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Dabei geht es ihm, recht besehen, nicht schlecht, wie er selber in vielen Briefen schreibt, die er abschickt, obwohl er weiß, dass sie nie die Stadt verlassen werden. Er nennt diesen Vorgang seine »Flaschenpost«, bewahrt aber aus Vorsicht immer eine Zweitschrift. Einmal als Erinnerung an das, was er gern seinen »noch unvollendeten Lebensroman« nennt, zum anderen, weil er in seinen Schreibstil verliebt ist und sich schwertut, die eigenen literarischen Erzeugnisse einem blinden Schicksal zu überlassen.

Seine offizielle Funktion ist jetzt die eines archäologischen Beraters, das hat ihm Kommissar Wu in einem dienstlichen Schreiben mitgeteilt, das mit gleich drei feuerroten Stempeln ausgestattet war. Zwirn hat das zunächst verdutzt, weil er in seinem Studium Bezug zur Archäologie nur über die Liebschaft mit einer Kommilitonin aufweisen kann, deren Vater über ein Segelboot verfügte, das aus unerklärlichen Gründen vor etwa dreißig Jahren auf den Namen »Heinrich Schliemann«, den deutschen Entdecker von Troja, getauft worden war.

Frau Wang hat ihm aber erklärt, dass der Beruf des Archäologen in China eine Wertschätzung bedeutet, die der eines Astrophysikers in der Sowjetunion gleichkäme. Beide seien als Deuter von menschlicher und kosmischer Vergangenheit, daher auch für weitere Verläufe des Schicksals von höchster gesellschaftlicher Wichtigkeit. So stünde ihm, Zwirn, bereits ein Dienstwagen der mittleren Klasse zur Verfügung, ein Chemiker, ein Agrarexperte oder ein Botaniker könne von einem solchen Privileg nur träumen. Im Augenblick sei der Anspruch auf einen Dienstwagen allerdings nur rein formal.

»Du wirst dennoch deinen Weg machen. Im Chinesischen haben wir dafür ein Sprichwort, übersetzt heißt es: ›Wenn der Wagen erst einmal zum Berg kommt, findet er auch seinen Weg.‹«

»Dann machen wir dort ein Picknick«, antwortet Zwirn höflich, der glaubt, zwar die Absicht verstanden zu haben, doch über die rechte Deutung des Sprichworts noch nachdenken muss.

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