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ОглавлениеKapitel 4
Du bist mein Hin und Her
Meine Augen waren weit aufgerissen, jeder Atemzug war schnell und schmerzhaft. Der Schweiß perlte von meiner Stirn und meine Hände griffen fest in die Laken unter mir. Es war nur ein Traum gewesen.
Aufgewühlt strampelte ich die Decke zurück und schlich mich in die Küche. Zitternd drehte ich das kalte Wasser auf und spritzte mir zwei volle Hände ins Gesicht. Ich nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser auf und trank es auf ex. Geistesabwesend knallte ich das Glas auf die Arbeitsplatte und zuckte zusammen.
Was war das nur für ein seltsamer Traum? Verfolgte mich das schlechte Gewissen jetzt schon bis in den Schlaf? War ich wirklich diese willige Hure, wie ich dort behandelt wurde?
Verloren hing ich meinen Gedanken nach.
„Bei mir, da wo du sein willst!“ Flüsterte ich kaum hörbar.
Wollte ich bei Jan sein? Wollte mein Herz mehr, als es zugeben konnte? Ratlos ging ich zurück ins Schlafzimmer.
Die ersten hellen Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die zusammengezogenen Gardinen. Ben lag völlig erschöpft im Bett, die Decke bis zu den Ohren gezogen und schnarchte leise, tief in seinen Schlaf versunken. In mir löste sich der Drang, mit ihm zu kuscheln. Vorsichtig krabbelte ich zurück unter seine Decke und legte mich ganz nah an ihn heran. Ich genoss die Stille, seine Wärme, diese muskulösen Arme und seinen ruhigen Herzschlag.
Eine weitere wache Stunde später, war Ben noch immer im Tiefschlaf. Ich stolzierte ins Bad und ließ mir eine wohltuende Wanne ein. Der Dampf stieg bereits nach oben, vorsichtig begab ich mich in das heiße Melissenbad und musste mich erst einmal an die Temperatur gewöhnen. Ben beschwerte sich immer, dass ich zu heiß badete, aber nur so liebte ich es. Mein Körper war komplett mit Schaum bedeckt, als mein Handy klingelte.
„Alles Gute zum Geburtstag meine Süße!“ Kreischte eine fröhliche Stimme in das Telefon.
„Ich danke dir! Ich wünsche dir auch alles Liebe zum Geburtstag!“ Mein Herz füllte sich mit Freude.
Es war meine beste Freundin Sarah. Wir lernten uns vor etwa sieben Jahren kennen und lieben. Charakterlich waren wir uns so ähnlich, wir hätten Zwillinge sein können. Äußerlich hingegen, hätten wir nicht verschiedener sein können. Ich war eher zierlich und mit meinen einen Meter neunundsiebzig von mittlerer Größe. Meine langen, fein gelockten, braunen Haare und die eisblauen Augen passten perfekt zu meiner leicht sonnengebräunten Haut. Sarah hatte im Gegenzug, feines, stark abgestuftes, blondes Haar. Ihre bernsteinbraunen Augen und die vollen, rosigen Lippen gaben ihr einen exotischen Touch. Sarah war nur einen Meter fünfundsechzig groß, von sportlicher Statur und damit nicht nur äußerlich eine Wucht. Nie zuvor hatte ich jemanden getroffen, der allein mit Worten Größe zeigte, der jedem um sich herum alles gab und noch genug Energie hatte, um für sich selbst einzustehen. Sie wusste immer genau, was sie wollte und bekam es meistens auch. Das i-Tüpfelchen war allerdings, dass wir am selben Tag Geburtstag hatten.
„Wie war dein Abend Elena, hast du gut reingefeiert?“ Ich spürte das unbändige Verlangen ihr sofort alles zu erzählen. Doch ich war nicht bereit für das, was kommen würde, also behielt ich die pikanten Details für mich.
„Es war ein schöner Abend. Mit dir wäre er sicher noch besser gewesen!“ Sarah konnte leider nicht dabei sein, sie war in Hamburg zur Weiterbildung. „Wie hast du gefeiert? Sekt und Reeperbahn?“
„Nein, wir waren Essen mit den Kollegen aus den anderen Niederlassungen, danach gingen wir Cocktails trinken, ich küsste meinen Mentor und wir machten eine kleine Abendführung durch Hamburg. Nichts spektakuläres eben!“ Sie sagte es so beiläufig, dass ich es tatsächlich fast überhört hätte. Aber eben nur fast!
„Du hast was getan?“ Fragte ich empört.
„Na eine Abendführung durch Hamburg.“ Wiederholte sie den letzten Satz.
„Ich meine das davor Sarah! Den Kuss mit deinem Mentor! Und keine Spielchen mehr.“
Sie erzählte mir alles von diesem Abend, wie er ihr einen Cocktail nach dem anderen ausgab, seine langen, weichen Finger zufällig über ihr Knie streifen ließ und leicht angeheitert schöne Dinge in ihr Ohr säuselte. Sie sparte nicht an den Details, den experimentellen Küssen und seiner Hand, die langsam unter ihr Kleid wanderte. Sarahs Worte überschlugen sich, als sie mir erzählte, wie sie mit ihm in der Garderobe wild fummelte. Wie ein verklemmtes Mädchen rügte ich sie für ihre kleine Liaison. Selbstbewusst hielt sie mir vor, dass ich nicht so prüde sein sollte, was mir dank der Erinnerung an meinen gestrigen Abend, einen herben Beigeschmack bescherte.
Wir tratschten noch eine ganze Weile über ihre private Erlebnistour, ehe ich mein Bad zu Ende genoss.
Ich schnappte mir meine Sachen und hinterließ Ben eine kurze Nachricht auf einem Stück Papier