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2. Teil KlausurenII. Familienrecht › Fall 5 Griechisch-deutsches Patchwork

Fall 5 Griechisch-deutsches Patchwork

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Die griechischen Staatsangehörigen Kostas Karamanlis und Elena Elefteriou sind im Dezember 1997 aus Thessaloniki, wo sie bis dahin beide gelebt und sich kennengelernt hatten, berufsbedingt nach Stuttgart umgezogen und haben am 15.2.1998 in der griechisch-orthodoxen Kirche in Stuttgart die Ehe geschlossen. Die Trauung nahm der vorübergehend dort zu Besuch befindliche Papas Athanasios Evangelistrias aus Athen vor, der seinen Gastgeber, den hauptamtlich in dieser Kirche tätigen Papas, entlasten wollte. Die Eheschließung wurde dem zuständigen Standesbeamten mitgeteilt, der für die Ehegatten am 26.2.1998 ein Familienbuch anlegte. Am 15.3.2005 wurde in Stuttgart der gemeinsame Sohn Georgios geboren. Eine ausdrückliche Bestimmung seines Namens wurde nie getroffen; für Georgios wurde jedoch auf Antrag seiner Eltern durch das Generalkonsulat der Griechischen Republik in Stuttgart ein Reisepass auf den Namen „Georgios Karamanlis“ ausgestellt.

Bis zum Herbst 2012 lebte die Familie gemeinsam in Stuttgart. Zu diesem Zeitpunkt kam es zwischen den Ehegatten zu Disharmonie. Elena zog mit Georgios aus der ehelichen Wohnung aus und lebt getrennt in Stuttgart. Eine Rückfrage ihres Rechtsanwalts beim Auswärtigen Amt ergab, dass Athanasios Evangelistrias dort nie durch die Botschaft der Republik Griechenland notifiziert worden war; die daraus gezogene Schlussfolgerung, Georgios sei im Rechtssinne nicht das Kind von Kostas, findet Elena zwar sonderbar, gleichwohl nicht unwillkommen. Kostas ist hingegen von dem Gedanken, nicht der Vater seines Sohnes zu sein, schwer betroffen und erklärt zu Urkunde des Jugendamts Stuttgart vom 1.12.2012 die Anerkennung der Vaterschaft zu Georgios. Elena verweigert die Zustimmung.

Inzwischen hat Elena sich mit dem deutschen Staatsangehörigen Dieter Dritter angefreundet, lebt mit ihm zusammen und wird schwanger. Auf den Antrag von Kostas wird die am 15.2.1998 geschlossene Ehe vom Amtsgericht Stuttgart – Familiengericht – durch seit dem 1.3.2018 rechtskräftigen Beschluss geschieden. Am 7.3.2018 bringt Elena in Stuttgart das Kind Iannis-Dieter zur Welt. Dieter Dritter erkennt die Vaterschaft am 5.3.2018 an. Alle Beteiligten sind sich einig, dass nur Dieter der Vater sein kann.

Kostas, dem die Rechtslage verworren scheint, sucht am 3.7.2018 anwaltlichen Rat. Er möchte, dass auch im Rechtssinn Georgios sein Sohn und Iannis-Dieter nicht sein Sohn ist. Auch die Familiennamen der beiden Knaben sollten dies nach seiner Ansicht ausdrücken. Außerdem möchte er nun, dass ihm ein deutsches Gericht die alleinige elterliche Sorge für Georgios überträgt, nachdem Elena und Dieter nach Mykonos umgezogen sind und auch Georgios mitgenommen haben, was Kostas, dem Elena jeden Kontakt mit Georgios unterbunden hat, am 1.7.2018 von seiner Schwiegermutter erfahren hat. Kostas hat sogleich erfolglos brieflich gegen diese „Entführung“ protestiert und die Rückkehr von Georgios nach Deutschland gefordert. Er will ihn nun unbedingt mit gerichtlicher Hilfe nach Deutschland zurückholen, hat aber Zweifel, ob eine deutsche Entscheidung in Griechenland durchsetzbar ist, zumal Elena bereits angekündigt hat, ein griechischer Richter werde schon einsehen, dass ein griechisches Kind bei seiner Mutter in Griechenland gut aufgehoben sei.

Wie sind die von Kostas aufgeworfenen Fragen zu beantworten und was ist Kostas (bezogen auf den 3.7.2018) von seinem Rechtsanwalt zu raten? Auf Details der Vollstreckung einer deutschen Entscheidung in Griechenland ist nicht einzugehen.

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Materialien

I. Intertemporaler Hinweis zum deutschen Recht

a) EGBGB idF des IPR-NeuregelungsG 1986:

Art. 19 EGBGB

(1) Die eheliche Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht, das nach Artikel 14 Abs. 1 für die allgemeinen Wirkungen der Ehe der Mutter bei der Geburt des Kindes maßgebend ist. (…)

Art. 20 EGBGB

(1) Die Abstammung eines nichtehelichen Kindes unterliegt dem Recht des Staates, dem die Mutter bei der Geburt des Kindes angehört. Dies gilt auch für Verpflichtungen des Vaters gegenüber der Mutter auf Grund der Schwangerschaft. Die Vaterschaft kann auch nach dem Recht des Staates, dem der Vater im Zeitpunkt der Geburt des Kindes angehört, oder nach dem Recht des Staates festgestellt werden, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

b) BGB in der bis 30.6.1998 geltenden Fassung:

§ 1591 BGB

(1) Ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt hat; (…)

§ 1592 BGB

(1) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages…

§ 1600a BGB

(1) Bei nichtehelichen Kindern wird die Vaterschaft durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung mit Wirkung für und gegen alle festgestellt. Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt dieser Feststellung an geltend gemacht werden.

§ 1600c BGB

(1) Zur Anerkennung ist die Zustimmung des Kindes erforderlich.

c)

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass maßgebliche Normen früher geltenden Rechts dem gegenwärtig geltenden Recht inhaltlich entsprachen.

II. Griechisches IPR: Astikos Kodix (Griechisches ZGB, AK) v. 15.3.1940[1]

d)

Hinweis: Das griechische IPR ist im AK geregelt. Der AK wurde, soweit hier maßgeblich, letztmals 1983 geändert. Die seit 18.2.1983 geltenden Vorschriften lauten:

Art. 13 AK

(1) Die materiellen Voraussetzungen der Ehe richten sich für beide Eheschließenden nach dem Heimatrecht einer dieser Personen. Die Form der Eheschließung richtet sich entweder nach dem Heimatrecht eines der beiden Eheschließenden oder nach dem Recht des Ortes, an dem die Ehe geschlossen wird.

Art. 14 AK

Die persönlichen Beziehungen der Ehegatten richten sich der Reihenfolge nach:

1. nach dem Recht ihrer letzten während der Ehe gemeinsamen Staatsangehörigkeit, soweit einer der Ehegatten diese noch beibehält;
2. nach dem Recht ihres letzten während der Ehe gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts;
3. nach dem Recht, mit dem die Ehegatten am engsten verbunden sind.

Art. 17 AK

Die Eigenschaft eines Kindes als in der Ehe geboren richtet sich nach dem Recht, das die persönlichen Beziehungen der Mutter und ihres Ehemannes zur Zeit der Geburt des Kindes oder, wenn ihre Ehe vor Geburt aufgelöst wurde, zur Zeit der Auflösung der Ehe regelt.

Art. 20 AK

Die Beziehungen zwischen Vater und Kind, das ohne Ehe seiner Eltern geboren wurde, richten sich der Reihenfolge nach:

1. nach dem Recht ihrer letzten gemeinsamen Staatsangehörigkeit;
2. nach dem Recht ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts;
3. nach dem Recht der Staatsangehörigkeit des Vaters.

III. Griechisches Staatsangehörigkeitsrecht

e) Gesetzesdekret über die Staatsangehörigkeit idF v. 8.5.1984 (seit 10.11.2004 gilt der Kodex der griechischen Staatsangehörigkeit gemäß Gesetz 3284/2004)

Art. 1

(1) Das Kind eines Griechen oder einer Griechin erlangt mit der Geburt die griechische Staatsangehörigkeit.

IV. Griechisches materielles Recht[2] (Astikos Kodikas vom 15.3.1940)

Die folgenden materiellen Bestimmungen des AK gelten seit 1983 unverändert. Zum 23.12.2002 erfolgte Änderungen im Abstammungsrecht betreffen nur die künstliche Befruchtung.

f) Eheschließung

Art. 1367 AK (Eheschließung)

(1) Die Ehe wird geschlossen entweder durch die gleichzeitige Erklärung der Trauleute, dass sie sich darüber einig sind (Zivilehe), oder durch kirchliche Trauung entweder durch einen Priester der östlich-orthodoxen Kirche oder einen Geistlichen einer anderen in Griechenland bekannten Konfession oder Religion.

(2) Die Erklärung wird öffentlich und feierlich vor zwei Zeugen gegenüber dem Bürgermeister oder Gemeindevorsteher des Ortes, an dem die Ehe geschlossen wird, oder gegenüber deren gesetzlichem Stellvertreter abgegeben, die verpflichtet sind, die entsprechende Beurkundung sofort vorzunehmen.

(…)

g) Kindschaft

Art. 127 AK (Volljährige)

Wer das 18. Lebensjahr vollendet hat (Volljähriger), ist zu jedem Rechtsgeschäft fähig.

Art. 1465 AK (Vermutung der ehelichen Abstammung)

(1) Es wird vermutet, dass das Kind, das während der Ehe seiner Mutter oder binnen dreihundert Tagen nach deren Auflösung oder Nichtigerklärung geboren ist, als Vater den Ehemann der Mutter hat (in der Ehe geborenes Kind).

Art. 1475 AK (Freiwillige Anerkennung)

(1) Der Vater kann das ohne Ehe geborene Kind als sein eigenes anerkennen, wenn auch die Mutter darin einwilligt. Ist die Mutter gestorben oder geschäftsunfähig, so erfolgt die Anerkennung lediglich durch die Erklärung des Vaters.

Art. 1479 AK (Gerichtliche Anerkennung)

(1) Die Mutter ist berechtigt, die Vaterschaftsanerkennung ihres Kindes, das geboren wurde, ohne dass sie mit seinem Vater verheiratet war, durch Klage zu verlangen. Dasselbe Recht steht auch dem Kind zu. Verweigert die Mutter ihre in Art. 1475 Abs. 1 vorgesehene Einwilligung, so haben auch der Vater und im Fall von Art. 1475 Abs. 2 der Großvater oder die Großmutter der väterlichen Seite ein Recht auf gerichtliche Anerkennung.

h) Elterliche Sorge bei Scheidung

Art. 1513 AK (Scheidung oder Nichtigerklärung der Ehe)

(1) Im Fall einer Scheidung oder Aufhebung der Ehe und zu Lebzeiten beider Eltern, regelt das Gericht die Ausübung der elterlichen Sorge. Die Ausübung der elterlichen Sorge kann auf einen der Elternteile übertragen werden, oder, wenn die Eltern übereinstimmen und dabei gleichzeitig den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen, auf beide gemeinsam. (…)

(…)

i) Kindesname

Art. 1505 AK Familienname des Kindes

(1) Die Eltern sind verpflichtet, den Familiennamen ihrer Kinder durch ihre gemeinsame unwiderrufliche Erklärung zu bestimmen. Die Erklärung wird vor der Eheschließung entweder vor einem Notar oder vor dem Amtsträger, vor dem die Ehe geschlossen wird, abgegeben. Der Amtsträger hat die entsprechende Erklärung zu verlangen.

(2) Der gemeinsam für alle Kinder festgelegte Familienname kann entweder der Familienname eines Elternteils oder eine Kombination der Familiennamen der Eltern sein, darf aber auf keinen Fall mehr als zwei Familiennamen enthalten.

(3) Wenn die Eltern keine Erklärung über den Familiennamen ihrer Kinder nach den Bestimmungen der vorherigen Absätze abgeben, tragen die Kinder als Familiennamen den Familiennamen ihres Vaters.

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