Читать книгу Falsch verbunden, ich bin dein Mörder! 3 Top Krimis - Theodor Horschelt - Страница 11
I
ОглавлениеIch erwachte, um es präzis zu sagen, mitten in der Nacht.
Im Allgemeinen hab’ ich einen guten Schlaf, das wissen Sie ja. Ich verfüge nämlich über ein gutes Gewissen und eine fast noch bessere Verdauung. Aber an jenem Abend hatte ich mit Felipe Pizarro aus lauter Verzweiflung eine Buddel Rum geleert, und der Nachdurst piesackte mich jetzt gewaltig.
Felipe Pizarro war der unsympathischste Mensch unter der Sonne, und ich hätte ihn ohne Weiteres erstechen können. Auf Ehre!
Und das schlimmste war, dass ich ein Dach mit ihm teilen musste. Dach ist Dach, ein vielleicht etwas zu hochtrabender Ausdruck für ein typisches Camping-Zelt, das lauf Prospekt einer vierköpfigen Familie Unterschlupf gewähren sollte, aber offenbar für Rekruten meines Gardemaßes nicht gebaut war.
Verwirrt wischte ich mir den Sandmann aus den Augen und überlegte krampfhaft, wie ich es anstellen könne, dass das Mineralwasser aus dem LKW zu mir gelaufen komme und nicht umgekehrt. In solch einer Situation haben wir uns schließlich alle schon einmal befunden.
Ich stützte mich langsam auf und horchte. Irgendwo ertönte ein röchelnder Laut, den ich für das Rülpsen eines Krokodils hielt.
Naturkundige Fachleute haben mir indessen später versichert, dass in Mexiko die Krokodile Jacares heißen, und dass das Röcheln von einem Vogel hergerührt haben müsse.
Von mir aus.
Ich muss mich wohl ein klein wenig zu temperamentvoll aufgerichtet haben, denn ich schlug mir die Nase empfindlich an einer Zeltstange an. Das trug ganz erheblich zu meiner guten Laune bei.
Plötzlich fiel mir etwas auf. Ich hatte ja noch einen Mitbewohner im Zelt. Eben jenen Felipe Pizarro. Aber das habe ich, glaub’ ich, schon einmal erwähnt. Und dieser unsympathische Bursche pflegte vierundzwanzig Stunden am Tage zu atmen, wie alle Menschen. Aber im Augenblick atmete er nicht. Aber er war trotzdem anwesend, das spürte ich. Warum, zum Donnerwetter, hatte der Bursche plötzlich zu schnaufen aufgehört? Vermutlich, um mich wieder zu ärgern!
Ich griff nach links und fischte mit der Hand nach meinem Flashlight. Das dauerte eine ganze Reihe von Minuten, denn Sie wissen ja, dass ich anständig gebechert hatte. Nach vorsichtiger Schätzung hatte ich noch bestenfalls zwanzig Prozent Alkohol im Blut.
Aber da ich von Natur aus ein ungewöhnlich geschickter und begabter Mensch bin, gelang es mir tatsächlich, meine Taschenlampe zu besehen und sie anzuknipsen.
Nun richtete ich den Strahl auf das Gesicht meines Kampfgenossen.
Es atmete eine gewisse stille, ruhige Würde. Aber was nützt mich ein Gesicht, das in übertragener Bedeutung atmet, wenn der ganze Kerl nicht mehr schnauft? Langsam wanderte der Strahl meiner Laterne nach unten, und da sah ich die Bescherung: Eines unserer Küchenmesser steckte Pizarro bis zum Heft im Herzen.
Und ich musste dem Betreffenden noch Dank dafür sagen, dass er mich am Leben gelassen hatte. Denn in meinem beleckten Zustand wäre mir die Tatsache meiner soeben vollzogenen Ermordung vermutlich nicht einmal aufgefallen.
*
Es gibt Situationen, in denen wird der besoffenste Mensch außerordentlich schnell wach. In einer solchen Situation befand ich mich jetzt eben.
Ich kroch ganz langsam aus dem Zelt heraus, und ich muss sagen, es war mir speiübel. Ich wandte mich nach links, vom Felsplateau weg, und dann kotzte ich wie ein mit Olivenöl gereizter Reiher.
Und falls Sie das unfein finden sollten, dann gebe ich Ihnen den guten Rat, sich mal eine ganze Nacht in ein Zelt neben ’ne Leiche zu legen. Ob Sie das gut überstehen werden?
Aber ich schweife schon wieder vom eigentlichen Thema ab. Das ist eine meiner alten Untugenden. Ich geb’ mir immer die größte Mühe, sie endlich aufzugeben, aber der alte Adam kommt eben doch immer wieder bei mir durch.
Als ich alles, was in meinem Magen gewesen war, und noch einiges darüber ausgespuckt hatte, wandte ich mich um und ging zu der Zeltstadt zurück, die im Wesentlichen aus zwei Zelten und einem uralten Ford BB-Lkw bestand.
Zur Rechten sah ich die im matten Mondlicht schimmernde Lagune de Tetuhantepec, und sie schien mich höhnisch anzugrinsen, als wenn sie sagen wollte: Siehst du, alter Freund, das hast du nun davon. Aber das ist ja alles Unsinn, denn tote Gegenstände, Seen und Felsen, können ja im Allgemeinen nicht reden. Aber ich bin ein Sonntagskind, ich höre manchmal das Gras wachsen, und das nicht immer zu meinem Vorteil.
Das zweite Zelt, das in etwa zwanzig Schritt Entfernung von unserem Zelt lag, war wesentlich größer und dafür nur mit einer Person gefüllt. So was nennen die Menschen Gerechtigkeit. Aber ich will Sie nicht mit soziologischen Episteln langweilen, sondern bei der Sache bleiben.
Ich lüftete mit sanfter Grandezza den Zeltvorhang wie die Jungfrau das Hemd und flüsterte vernehmlich: „Hallo, Miss Keegan, hallo, Miss Keegan, wachen Sie bitte auf!“
Aber Gloria Keegan dachte gar nicht daran aufzuwachen.
*
Es blieb mir nichts anderes übrig, als den Strahl meiner Taschenlampe in das Innere des leinwandigen Damenboudoirs zu schicken, einzutreten verbot mir mein natürlicher Sinn für Würde und Schicklichkeit.
Im mexikanischen Gebirge gibt es zwar zu dieser Jahreszeit keine Moskitos, aber Gloria Keegan gehört zu den Leuten, die mindestens auf drei verschiedenen Wegen sicher gehen wollen, und deshalb hatte sie das Netz beibehalten.
Wie gesagt, sie wirkte wie ein orientalisches Kebsweib aus einem MGM-Film, und ich hätte beinahe meinen Schmerz vergessen. Aber in diesem Augenblick wachte Gloria auf, und ihre Stimme klang weder zärtlich noch leise.
„Verdammt noch eins, nehmen Sie die saudumme Taschenlampe weg!“, grollte sie. „Wenn Sie eine nackte Frau sehen wollen, dann suchen Sie sich gefälligst nicht gerade mich aus. Ich glaube, bei Ihrer Anstellung ist gerade dieser Punkt weitgehend besprochen worden. Wer sind Sie, und was wollen Sie?“
„Wenn Sie nicht wissen, wer ich bin, dann können Sie auch nicht von einer Anstellung reden“, erwiderte ich bekümmert. „Ich bin es, Tabs, natürlich, wer denn sonst?“
„So natürlich ist das ganz und gar nicht. Felipe Pizarro ist derselbe Typ wie Sie. Er hätte es genau so gut sein können.“
„Nein, er hätte es nicht sein können“, beharrte ich auf meinem Standpunkt.
„Und warum nicht, bitte?“
„Weil er tot ist!“
Für einen Augenblick blieb alles still zwischen uns. Nur irgendwo in der Ferne zirpte ein exotischer Vogel im Schlaf.
„Sie haben wahrhaftig eine charmante Art, einem so kleine Neuigkeiten beizubringen“, nahm Gloria endlich wieder ironisch das Wort. „Lassen Sie den Vorhang zufallen, warten Sie ein paar Minuten, ich zieh mir nur schnell was an und komm’ dann zu Ihnen hinaus.“
Es dauerte tatsächlich keine drei Minuten, und dann stand Gloria Keegan in einem schlichten Trainingsanzug vor mir. Sie war totenbleich, und ihre Hand, die die Zigarette hielt, flatterte leise. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Mir selbst war immer noch flau im Magen, und das nicht nur von dem genossenen Alkohol. Dabei bin ich ein harter Brocken, und sie ist immerhin eine Dame. Eine echte Dame, damit wir uns hier keinerlei Täuschungen hingeben.
*
Ich zeigte Gloria die Leiche, das heißt, ich lüftete den Zeltvorhang meines Zeltes und leuchtete es mit der Taschenlampe aus.
Gloria musste sich auf mich stützen, als sie den Toten sah. An sich lag Felipe Pizarro ganz still und friedlich auf seiner Luftmatratze, nur das Messer, das aus seiner Brust ragte, störte die schöne Frau gewaltig. Mich störte es übrigens auch.
„Das hat uns zum Donnerwetter zu unserem Glück noch gefehlt!“, sagte Gloria. „Das Beste wäre, wir würden die Leiche liegen lassen und türmen. Aber angesichts meiner Aufgabe hier kann ich das nicht tun. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als den Wagen in Betrieb zu nehmen und nach San Luis Cavanilles hinunterzufahren. Prost Mahlzeit, ein Vergnügen in dieser Nacht.“
„Sie wollen also unbedingt die Polizei zuziehen?“
Gloria Keegan lachte trocken. „Sie armer Irrer. Haben Sie vielleicht gedacht, das Gesundheitsamt? Los, Tabs, machen Sie den Wagen fahrbereit, und dann sehen Sie zu, dass wir aus diesem verdammten Loch herauskommen!“
Unser Lkw, der alte treue Ford BB, stand direkt am Wasser und war nicht allzu schwer mit etlichen großen Kisten beladen, über deren Inhalt Gloria Keegan hartnäckig schwieg. Und da ich in einem von Not und Entbehrung gezeichneten Leben schon sehr früh gelernt hatte, mich nicht um ungelegte Eier zu kümmern, fragte ich das Mädchen auch gar nicht, sondern wartete geduldig, bis es eines Tages mit der Wahrheit herausrücken würde.
Ich schlich missmutig zu dem Ford BB, setzte mich ans Steuer und steckte den Zündschlüssel ins Schloss. Dann betätigte ich versuchsweise den Anlasser.
Ausnahmsweise tat uns der Motor den Gefallen und sprang knatternd an. Etliche Fehlzündungen rauschten wie Maschinengewehrschüsse durch das Auspuffrohr in die Nacht, und dann lief der Motor ruhig und gleichmäßig. Aber das Schlimmste war Zweifelsohne noch nicht überstanden. Gloria Keegan setzte sich zu mir in den Führersitz, dann schaltete ich mit einem eleganten Krach den ersten Gang und ließ die Kupplung langsam kommen.
*
Ich wendete den Wagen vorsichtig zwischen den beiden Zelten, fuhr dann hart an der linken Felssteinwand vorbei, um nicht nach rechts in den See zu stürzen und gab dann einfach auf Verdacht Vollgas.
„Hoffentlich hat der Regen auch die heruntergespülte Tonerde weggewaschen“, sagte Gloria gemütlich und zündete sich eine Zigarette an. „Sonst könnte es sein, dass unser Lkw zum Unterseeboot wird.“
„Ihre Worte entbehren nicht eines gewissen gewählten Humors“, erwiderte ich. „Sie haben Ihren Beruf verfehlt, Miss Gloria. Sie hätten Fernsehstar werden sollen.“
Gloria gab überhaupt keine Antwort mehr.
Wir waren in das fatale Steilstück des Zugangs zum Gebirgspfad eingefahren. Die Schnauze des Ford hob sich, und der Wagen legte sich sofort quer. Links und rechts ragten die Felsen, vom See war im Augenblick nichts zu sehen.
Die Felsbarre selbst, die uns als Straße diente, war in ihrem Profil leider nicht horizontal, sondern fiel gemein seewärts ab. Das machte im Augenblick noch nicht allzu viel, aber Sekunden später verließen wir den Schutz der Felsen zur Rechten. Nun hatten wir links einen ragenden Stein, dazwischen lag die schiefe Ebene der Straße, und zur Rechten ging es etwa zwanzig Meter zum See hinunter.
Nun lag auf der Straße normalerweise klebriger Ton, und wir hätten überhaupt nicht hinauffahren können, wenn nicht kurz vorher ein gewaltiger Gewitterregen diesen Ton weggewaschen hätte. Ob er ihn indessen vollständig weggespült hatte, das war eben die Frage.
Aber ich pflege nicht über Dinge nachzugrübeln, die sich von alleine lösen. Die Antwort auf unsere bange Frage wurde uns sofort gegeben, denn Sekunden später schmierte die Hinterachse meines Ford rettungslos ab, der Wagen stellte sich fast quer und musste Sekunden später mit dem Hinterteil voraus in die Tiefe stürzen. Bremsen oder Anhalten hatte gerade jetzt keinen Sinn mehr. Ich biss die Zähne zusammen, dass sie beinahe in ihren Halterungen gewackelt hätten, trat den Gashebel bis zur Goldplombe durch und wartete auf die sich nun entwickelnde Situation.
Diese entwickelte sich dahingehend, dass sich der rechte Zwillingsreifen gerade noch im letzten Moment fing, der Wagen schleuderte plötzlich wieder nach links, röchelte geradezu furchtbar und befand sich gleich darauf auf dem ungefährlichen Teil der Straße, der nach einer heftigen Steigung in den eigentlichen Gebirgspfad nach San Luis Cavanilles mündete.
Es war eine relativ kühle Nacht, aber wir hatten beide schweißnasse Stirnen, als wir endlich wieder auf der sicheren Erde angekommen waren.
*
Es war eine Höllenfahrt durch das mexikanische Gebirge. Im Gegensatz zu den Tagen zuvor war die Nacht nicht mondhell, sondern Wolken verbargen die Gestirne, und wir konnten im Licht der schwachen Scheinwerfer kaum die Straße sehen. So war es kein Wunder, dass wir bis nach San Luis Cavanilles, das von unserem Lagerplatz nur etwa fünfzig Kilometer entfernt war, über zwei Stunden brauchten.
San Luis liegt nordostwärts des Tales des Rio Grande de Santiago in der Provinz Zacatecas und ist ein ödes Nest mit blöden Bewohnern. Ein Engländer sagte mir einmal wörtlich, San Luis Cavanilles ist halb so groß wie der Friedhof von Chicago, aber doppelt so tot. Treffender kann man es nicht schildern.
Gegen vier Uhr morgens hielten wir unseren triumphalen Einzug in das Bergstädtchen. Das wütende Gekläff von vielen Kötern begleitete uns auf unserer Fahrt vom Felsentor bis zum Marktplatz, wo die Polizeistation lag.
Dort stellte ich den Ford BB ab, und dann half ich Gloria Keegan auf die Straße.
Das heftige Rütteln und Schütteln des alten Fahrzeugs hatte ihr nicht weniger weh getan als mir, und sie behauptete in schöner Offenheit, dass sie kaum mehr auf ihrer charmanten Kehrseite sitzen könne.
Die charmante Kehrseite der jungen Frau hätte mich unter anderen Umständen gegebenenfalls zu jubelnden Ovationen veranlasst, in der augenblicklichen Situation jedoch ließ sie mich kalt und platonisch. Und das will bei mir etwas heißen.
Während meine Chefin Lockerungsübungen und Morgengymnastik machte, versuchte ich, Eingang in die Polizeistation des Ortes zu finden. Das war aber leichter gesagt als getan. Ich glaube, ich hätte in jener Nacht den Bürgermeister samt allen weisen Stadtvätern ermorden und das Rathaus persönlich anzünden können, und die Polizei hätte es nicht gemerkt. Das soll indessen auch anderwärts und nicht nur in Mittelamerika auch schon vorgekommen sein.
Am Ende nahm ich einen zufällig am Boden liegenden Stein auf und warf eine Scheibe der Polizeistation ein.
Vermutlich fiel der Stein einem der wackeren Polizisten direkt auf den Bauch, denn ich hörte plötzlich mit meinem geschärften Luchsohr eine Serie spanischer Flüche, die selbst einen amerikanischen Zuhälter zu holdem Erröten gebracht hätte.
Gleich darauf steckte ein dicker Polizist mit einem furchterregenden Schnurrbart sein Vollmondgesicht zum Fenster heraus und fragte augenrollend, was zum Donnerwetter es gebe.
Ich ließ den Kerl sich ausschleimen und erwiderte dann lakonisch: „Ein Mordfall ist passiert.“
Diese lapidare Feststellung schien der Polyp als Beleidigung zu nehmen, denn er zog ein wütendes Gesicht und sagte, ich solle, zum Teufel, hereinkommen. Ich kam also, zum Teufel, herein, das heißt, nachdem er die Türe aufgesperrt hatte, und stand gleich darauf in einer überfüllten Wachstube, in der acht Personen um die Wette schliefen und allerlei Dünste eines seit Jahren nicht mehr gewaschenen Körpers in der Luft zirkulieren ließen.
An dieser Stelle wäre es mir beinahe zum zweiten Male in dieser Nacht schlecht geworden. Ich erinnerte mich aber dann zum guten Glück noch dessen, was ein berühmter amerikanischer Detektiv sich selbst schuldig ist und beherrschte mannhaft meine Lust, im großen Bogen an die Wand zu kotzen, dass es nur so herunterlief.
Fünf Minuten später kam ein Mann herein, der höchstwahrscheinlich seine Füße schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. Er war mittelgroß, ungeheuer dick und hatte nicht ein Doppel-, sondern ein Tripelkinn. Gekleidet war der bedauernswerte Fettkloß in eine typische Operettenuniform mit Generalepauletten, um den Leib hatte er einen riesigen Riemen geschnallt, an welchem ein Schleppsäbel ein etwas deplatziertes Dasein führte.
Bedenkt man, dass die militärische Erscheinung keine Mütze und an den Füßen große Filzpantoffel trug, dann kann man die Wirkung auf mich leicht ermessen.
„Ich bin Leutnant Ramirez!“, sagte der Mann mit tiefer, rollender Stimme. „Und wer sind Sie?“
„Ich heiße Rex Thyle, genannt Tabs“, erwiderte ich. „Amerikanischer Staatsbürger, Besitzer eines gültigen Passes.“
„Warum schlagen Sie mich mitten in der Nacht aus meiner wohlverdienten Ruhe?“
„Entschuldigen Sie, Leutnant“, erwiderte ich, schon etwas grantiger. „Selbstverständlich nicht, um Sie am Bein zu ziehen. Es ist ein Mord passiert!“
Leutnant Ramirez nickte mehrere Male nachdrücklich mit dem Kopfe. „Aha! Ein Mord ist passiert. Und Sie sind der Mörder, wie?“
Ich hätte dem fetten Nilpferd am liebsten aus der Hose geholfen, aber ich wusste mich zu beherrschen.
„Ihre geistvollen Deduktionen nötigen mir ein müdes Röcheln ab“, sagte ich. „Wenn ich der Mörder wäre, wäre ich bestimmt nicht mitten in der Nacht gekommen, um Sie zu alarmieren!“
„Nun gut, ich bin in zwei Minuten fertig. Ich muss noch die Mordkommission und den Amtsarzt wecken. Dann können wir sofort zur Mordstelle fahren. Wo ist der Mord denn geschehen?“
„Sie werden schrecklich lachen, Leutnant, fünfzig Kilometer im Gebirge droben. Und die Leute, die Sie mitnehmen, können Sie gleich auf ihr Leben versichern lassen, es ist durchaus möglich, dass wir unterwegs abstürzen.“
Ramirez hätte beinahe dreimal kurz in die Hose gemacht, dann aber besann er sich doch auf die Würde des Augenblicks und ließ mich einfach stehen.
Aus den paar Minuten, die die Alarmierung der Mordkommission dauern sollte, wurden übrigens fast zwei Stunden.