Читать книгу Berliner Luftballons - Thilo Koch - Страница 12

Schräger Zinnober

Оглавление

Zuckender, rappelnder, klappernder, wabbernder, schaukelnder, kreischender, foppender, hoppender, schwingender, singender, hängender, pendelnder, schwippender, schwappender Surrealismus, Expressionismus, eine Mechanik in Rosa und Blau, Schwarz-Weiß und Erdig, Unholde, Schaumgeburten aus Fiebertraum und depressiven Räusehen, eine malade, sinistere, taumelnd-verzwickte Aber-Welt von Formen, abnormen: schräger Zinnober.

Nun, Aschermittwoch, liegt der Staub fingertief in den Fluren, auf Treppen und Böden und Bars, Staub, den die tausend Füße aufwirbelten, die jazzgeschüttelten Paare, umschlungen, stampfend, springend, scharrend. Die Dekorationen, die Alpträume aus Pappmaché, Farbe und Leim lassen die Flügel hängen, zerfallen auch schon, sterben hinunter zum Staub.

Alles ist Staub. Aus ihm wird Welt, zu ihm wird Welt. Schräg hinab in den Staub, Aschermittwochsstaub, Aschenstaub sinken die Dinge, kaum, daß sie waren. Schräger Zinnober, Farbe der Liebe, schräges Erröten, Flamme aus Asche, Flamme zwischen Staub und Staub, wie nie geglüht. Eingeschlafen wieder die Stundengötter der Maskennächte, gesenkte Häupter zwischen dem letzten Ton des letzten traurigen Blues und dem ersten Besen der ersten Reinemachefrau. Schwapp die Eimer, ade, Patina aller Feste, Luft und Sonne durch die Fenster, Gesundheit, Frühlingsknospen, verscheucht die dumpfen Träume, die schweren Ekstasen.

Kater, Aschegeschmack auf der Zunge, seelisches Tief. Aber da regt sich leise seufzend jenes vergessene Paar hinter dem abgestürzten Riesenauge aus Lack und Papier. Ihn schmerzt der Kopf, möchte weinen. Aber sie richtet sich auf, streicht langsam das Haar aus der Stirn, blinzelt zum Mittag, der durch die zersprungene Scheibe dringt, sieht nieder, auf ihn – und lächelt.

Berliner Luftballons

Подняться наверх