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Kapitel 3

E

rin Hornby, ein untersetzter Mann mittleren Alters, von kleiner Statur, mit Vollbart und ausgeprägter Stirnglatze, war der Wirt des ›Wallace Inn‹. Er hatte zu dieser weit vorgerückten Stunde keine Holzscheite mehr im Kamin des Gastraumes nachgelegt und so fielen die letzten Flammen jetzt langsam und knisternd in sich zusammen. Wie bösartige Augen leuchteten die roten Punkte des vergehenden Feuers.

Violet Keating fingerte eine letzte Zigarette aus der Schachtel und steckte sie sich zwischen die sinnlich geschwungenen roten Lippen, die jeden Mann hätten schwach werden lassen. Dann zerknüllte die attraktive Blondine, mit den geschmeidig langen Beinen, die leere Packung und warf sie in die noch leicht glimmende Glut. Es knackte und knisterte. Ihre hellblauen Augen blickten nachdenklich und sorgenvoll drein. Nie wieder hätte sie nach Tongue kommen dürfen. Doch das wurde ihr erst jetzt richtig bewusst. Jetzt, wo es definitiv zu spät war.

»Heute kommt Ihr Chef ganz sicher nicht mehr zurück, Miss«, meinte Doktor Clesfield väterlich. »Es macht keinen Sinn auf ihn zu warten.«

Der alte Landarzt sagte das in einem solchen Tonfall der Überzeugung, als wisse er alles. Er betrachtete die junge Frau und nippte an seinem Scotch. Clesfield stand wieder unter Alkohol, so wie auch die vielen scheußlichen medizinischen Präparate, die er auf den Fensterbänken und in den Regalen seiner Praxis angehäuft hatte.

»Wie können Sie sich da so sicher sein, Doc?«

Die Frage kam von Terry Prescott, einem drahtigen jungen Mann, der es sich in dem einzigen bequemen Sessel, der in einer Ecke der Gaststube stand, gemütlich gemacht hatte und seine ornithologischen Aufzeichnungen studierte. Seit einigen Tag hatte er sich hier einquartiert. Die ganze Zeit über war er hinter seltenen Vögeln her, die hier, im Umfeld des ›Loch Craisg‹ und den Mooren, leben sollten. Abend für Abend vergrub er sich bei zahlreichen Tassen schwarzen Tees in seinen Unterlagen. Und obgleich Prescott immer sehr beschäftigt wirkte, konnte man sicher sein, dass er jedes einzelne Wort aufschnappte, das in seinem Umfeld gesprochen wurde.

»Sie sollten einmal auf die Wanduhr dort drüben sehen, mein neugieriger Freund. In wenigen Minuten ist es Morgen. Wäre das nicht ein guter Grund?« Das hohle Kichern des Arztes drang durch die Räume des baufälligen Gasthauses. Leicht schwankend erhob sich der alte hagere Mann mit den schlohweißen Haaren. Während er auf den Ausgang der Gaststätte zusteuerte, drehte er sich noch einmal um und sah den jungen Mann an. »Und für mich wird es Zeit. Ich werde jetzt schnell über die Straße huschen und in meinem Bau verschwinden. Verlassen Sie sich darauf, meine Tür wird fest verschlossen sein. Dabei ist mein altes Blut vermutlich nicht mehr besonders schmackhaft.« Wieder hallte sein unheimliches Kichern nach. »Und Sie? Jagen Sie morgen wieder fleißig der ›Anatidae palus‹ hinterher?«

Der junge Ornithologe blickte auf und nickte ihm abwesend zu.

»Dann sagen Sie mir doch bitte, was dieser ›Anatidae palus‹ für ein seltener Vogel ist.« Das Kichern des Alten war noch zu hören, als der Nebel ihn bereits verschluckt hatte.

Terry Prescott beugte sich so tief über seine Papiere, dass man seinen verblüfften Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. Dieser schmutzige Trick vom Doc hatte ihm gerade noch gefehlt. Warum sollte es keine verdammte Sumpfente geben? Eine der Gattung ›Anatidae palus‹?


Die sieben Zypressen

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