Читать книгу Falsch verbunden, ich bin dein Mörder! 3 Top Krimis - Theodor Horschelt - Страница 12

Оглавление

II


Am hellen Tag war die Mordkommission endlich so weit, dass sie ein uraltes, klappriges Auto undefinierbarer Herkunft besteigen konnte. Es handelte sich um Leutnant Ramirez selbst, dann den Arzt, der wie ein bereits einmal gehängter Pferdedieb aussah, einem Schreiber mit dicken Trauerrändern an den Fingernägeln und drei Polizisten, die der Kunst des Lesens und Schreibens unter absoluter Garantie nicht kundig waren.

Ramirez stürzte sich wörtlich genommen auf Gloria Keegan und küsste ihr schmatzend beide Hände. Ich hatte schon gefürchtet, der dicke Mexikaner werde die kühle Amerikanerin ganz auffressen, aber er ließ, sie dann doch noch am Leben. Am Ende nötigte man Gloria in den klapprigen Wagen der Polizisten, und meine Chefin mochte einsehen, dass der alte Wagen des Polizeichefs tausendmal besser war als unser Ford BB.

Sie kiekste mich todernst in die Nieren – so was mag ich unerhört gern – und sagte dazu neckisch: „So, Tabs, zeigen Sie, was Sie können und fahren Sie, so schnell es geht, zum Lager.“

Dass es inzwischen heller Tag geworden war, werden Sie mit Ihrer angeborenen Intelligenz vermutlich selbst längst gemerkt haben, verehrter Leser. Ich brauche Ihnen also nicht weiter zu begründen, weshalb wir diesmal innerhalb einer Stunde an Ort und Stelle waren.

Angesichts der Tüchtigkeit der dortigen Polizei hielt ich einen Hinweis auf unsere steile Abfahrt zum Lager nicht für angebracht. Ich sagte kein Wort, schaltete auf den ersten Gang und ließ den Ford BB einfach nach unten kreiseln.

Der Chauffeur des Polizeiwagens wollte seine eigene Masche häkeln, verhäkelte sich aber dabei, rutschte beinahe über den Abgrund, und der offene Wagen fiel um.

Gloria Keegan kollerte in Begleitung der Polizisten in den Dreck, und sie sah hinterher illustriert genug aus.

Ich sah dem Ganzen unschuldig zu und hörte Leutnant Ramirez vernehmlich flüstern, dass er in so reizender Gesellschaft noch nie in die Soße gefallen sei. Das nenne ich eine philosophische Einstellung!

„Zurücktreten bitte!“, sagte der Leutnant, als er einigermaßen wieder seine Kontenance gewonnen hatte. „Wo befindet sich die Leiche?“

„Wenn Sie bitte mitkommen wollten?“, bat ich. Und dann nahm ich den Fettkloß an der Hand und führte ihn zum Zelt und lüftete den Vorhang.

Und dann wäre mir beinahe das Porzellan in der Vitrine zersprungen.

Die Leiche Felipe Pizarros war weg!

*


„Ich will nicht hoffen, dass Sie sich mit den berufenen Vertretern der Staatsgewalt einen faulen Witz geleistet haben, Sie komischer Nordamerikaner, Siel“, brüllte der Leutnant, als er sich nach einer gewissen Weile wieder gefasst hatte.

„Ich rufe Miss Keegan dafür als Zeuge an“, sagte ich, „dass unser Mitarbeiter Felipe Pizarro heute Nacht tatsächlich erstochen worden ist. Ich habe die Leiche gefunden, und Miss Keegan hat die Leiche gesehen. Dann hat sie angeordnet, sofort nach San Luis Cavanilles zu fahren und die Polizei zu alarmieren, um unseren Bürgerpflichten zu genügen.“

„Ausgezeichnet, Mr. äh, äh, wie heißen Sie doch gleich? Ach so, richtig, Tabs! Sie haben also die Leiche gefunden? Wo haben Sie sie gefunden und in welchem Zustand?“

„Felipe Pizarro lag in seinem Zelt, und ein Messer steckte in seiner Brust.“

„Und bei welcher Gelegenheit haben Sie die Leiche gefunden?“

Ich wusste nun, was kommen musste, und ich hielt mich streng an die Wahrheit. „Nun, ich bin aufgewacht, und dann ist mir plötzlich aufgefallen, dass Felipe Pizarro nicht mehr atmete; daraufhin fischte ich nach meinem Flashlight und leuchtete ihm ins Gesicht. Das war wachsbleich, und in der Brust steckte ein Messer.“

„Soll das etwa“, fragte Leutnant Ramirez ahnungsvoll, „soll das etwa heißen, dass dieser Pizarro erstochen worden ist, während Sie Seite an Seite mit ihm in seinem Zelt schliefen?“

„Ich weiß, was Sie sagen wollen, Leutnant, und ich bin sicher, dass Sie sich wundern werden. Aber ich habe gestern Abend maßlos einen gehoben. Ich habe es rauschen lassen im Blätterwald und war die ganze Nacht über so besoffen, dass ich nichts sah und hörte, was um mich her vorging.

Als ich aufwachte, war das Unglück tatsächlich schon geschehen.“

„Ich weiß, dass Ihr Amerikaner von uns Mexikanern nicht viel haltet“, erwiderte Leutnant Ramirez verdächtig freundlich. „Ihr haltet uns für blöd, geschlechtskrank, verbohrt, ungebildet und dumm. Ich sehe zu meiner tiefsten Bekümmernis, Mr. Thyle, dass Sie jene hassenswerten Vorurteile Ihrer oberflächlichen Landsleute durchaus teilen. Nur so kann ich es mir erklären, dass Sie es tatsächlich wagen“, hier donnerte er plötzlich los, dass ein Elefant von seiner Lautstärke umgefallen wäre, „dass Sie es wagen, uns einen derartigen Bären aufzubinden.“

„Ich habe Ihnen keinen Bären aufgebunden, ich habe Felipe Pizarro tatsächlich tot gesehen, Miss Keegan hat ihn auch tot gesehen. Wir sind nur zu dritt gewesen. Wir beide sind fortgefahren, wir sind also für die Beseitigung der Leiche nicht verantwortlich.“

„Sie verstehen mich vollkommen falsch. Die Leiche werden wir schon noch finden. Im Übrigen verhafte ich Sie hiermit im Namen des Gesetzes unter dem dringenden Verdacht, den noch nicht näher bezeichneten Felipe Pizarro umgebracht zu haben!“

Für ’ne kleine Weile war Ruhe im Bau, das kann ich Ihnen versichern.

Ich fühlte mich ganz kurz zwischen die Beine getrommelt, denn ich wusste genau, dass meine Position mehr als schwach war. Hätte ich mich in den Vereinigten Staaten befunden, dann wäre es nicht so ohne Weiteres möglich gewesen, mich wegen Mordes zu verhaften.

Oder vielleicht doch? Denn ein Privatdetektiv ist den Polizeibehörden aller Länder verdächtig.

Trotzdem versuchte ich, mit der lauen Tour durchzuschlüpfen.

„Ich glaube, Ihnen hat der violette Affe in die Senfsoße geschielt, Leutnant“, sagte ich. „Wie kommen Sie auf die gloriose Idee, mich wegen Mordes verhaften zu wollen? Im Übrigen kenne ich die Gesetze ein kleines bisschen. Wenn Sie jemanden als Mörder verhaften wollen, müssen Sie ihn einer Leiche gegenüberstellen, die er krummgebogen hat. Versuchen Sie das mal mit mir. Los, Leutnant Ramirez!“

Ich hatte fest gedacht, dass er nun explodieren würde, aber er blieb merkwürdig sanft. Das ist bei derlei südamerikanischen Beamten immer ein ungewöhnlich schlechtes Zeichen.

„Mein lieber Mr. Thyle“, sagte er fast zärtlich, so wie eine Mutter mit ihrem Kind redet. „Sie haben vollkommen recht: Ohne Ermordeten kann man keinen Mörder fangen, das steht im Gesetz. Wenn Sie nun zu uns nach San Luis Cavanilles kamen, um uns den Tod eines Mannes zu melden, der eben nicht tot war, oder den es vielleicht nicht gibt, dann hätte ich Sie jederzeit wegen groben Unfuges den Gerichten vorstellen und bestrafen lassen können. Der Kopf wäre Ihnen aber keineswegs heruntergekommen. Im Fall Felipe Pizarro ist die Sache aber ein klein wenig anders. Sie sagen ja selbst, dass Sie Miss Keegan die Leiche gezeigt haben, und Miss Keegan hat Ihre Aussage bestätigt. Damit können Sie sich nicht darauf hinausreden, dass Sie gar niemand ermordet hätten, oder dass man Ihnen erst die Leiche zeigen müsse, bevor man Sie verhaften könne. Die Leiche ist vorhanden, eine unbescholtene Zeugin wird das notfalls vor Gericht beschwören, und Ihnen kommt der Kopf herunter. Das ist Ihnen hoffentlich klar!“

„Ich hoffe, dass mein Kopf wesentlich fester sitzt als der Ihre, Sie dicke Wanze! Ich möchte ganz kurz auf folgendes hinweisen: Ich bin amerikanischer Staatsbürger, ich bin im Besitze eines gültigen Passes, ich sage keinen Ton ohne meinen Rechtsanwalt und will außerdem den nächst erreichbaren Konsul meines Landes zugezogen wissen.“

Leutnant Ramirez verneigte sich mit südländischer Grandezza.

„Ich habe Ihre Monierung zur Kenntnis genommen, Mr. Thyle, und werde Ihnen alle Erleichterungen des Gesetzes zuteilwerden lassen. Trotzdem muss ich Sie bitten, Ihre Hände jetzt auszustrecken, ich muss Sie in Fesseln legen.“

Einer der analphabetischen Polizeisklaven brachte ein paar stählerne Handfesseln zum Vorschein. Er grinste dabei über sein ganzes minderwertiges Gesicht und entblößte eine Reihe schadhafter Zähne.

Was blieb mir anderes übrig? Hilfeflehend sah ich Gloria Keegan an. Sie erschien mir im Augenblick wie eine Mutter, obwohl sie jünger war als ich.

Gloria zuckte die Achseln und nickte unmerklich mit dem Kopf.

Es blieb mir nichts anderes übrig. Ich streckte die Hände aus, und der Polizist legte mir die Handschellen mit komisch anmutender Feierlichkeit um die Gelenke. Klacks sagte der Stahl, und ich war gefangen.

Diesmal saß ich gewissermaßen bis zur Halskrause in der Tinte!

Die würdigen Vertreter der Staatsgewalt brachten mit vieler Mühe ihren Klapperkasten auf die feste Straße und luden mich dann ein. Dann ging es in sausender Fahrt in das kleine Bergstädtchen zurück.

Unterwegs hatte ich genügend Gelegenheit, über meine Lage im Allgemeinen und mein Unglück im Besonderen nachzudenken. Ich nehme an, dass Sie die Vorgeschichte des geheimnisvollen Mordes an Felipe Pizarro auch interessiert, und deswegen will ich sie Ihnen jetzt kurz erklären.

Falsch verbunden, ich bin dein Mörder! 3 Top Krimis

Подняться наверх