für sie übrig haben. Sie können den Rest bedienen, aber mich nicht.“
Seufzend sah Dominik Dawn an, wenn sie erwachsen war, würde sie eine überwältigende Persönlichkeit werden und er hatte jetzt schon Mitleid mit dem Mann, der sie einmal bekommen würde. Doch wenn er daran dachte, dass sie einmal fortgehen würde, um eine Familie zu gründen, wurde ihm flau. Missmutig schüttelte er den Kopf, was machte er sich da nur für Gedanken, sie war ein Kind.
Auf der anderen Seite jedoch spürte Dominik ihr großes Herz und ihren Mut.
“Und morgen fahren wir nach Chester. Du brauchst dringend neue Kleider. So, und das wirst du nun nicht verhindern können.“
Damit trat er auf den Nachtisch zu, hob die Glocke an und klingelte nach dem Personal. Amüsiert beobachtete er Dawns Reaktion. Ihre Mine verdunkelte sich und er musste innerlich lächeln, aber ließ sich nichts anmerken. Insgeheim wusste Dominik, dass sie noch oft aneinandergeraten würden. Und das machte Dawn für ihn interessant.
Kurze Zeit später ging die Tür auf und Hazel trat ein. Auch sie war ein Vampir und führte aus Angst vor ihrem Mann ein Doppelleben. Tagsüber spielte sie die Dienstmagd, und wenn der Abend nahte, wurde sie Alberts Gefährtin.
“Was wünscht ihr?“
“Hazel, darf ich vorstellen das ist Dawn, sie ist ab heute mein Mündel. Wenn sie was wünscht, dann bekommt sie das auch. Und ich denke die junge Dame benötigt ein Bad und dann etwas zu essen.“
Hazel lächelte Dawn an.
“Willkommen Miss Dawn, ich werde immer da sein, wenn Sie mich brauchen.“
Dawn zog einen Flunsch, besah sich Hazel aber genauer. Vor ihr stand eine junge Frau mit herrlichem rotem Haar, das sie jedoch bis auf wenige widerspenstige Locken unter einem Dienstbotenhäubchen verbarg. Vom ersten Augenblick mochte Dawn sie.
“Versprich mir, dass du mich rufst, wann immer du Hilfe benötigst.“ Eindringlich sah Hazel sie an.
“Warum sollte ich das machen? Bisher bin ich immer alleine zurechtgekommen.“
Trotzig schob Dawn ihre Unterlippe nach vorne. Amüsiert lächelte Hazel. Hier stand Dominiks Meisterin. An ihr würde er sich die Zähne ausbeißen. Sofort schloss sie Dawn in ihr Herz. Entschlossen stellte sie sich vor das Mädchen und sah ihr ins Gesicht.
“Das gehört nun der Vergangenheit an. Ich werde mich nun um ihr Bad kümmern und eine Kleinigkeit zu essen bringen. Später gibt es dann ja Abendessen im großen Esszimmer.“
Dawn verzog das Gesicht, sie öffnete den Mund, um zu antworten, aber Dominik kam ihr zuvor.
“Gut Hazel, das war dann alles.“
Damit war Hazel entlassen und verließ das Zimmer. Im Vorbeigehen lächelte sie Dominik zu und zwinkerte.
Dawn reckte trotzig ihr Kinn vor.
“Ich will nicht, dass jemand mich bedient. Und schon gar nicht Hazel, sie ist viel zu nett, um als Dienstbotin zu arbeiten“
“Dawn, nun höre mir mal zu. So ist es nun mal im Leben einige müssen arbeiten, um sich zu ernähren, sonst würden solche Leute verhungern.“
“Wenn du so viel Geld hast, um sie dafür zu bezahlen, dass sie für dich arbeitet, dann kannst du ihr auch das Geld geben und sie braucht nichst zu tun.“
“Dawn, sei nicht kindisch. Hazel arbeitet gern und besonders anstrengen muss sie sich nicht. Und wir haben sie eingestellt, weil es bequemer ist, wenn man auch mal was gebracht bekommt. Außerdem arbeite ich auch. Oder meinst du, ein solch großes Gut verwaltet sich von alleine. Da steckt eine Menge Mühe und Arbeit hinter. Wenn sich keiner darum kümmert, verkäme alles hier und die Menschen, die hier leben, würden bettelarm werden. Du wirst es verstehen lernen. Rede einfach mit den Leuten und frage sie, ob es ihnen wirklich so viel ausmacht, für mich zu arbeiten.“
“Wenn man immer was gebracht bekommt, wird man nur fett und faul und fängt an zu saufen, wie mein Vater. Und ich habe dich nie draußen gesehen, wann also arbeitest du?“
“Ich kümmere mich um den Einkauf des Saatgutes für das nächste Jahr, führe die Bücher, teile die Arbeiter ein, wenn die Ernte eingeholt werden muss. Kaufe Futter, verkaufe unser Getreide. Nebenbei sorge ich dafür, dass einige Familien, so wie deine, hier Obdach finden. Gerade wenn Kinder im Spiel sind, drücke ich hier gerne ein Auge zu. Denn ich könnte verlangen, dass deine Mutter im Haupthaus hilft, ihr wohnt ja kostenfrei im Gesindehaus.“
“Meine Mutter hat genug mit meinem Vater zu tun, er lässt ihr keine Ruhe. Ständig muss sie ihn bedienen. Und er wird immer so gemein zu ihr, wenn sie nicht tut, was er sagt. Falls sie dann nicht da wäre, weil sie arbeiten sollte, würde sie das bitter bereuen.“
Am Schluss wurde ihre Stimme immer leiser. Der Trotz wich aus ihren Augen und tiefe Traurigkeit machte sich stattdessen darin breit.
Dominik trat zu ihr und zog sie in den Arm und beschloss es dabei zu belassen, sie würde es lernen.
Lernen, das es immer Menschen gab, die für andere unangenehme Dinge erledigten.
“Kleines, deine Mutter tut mir leid, und wenn mir etwas einfällt, wie ich ihr helfen kann, werde ich es tun. Nur verdamm mich nicht dafür, dass ich Geld habe und andere Menschen nicht. Ich will das Beste für dich und möchte, dass du von nun an nichts mehr zu befürchten hast.“
Zärtlich strich er ihr über das Haar und Dawn schmiegte sich vertrauensvoll an ihn. Und wieder war er durch den Geruch ihres Blutes und die Gefühle, die sie auslöste in einem Zwiespalt.
Als Hazel die Wanne mit noch einem der Dienstboten in das Zimmer gebracht hatte und das Wasser darin dampfte, verließ Dominik den Raum. Hazel stellt einen Teller mit Brot hin und wies Dawn an, diesen leer zu machen. Nachdenklich blickte Dawn ihm nach und machte sich über das Brot her. Es war köstlich, weich und würzig. Doch die Unterhaltung mit ihm hatte sie traurig gemacht. Gleichzeitig bekam sie nun ein schlechtes Gewissen, da es ihr nun gut gehen sollte, während ihre Mutter weiter unter dem Vater litt. Als Dawn alles bis auf den letzten Krümel gegessen hatte, sah sie Hazel auf die sie mit Argusaugen beobachtete.
“Dawn leg nun bitte deine Kleider ab und steig in die Wanne, solange das Wasser noch warm ist.“
Lächelnd deutete Hazel auf das, was Dawn trug. Es beruhigte sie, dass Dawn das Brot gegessen hatte.
Dawn zog das verdreckte und fadenscheinige Hemd aus und kletterte in das dampfende Wasser. Missbilligend nahm Hazel den blauen Fleck wahr und das Dawns Rippenbögen sich deutlich unter der Haut abzeichneten, gefiel ihr auch nicht. Wohlige Wärme umfing Dawn und entspannt schloss sie die Augen. Hazel tauchte einen Lappen ins Wasser und begann Dawn den Rücken abzuwaschen.
“Hazel ich kann das alleine, ehrlich ich will nicht, dass mich jemand bedient.“ Trotzig versuchte sie, Hazel den Lappen zu entwinden.
“Miss Dawn. Ich arbeite gern für Mister Dominik und Mister Albert. Beide sind sehr freundlich und die Arbeit ist nicht die schwerste, da beide nicht so hohe Ansprüche stellen. Und nun lass dir helfen, du kannst nicht immer alles alleine machen.“
Dawn seufzte ergeben und ließ es über sich ergehen, das Hazel sie gründlich abschrubbte. Sie hatte das Gefühl, ihre Haut würde ihr von den Knochen gezogen. Dann wusch Hazel ihr das Haar.
“Kannst du mich wenigstens nicht immer Miss nennen. Sage Dawn wie Dominik, das würde mich glücklicher machen.“
“Gut, wenn es ihr Begehren ist.“ Dawn räusperte sich geräuschvoll.
“Sicher, wenn es dein Wunsch ist.“ Schmunzelnd wusch Hazel Dawn ausgemergelten Körper. Das Haus würde nun mit Leben gefüllt.
“Ja, ist es.“
“Du hast wunderschöne Haare Dawn schade, dass sie so vernachlässigt wurden. Das Durchkämmen wird bestimmt nicht angenehm. Aber ich werde ganz vorsichtig sein. Und du kannst jetzt aus dem Wasser kommen, ich denke, du bist sauber.“
Dawn zog noch einmal schnuppernd den Duft des Wassers ein. Es roch nach Sommerwiesen irgendwie grün. Oft verband sie Gerüche mit Farben. Der Hof roch erdig, weshalb sie immer an Ocker dachte. Ihr Haus roch immer nach schalem Bier und den Ausdünstungen ihres Vaters. Es roch grau. So hatte sie eine Farbpalette an Gerüchen.
“Du Hazel, sage mal, was ist mit dem Wasser? Es riecht wie eine Sommerwiese.“
“Ja, ich habe ein wenig Kräuter-Öl hineingegeben. Ich dachte, das würde dir gefallen.“
“Ja es gefällt mir. Sehr sogar, nun duftet meine Haut auch danach.“ Schnuppernd roch Dawn an ihrem Arm.
Dawn kletterte aus der Wanne und wurde von Hazel in ein warmes Tuch gehüllt. Bevor sie sich nach ihren Kleidern bücken konnte, hatte Hazel zugegriffen und diese an sich genommen.
“Das verbrennen wir. Du willst doch nicht den Duft mit deinen alten Lumpen verderben.“
“Aber was ziehe ich denn dann an? Ich habe doch nichts weiter.“
“Ich habe eine Tochter, die ungefähr deine Größe hat, ich werde dir ein paar Sachen von ihr leihen, aber die bekomme ich zurück, ja?“
“Ja sicher, denn ich will ja nicht, dass deine Tochter nun ohne Kleider ist.“
Hazel wandte sich zum Gehen. Den traurigen Gesichtsausdruck sollte Dawn nicht sehen.
“Das wird sie nicht.“
Was für eine kleine beeindruckende Person. Hazel war sich sicher, dass Dawn Dominik auf Trab halten würde und sie war gespannt, was Albert zu Dawn sagen würde. Begeistert war er ja bisher nicht. Doch sie war sich sicher, dass Dawn ihn im Handumdrehen um den kleinen Finger gewickelt hätte.
Dass Dawn eine Gefahr bedeuteter, dessen war sie sicher. Die Clans durften nicht dahinter kommen. Der Kodex verbot Menschen in nächster Nähe. Das Risiko der Entdeckung war zu groß. Doch darüber wollte Hazel sich keine Gedanken machen. Nun blieb Dawn hier und die Zukunft würde zeigen, wie gefährlich ihre Anwesenheit sein würde.
Der Zeitpunkt, als Albert sie zu einem Vampir machte, lag etwas mehr als drei Jahre zurück. Damals hatte sie ihn gebeten, genauso werden zu dürfen, wie er. Der Gedanke, dass sie altern und sterben könnte, machte ihnen beiden zu schaffen. Dazu war ihre Liebe zu groß. Und diese Stelle war eine gute Tarnung für sie. So konnte ihr Ehemann sie nicht finden. Und sie hoffte, dass in ein paar Jahren dieser Schutz nicht mehr nötig sein würde. Dann konnte sie offen mit Albert leben. Obwohl Albert ihr immer wieder versicherte, dass keine Gefahr von ihrem Mann ausging, die er nicht beseitigen konnte, wollte sie auf diese Tarnung nicht verzichten. Zu groß war ihre Angst und sie war der Meinung auch allen Grund dazu zu haben.