Читать книгу Tausend falsche Wege - Thessa Grundig - Страница 8
ОглавлениеKapitel 3
Happy Birthday to me
„Drei... zwei... eins... Happy Birthday to you...“ Dröhnte es aus den Lautsprechern auf die Tanzfläche.
Ich hielt ein Sektglas in der Hand, immer noch nervös und angespannt. Jan stand mir direkt gegenüber, starrte mir lächelnd in die Augen. Er hob sein Glas und nickte mir leicht zu, doch plötzlich drehte sich der Raum.
Ben wirbelte mich zu sich, direkt in seine Arme. Er hielt mich so fest gedrückt, als ob er mich verlieren könnte, wenn er diese Umarmung für nur einen Augenblick lockern würde.
„Alles Gute zum Geburtstag Liebling!“ Schrie er unter dem erbarmungslosen Lärm in mein Ohr.
Kurz darauf stellte er mich eine Armlänge entfernt von sich weg. Glücklich lächelte er mich an, erhob das Glas und hielt einen Toast auf mich.
Ich wollte mich verkriechen. Die Schuld zog mir beinahe die Füße vom Boden. Tränen stiegen mir in die Augen. Das Gefühl mich übergeben zu müssen brannte sich die Kehle hinauf. Nein, ich konnte das nicht, ich musste hier sofort raus. Ben musterte mich skeptisch, einer der wenigen Momente, wo er tatsächlich merkte, dass etwas mit mir nicht stimmte. Beunruhigt kam er auf mich zu und fuhr mir mit seinen Fingerknöcheln leicht über die Wange.
„Elena? Was ist...“, ohne ihn die Frage beenden zu lassen, drückte ich ihm mein Glas in die Hand und verschwand Richtung Außenanlage.
Ich atmete tief ein und dann lang wieder aus. Die ganze Übung wiederholte ich ein oder zweimal, bis ich das Gefühl hatte wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Dieses verdammt schlechte Gewissen. Ich fing an mich zu hassen, dafür, dass ich eine Grenze überschritt, dafür, dass ich meine Prinzipien verriet und dafür, dass ich es unbedingt wieder tun wollte. Verärgert lehnte ich mich an einen der Stehtische, als ein Glas Wasser vor meinem Gesicht auftauchte.
„Nicht jetzt Jan!“ Er war der Letzte, den ich sehen wollte. Wegen ihm steckte ich doch überhaupt erst in diesem Schlamassel.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter „Wieso Jan?“ Überrascht drehte ich meinen Kopf nach rechts. Nicht Jan, sondern Ben war mir gefolgt. Er machte sich also wirklich Sorgen um mich. Mich ergriff eine unendliche Freude, doch innerlich zerfraß mich meine Schuld häppchenweise.
Ich legte mich in seine Arme und inhalierte den gewohnten lieblichen Duft meines Bens. Dankbar für seine Fürsorge, hüllte ich mich noch einige Sekunden in Schweigen, bevor ich antwortete.
„Entschuldige, du weißt ja, Jan gibt gerne den Ritter in der glänzenden Rüstung.“ Schnell warf ich noch ein gespieltes Lachen hinterher und Ben stieg direkt darauf ein.
„Das stimmt, wann immer der Charmeur eine holde Jungfer in Nöten sieht, reitet er los. Gut das du dir da keine Sorgen machen musst. Du bist meilenweit von einer unschuldigen Jungfer entfernt.“ Er zwinkerte mir zu und kniff in meinen Hintern. Wenn er nur wüsste, wie nah er mit seiner Aussage an der Wahrheit lag.
„Aber ich muss für ihn einstehen“, ergriff Ben ernst das Wort.
„Er war es, der mir sagte, ich solle doch mal nach dir sehen.“ Schmetterlinge kribbelten in meinem Bauch und eine Hitze stieg in mein Gesicht. Er war schon immer gut in Empathie. Das sollte ich nicht überbewerten, aber es ließ mich auch nicht kalt.
„Können wir vielleicht nach Hause gehen Ben? Ich möchte noch etwas Zeit mit dir allein verbringen.“
Ben nahm meine Hand in seine und führte mich zum Ausgang. Nur in letzter Minute sah ich Jan geheimnisvoll an der Bar stehen. Das Bier hielt er cool am Flaschenhals fest und mit den Ellenbogen stützte er seinen Körper an der Bar. Sein Blick verfolgte mich bis raus.
Sicher, ich konnte keine Gedanken lesen, aber das, was er mir mit auf dem Weg nach Hause gegeben hatte, waren definitiv die Worte: „Und wir zwei Hübschen, wir sehen uns wieder!“
Ben und ich genossen den spätsommerlichen Spaziergang zu seiner Wohnung. Eine leichte, kühlere Brise wirbelte um mein Gesicht und lüftete meine Gedanken.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht. Ben war so lieb zu mir, ging sofort mit mir heim, als er bemerkte, dass es mir nicht gut ging. Wir waren eben nicht mehr in der Verliebtheitsphase, es war der Alltag, den wir eben aufregender gestalten müssten.
Plötzlich gab es einen Schlag in die Magengrube, als mir das Abendessen wieder in Erinnerung kam.
„Erzähl Liebling, was war vorhin los, mh?“ Aufrichtigkeit lag in seinen Worten. Er wollte wirklich wissen, was mich so aufgewühlt hatte. Was sollte ich ihm jetzt sagen? Mit der Wahrheit rausplatzen ginge ja wohl schlecht. Zumal ich selber noch gar nicht wusste, was das alles zu bedeuten hatte.
„Mir war nur unwohl, wahrscheinlich die vielen Menschen, der Lärm und die Wärme“, gab ich zurück.
Irgendwie stimmte das ja auch. Es war laut, eng und heiß, also sagte ich zumindest die halbe Wahrheit. Ben gab nichts mehr darauf zurück und einige Minuten später standen wir vor seinem Hauseingang. Er fummelte seine Schlüssel aus der Hosentasche und drehte sich zu mir um.
„Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich zum Geburtstag Elena. Kannst du mir vertrauen und dir die Augen zuhalten, wenn wir in der Wohnung sind?“ Ich nickte zustimmend.
Im Flur legte ich meine Hände mit leichtem Druck auf meine Augen, zusätzlich schloss ich eben diese, um wirklich nichts sehen zu können.
„Okay, warte hier kurz.“
Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis er mir zurief, dass ich ins Wohnzimmer kommen könnte. Ich nahm meine Hände herunter, öffnete die Augen und gewöhnte mich erst einmal an das helle Licht. Ich erhaschte einen Blick ins Wohnzimmer, konnte aber außer dem gedimmten Licht noch nichts entdecken. Die Pumps kickte ich in die Ecke und wickelte den Haargummi aus meinem Haar. Was für eine Befreiung. Ich liebte es, wenn meine Mähne offen über der Schulter lag.
„Achtung Ben, ich komme jetzt!“ Stieß ich meine Warnung lachend aus.
Nachdem ich in das Wohnzimmer einbog, fiel mir fast der Mund auf den Boden. Für Ben waren es sicher quälende Sekunden, aber ich musste mich erst einmal sammeln. Nachdem meine Benommenheit nachließ, konnte ich nicht anders als herzlichst zu lachen. Ich lachte so intensiv, dass sogar Tränen flossen. Ben sah mich weniger erfreut an, aber ich konnte nicht aufhören. Der Lachflash ebbte ab und ich suchte seinen Blick.
„Es tut mir so leid Ben, ich war einfach nicht darauf vorbereitet!“ Ich prustete fast wieder los, schnell legte ich meine Faust auf meinen Mund, um ein erneutes Lachen zu verhindern.
„Auf was warst du nicht vorbereitet? Auf diesen gottesähnlichen Körper? Diese romantische Geste oder diesen mächtigen Ständer?“ Er hob eine Augenbraue.
„Wahrscheinlich war es eine Mischung aus allem. Aber am wenigsten rechnete ich mit dem hier.“ Beherzt ging ich zwei Schritte auf Ben zu, legte meine rechte Hand um seine Länge, zog den Lümmelwärmer ab und hielt ihm diesen direkt vor die Nase. Ich konnte nicht anders als nochmal zu lachen. Er drückte seine Hüften nach vorn und seine Spitze drückte gegen meinen Bauch. Seine linke Hand schnappte sich den Lümmelwärmer und seine rechte Hand drückte sich gegen meinen Hinterkopf, um mich für einen zarten Kuss an seine Lippen zu holen.
„Happy Birthday Elena.“ Seine Zunge brach meine Lippen auseinander und wirbelte in meinen Mund herum. Zarte Hände griffen den Saum meines Shirts und zerrten es über meinen Kopf. Im fast gleichen Atemzug öffnete er meinen BH und schmiss ihn durchs Wohnzimmer. Die Finger öffneten den Knopf meiner Jeans und ich trampelte sie zu Boden. Als ich nur noch in meinem Slip vor ihm stand, machte ich mir ein für alle Mal klar, dass es nur Ben geben würde und ich Abstand zu Jan halten musste. Ben war der Richtige, meine Zukunft, mein Leben.
Ich stieß ihn energisch auf den Sessel, steckte meine Daumen in den String und zog diesen langsam aus. Ben presste seine Beine zusammen, sodass sein Penis noch mehr empor stand. Forsch setzte ich mich auf seinen Schoss, nahm ihn auf und küsste ihn wild. Meine Hüften hoben sich von seinem Schoss ab und knallten dann wieder hart nach unten. Ben knurrte. Er umkrallte meinen Hintern und versuchte, einen Rhythmus vorzugeben. Doch ich wollte die Kontrolle nicht hergeben. Ein weiteres Mal erhob ich mich, sein Gemächt knallte gegen seinen Bauch und ich kniete mich direkt vor ihn. Meine Hand legte sich um seinen Schaft und ich begann ihn zu streicheln. Seine Augen schlossen sich und leise Töne verließen seinen Mund. Es trieb mich an, noch schneller zu werden und fester zuzupacken. Ich erfreute mich seiner Lust und wollte gerade meinen Mund in unser Liebesspiel involvieren, als er zuckte und sich auf seinem Bauch ergoss.
„Oh danke Baby, dass war super.“ Etwas verwundert reichte ich ihm noch Taschentücher, damit er sich säubern konnte, dann stand er auf, küsste mich flüchtig auf die Nase und ging ins Bett. Kurz stand ich verwirrt, reglos, nackt und mit tausend Erwartungen im Wohnzimmer rum. Ich dachte darüber nach, dass dieses „Geschenk“ jetzt nicht wirklich ein Geschenk für mich war. Ohne dem weiter Beachtung zu schenken, schnappte ich mir Slip und BH und ging ebenfalls zu Bett.
Mein Körper wand sich ängstlich. Die Fuß- und Handfesseln waren so fest, dass ich mir die Gelenke aufrieb und jede noch so kleine Bewegung schmerzlich brannte. Meine Augen waren verbunden, der Mund fühlte sich an, als wäre er zugenäht, kaum ein Lüftchen passte durch die festgepressten Lippen. Aus einer nicht einschätzbaren Ferne konnte ich einem Dialog folgen. Es fiel mir schwer, zwischen meiner Angst und meinem Überlebensinstinkt die Ruhe zu finden, um alle gesprochenen Worte zu verstehen.
„Du willst sie also für dich?“ Schrie die eine Stimme wütend.
„Hast du damit ein Problem?“ Gab eine andere provokant zurück.
„Dafür, was hier zwischen euch beiden gelaufen ist, werdet ihr bezahlen. Eine kleine Folter habe ich bereits vorgenommen, um meine Ehre zu verteidigen!“ Sagte der andere selbstgefällig.
Irgendetwas an den Stimmen kam mir so seltsam vertraut vor. Ich versuchte mich noch mehr zu konzentrieren, wurde aber durch ein dumpfes Knallen und den wütenden Worten „Wenn du ihr weh getan hast, wirst du es bereuen“, aus meiner Achtsamkeit gerissen. Ein kalter Windstoß erwischte mich und bestätigte mir, was ich bereits erahnte, ich war komplett nackt.
Meine Angst steigerte sich ins Unermessliche. Trotz der starken Schmerzen riss ich wieder an den Fesseln, bis die Stimmen näher kamen.
„Oh Gott Elena, meine süße Verführung. Schau dich an, wie wunderschön du bist.“
Ich war gehemmt und verwirrt, auch wenn mir die Stimme selbst keine Angst machte, sondern nur die Situation, der ich so hilflos ausgeliefert war.
„Hab bitte keine Angst, ich tu dir nicht weh. Du bist hier sicher.“
Die zwei Männer stiegen in ein weiteres Gespräch ein. Darüber, wie der eine Mann mich im Schlaf entführte, hierherschleppte und mich dem anderen Mann, nur gegen eine bestimmte Bezahlung, ausliefern würde. Der Entführer drohte ihm damit, sonst seine Folterungen fortzusetzen. Mir fehlten eindeutig einige Stunden, um dieses jetzige Szenario zu begreifen. Wer würde mich so bestrafen, mich öffentlich entblößen und wie eine Hure an jemand anderen verkaufen wollen?
Vor Verzweiflung liefen mir Tränen übers Gesicht. Drei meiner fünf Sinne waren so eingeschränkt, dass ich keine Chance hatte mich zu bewegen, wegzulaufen oder zu schreien, das ließ mich langsam aufgeben. Ich fiel in das Gefühl, mich tot stellen zu wollen.
Die Stimmen wurden leiser, kurz darauf hörte ich schwere Schritte auf mich zukommen und nahm lange Finger wahr, die unter eine Art Augenbinde griffen, um mir die Sehkraft wieder zu geben. Ich blinzelte einige Male, um mich den Gegebenheiten anzupassen, doch ich sah nur eine Lagerhalle, schummriges Licht und rote Farbe. Der Raum fühlte sich kalt und ungeliebt an. Hinter mir sprach wieder diese vertraute Stimme.
„Versprich mir, nicht zu schreien und ich werde dich von der Qual, nicht sprechen zu können, befreien.“ Hallte es von überall her.
Ich nickte, nicht zu schnell, um keine Panik zu signalisieren, aber auch nicht zu langsam, um zurechnungsfähig zu wirken. Er zog ein fest angebrachtes Klebeband von meinen Lippen und es brannte wie Feuer. Der Schmerz erinnerte mich an meine erste Waxingbehandlung.
Aua!
„Wo bin ich?“ Fragte ich vorsichtig.
„Bei mir, da wo du sein willst!“ Antwortete die Stimme geheimnisvoll.
„Bitte! Bitte, mir macht die ganze Sache hier Angst. Wenn ich das alles hier will, warum zeigst du dich dann nicht?“ Ich versuchte, meinen Körper leicht zu drehen, doch meine Gelenke rieben wieder stark an den Fesseln. Es tat so weh, aber ich wollte wissen, wer mich hierhergeholt hatte.
„Ich komme jetzt zu dir ins Licht und dann werden all deine Fragen eine Antwort finden.“
Ich bereitete mich auf das Schlimmste vor, meine Atmung hielt ich flach und versuchte, keine Anspannung aufzubauen. Die Schritte kamen näher. Nervosität, Angst, das dringende Bedürfnis meine Scham zu bedecken und vor allem, die Wut über diese Erniedrigung, stiegen in mir auf. Gleich würde ich in Erfahrung bringen, wer mich so erniedrigte und mir seinen Willen in einer so demütigenden Art und Weise aufzwang. Ich wandt mich der Lichtquelle zu und nahm erschreckend die Umrisse wahr.
„Jan!“