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Abanoub

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Junis hatte sich nicht nur schnell als genialer Vermittler für das Geschäft von GK-Cologne bewiesen, sondern genoss mittler-weile in der Firma und auch bei Großkunden eine gewisse Vertrauensstellung.

Ganz offiziell tauschte er für seine Firma und auch andere, ausländische Geschäftspartner DM und Dollar gegen Libanesische Pfund (LBP) für Lohnzahlungen und Bestechungs-gelder, sowie LBP gegen DM und Dollar als stabile Wertanlage für Libanesen, auf dem Schwarzmarkt bei einem gewissen „Abanoub“ um.

Das Zusatzgeschäft lief gut und je mehr der Bürgerkrieg Einzug hielt, desto größer wurden die Beträge, die er im Auftrag seiner „inoffiziellen“ Kundschaft tätigen sollten. Bis zu dem Tag an dem sich für Junis und seine geliebte Brigitte alles ändern sollte.

Junis genoss hohes Vertrauen und an guten Tagen, hatte er bis zu 10.000 DM und viele Dollar, zum Tausch in seiner Akten-tasche.

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Es war ein heißer Mittwochnachmittag im Juli 1975. Junis hatte mal wieder seine Aktentasche randvoll mit DM, Dollar und libanesischem Pfund unterwegs zum Treffen mit Abanoub im Stadtteil Manora.

Unter all dem Geld, das er mit sich führte, war auch ein stattlicher Betrag von seinem Vater. Der mittlerweile einen Teil seiner Einnahmen in DM und Dollar tauschte. Auch für Halim und Fadi wurde die immer größer werdende Unruhe in Beirut spürbar und bereitete den beiden erhebliche Angst. Sie befürchteten, dass eines Tages die Bank of Libanon zusammen-brechen würde und sie so ihr ganzes Geld verlieren würden. So fingen auch sie an, ihre Einnahmen bei ihm, Junis, zu tauschen.

Junis war heute irgendwie nicht bei der Sache.

Es ging alles so schnell. Im Laufe der Monate hatte er sich immer mehr in Brigitte verliebt, ohne es ihr jedoch zu sagen,

Das schlimmste jedoch war ihr Duft. Dieser betörend süßliche Duft aus einer Mischung von „hin -und- weg“, ließ seine Sinne dahin schweifen und ihn immer wieder in diesen Zustand von „unbändigem Verlangen“ abgleiten.

Vor ein paar Wochen war es dann passiert. Rein zufällig sind sie sich in der Lobby begegnet. Brigitte lud ihn unverhohlen zu einen Cocktail an der Bar ein. Es passte alles. Der Cocktail, die Musik und vor allem Brigittes betörender Duft.

Es war schon spät, als Brigitte plötzlich meinte, dass es für sie besser wäre, wenn sie nun ins Bett gehen würde, schließlich müsste sie morgen für die Delegation aus Deutschland fit sein.

In Wirklichkeit vibrierte alles in Brigitte. Sie hatte schon den ganzen Abend das Verlangen Junis, diesen, leicht schüchtern wirkenden Mann, mit seinen großen Kulleraugen und den langen Wimpern, zu küssen und mit ihm ins Bett zu gehen. Sie stand auf und wie von Geisterhand stolperte sie über den Fuß des Barhockers und fiel Junis genau in die Arme. Ihre Gesichter glühten und der Duft diese betörenden Parfüms drang ihm in die Nase und mit einem Mal konnte er sich nicht mehr halten. Sanft nahm er Brigittes Kopf in seine Hände und ihre Lippen trafen sich. Es war wie eine Erlösung. Wild und Leidenschaftlich küssten sie sich und aus dem frühen Aufbruch wurde eine lange Nacht.

Zwei Wochen später war Junis auf dem Weg zu Abonoub um das Geld seiner Auftraggeber zu tauschen.

Junis war in Gedanken weit weg. Genauer gesagt bei Brigitte. Noch genauer gesagt bei ihr im Bett.

Hatten sie doch gestern das erste Mal miteinander geschlafen.

Es war für beide das erste Mal und immer noch war Junis wie im Rausch. Er roch ständig an dem Halstuch, welches ihm Brigitte mitgegeben hatte, und sog ihren süßlichen Duft – und es war nicht das Parfüm- ein.

So in wunderschönen Gedanken verloren, merkte er gar nicht, dass er schon an Hausnummer 21 in der Rue General de Gaulle vorbeigelaufen war und betrat, ohne es zu merken, versehent-lich den Hauseingang von Haus Nr. 22. Er ging wie immer in die vierte Etage, öffnete wie in Trance die Tür und betrat den Raum.

Niemand war da. Weder Abanoub, noch die Möbel.

Schlagartig verschwand der Schleier in seinem Kopf.

Junge wo bist du - fragte sich Junis – und ein seltsames Gefühl durchströmte seine Brust.

Irgendetwas schien nicht zu stimmen. Auf die Idee, dass er sich im Hauseingang geirrt hatte, kam er nicht.

Magisch zog ihn das offene Fenster an. Als wenn dahinter die Antwort auf seine Frage zu finden sei.

Er wollte sich gerade aus dem Fenster lehnen, als er von Ge-genüber eine bedrohliche Stimme fragen hörte.

„Wo ist das Geld!?“

„Ich habe kein Geld“ - hörte er Abanoub, dessen rauchig helle Stimme er kannte, ängstlich, fast wimmernd antworten.

Er sah wie der Fremde eine Pistole auf Abonoub, der auf einem Stuhl vor ihm saß, richtete

„Zum letzte Mal“ - wo ist das Geld – „das du uns schuldest?“

„Beim Leben meiner Mutter - glaub mir- ich habe kein Geld“ - wimmerte Abonoub erneut.

„Ich werde es finden“- sagte der Fremde und hielt seine Pistole an den Kopf von Abonoub.

Junis schien das Herz aus dem Hals zu schlagen. Er konnte nicht verstehen was da geschah. Sein Mund war geöffnet, seine Augen starr auf das Geschehen gerichtet.

Bumm - ein lauter Knall und Abonoub sackte leblos in sich zusammen. Langsam- unendlich langsam kippte er vom Stuhl.

Der Fremde drehte sich langsam um und schaute in Richtung Junis.

Wie vom Blitz getroffen reagierte Junis und warf sich in die Ecke auf den Boden. Er hörte auf zu atmen um kein Geräusch zu verursachen, aber sein Herz pochte so laut, dass er glaubte der Fremde könnte ihn hören und jeden Moment, obwohl er im Nebenhaus war, hereinkommen und ihn ebenfalls erschießen.

Nur ganz langsam bemerkte er, dass er bei seinem Sprung vor eine kleine unscheinbare Tür in der Wand gefallen war und diese aufgestoßen hatte. Voller Angst vor dem Fremden und am ganzen Körper zitternd kroch er durch die kleine Tür und verschloss sie hinter sich. In diesem Moment sehnte er sich nach seiner Mama, bei der er, als kleiner Junge, auch immer unter den Rock gekrochen war, wenn er vor irgendetwas Angst hatte. Sie hatte ihn dann so lange sitzen lassen, bis er sich beruhigt hatte und von selbst wieder unter dem Rock hervor kam.

Doch diesmal war da kein Rock unter den er sich hätte verkriechen können. Vielmehr lag er auf einem staubigen Boden und im Kot von Tauben, die sich dort eingenistet hatten.

Er war äußerst angespannt. Seine Ohren lauschten angestrengt ob jemand die Treppe hinauf kommen würde und ob sich die kleine Tür öffnen und das er das Klicken eines Revolvers, der auf ihn gerichtet war, hören würde.

Er wusste nicht wie lange er so mit verschlossenen Augen da gelegen hatte. Es schien ihm eine Ewigkeit zu sein. Er zitterte immer noch am ganzen Körper. Langsam hob er seinen Kopf und öffnete vorsichtig die Augen. Er versuchte sich zu orientieren. Genau vor ihm war eine kleine Lücke in der Mauer durch die ein wenig Luft in diesen stickigen Verschlag drang. Rechts von ihm standen zwei Kisten über und über voll mit Taubenkot. Es ekelte ihn und er spürte den scharfen, ammoniakhaltigen Geruch in seiner Nase. Jetzt bloß nicht niesen schoss es ihm durch den Kopf. Vorsichtig drehte er sich in die andere Richtung und wollte sich gerade aufrichten, als sein Blick auf einen mittelgroßen Lederkoffer fiel. Dieser Lederkoffer war merkwürdigerweise an einer Schnur befestigt. Im Gegensatz zu dem ganzen Dreck und Staub der überall verbreitet war, war der Koffer seltsamerweise staub- und dreckfrei. Er wirkte fast neu.

Von dem seltsamen Koffer angezogen, vergaß Junis seine Angst vor dem Fremden. Ganz langsam griff er nach dem Koffer und zog ihn zu sich herüber.

Was wohl darin ist – fragte sich Junis – und warum hängt der an einem Seil?

Er öffnete die zwei Lederschlaufen und hob ganz vorsichtig den Deckel an. Hoffentlich ist da kein abgeschlagener Kopf drin oder gar eine Giftschlange.

Junis Kiefer klappten förmlich auseinander.

Mit weit geöffnetem Mund starrte er auf den Inhalt. Was er da sah überstieg seine schlimmsten Befürchtungen.

Der Koffer war randvoll mit Geldscheinen. Soweit er es erfassen konnte, handelte es sich um DM und Dollarscheine.

Langsam glitt sein Blick zu dem Seil an dem der Koffer hing. Seine Augen folgten dem Seil bis zu dem Loch in der Wand.

Wo führt es hin – fragte er sich und kroch auf allen Vieren bis zu dem Loch.

Das Seil hing an einer Rolle und führte über den Innenhof in das Nachbarhaus. Direkt neben dem Raum in dem er sich immer mit Abonoub traf und wo dieser jetzt wohl tot auf dem Boden lag,

Ganz langsam reihten sich die Ereignisse um den Tod von Abonoub in seinem Kopf aneinander.

Da war zum einen, dass Abonoub immer ganz viel Geld zum Tausch angenommen hatte, aber seltsamer Weise, letzte Woche, ihn und wohl auch andere, mit der Auszahlung des Tauschgeldes vertröstete. Angeblich hatten seine Lieferanten wohl ein kleines „Bankenproblem“. Aber alles würde diese Woche bezahlt und er sollte sich keine Sorgen machen- hatte Abonoub ihm gesagt.

Dann war da der Fremde, der lautstark und mit Nachdruck das Geld seiner Klienten zurückforderte und nachdem Abonaub es nicht herausrücken wollte, ihn kaltblütig erschossen hatte.

Und da war der Koffer, den er jetzt vor sich liegen hatte, mit dem vielen Geld.

Je klarer ihm die Zusammenhänge schienen, desto schneller klopfte sein Herz. Also hatte Abonoub Geld unterschlagen und wollte sich damit absetzen. Und damit keiner wusste wo das Geld war, hatte er es in diesem verlassenen Nebengebäude deponiert. Mit dem Seil, das aussah wie eine Stromleitung, konnte Abonoub problemlos den Koffer mit dem unterschlagenen Geld aus seinem Hinterzimmer in diesem Verschlag de-ponieren.

Wer wusste noch davon? Und was, wenn der Fremde das Hinterzimmer und das Seil entdecken würde?

Junis versuchte sich zu beruhigen

Du musst nachdenken. Und wenn niemand davon weiß, dann kannst du das Geld mitnehmen und bist reich - sagte er sich.

Er versuchte einen Plan zu schmieden, wie er das Ganze so hinbekommen würde, dass niemand auch nur annähernd auf die Idee kommen könnte, dass er, Juni, etwas gesehen hat, geschweige denn weiß wo das Geld geblieben ist.

Langsam löste er den Koffer von der Schnur und öffnete vorsichtig die kleine Tür zum Nebenraum.

Sein Blick fiel auf seine Aktentasche, die prall gefüllt mit dem Geld seiner Kunden und auch seines Vaters mitten in dem Raum lag, den er fluchtartig durch einen Sprung verlassen hatte. Schlagartig begann sein Herz wieder zu rasen. Was wenn der Fremde sie gesehen hat und jetzt nur auf ihn warten würde,

Junis traute kaum sich zu bewegen, steht da eventuell der Killer in der Ecke und wartet nur bis er aus seinem Versteck gekrochen kommt- oder steht er eventuell am anderen Fenster und wartet auf ihn um ihn dann von dort zu erschießen?

Ganz langsam kroch er auf allen Vieren, sich immer wieder umschauend und den Blick ständig zwischen Tür und Fenster hin und her schweifen lassend, zu seiner Aktentasche. Obwohl es nur knapp drei Meter waren, war Junis völlig erschöpft. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und seine Hände zitterten.

Mittlerweile war es dunkel. Er hatte keine Ahnung wie lange er gebraucht hatte, bis er mit dem geheimnisvollen Koffer und seiner Aktentasche im Hotel und auf seinem Zimmer eingetroffen war. Es kam ihm vor, als wären es Tage gewesen. Er verstaute den Koffer im Schrank und seine Geldtasche unter dem Bett. Zog seine dreckigen und nach Taubenmist stinkenden Sachen aus, lies sich die Wanne mit heißem Wasser volllaufen und setzte sich mit angezogenen Beinen in die Wanne.

Er wusste nicht wie lange er dort verbrachte, doch er schaffte es einfach nicht aufzustehen und die Wanne zu verlassen.

Wie der Rock seiner Mutter umspülte das warme Wasser Junis nackten Körper, als er das Klopfen an seiner Tür, zuerst leise, dann immer lauter werdend vernahm.

Schlagartig begann sein Herz erneut zu klopfen. Lauter und stärker als in den Stunden bei Abonoub.

Da ist er- der Killer- jetzt ist es aus - er wird dich erschießen - schoss es ihm durch den Kopf

Und wieder wünschte er sich Mutters Rock. Weinend und am ganzen Körper zitternd, sank er auf den Boden und versuchte seinen Kopf, mit seinen Händen vor der Kugel des Mörders zu schützen.

Vor Angst zitternd und mit geschlossenen Augen hörte er, wie die Tür zum Bad geöffnet wurde.

„Nicht“ – schrie Junis

„Nicht schießen“

Brigitte stand im Türrahmen und schaute ungläubig auf Junis.

„Was ist los“ - fragte sie und rannte zu Junis der in der Wanne kauerte.

„Ganz ruhig Schatz – ich bin doch bei dir.

Keiner tut dir etwas“

Sie wusste das etwas mit Junis nicht stimmte.

In Junis löste sich allmählich die Spannung und die Todesangst wich aus seinem Körper. Gleichzeitig verfiel er in ein unaufhör-liches Schluchzen. Junis sackte nun völlig in sich zusammen. Brigitte führte ihn zum Bett, nass wie er war, drückte sie ihn nieder, legte sich zu ihm und zog die Decke über beide Köpfe. Gemeinsam lagen sie so fest umschlungen und Brigitte wusste, Junis war nun unter dem Rock seiner Mutter und in Sicherheit. Geduldig wartete sie bis er sich erholt hatte.

Irgendwo rief ein Muezzin zum Gebet. Brigitte öffnete die Augen. Es war noch dunkel und Junis schlief unruhig neben ihr. Brigitte stand auf und ging ins Bad. Als sie wieder zurück ins Zimmer kam, stand Junis nackt vor dem kleinen Tisch in der Ecke des Zimmers. Auf dem Tisch lagen ein Koffer und eine braune Ledertasche.

„Was ist das“ - fragte Brigitte.

„Willst du vereisen?“

Sie grinste ein wenig verlegen. Ahnte sie doch, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.

Junis drehte sich langsam um, Seine Augen waren leer und seine sonst so stark männliche Haltung war geduckt und irgend-wie ängstlich wirkend.

„Was ist in den Taschen“ fragte Brigitte erneut.

Ohne zu antworten öffnete Junis den Koffer.

Brigitte glaubte ihren Augen nicht trauen zu können. Sah sie da wirklich Geld? Viel Geld?

Sie atmete tief ein, drehte sich zu Junis und schaute ihm tief in die Augen.

Mit leiser Stimme fragte sie ihn. – „Wo hast du das her?“

„Das wirst du mir nicht glauben“ – antwortete Junis ebenso leise.

Langsam und Stück für Stück erzählte er nun Brigitte was er erlebt hatte. Das er in Gedanken an sie das Haus verpasst und durch Zufall gesehen hatte wie ein Fremder Abonoub erschossen hatte. Abounoub hatte sich offensichtlich mit dem Geld seiner Kunden aus dem Staub machen wollen. Und das er auf das Versteck gestoßen und das Geld an sich genommen hatte, war reiner Zufall.

„Jetzt weist du alles“ – sagte Junis und fügte hinzu – „Ich habe so eine Angst – sicherlich wird der Killer irgendwann hier auftauchen“.

Hilfesuchend schaute er Brigitte an. Brigitte jedoch blieb erstaunlich ruhig. Sie schien nachzudenken.

„Wir müssen jetzt ganz ruhig bleiben. Hat dich jemand gesehen?“

„Ich glaube nicht“

„Ich meine, hat dich jemand in das andere Haus gehen sehen?“

Junis dachte nach und schüttelte den Kopf. –„Ich glaube nein“.

„Weis jemand das du auf dem Weg zu Abonoub warst?“

„Ja- drei Geschäftsinhaber aus Bad Idriss, zwei Firmeninhaber aus dem Zentrum - er machte eine Pause – und mein Vater“.

Brigitte dachte nach.

„Und in der Tasche ist das Geld was sie dir mitgegeben haben“

„Ja“ - nickte Junis.

„Ist noch alles da?“

„Ja“ – nickte Junis erneut

„Gut- dann gehst du gleich zu diesen Leuten und gibst ihnen das Geld zurück“.

„Was? – alles?“

„Nein – nur das, was sie dir gestern gegeben haben“.

„Und was soll ich ihnen sagen“

„Sag ihnen, dass du den Agenten nicht angetroffen hast und dass du das Gefühl hast, das etwas mit ihm nicht stimme“- und“ ergänzend fügte sie hinzu – „sag ihnen, dass dir das Geschäft zu unsicher sei und du in Zukunft nicht mehr für sie umtauschen wirst“.

Brigitte machte eine kleine Pause. Sie schien nachzudenken. Junis kannte sie, es war jetzt besser nichts zu sagen bis sie weiterreden würde.

„Ich hab’s“ - sagte Brigitte und schnippte mit den Fingern.

„Wir behalten das Geld aus dem Koffer – wieviel ist das eigentlich?“ - fragte sie ohne Luft zu holen. Junis zuckte mit den Schultern.

„Soll ich es zählen“

„Nein – nicht jetzt - hör zu“.

„Wir bringen das ganze Geld nach Deutschland“.

„Ich überrede meinen Chef, dass die Situation in Beirut von Tag zu Tag unübersichtlicher und auch gefährlicher wird und es besser sei, wieder nach Deutschland zurück zu gehen“.

„Und ich? Bleibe ich hier?“ -fragte Junis etwas unsicher.

„Nein“ - antwortete Brigitte. „Du wirst als Berater mitkommen und dann werden wir heiraten. Ich werde schwanger und wir werden in Köln bleiben. Von dem Geld kaufen wir uns eine Villa in Hahnwald und tun so, als sei das Geld aus guten Geschäften in Saudi-Arabien erwirtschaftet worden“.

Junis dachte nach. „Warum Saudi Arabien?“

„Damit uns niemand mit Beirut in Verbindung bringt“.

„Und dein Chef?“

„Nun mein Süßer, da musst du wohl ran und mich schwängern. Denn wenn wir ein Kind haben, kann ich aussteigen. Ich bin dann nur noch Hausfrau und Mutter und du fängst in er Immobilienbranche an und vertickst deinen Landsleuten Botschaftsgebäude und Villen in Bonn“.

Brigitte machte eine Pause, holte tief Luft, schaute ihn an und mit resoluter Stimme und es klang wie ein Befehl, bestätigte sie ihren Vorschlag.

„Genau so wird es gemacht!“

Junis wusste - es war weder eine Frage, noch ein Vielleicht.

Brigittes Entschluss stand fest!

„Komm“ – sagte Brigitte. „Lass uns das Geld zählen“. Und mit einem Lachen - „Ich die DM und du die Dollar“. Unverzüglich begann sie mit dem Zählen der Geldscheine.

Es verging eine ganze Weile bis sie wussten, dass das, was sie geplant hatten, für den Rest ihres Lebens reichen und ihnen ein sorgenfreies Leben garantieren würde.

„Und“ - fragte Brigitte – „wieviel ist es?“

„785.750 Dollar“ – erwiderte Junis

Brigitte lächelte verschmitzt

„Gewonnen!“ – jubelte sie und streckte beide Arme in die Höhe. „Eine Million, 450 tausend und 550 DM“.

Junis schien wieder in Ohnmacht zu fallen, während Brigitte erstaunlich ruhig blieb.

„Schatz“- sie schaute ihn an. „Alles wird gut. Ich habe einen Plan“.

Junis schaute Brigitte an. Obwohl er Angst hatte, eins wusste er, Brigitte konnte er immer vertrauen. Sie hatte immer gute Ideen. Schließlich hat sie ihn in die Firma geholt, hatte ihm den Job als Kontakter ermöglicht und ihn auch noch als Vertrauens-person, in Punkto Geldtausch, überall empfohlen. Sie wird bestimmt wieder eine gute Idee haben dachte er sich und wartete respektvoll auf Brigittes Idee.

„Also“ - begann Brigitte. „Ich denke als erstes sollten wir niemandem, hörst du - und es klang wie ein Befehl – niemandem, auch nicht deinen Eltern, Fadi, noch deinen Geschwistern etwas davon erzählen. Und schon morgen wirst du allen Kunden ihr Geld zurückbringen!“

Junis setzte an um etwas zu sagen, doch Brigitte gab ihm mit ausgestreckter Hand unmissverständlich zu verstehen, dass sie dieses Geld nicht bräuchten. Und dass es besser wäre, so zu tun, als wüsste man von nichts. Da die Situation durch den drohenden Bürgerkrieg immer unruhiger und brenzliger wurde, empfahl sie Junis ebenfalls, allen Kunden und auch seinem Vater, zu erzählen, dass er ab jetzt mit dem illegalen Umtausch-geschäft aufhören würde.

„Hast du verstanden?“- fragte sie Junis.

Junis nickte.

„Und wie geht es weiter“ - fragte er.

„Wenn das alles erledigt ist, buche ich uns zwei Flüge und wir gehen nach Deutschland“.

„Und wie bekommen wir unser Geld nach Deutschland“

„Lass dich überraschen. Ich habe da so eine Idee“ - antwortete Brigitte mit einem verschmitzten Lächeln.

Danach ging alles sehr schnell.

Junis brachte das anvertraute Geld zurück zu seinen Kunden und Brigitte überzeugte ihren Chef, erst einmal wieder nach Deutschland zurück zu gehen und abzuwarten, wie sich die allgemeine Situation entwickeln würde.

Schon eine Woche später standen Junis und Brigitte am Flughafen in Beirut und warteten auf ihren Flug Nummer 712 mit der Swissair über Basel nach Frankfurt. Brigitte trug einen weiten Umhang. Darunter konnte man deutlich ihren dicken Bauch sehen. Mindestens Zwillinge würden es werden. Sie betraten das Flugzeug und die Stewardessen kümmerten sich während des Fluges rührend um Brigitte. Fast fünf Stunden später landeten sie wohlbehalten in Frankfurt. Die streng drein-blickende, ebenfalls hochschwangere Zollbeamtin musterte abwechselnd Brigitte und dann Junis.

Irgendwie war etwas seltsam sagte ihr der Instinkt einer Zollbeamtin mit langjähriger Erfahrung.

Brigitte erfasste augenblicklich die brenzlige Situation in der sie sich nun befanden. Bestimmt hatte die Beamtin Lunte gerochen und wird sie beide gleich nach hinten zu einer Körpervisite bitten.- dachte sich Brigitte.

Blitzschnell - und noch bevor die Beamtin reagieren konnte, nahm Brigitte Junis Hand

„Fühl mal wie unser Kind strampelt“ sagte Brigitte und führte seine Hand an ihren dicken Bauch. Langsam kreiste sie seiner Hand über ihren Bauch und zum ersten Mal stellte Junis keine Frage, sondern antwortete sofort.

„Ich glaube jetzt haben beide getreten“ Und um seine Aussage zu unterstreichen, schaute er die Beamtin mit einem breiten und glücklichen Lächeln im Gesicht, an.

Auch Brigitte, die Junis spontane Reaktion mit Erstaunen beobachtet hatte, schaute nun ebenfalls die Beamtin mit glücklich, strahlenden Augen einer werdenden Mutter an.

Die vorher so streng dreinblickende Zollbeamtin fuhr sich mit der Hand ebenfalls unwillkürlich über ihren Bauch und erwiderte Brigittes Lächeln. War sie doch auch schwanger und wusste wie sich eine werdende Mutter fühlte. Für ein paar Sekunden schauten sich nun die beiden Frauen schweigend an. Und die Spannung stieg ins unermessliche. Würde sie jetzt zu einer Leibesvisitation bitten?

„Bitte – Ihre Pässe- und alles Gute“ – sagte die Beamtin und schob Brigitte und Junis mit einem Lächeln die Reisepässe über die Theke.

„Ihnen auch“ - sagte Brigitte mit einem Blick auf den Bauch der Beamtin und zog Junis zum Ausgang.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, verließen beide den Flughafen und fuhren mit dem Taxi zum Bahnhof um den Zug nach Köln zu nehmen.

„Sag mal - wieso hast du am Zoll so cool reagiert?“ - fragte Brigitte Junis. Der lächelte sie mit leuchtenden Augen an – „Wieso reagiert – Ich habe mir schon den ganzen Flug über gewünscht, dass es „unsere Kinder“ sind, die du da in deinem Bauch herumträgst“.

Brigitte traten die Tränen in die Augen. Sie hatte ihn noch nie so geliebt wie in diesem Augenblick. Vorsichtig nahm sie seinen Kopf in ihre Hände dann küsste sie ihn lang und innig. Junis war zu Hause angekommen. Das Gefühl wohlbehütet unter dem Rock der geliebten Mama zu sitzen übermannte ihn und auch ihm liefen die Tränen über die Wangen.

In wenigen Minuten erreichen wir den Hauptbahnhof Köln, krächzte es aus dem Lautsprecher im Abteil. Ausstieg ist in Fahrrichtung rechts.

Brigitte öffnete die Augen. Ganz langsam registrierte sie, dass sie wohl eingeschlafen und nun kurz vor dem Ziel „Köln“ sind. Ihr Blick fiel auf Junis, der mit seinem Kopf auf ihrem Bauch lag und friedlich zu schlafen schien. Die Frau von Gegenüber nahm ihren Koffer aus dem Gepäcknetz und drehte sich unvermittelt in Richtung Brigitte. Alles Gute ihnen dreien oder soll ich besser sagen- vieren und verließ mit einem Lächeln das Abteil.

Köln – mein geliebtes Köln – Jetzt hast du uns wieder dachte Brigitte und weckte Junis sanft auf.

„Ist das unser neues Haus“ - fragte Junis und zeigte mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf den „Kölner Dom“.

„Noch nicht“ - antwortete Brigitte und beide lachten laut los.

„Jetzt suchen wir mal für unser „Kleines“, - demonstrativ strich sie sich über ihren dicken, mit Geld umwickelten Bauch, - „ein schönes Zuhause.

„Und dann machen wir eins, ach Quatsch fünf richtige Kinder“– fiel ihr, Junis ins Wort. Und beide lachten laut los.

Brigitte nahm Junis an die Hand- „Gute Idee – komm….“


DAS BÖSE BRINGT DEN TOD

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