Читать книгу Recht des geistigen Eigentums - Thomas Ahrens - Страница 6
Оглавление§ 1 Einführung
I. Die beiden Hemisphären zum Schutz des geistigen Eigentums: Gewerblicher RechtsschutzGewerblicher Rechtsschutz und UrheberrechtUrheberrecht
Der rechtliche Schutz des geistigen Eigentums wird durch zwei umfassende, einander ergänzende Rechtsgebiete gewährleistet: Zum einen durch die spezialgesetzlichen Bestimmungen des Gewerblichen Rechtsschutzes, die dem Schutz des geistigen Eigentums im gewerblichen Bereich dienen, zum anderen durch das vom Urheberrecht abgedeckte Gebiet des Schutzes von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Unter der Bezeichnung Gewerblicher Rechtsschutz werden dabei die folgenden jeweils sondergesetzlich geregelten Gebiete zusammengefasst: das Patent- und Gebrauchsmusterrecht, das DesignGeschmacksmuster-rechtrecht, das Markenrecht, die Spezialmaterien des SortenschutzSortenschutzrechtSchutzrechtSorten-es und des HalbleiterschutzrechtSchutzrechtHalbleiter-es sowie schließlich das im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWGUWG) geregelte LauterkeitsrechtLauterkeitsrecht. Das LauterkeitsrechtLauterkeitsrecht (auch als Wettbewerbsrecht i.e.S. bezeichnet), das im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes eine Sonderrolle einnimmt, lässt sich dabei unter rechtssystematischem Blickwinkel als Klammer zwischen den angrenzenden Rechtsgebieten des Gewerblichen Rechtsschutzes und des Wettbewerbsrechts begreifen, da es einerseits dem Wettbewerbsrecht (KartellrechtKartellrecht und Lauterkeitsrecht = Wettbewerbsrecht i.w.S.) zuzuordnen ist, andererseits jedoch zugleich als ein Teilbereich des Gewerblichen Rechtsschutzes verstanden wird.1 Kennzeichnend für die Schutzgegenstände der Sondergesetze zum Schutz des geistigen Eigentums ist ihr immaterieller Charakter. Das durch das Urheberrecht und den Gewerblichen Rechtsschutz gebildete Rechtsgebiet zum Schutz des geistigen Eigentums wird daher auch als ImmaterialgüterImmaterialgüter-rechtrecht bezeichnet. Der in diesem Buch wegen seiner Anschaulichkeit bevorzugt verwendete Begriff des „geistigen Eigentums“ als Oberbegriff für die Rechtsmaterien des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts entspricht internationalem Sprachgebrauch,2 er ist jedoch in Deutschland mit Blick auf rechtsdogmatische Bedenken – die begriffliche Gleichsetzung mit dem Sacheigentum als Vermögensrecht und die begriffliche Vernachlässigung der persönlichkeitsrechtlichen Seite – umstritten.3
II. Zum Begriff des ImmaterialgüterImmaterialgüterImmaterialgüter-rechtrechts
Immaterialgüterrechte sind Rechte an verselbständigten, verkehrsfähigen geistigen Gütern. Sie sind Vermögenswerte, weisen jedoch meist auch einen mehr oder weniger starken persönlichkeitsrechtlichen Gehalt auf.1 Die geistige Natur (das geistige Sein) der Immaterialgüter, ihre Unabhängigkeit von körperlichkörperlichFixierunger Fixierung, hat zur Folge, dass sie – anders als körperlichkörperlichGute Güter – ohne Einbuße an Substanz und Qualität, zu beliebiger Zeit und an beliebigem Ort genutzt bzw. sinnlich wahrgenommen werden können.2 So kann etwa eine Erfindung überall auf der Welt als Regel zur Lösung eines technischen Problems herangezogen werden so wie ein urheberrechtliches Werk – etwa ein Roman, ein Film oder eine Komposition – unabhängig von Ort und Zeit den menschlichen Sinnen mitgeteilt werden kann. Die zeitliche und örtliche Ungebundenheit geistiger Güter wird gemeinhin durch den Begriff der „UbiquitätUbiquität (Allgegenwart) der Immaterialgüter“ gekennzeichnet.3 Immaterielle Güter begründen jedoch nur dann Immaterialgüterrechte, wenn sie von der Rechtsordnung einem bestimmten Rechtssubjekt – in der Regel demjenigen, der es geschaffen hat – als Recht zugeordnet werden.4 Das heißt, der Kreis der von der Rechtsordnung als Schutzgegenstände eines Immaterialgüterrechts anerkannten Leistungsergebnisse ist – im Sinne eines numerus clausus der Rechte des geistigen Eigentums – abschließend. Im Umkehrschluss folgt daraus der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit, d.h. außerhalb des Schutzbereichs dieser Rechte sind Leistungsergebnisse grundsätzlich frei benutzbar und genießen keinen immaterialgüterrechtlichen Schutz.5 Die rechtliche Zuordnung eines Immaterialgutes erfolgt jeweils durch die Gewährung subjektiver absoluter – d.h. gegen jedermann wirkender – PrivatrechtPrivatrechte, die das Immaterialgut der Herrschaft des Berechtigten unterstellen. Die Rechtsherrschaft des Rechtsinhabers äußert sich insbesondere in der ausschließlichenAusschließlichkeitsrecht Befugnis, das Immaterialgut zu verwerten (sog. positives NutzungsrechtNutzungsrechtpositives)6 sowie dem Recht, Dritte von einer Einwirkung auszuschließen (sog. negatives Verbietungsrechtnegatives Verbietungsrecht).7 Die Rechtsposition des Rechtsinhabers im Bereich des geistigen Eigentums – etwa des Inhabers eines Patents, einer Marke oder die des Urhebers eines geschützten Werkes – offenbart die Parallele zum Sacheigentum nach BGB: sie entspricht in ihrer Ausgestaltung der Rechtstellung des Sacheigentümers, der als Eigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann.8
III. „Konjunktur“ und Herausforderung des geistigen Eigentums im Zeitalter der neuen Medien
Das Rechtsgebiet des geistigen Eigentums hat in den zurückliegenden Jahrzehnten weltweit einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Rechtsfragen des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts treten im InformationszeitalterInformationszeitalter immer stärker in den Blickpunkt des wirtschaftlichen Interesses. Hintergrund der anhaltenden „Konjunktur“ des Immaterialgüterrechts ist der rasante technologische Fortschritt, insbesondere im Bereich der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien), der durch die Entwicklung einer Vielzahl völlig neuartiger Schlüsseltechnologien und immaterieller Wirtschaftsgüter gekennzeichnet ist. Computerprogramme, mikroelektronische Halbleiterchips (TopographieTopographien), Datenbanken, Multimediawerke und Domain Namen, stehen – um einige der wichtigsten Schutzgegenstände zu nennen – beispielhaft für diese Entwicklung. Innerhalb der sich in den vergangenen Jahren neu herausgebildeten juristischen „Querschnittmaterie“ des Rechts der Informationstechnologie (kurz „IT-Recht“) nehmen daher Rechtsfragen des „geistigen Eigentums“ einen besonders breiten Raum ein.1 Die Bereitstellung eines angemessenen und mit Blick auf die jeweils betroffenen Allgemeininteressen ausgewogenen Schutzes neuartiger immaterieller Wirtschaftsgüter stellt das international etablierte System zum Schutz des geistigen Eigentums anhaltend vor große Herausforderungen. Die Herausforderung für die Rechtsordnung zum Schutz des geistigen Eigentums besteht dabei nicht allein darin, neuartige immaterielle Wirtschaftsgüter als neue Schutzgegenstände anzuerkennen und in geeigneter Weise in das durch unterschiedliche Sondergesetze geprägte System des Immaterialgüterrechts zu integrieren. Eine besondere Herausforderung ist vielmehr auch darin zu erblicken, dass sich in dem durch die weitgehende „Digitalisierung“ immaterieller Schutzgegenstände einerseits und eine „Vernetzung“ potentieller Nutzer andererseits gekennzeichneten Informationszeitalter die Bedingungen für deren „ubiquitäre“ Nutzung – wie insbesondere im Bereich des urheberrechtlichen Werkschutzes deutlich wird – grundlegend geändert haben. Eine weitere neue Herausforderung für den Schutz des geistigen Eigentums zeichnet sich durch die Fortschritte im Bereich sog. generativer Fertigungsverfahren (3D-Druck) ab. Maßgebliche Folge der 3D-Drucktechnik ist es, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch der Endverbraucher zukünftig in die Lage versetzt wird, zum eigenständigen „Produzenten“ vormals ausschließlich industriell gefertigter physischer Erzeugnisse zu werden.2
IV. Schutz geistigen Eigentums im Zeitalter der GlobalisierungGlobalisierung
Der Fortschritt im Bereich der modernen IuK-Technologien ist jedoch nicht nur durch die Entwicklung einer Vielzahl neuartiger immaterieller Schutzgegenstände gekennzeichnet, sondern vor allem auch dadurch, dass mit der Entwicklung der neuen Kommunikationsmedien – vor allem der E-Mail-Kommunikation und dem World Wide Web (InternetInternet) – die maßgebliche technische Infrastruktur für eine immer schneller voranschreitende „Globalisierung“ geschaffen wurde. In einer zunehmend globalisierten und vernetzten Wirtschaft machen die Nutzung und Verwertung immaterieller Wirtschaftsgüter naturgemäß immer seltener an den nationalen Grenzen halt, vielmehr gehört der grenzüberschreitende Wirtschaftsverkehr heute selbst für viele kleine und mittelständische Unternehmen zum geschäftlichen Alltag. Der Druck auf eine weitere Harmonisierung der Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums sowie einer internationalen Vereinheitlichung der rechtlichen Instrumente zur effektiven Rechtsverfolgung ist dadurch in den zurückliegenden Jahren erheblich gestiegen. Dieser durch den Fortschritt der modernen IuK-Technologien und die zunehmende Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs erzeugte Druck zur Fortentwicklung des Immaterialgüterrechts spiegelt sich in einer Vielzahl von Maßnahmen und Regulierungsinitiativen des Gesetzgebers wider.1 Die Vielzahl unterschiedlicher regulatorischer Initiativen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene sowie die Geschwindigkeit, in der sich die Fortentwicklung des rechtlichen Rahmens mitunter vollzieht – exemplarisch zu nennen ist die Vielzahl der Novellen des Urheberrechts in den zurückliegenden Jahren – stellen auch für den mit einschlägigen Fragen befassten Praktiker – Richter, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Unternehmensjuristen – eine Herausforderung dar.