Читать книгу Tango unterm Regenbogen - Tilo Braun-Wangrin - Страница 16
11. Ironie des Schicksals
ОглавлениеDritter Tag des Urlaubes. Ich war genervt. Von der Schlichtheit der Unterbringung, der viel zu ruhigen Umgebung und Daniela, die keinen Schritt von meiner Seite wich. In der ersten Nacht schob sie sogar die freistehenden Betten zusammen, um mir ganz nah zu sein. Irgendwann schob sie eines ihrer Beine zu mir rüber. In diesem Augenblick wurden fischähnliche Gerüche freigesetzt, die mich ungeheuer abstießen.
Das Wetter ließ ebenso zu wünschen übrig und meine Stimmung befand sich auf dem Nullpunkt. Die Ruhe trieb mich in Gedanken immer wieder zu Denis, der hunderte Kilometer weit entfernt war. Der einzige Lichtblick, den ich noch hatte war Marén, die mit Kind und Hund anreisen würde.
Am Tag von Renis Ankunft hatten Daniela und ich einen Ausflug zum Kap Arkona{37} unternommen. Nun warteten wir auf die belebende Ankunft der Anreisenden.
Renis Laune war recht gut. Nachdem wir alle Sachen untergebracht hatten, verabschiedete ich mich für eine gewisse Zeit, um mit „Denise“ zu telefonieren. In der Zwischenzeit waren Marén und Daniela allein. Die beiden müssen sich angeregt unterhalten haben, denn als ich zurückkam, spürte ich eine gewisse Front.
Ich gesellte mich zu ihnen und begann zu erzählen, wie verliebt ich doch sei. Marén war ganz interessiert an meinen Beziehungsgeschichten und ich fing an zu schwärmen. Dabei fielen mir die beiden ständig ins Wort und versuchten meine Worte so zu verdrehen, dass sich jede Aussage ihrerseits wie eine Anklage anhörte.
Sie legten mir Geschichten in den Mund, die sich in jener Form niemals so abgespielt hatten und stellten mich als blauäugigen Liebesgockel dar. Darauf folgten Vorwürfe, dass ich mich seit Monaten verändert hätte und mich nicht mehr um meine Freunde kümmern würde. Manuela, Jennifer, Markus und Doreen S. hätten sich schon extrem negativ über mich geäußert. Keiner Schuld bewusst, erschütterten sie mich mit diesen Informationen. Hatte ich mich doch bemüht, trotz der wenigen Zeit, alle Kontakte zu halten. Marén strotzte nur so vor negativem Feedback und Daniela mischte kräftig mit. Je mehr gesagt wurde und je länger die Nacht wurde, umso enttäuschter und unruhiger wurde ich. Als mir die Diskussionsführung zu bunt wurde, verabschiedete ich mich und floh im mein Bett. Die ganze Nacht brachte ich kein Auge zu. Mein Herz raste. Zu schwer waren die Vorwürfe.
Nachts lag ich wach und besiegelte gedanklich meine vorzeitige Abreise. Ich wollte nach Hause fahren, um mich mit meinen Freunden auszusprechen. So verließ ich im Morgengrauen diesen düsteren Ort an der Küste der Insel Rügen.
Daniela gab alles um mein Interesse zu wecken – und scheiterte.
Drei Tage vergingen. Zu Hause konnte ich in Erfahrung bringen, dass niemand sich negativ in Bezug auf mich oder meiner Beziehung geäußert hatte. Ela und Jenne waren sichtlich überrascht, als ich sie mit den Vorwürfen konfrontierte.
Sie hatten keine Ahnung, warum Marén jene Unwahrheiten in die Welt gesetzt hatte. Es gab nur eine Erklärung. Sie hatte ihre eigene Wut auf alle abgewälzt, um mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Sie selbst hatte sich mit ihrem Umzug nach Berlin und den Streitigkeiten mit Markus ins „Aus“ des Freundeskreises katapultiert. Jetzt sah sie ihre Chance mit allem abzurechnen.
Bei meiner Rückkehr in den Ferienpark stellte ich fest, dass Marén und Daniela abgereist waren. Im Wohnbereich lag ein Zettel von Marén: „Ich hoffe Du hast erreicht, was Du wolltest. Ich wünsche Dir viel Glück. Danke für Deine Freundschaft, die leider einen traurigen Abschluss nimmt. Marén.“
Später entdeckte ich in meinem E-Mail-Account eine weitere Nachricht von Daniela: „Hallo Tilo! Ich muss sagen, dass ich sehr enttäuscht, traurig und wütend bin, weil Du Dich klammheimlich aus dem Staub gemacht hast und uns nicht einmal die Möglichkeit gegeben hast, zu entscheiden, ob wir auch gehen wollen. Du hast es nicht mal geschafft, die Woche gemeinsamen Urlaub, die wir verbringen wollten, voll und ganz durchzuziehen. Wahrscheinlich bist Du sogar froh, uns los zu sein. Eine weniger auf Deinem ewig gefüllten Terminkalender. Was die Zukunft angeht: Ich hoffe Du hast ein schönes Leben! Good bye, Daniela.“
Die beiden hatten mir ganz offensichtlich die Freundschaft gekündigt. Nach so langer Zeit hätte ich mit dieser Reaktion zwar nicht gerechnet, es machte mir aber bewusst, dass meine Freundinnen keinen großen Wert mehr auf mich legten.
Denis hatte mir während dieser schweren Tage zur Seite gestanden und ich war froh, dass er mir Rückenstärkung gab. Allerdings hatten wir auch kleine Krisen zu meistern. Meine Freundschaft zu Patrick baute sich weiter aus und obwohl alles platonisch ablief und ich das auch immer wieder betonte, merkte ich, wie Denis eifersüchtig wurde. Die Folge war: Eine Verabredung mit seinem Ex-Freund. Ich war verzweifelt. War dieser Ex, jener gutaussehende Typ, den Denis ebenfalls über eine Kontaktanzeige kennengelernt hatte und mit dem er noch am ersten Abend intim wurde? Die Beziehung war jedoch nur von kurzer Dauer, da Marcel zu wenig Zeit hatte. Zu Zeiten der Trennung war Denis allerdings noch sehr verliebt und hatte länger unter dem Ende zu leiden.
Sie wollten sich bei ihm zu Hause treffen. Ich erklärte Denis, dass er sich genau überlegen solle, was er mache. Unsere Beziehung stände auf dem Spiel. Im Falle eines Seitensprungs wäre Schluss mit Lustig und auf Kompromisse würde ich mich keinesfalls einlassen.
Während sich Denis mit seinem Ex traf, fühlte ich mich schlecht. Hatte ich dieses Treffen provoziert? Dennoch müsste ich nun ein ebensolches Vertrauen haben, wie es Denis hatte, als ich mich das erste und weitere Male mit Patrick traf. Besonnen ging ich in die Badewanne, genoss ein Glas Wein und ging an diesem Abend früh zu Bett.
Als ich Denis wiedersah, fragte ich interessiert nach dem Wiedersehen mit Marcel und wie er sich dabei gefühlt habe. Ich verheimlichte ihm nicht, wie mies es mir dabei ging, ich aber Vertrauen hatte.
Denis meinte, dass er sich das Treffen hätte schenken können, da ihn nichts mit Marcel verbinde. Anders als mit mir. Eine Wiederholung einer solchen Situation sollte es nicht geben. Im Gegenteil. Wir sprachen das erste Mal darüber, ob wir uns vor unseren Familien und Freunden outen und zusammenziehen sollten.
Ich war unglaublich glücklich. Ich hasste es regelrecht, wenn ich Denis nur zwei bis drei Mal in der Woche sehen konnte.
Immer wenn er mich nachts verlassen musste, machte es mich traurig. Zu groß war die Sehnsucht. Wir wollten keine Zeit verschwenden, wenn das Leben morgen schon vorbei sein könnte. Den Augenblick genießen. Darum ging es.
Sicher würde es neue Probleme geben. Aber die gibt es immer. Sie sind Herausforderungen des Lebens, mit denen man wächst.
In einer Blitzaktion wurde meine Wohnung auf einen zweiten Partner vorbereitet. So sollte es ein neues Schlafzimmer mit einem größeren Kleiderschrank geben. Aus dem Blauen Salon würde ein Arbeitszimmer und aus der Büroecke im Wohnzimmer ein Essbereich werden. Die Umgestaltung dauerte nur knapp eine Woche und alle Weichen für das gemeinsame Zusammenleben wurden gestellt. Bevor wir diesen Schritt endgültig in die Tat umsetzen konnten, mussten wir unsere Familien und Freunde aufklären – die schwerste Prüfung.