Читать книгу Philosophie - Eine präzise first-principle Herleitung philosophischer Fundamente. - Thomas Weinreich - Страница 14
10. Herkömmliches und Fortführendes: Gefühl der Freiheit, Determinismus und Zufall
ОглавлениеFreiheit wird herkömmlich meist verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Entscheiden zu können ist hier nur ein anderer Ausdruck für auswählen, denn wenn man sich für etwas entscheidet wählt man es gleichzeitig aus. Das dies ohne Zwang geschieht ist ebenfalls redundant, da man unter Zwang irgendetwas zu wählen immer noch frei entscheiden kann, und unter Zwang etwas Bestimmtes zu wählen keine Freiheit mehr hat. Die Möglichkeit die Wahl zu haben und nichts zu wählen ist ebenfalls eine der Wahlmöglichkeiten. Freiheit ist also, sich zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu entscheiden. Eine Entscheidung ist immer ein Prozess, also eine Bewegung. Damit sind die verschiedenen Möglichkeiten verschiedene Wege, wie sich W/BIe bewegen bzw. verändern, zwischen denen man sich entscheiden kann.
Das Gefühl der Freiheit führt dazu, dass wir überlegen was denn die bessere Entscheidung wäre. So treffen wir letztendlich auch vermehrt bessere Entscheidungen, wodurch das Gefühl der Freiheit (natürlich als Bewusstseins-WI) ein evolutionärer Vorteil sein könnte. Andererseits könnte aber auch umgekehrt das Überlegen also das Abwägen einer Entscheidung zum Gefühl der Freiheit führen, da man sich beim Abwägen darüber bewusst wird, dass man die Freiheit hätte sich für jede Möglichkeit zu entscheiden.
Determinismus ist, wenn aus einem bestimmten Zustand A immer ein anderer bestimmter Zustand B wird. Zufall (auch Indeterminismus genannt) ist, wenn aus A sowohl B als auch C (oder einer aus beliebig vielen anderen Zuständen) werden kann. Determinismus und Zufall schließen sich also beide aus, können aber als Teilprozesse in einem größeren System nebeneinander existieren. Scheint eine Bewegung bzw. Veränderung zufällig, könnte es sein, dass sie in Wahrheit deterministisch ist, da die identischen Zustände A, aus den mal B und mal C folgte, eigentlich verschiedene Zustände wären. Der zweite „A“-Zustand war also lediglich der dem Zustand A ähnliche, aber im Detail unterschiedliche Zustand D. Und Determinismus könnte wiederum nur Zufall sein, da wir nur annehmen, dass aus A immer B folgt. In Wahrheit könnte es auch Zufall gewesen sein, dass in unserer bisherigen Beobachtung aus A nicht auch mal C gefolgte. Determinismus und Zufall sind immer nur Annahmen. Zufall bedeutet nicht, dass etwas nicht Teil einer Kausalkette ist. Denn Kausalkette bedeutet hier lediglich, dass verschiedene Zustände zeitlich nacheinander auftreten. Und auch das Auftreten eines Zustandes in solch einer Kausalkette kann zufällig sein. Das Auftreten eines zufälligen Ereignisses C kann also durch eine Ursache „determiniert“ sein. Wenn also aus A immer nur B oder C folgt, sind B und C durch A determiniert, weil wir dies annehmen. Aber ob nun B oder C auftritt kann zufällig sein.
Der Kompatibilismus behauptet, dass freier Wille nicht im Widerspruch zum Determinismus steht. Siehe dazu Wireless Philosophy: PHILOSOPHY – Language: Contrastivism #2 (Free Will). Hier wird Freiheit als Kontrolle über eigenes Entscheiden definiert. Dies entspricht soweit der herkömmlichen Definition. Es heißt: „We can control our choices by our desires and values, even if our choices are determined.“ Das ist ein logischer Widerspruch. Etwas Vorbestimmtes lässt sich nicht kontrollieren, wenn Kontrollieren bedeutet, dass man auf etwas Einfluss nimmt. „The crucial question is then not wether our acts and choices are determined, but instead how they are determined.“ Hier wird die Richtigkeit des Determinismus nicht angezweifelt. „If our own desires and values control what we choose and do, then we, our acts and our wills are all free.“ Hier wird entweder unbegründet vorausgesetzt, dass unsere Wünsche und Werte frei entschieden wurden, oder hier wird Freiheit als der deterministische Prozess des Herausbildens von Wille und Handlungen aus unseren Wünschen und Wertungen definiert. Es handelt sich also lediglich um ein Umdefinieren statt ein Aufgeben des Begriffes Freiheit.
Denn genau dies tut der Kompatibilismus. So versteht David Hume unter Freiheit die hypothetische Fähigkeit, eine andere Entscheidung treffen zu können, wenn der Mensch psychologisch durch andere Wünsche oder Überzeugungen anders disponiert gewesen wäre. Dass andere Ursachen andere Wirkungen haben ist schlicht Determinismus. Denn laut Hume werden alle freien Handlungen durch Entscheidungen verursacht, die aufgrund von Wünschen, Überzeugungen und Charaktereigenschaften getroffen werden. Sie sind also determiniert oder zufällig. Einige Kompatibilisten sehen im Determinismus sogar eine notwendige Voraussetzung für die Existenz des freien Willens. Da freie Handlungen und Entscheidungen nur dann frei sind, wenn sie aus Gründen erfolgen, erfordere Willensfreiheit den Determinismus, nämlich den Determinismus durch Gründe. Da es physikalisch keinen Unterschied zwischen einem Gehirn und anderen WIen gibt, müsste man dies auch auf andere Bewegungen anwenden. Damit würde die Aussage bedeuten, dass jede Wirkung, welche aus einer Ursache oder mehreren Ursachen hervorgeht, ein Akt der Freiheit ist. Der Begriff der Freiheit bleibt ohne Sinn.
Die Newcombs Paradoxie handelt im Grunde von einem Wesen, das die Zukunft voraussagen kann und von einer Entscheidung die man treffen soll, deren Ergebnis das Wesen auch schon vorausgesagt hat und dementsprechend Vorbereitungen getroffen hat, je nachdem wie man sich entscheiden wird. Paradox ist nun, dass es uns so scheint, als ob wir uns im Moment der Entscheidung auch anders entscheiden könnten, und das Wesen demnach die falschen Vorbereitungen getroffen hat. Die eigentliche Paradoxie ist schlicht jene, dass wir uns frei fühlen, obwohl wir gleichzeitig annehmen, dass wir nicht frei sind. Denn wir fühlen uns in dem Moment der Entscheidung frei, obwohl durch die Vorbereitungen des Wesens bereits feststeht, wie wir uns entscheiden werden. Diese Paradoxie besteht nun in diesem Gedankenexperiment, weil ja gerade angenommen wird, dass durch die Fähigkeit des Wesens die Zukunft vorherzusagen, schon feststeht, wie wir uns entscheiden werden. Diese Paradoxie besteht jedoch auch allgemein, denn wir fühlen uns frei, nehmen jedoch trotzdem an, dass die Wirklichkeit deterministisch ist.
Daniel Wachter meint in „Die kausale Struktur der Welt“, dass es Entscheidungsereignisse gibt, die nicht das Ergebnis von Kausalvorgängen sind, sondern von handelnden Personen hervorgebracht werden. Dies würde bedeuten, dass Personen eine Sonderstellung in der Physik haben und entweder neue Materie erschaffen können, oder ohne kausalen Zusammenhang einen Bewegungsimpuls in die physikalische Welt setzen können. Wir nehmen jedoch an, dass jedes Ereignis in der physikalischen Wirklichkeit nur eine Veränderung nach den Gesetzen der Physik des vorhergehenden Zustands der Wirklichkeit ist. Entscheidungen werden im Gehirn getroffen und das Gehirn ist bloß gewöhnliche Physik. Wachter hingegen meint, dass die Naturwissenschaft (Physik) bei der Erforschung von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten nicht voraussetzt, dass jedes Ereignis das Ergebnis eines Kausalvorganges ist. Dass es keine Veränderung ohne Ursache gibt, ist jedoch ebenfalls eine allgemeine Gesetzesaussage, die wir aus unser empirischen Erfahrung ableiten.