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Emmingen ab Egg

Wenn zur Ferienzeit die Bahnstrecke zwischen Tuttlingen und Engen traditionsgemäß wegen Bauarbeiten unterbrochen ist, bringt einen der Schienenersatzverkehr in Gestalt hochbetagter Busse durchs Energiedorf Emmingen ab Egg, das der Reisende nie wahrgenommen hätte, wäre die Bahnstrecke endlich zweigleisig. Während der Bus in halsbrecherischem Tempo über die Hegaualb donnert, hat man kaum Zeit, die Schönheit der Landschaft und die Anmut des Dorfes wahrzunehmen.

Tatsächlich ist die Gemeinde gar nicht mal hässlich für ein Dorf, das im Landkreis Tuttlingen liegt, aber genau da liegt es eben noch nicht lange: 1975 wurde man mit der Nebengemeinde Liptingen zwangsfusioniert, das muss man sich einmal vorstellen: Emmingen, vormals Kreis Donaueschingen, Liptingen Kreis Stockach. Das ärgste Ereignis seit der Pest A.D. 1635. Emmingen-Liptingen gilt seither als das Villingen-Schwenningen des Landkreises Tuttlingen. Emmingen hat sein Heil in der Natur gesucht, und damit beantwortet sich schon die Frage: Energiedorf – welche Energie? Wind? Solar? Kohle? Kernkraft? Red Bull? Nein – Bioenergie ist das Zauberwort. Seit einigen Jahren verfügt die Gemeinde über ein regeneratives Nahwärmenetz, das viel effektiver arbeitet als beispielsweise die Fernkälte in Obernheim. Finanziert und betrieben von der Firma Solarkomplex, ein Name, der eigentlich Mitgefühl hervorruft, aber mit professioneller Hilfe lassen sich Komplexe erfolgreich wegtherapieren.

Ja, die Natur: Im Emmingen werden Naturbestattungen im Friedwald angeboten. Meist im Februar gilt es, der Straße besonderes Augenmerk zu schenken, wenn „Buchenberger“ und „Schlehenbeißer“ die Fahrbahn kreuzen. Dabei handelt es sich freilich nicht um Insekten, sondern um die örtlichen Fasnetszünfte der Doppelgemeinde. Erstere sind in Emmingen zuhause, und sie haben sich einen originellen Narrenruf ausgedacht: „Bucha-Berger!“ – aber Obacht: Emmingen gleich können die Narren unvermutet arglosen Motoristen vor die Stoßstange springen. Von Liptingen ist leider nicht so viel bekannt, man muss sich fragen, ob es sich dabei nicht um eine Scheingemeinde handelt. Womit wir auch schon beim zweiten Herausstellungsmerkmal Emmingens wären: 1938 wurde ein Scheinflugplatz eingerichtet, um die Alliierten abzulenken vom Heeresflugplatz in Neuhausen. Dabei waren diese eh nicht gut informiert, verschonten Konstanz weitgehend, bombardierten dafür Schaffhausen, und allein die Namensgebung sollte schon zur Verwirrung beigetragen haben: Neuhausen ob Eck, Emmingen ab Egg; Eck, Egg – was ist das bitteschön für ein Durcheinander?

Ich erwähne dies freilich alles nur, damit die eher ätzende Rumgurkerei mit dem Schienenersatzverkehr nicht völlig umsonst gewesen ist. Danke, liebe Bahn, für diese Gratis-Unterweisung in Sachen Heimatkunde. I am the eggman, goo goo g’joob.

Das kleine Narrcoticum

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