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Zwischen Ägypten und Seir

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In einem ägyptischen Papyrus, der auf 1330–1230 v.u.Z. datiert wird, findet sich ein Eigenname, der an die Kurzform von Jhwh denken lässt, nämlich Jah6. Dieser Name könnte einen kanaanäischen Eigennamen transkribieren: ʾadōnī-rōʿē-Jāh, „Mein Herr ist der Hirte des Jah“. Aber dieser theophore Name bestünde aus drei Elementen, entgegen der allgemeinen Norm, die nur zwei zulässt. Man könnte sich eine andere Erklärung vorstellen, nämlich dass „Jah“ hier ein Toponym ist. Vielleicht ließe sich dann auch eine Verbindung zu den berühmten Schasu-Nomaden herstellen, die in ägyptischen Texten – oft zusammen mit der Bezeichnung Jhw – erwähnt werden. Das Wort šȝsw könnte vom ägyptischen „herumirren“ oder von šȝsw „gehen, durchqueren“ abgeleitet sein.

In einem Verzeichnis des Amenophis III. aus Soleb im Sudan (gest. um 1370) findet sich unter anderem eine Liste, die verschiedene Erwähnungen dieser Nomaden mit Angabe ihres Territoriums enthält; darunter „Land – der Schasu – Jhw(h)“ oder „Jhw(h) im Land der Schasu“. Dieselbe Bezeichnung taucht noch an einer anderen Stelle in Soleb auf und ebenfalls in einer Liste, die sich in einer Halle des Tempels von Ramses in Amara West (ebenfalls im Sudan)7 befindet.

In diesen Texten scheint Jhwȝ eine geographische Angabe (ein Berg?) zu sein und eventuell auch ein göttlicher Name; das lässt sich damit erklären, dass der Gott eines bestimmten Ortes mit diesem Ort gleichgesetzt werden und so dessen Namen annehmen kann. In den erwähnten Listen liegen die Gebiete der Schasu vor allem im Negev, also weiter im Süden, aber laut anderen Inschriften gibt es Schasu auch weiter im Norden der Levante bis hinauf nach Qatna im Gebiet des heutigen Syrien. Mit Manfred Weippert kann man das erste Toponym auf der Liste, „Seir“, als eine Art Überschrift verstehen, die das allgemeine Gebiet angibt, in dem sich die danach erwähnten Orte befinden8. Dies würde damit übereinstimmen, dass die ältesten Belege von Jhwh uns nach Süd-Palästina, in das Gebiet von Edom und der Araba führen.

Der Papyrus Anastasi VI, der die Schasu von Edom erwähnt, denen der Pharao Merenptah gestattet, sich mit ihren Herden in Ägypten aufzuhalten, bestätigt diese Lokalisierung: „Wir sind damit fertig die Shasu Familien von Edom die Festung des Merenptah … von Tjeku passieren zu lassen nach den Teichen des Atum-Tempels des Merenptah […] von Tjeku, um sie und ihr Vieh am Leben zu erhalten und ihre Herden am Leben zu erhalten nach dem guten Willen des Pharao […]9.“ Auch der Papyrus Harris I (aus der Zeit Ramses IV., um 1150 v.u.Z.) soll an dieser Stelle erwähnt werden. Hier rühmt sich der Pharao: „Ich vernichtete Seir unter den Schasu-Stämmen, und ich plünderte ihre Zelte – ihre Menschen, ihre Besitztümer, ihr Vieh gleicherweise, ohne Zahl. Nachdem sie gefesselt und als Beute, als Abgabe für Ägypten gebracht worden waren, gab ich sie der Neunheit [den großen ägyptischen Göttern] als Sklaven10.“

Ein ikonographischer Beleg für die Schasu findet sich auf einem beschädigten Relief im Tempel des Amun-Re in Karnak, das die palästinensischen Feldzüge von Sethos I. (1290–1280 v.u.Z.) darstellt. Man erkennt die Schasu an ihrem Spitzbart und an dem Stirnband, dass ihre Haare hochdrückt. Der Kampf des ägyptischen Königs gegen die Schasu bestätigt ihre Bedeutung. Offensichtlich hatten sie mit dem Kupferabbau in den Minen der Araba zu tun, die infolge der ägyptischen Bergwerksexpeditionen zum Zentrum dieser Industrie wurde. Ausgrabungen und Stichproben im Timna-Tal, 30 km nördlich von Eilat, haben Zeugnisse für Kupferabbau und für Kupferschmelze in Öfen zutage gebracht. Der Höhepunkt dieser Abbautätigkeiten im Timna-Tal lag zwischen dem 14. und 13. Jh. v.u.Z. In derselben Gegend liegt auch ein anderer Ort, der im Buch Numeri (33,26) erwähnt und mit den Schasu aus der Liste von Amara West in Verbindung gebracht wird, Punon (Fenan/Feinan in Jordanien).

Das heißt: Archäologische, epigraphische und ikonographische Zeugnisse belegen Schasu im Gebiet von Edom, Seir und der Araba zur Zeit des Übergangs von der Spätbronze- zur Eisenzeit. Und unter diesen Schasu gab es vielleicht eine Gruppe, deren Schutzgott Jhw hieß. Diese Belege können zu einer biblischen Überlieferung in Beziehung gebracht werden, wonach der Gott Jhwh ein Gott aus dem „Süden“ ist.

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