Читать книгу Die sieben Zypressen - Thomas Riedel - Страница 5
ОглавлениеKapitel 2
P
atrick MacDougall schimpfte wie es ein Rohrspatz nicht besser hätte machen können. Er verfluchte Gott und die ganze Welt, vor allem aber verteufelte er die gesamte Automobilindustrie. Erst machte ihm der immer dichter werdende Küstennebel zu schaffen, so dass er kaum noch einen Yard von der Stelle kam und dann zerbarst unter der Fahrgastzelle irgendetwas mit einem widerlichen Geräusch. Augenblicklich stand sein alter roter Mini Cooper wie einzementiert. Und als wenn all das nicht schon genug war, es passierte auch noch auf dieser gottverlassenen Landstraße, auf die er sich verfahren hatte. Doch er hatte ja nicht hören wollen, als sein bester Freund Ken, der auch gleichzeitig der Mechaniker seines Vertrauens war, ihm geraten hatte sich endlich von Mary-Ann, wie er seinen Mini liebevoll nannte, zu trennen. Aber MacDougall hing einfach an dem kleinen Wagen.
Der Handelsvertreter hatte nicht die geringste Lust, sich auf der Suche nach einer Ansiedlung obendrein auch noch im Moor zu verlaufen und bereitete sich auf das vermeintlich kleinere Übel vor. Verärgert über die Panne klappte er den Fahrersitz soweit es ging zurück und wickelte sich in seinen rostbraunen gefütterten Mantel. Bei Tagesanbruch würde er weitersehen, dann wäre auch der gespenstische Nebel verflogen.
Mit dem Einschlafen war das jedoch so eine Sache, es wollte ihm nicht recht gelingen. Die nächtlichen Geräusche hielten ihn wach. Von Zeit zu Zeit vernahm er ein leises Blubbern, und zwar immer dann, wenn eine der zahlreichen Gas-Blasen die Oberfläche erreichte und in den sumpfigen Lachen zerplatzte. Und dann waren da noch die unheimlichen Rufe einer Eule.
Doch plötzlich mischte sich in die Geräuschkulisse der panische Schrei eines Menschen, der um sein Leben zu fürchten schien. Es war ein Schrei größter Not und Qual. Er ging MacDougall durch Mark und Bein.
Erschrocken und schaudernd fuhr der dicke Handelsvertreter hoch und stieß dabei schmerzhaft mit seinem Kopf gegen den Himmel seines Wagens.
Hastig blickte er sich nach allen Seiten um. Zunächst konnte er nichts in der Dunkelheit entdecken. Dann aber meinte er in den Nebelschwaden einen Schatten zu erkennen. Er kniff ein wenig die Augen zu um besser sehen zu können. Dort drüben bei einer verschwommen sichtbaren Baumgruppe hockte jemand. Da war eine dunkle Gestalt zu entdecken, die vorher nicht dort gewesen war - zumindest hatte er sie vorher nicht wahrgenommen.
So schnell er konnte öffnete der korpulente Vertreter die Fahrertür, bugsierte seine vom langen sitzen steifen Glieder aus dem Wagen und lief auf den Kauernden zu.
»Hallo, können Sie mir...«
Er kam nicht dazu den Satz zu vollenden, denn kaum hatte er lauthals zu ihr herübergerufen, da schreckte die schwarze Gestalt auch schon hoch.
Für den Bruchteil einer Sekunde erfasste Patrick MacDougall ein schemenhaftes bleiches Gesicht. Ehe er sich versah, hatte der Schwarze ein Bündel aufgenommen und sich von ihm abgewandt. Nun schien er förmlich durch den Nebel dahinzugleiten.
Keine Schritte waren zu hören – nichts! Verwundert und auf gewissen Weise magisch angezogen, folgte der Handelsvertreter der mysteriösen Gestalt, die sich bereits in den dichten Nebelschleiern aufzulösen begann.
Wenn sich hier jemand herumtrieb, dann war ganz sicher auch ein Haus oder eine Stallung in der Nähe, dachte der Handelsvertreter. Irgendwoher musste diese Person ja schließlich hergekommen sein und jede Schlafstätte war besser, als der zum Schlafen unbequeme Fahrersitz in seinem Mini Cooper.
Patrick MacDougall lächelte. Noch! Denn ohne es zu ahnen schritt er zielstrebig auf den Schrecken seines Lebens zu.