Читать книгу Ein Leben dauert - Thomas Häring - Страница 7

5.Spielminute

Оглавление

Was für eine hundertprozentige Chance! Die Firma BMW hat mir eine Stelle in ihrer Forschungsabteilung angeboten und ich habe abgelehnt! Wieso arbeiten, wenn man auch nichts tun kann? Außerdem sind diese großen Firmen in meiner Generation ohnehin total out und so was von nicht angesagt, daß mir die Absage durchaus leicht fiel. Hoffentlich werde ich das nicht eines Tages bereuen und wenn schon? Gute Nachrichten von der Heimatfront! Meine Mama hat endlich einen Schlußstrich gezogen und den Schlappschwanz, der tatsächlich nicht mein Vater ist, was mir ja schon immer klar gewesen war, vor die Tür gesetzt. Nun lebt sie mit mir und dem besten Freund des Hauses oder der Familie zusammen, meinem richtigen Vater und wir sind alle Drei total happy. Manchmal ist sie ein wenig eifersüchtig, weil sich mein neuer Papa noch besser mit mir versteht als mit ihr, aber daran wird sie sich bestimmt irgendwann gewöhnen. Gewohnheit ist alles und der Mensch als Gewohnheitstier läßt da in keinerlei Hinsicht zu wünschen übrig. Deshalb schnell mal wieder ein Abstecher in den Keller: Dort war man es gewohnt, unter sich zu bleiben und wenn sie keinen Fernseher bekommen hätten, dann wären sie wohl total out of world gewesen. Der Ferdinand Sitzl war ja für das Kellervolk nicht nur Vater und Großvater, sondern irgendwie auch Schöpfer, also quasi Gott, denn ohne ihn hätte es niemanden von denen da unten gegeben und das hatte dann schon fast etwas Mythisches oder vielleicht sogar Mystisches, wenn der Allmächtige höchstpersönlich die vielen Treppen in den Keller hinab schritt, um sein Volk mit Nahrung sowie seiner Anwesenheit zu beglücken. Wie jeder vernünftige und gut ausgebildete Gott strafte er seine Untertanen, wenn sie frech geworden waren und wenn sie lieb gewesen sind, dann bekamen sie Geschenke oder wurden belobigt. Er als Schöpfer schlief sogar mit seinem Werk und befruchtete die von ihm Geschaffenen dadurch natürlich um so mehr. Tja, aber nichts ist für die Ewigkeit und so endete auch jenes Höhlengleichnis, sogar Familie Sitzl wurde aus dem Paradies vertrieben, andere Zeitgenossen sprachen von einer Befreiung, doch wer weiß schon, wie die unmittelbar Betroffenen darüber gedacht haben? Ich nicht, deshalb schweige ich und werfe noch einen letzten Blick auf das feuchte Grün des Fußballplatzes, auf dem es gerade hoch her geht. Der Ball fliegt von einer Ecke zur nächsten, ziemlich viel Durcheinander, der Schiedsrichter verliert schön langsam den Überblick und ich fühle mich gerade sauwohl, denn in meiner Mannschaft hat es endlich den lange ersehnten Wechsel gegeben, der schwächste Mitspieler hat den Rasen verlassen und wurde durch einen hochtalentierten Flügelstürmer ersetzt. Hurra, meine Chancen steigen!

Ein Leben dauert

Подняться наверх