Читать книгу Falsch verbunden, ich bin dein Mörder! 3 Top Krimis - Theodor Horschelt - Страница 22
VII
ОглавлениеFür die nächsten Stunden, und nur durch das Mittagessen unterbrochen, machten wir uns daran, die Gerätschaften des toten Tauchers instand zu setzen. Unter großen Mühen luden wir die schweren Kisten von dem Ford BB ab.
Gloria brachte eine Kiste mit einem zweiten Schlauchboot, ähnlich dem, das Pizarro verwendet hatte. Dann ließen wir die beiden Schlauchboote, nachdem wir sie aufgepumpt hatten, zu Wasser und verbanden sie durch eine etwa drei Meter lange leiterartige Stahlrüstung. Mittels Gurten aus Hanf wurden die Schlauchboote an der Stahlrüstung befestigt, und so hatten wir nun ein Fahrzeug, das einer kleinen Fähre ähnlich sah.
Gloria Keegan brachte an beiden Schlauchbooten je einen Außenbordmotor an, und nun stand unserer Fahrt über den See nichts mehr im Wege. Noch aber hatten wir die Taucherausrüstung nicht ausgeladen. Wir hoben vorsichtig die schweren Kisten nach unten. Gloria war mir keine Hilfe, denn sie war ein schmächtiges Mädchen und verfügte keineswegs über außerordentliche Körperkräfte. Aber mit Hilfe von Gurten und Seilen ließ ich die Kisten nach unten, und ich kann Ihnen sagen, der Schweiß lief mir in wahren Strömen am Körper herunter, als wir endlich so weit waren.
Wir bauten auf der kleinen Fähre einen großen Kasten mit einer Kreiselluftpumpe auf und schlossen die Luftschläuche an. Dann legten wir den Taucheranzug Pizarros auf die treppenartige Stahlplattform.
Der Taucheranzug Pizarros stammte zweifellos von anno dunemals. Er bestand aus einem einfachen Kopfstück mit drei Seitenfenstern und einem wasserdichten Gummianzug mit großen Handschuhen. Wenn ich mich daran erinnere, dass ich mit dieser primitiven Ausrüstung in die Tiefe der Laguna steigen sollte, dann überfiel mich ein leises Frösteln, obwohl ich im Allgemeinen nicht so schüchtern bin.
„Was machen wir jetzt?“, fragte ich.
Gloria lächelte. „Pizarro hat wenigstens die Stelle vermessen, an der seiner Meinung nach das Flugzeug auf Grund liegen soll. Wollen wir hoffen, dass der See an dieser Stelle nicht tiefer als vierzig Meter ist. Man kann, so sagte mir der Tote, bis fünfundvierzig Meter tauchen. Eine größere Tiefe schafft der Anzug nicht.“
Nun, wir legten alle Gerätschaften auf dem primitiven Boot zurecht, und dann brachte Gloria einen schweren Fäustel und einen eisernen Bolzen. Sie hielt den Bolzen, und ich musste ihn mittels des Fäustels an einer genau vorher bezeichneten Stelle tief in das Gestein treiben.
Es dauerte wenigstens zwei Stunden, bis nur mehr der Kopf des Bolzens heraussah und eine absolute Sicherheit gewährleistet war.
Dann brachte das Mädchen ein Nylon-Doppelseil zum Vorschein.
„Wir gehen folgendermaßen vor“, sagte sie. „Das eine Ende des Doppelseils wird an dem Bolzen befestigt, die beiden anderen Enden an unseren Außenbordmotoren. Dann fahren wir langsam in den See hinaus und lassen während des Tauchvorgangs die Motoren mit langsamer Geschwindigkeit weiterlaufen. Dadurch wird unser Fahrzeug immer an ein und derselben Stelle festgehalten, und wir haben einige Sicherheit. Dieses Vorgehen ist zwar dilettantisch, bietet aber, wie mir Pizarro neulich noch versichert hat, einigermaßen Gewähr, dass wir nicht abgetrieben werden.“
Nun, wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen. Mir war gar nicht sonderlich wohl zumute, aber ich konnte nun nicht mehr gut zurück.
Ich setzte mich in das linke Schlauchboot, und Gloria stieg in das rechte. Die Leinen waren befestigt, wir ließen die beiden Motoren anlaufen.
Auf ein Handzeichen Glorias gab ich Gas, und gleich darauf schaukelte das sonderbare Fahrzeug in die Laguna hinaus.
Es war verhältnismäßig einfach zu steuern. Wenn ich mehr Gas gab als Gloria, bewegte es sich im Bogen nach rechts, und wenn Gloria mehr Gas gab, nach links. Auf diese Weise kamen wir in wenigen Minuten so weit auf den See hinaus, dass das Nylonseil nun angespannt war und den weiteren Lauf der Fähre hemmte.
Wir ließen ganz wenig Gas bei den Motoren stehen. Diese versuchten also dauernd, das Fahrzeug vorwärtszutreiben und hielten das Nylonseil unter Spannung.
Jetzt kam für mich der schwierigste Part der Angelegenheit. Ich musste in den Taucheranzug schlüpfen und hatte doch praktisch keine Ahnung, wie man so etwas macht!
*
Gloria Keegan legte mir persönlich das Unterteil des Anzugs an und verschraubte die Bleiplatten an meinen Füßen.
„Um Himmels willen, Mädchen, wie wollen Sie mich denn wieder nach oben kriegen, mit Ihren leichten Kräften?“, fragte ich.
Aber Gloria lächelte nur. Neben der Luftpumpe war eine kleine Winde angebracht, und Gloria versicherte mir, dass ihre Kraft ausreichen würde, diese Winde zu betätigen.
Endlich setzte Gloria mir den Helm auf und verschraubte ihn. Die Anschlüsse waren schon vorher hergestellt worden. Sofort bekam ich keine Luft mehr. Gloria eilte zu der Luftpumpe und begann, sie rhythmisch zu bewegen. Nun konnte ich wenigstens einigermaßen atmen. Trotzdem fühlte ich mich ausgesprochen unwohl. Ich konnte mich kaum bewegen, und ich wusste auch nicht, wie Gloria das Kunststück schaffen wollte, mich nach Beendigung des Tauchversuchs mittels der Winde hochzuhieven und trotzdem die Pumpe noch zu betätigen.
Ich war durch ein einfaches Telefon mit Gloria verbunden. Gloria hatte sich bereits die Kopfhörer um die Ohren gelegt.
„Um Himmels willen, Gloria“, sagte ich. „Wie wollen Sie nachher Luft pumpen und mich gleichzeitig heraufholen?“
„Das ist gar nicht so gefährlich!“, brüllte es mir in den Ohren. Die Stimme des Mädchens klang seltsam dumpf und verändert. „Wenn ich im Pumpen innehalte, haben Sie noch für einige Minuten Luft. Die nütze ich dazu aus, Sie schnell ein Stück hochzuhieven. Dann pumpe ich Ihnen wieder Luft zu, und zum Schluss kommen Sie ja zum Vorschein. Wir werden die Sache schon schaukeln.“
Das hätte ich an ihrer Stelle auch gesagt, wenn ich nur die Apparate zu bedienen gehabt hätte und nicht selbst in die Tiefe hätte steigen müssen.
Aber es gab kein Zurück mehr. Das habe ich, glaube ich, schon einmal gesagt.
Gloria befestigte mich an der kleinen Winde, überzeugte sich, dass ich tatsächlich vollkommen dicht in dem Anzug sei, und dann bewegte ich mich unendlich mühsam, auf dem Gesäß sitzend, über Bord. Langsam verschwand ich im Wasser.
Als die Fluten über dem Helm des Taucheranzuges zusammenschlugen und ich nun die Sonne nicht mehr sah, war mir doch sehr beklommen zumute. Trotzdem klappte die Luftzufuhr wunderbar.
„Ruhig atmen und nicht aufregen!“, hörte ich Gloria sagen. „Ich lasse Sie ganz langsam nieder und gebe Ihnen genügend Luft. Nach menschlichem Ermessen kann überhaupt nichts passieren.“
Ich brummte mein Einverständnis, und dann sank ich tiefer und tiefer. Endlich spürte ich Grund unter den Füßen. Aber ich fühlte mich sonderbar leicht und frei. Ich versuchte einen Schritt zu machen, aus dem Schritt wurde aber ein Hopsen, und der Zug der Sicherheitsleine riss mich beinahe um.
„Nicht so stürmisch, junger Mann!“, hörte ich Gloria sagen. „Sie befinden sich auf zwanzig Meter Tiefe. Wenn Sie das Flugzeugwrack tatsächlich finden sollten, dann können wir’s unter außerordentlich günstigen Umständen ausnehmen.“
Ich versuchte, mit meinen Augen die Finsternis zu durchdringen und langsam, allmählich, sah ich mehr. Die reinen Fluten der Laguna, die keinerlei Zuflüsse hatte und also auch nicht mit Sedimenten angefüllt war, waren verhältnismäßig durchsichtig. Nachdem sich meine Augen an die veränderten Verhältnisse gewöhnt hatten, besaß ich ganz gute Sicht. Aber weit und breit war von einem Flugzeug nichts zu sehen. Der Grund der Laguna war sandig, und zwischendurch bemerkte ich felsige Erhebungen. Aber von einem Sportflugzeug konnte nicht die Rede sein.
Ich blieb etwa fünf Minuten unter Wasser, und dann bat ich Gloria mit schwacher Stimme, sie möge mich wieder hochziehen. Plötzlich dröhnte mir das Blut in den Ohren, und ich sah vor den Augen feurige Kreise. Ich schilderte Gloria diesen Zustand.
„Reißen Sie sich zusammen, Tabs!“, sagte Gloria kalt. „Höchste Zeit, dass ichSie hochziehe! Ihr Körper muss sich erstan die veränderten Verhältnisse gewöhnen. Haben Sie keine Furcht, in fünf Minuten sind Sie wieder oben.“
Langsam, unendlich langsam zog sie mich wieder ans Tageslicht. Hin und wieder bekam ich Atembeschwerden, wenn sie zu lange die Winde bediente und darüber keine Möglichkeit hatte, mir Luft zuzupumpen.
Als ich endlich wie ein nasser Sack an der Winde hing, musste ich, noch innerhalb des Wassers, nur mit den Schultern über der Oberfläche, aus dem Anzug heraussteigen, weil Glorias Kräfte natürlich nicht ausreichten, mich an Bord zu hieven.
Als ich endlich an Deck taumelte, musste ich mich sofort legen, und Übelkeit überkam meinen ganzen Körper. Ich kotzte nach allen Seiten und hoffte zuversichtlich, dass auf diese Weise wenigstens die Fische von mir etwas profitiert haben. Gloria stand daneben und betrachtete mich mitleidig.
Ich berichtete mit schwacher Stimme, dass ich von dem Flugzeug nichts gefunden hätte, und Gloria war im Augenblick ratlos.
Es blieb uns nichts anderes übrig, als das Nylonseil zu kappen und im weiteren Verlauf des Tages den Grund systematisch abzusuchen. Es stellte sich heraus, dass die Laguna bestenfalls dreißig Meter tief war. Aber sie hatte eine Ausdehnung von etlichen hundert Metern, und ich war mir darüber im Klaren, dass wir, wenn ich jeden einzelnen Quadratmeter tauchend absuchen sollte, bis in die jüngere Steinzeit beschäftigt bleiben würden, ohne unbedingt das Flugzeug finden zu müssen.
Wir beratschlagten lange hin und her, wie diesem Übelstand abzuhelfen sei, und kamen endlich auf die fulminante Idee, ein langes Schlepplot an einer verlängerten Leine zu befestigen und nun systematisch den See abzufahren.
Wir bemühten uns den ganzen Tag, etwas von dem Flugzeug zu finden, aber unser Lot wurde nur hin und wieder von den Felsen des Seegrundes festgehalten.
Endlich, am Abend, verfing sich unser Lot in einem größeren Gegenstand. Wir waren der festen Überzeugung, das gesunkene Flugzeug gefunden zu haben, aber es war viel zu spät, um noch einen Tauchversuch zu wagen.
Ich suchte mir zwei markante Punkte an Land und maß diese mit einer Bezard-Bussole ganz genau aus. Die gefundenen Werte schrieb ich mir auf und hatte dadurch die Möglichkeit, die Stelle am nächsten Morgen mit einiger Sicherheit wiederzufinden.
*
In dieser Nacht war Gloria Keegan wie eine Mutter um mich besorgt. Sie ließ es nicht zu, dass ich einen Teil der Wache übernahm, sondern behauptete unaufhörlich, ich müsse mich für den schwierigen Tauchvorgang des nächsten Tages fit machen.
Sie baute das ganze Waffenarsenal aus zwei Maschinenpistolen um sich herum, setzte sich zwischen unsere beiden Zelte und schien nicht übel Lust zu haben, jedem auftauchenden Menschen einen sauberen Reißverschluss in die Wampe zu ballern. Mir konnte es recht sein.
Ich fühlte mich an Leib und Seele zerknautscht und schlief den Schlaf des Gerechten. Am frühen Morgen aber, die Sonne war kaum aufgegangen, weckte mich Gloria Keegan, und sie zitterte vor Gier und Erregung. Richtig hässlich sah sie in diesem Augenblick aus.
Mir war schon lange der Verdacht gekommen, es möge ihr mehr um die Diamanten als um das tragische Schicksal ihres Verlobten Harry White gehen. Aber was sollte ich machen? Mitgehangen, mitgefangen, sagt das Sprichwort. Ich hatte nun einmal in den sauren Apfel gebissen und musste ihn nun schon bis zum Ende schlucken oder daran ersticken.
Wir machten unsere Schlauchboote startklar und stachen dann in See. Etwa zehn Minuten später erreichten wir die Stelle, an der unser Lot am Vorabend Widerstand gefunden hatte. Ich nahm wieder die Bussole zur Hand und erreichte es mit vieler Mühe, ungefähr am gleichen Ort festzuliegen wie tags zuvor. Wir hatten uns am Abend noch vier Anker gebastelt, und mit deren Hilfe gelang es, die Fähre einigermaßen so festzulegen, dass wir von äußeren Einflüssen wie Wind und Strömung Unabhängig waren.
„Haben Sie eine Ahnung, wo sich die Diamanten befinden?“, fragte ich Miss Keegan. „Ich meine, hat sie Ihr Verlobter in einer Aktentasche aufbewahrt, oder hatte er vielleicht eine kleine Kassette?“
Hektische Erregung hatte Gloria Keegans Wangen gerötet. „Die Diamanten befinden sich in einer Kassette von etwa fünfundzwanzig Zentimetern Seitenlänge. Harry sagte mir damals vor seinem Abflug, er würde die Kassette am Nebensitz mittels des Anschnallgurtes festbinden. Sie können sie also nicht verfehlen. Sie müssen Harrys Leiche finden und daneben die Kassette.“
„Sehr schön“, erwiderte ich. „Ich werde die Kassette an einer Leine festbinden, und dann können Sie sie mit leichter Mühe hochziehen. Die Leine wollen wir gleich an meinem Taucheranzug befestigen. Was anderes ist es mit der Leiche Ihres Verlobten. Sollen wir sie einfach im Wasser lassen, oder soll ich sie mit heraufbringen?“
An diese Alternative hatte die schöne Frau offenbar nicht gedacht. Sie barg schaudernd ihr Gesicht in den Händen und meditierte still vor sich hin.
Dann schlug sie endlich die Augen auf und schenkte mir einen vollen Blick.
„Ich bin zu einem Entschluss gekommen. Ich habe Harry in seiner strahlenden, sieghaften Jugend vor meinem geistigen Auge gesehen, als habe er sich erst gestern von mir getrennt. Dabei wollen wir es unter allen Umständen belassen. Gönnen Sie ihm die ewige Ruhe, lassen Sie ihn am Führersitz seines Flugzeuges, an dem er den Tod gefunden hat, und wollen wir nur die materiellen Werte an die Oberfläche ziehen.“
Ich fand diese Auffassung für absolut vernünftig und widersprach nicht.
Wieder zwängte ich meinen fast zwei Zentner wiegenden Luxuskörper in den Anzug, und wieder begann das quälende zu-Wasser-lassen.
Das Blut pulsierte in meinem Kopf, der Druck drohte meine Trommelfelle zu sprengen, und ich fühlte, dass ich die Tortur nicht lange würde aushalten können. Höchstwahrscheinlich hatten wir auch eine ganze Menge falsch gemacht, schließlich waren wir beide keine Fachleute. Da hatte ich mich auf eine schöne Sache eingelassen!
Langsam, allmählich sank ich auf den Grund des Sees, allmählich gewöhnten sich meine Augen an das Halbdämmern, und ich sah vor mir eine formlose Masse auftauchen. Seltsam geformte Fische, wie ich sie noch nie im Leben gesehen, zogen an dem Fenster des Taucherhelms vorüber, sie hatten vor mir offenbar gar keine Angst. Sie waren es vermutlich nicht gewöhnt, in ihrer beschaulichen Ruhe gestört zu werden.
Minuten später fühlte ich Boden unter den Füßen. Schwerfällig schritt ich auf die formlose Masse zu, und je weiter ich mich von meinem eigentlichen Standpunkt entfernte, desto besser erkannte ich, dass es sich tatsächlich um ein havariertes Flugzeug handelte. Gloria Keegan hatte in diesem Punkt bestimmt nicht gelogen.
Mit unendlicher Mühe schritt ich an das Flugzeugwrack heran. Es handelte sich ganz offenbar um eine zweimotorige „Aircobra“. Der eine Flügel hatte sich tief in den Sand des Sees hineingebohrt, der andere war abgebrochen und lag unweit des Wracks. Ansonsten war das Flugzeug erstaunlich gut erhalten.
Ich hatte vorsorglich eine lange Brechstange mitgenommen und schlug mit dieser auf die Verglasung des Führersitzes ein.
Wenigstens fünf Minuten brauchte ich, bis ich mir auf diese Weise einen Zugang geschaffen hatte.
Vorsichtig zog ich mich am Rande des Führersitzes hoch und machte meine Nerven stark für die Begegnung mit einer grauenhaften Wasserleiche.
Aber diese Spekulation war ein Windei gewesen. Der Führersitz der Maschine war leer. Weder fand ich die Leiche Harry Whites vor, noch konnte ich die Kassette mit den kostbaren Edelsteinen entdecken.
Der Anschnallgurt des Führersitzes war losgeschnallt und hing vom Sitz herab, der Gurt des Nebensitzes zeigte sich vollkommen unbeschädigt und eingerastet.
Das war eine schöne Bescherung!