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Zwei Stolperfallen 1. Über einen Text – vielleicht sogar einen über Jesus – predigen, ohne das Evangelium zu predigen

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Wenn Sie einen Artikel zu dem Thema „Aus der ganzen Bibel Jesus predigen“ lesen, erwarten Sie wahrscheinlich, dass er ihnen zeigt, wie Sie Christus im Alten Testament finden. Aber es ist möglich, über das Neue Testament zu predigen (sogar Texte aus den Evangelien, in denen Jesus persönlich vorkommt), ohne das Evangelium zu predigen.

Vor ein paar Jahren las ich zwei Predigten von verschiedenen Predigern über die Heilung des besessenen Geraseners in Markus 5. Beide Predigten handelten natürlich von Jesus, denn der Text handelt ja von einer Szene in seinem Leben. Die erste Predigt war nicht schlecht. Sie stellte Jesus als den großen Befreier dar. Dieser vom Teufel geplagte Mann ist nackt und in Ketten. Er ist fern von jeder menschlichen Gemeinschaft und schreit vor Qualen. Da kommt Christus und nimmt diesem Armen seine Ketten ab. Er führt ihn heraus aus seiner Isolierung und macht ihn wieder fähig, unter Menschen zu leben. Er stillt seine Schreie und erfüllt ihn mit Frieden. Jetzt ist der Mann wieder bei klarem Verstand. Die Botschaft dieser Predigt lautete: Was dein Problem auch ist, komm zu Jesus, er macht alles gut. Was deine Krankheit auch ist, er kann sie heilen. Wenn du dich selber nicht ausstehen kannst, zeigt er dir, wie sehr er dich liebt. Wenn du Süchte hast, macht er dich frei. Was alles vollkommen richtig ist (solange wir nicht unseriöse Hoffnungen auf sofortige und mühelose Heilung und Heiligung wecken). Und ganz gewiss würde ich nie über diesen Text predigen wollen, ohne Jesus als Befreier darzustellen.

Aber dann las ich, nicht lange danach, die zweite Predigt. An ihrem Ende stellte der Prediger eine wichtige Frage. Er sagte: Die Nacktheit und die Ketten und die Einsamkeit und das Toben und Schreien dieses Mannes sind ein Bild von uns allen. Wir alle sind Sünder; die Bibel sagt, dass wir Sklaven der Sünde, der Götzen und des Teufels sind. Wir brauchen jemanden, der uns aus dem Reich der Finsternis hinausführt in das Reich des Lichtes. Uns allen ergeht es ähnlich wie diesem Besessenen; bei ihm war es nur besonders extrem und deutlich. Er und wir sind in dieser Lage, weil wir Sünder sind. Und dann kam Jesus und befreite ihn. Und jetzt kommt die Frage des Predigers: Warum konnte Jesus diesem Mann vergeben und ihn heilen?

Die Antwort – so der Prediger weiter – erfahren wir am Ende des irdischen Lebens Jesu. Dort, am Kreuz, ist Jesus selber nackt und gefangen und ausgestoßen aus der Gemeinschaft der Menschen; dort schreit er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das ist die Antwort. Jesus konnte deswegen diesen sündigen, von Dämonen besessenen Mann heilen, weil er den Platz mit ihm tauschte. Jesus ist unser Stellvertreter. Er konnte in das Leben des Besessenen hineinkommen und ihn heilen, weil er für ihn starb und die Strafe bezahlte und selber alles trug, was dieser Mann erlebte. Er wurde nackt, damit wir die Kleider der Gerechtigkeit anziehen können. Er ließ sich in das tiefste Loch der Verzweiflung und Qual werfen, damit wir Gottes Liebe und Vergebung und inneren Frieden bekommen können.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Predigten war gewaltig. Beide handelten von Jesus, aber nur die zweite war eine deutliche Darlegung des Evangeliums. Die erste Predigt konnte den falschen Eindruck erwecken, dass Erlösung bedeutet, dass Gott unsere Wunden heilt, und dass der Weg zu dieser Heilung darin besteht, dass ich Jesus bitte, in mein Leben hineinzukommen und mir das zu geben, was ich brauche. Das Thema „Sünde“ und „Gnade“ wurde nicht deutlich angesprochen. Das Kreuz Christi kam nicht vor und das Evangelium wurde entsprechend wenig deutlich. Ganz anders die zweite Predigt: Sie nahm das Elend des Besessenen zum Anlass, uns die Schmerzen und Qualen Jesu am Kreuz vor Augen zu führen. Eine ganz zentrale Aussage des Markusevangeliums ist, dass Jesus unser Stellvertreter ist. Er gab sein Leben als Lösegeld für uns hin (Markus 10,45).67 Diese zweite Predigt behandelte die Szene mit dem Besessenen im Lichte des großen Erlösungsthemas des ganzen Markusevangeliums.

Der Prediger, der dies tut, kommt wie von selbst zum nächsten Schritt: der Anwendung auf das Leben der Zuhörer. Nur die Erkenntnis, dass Jesus am Kreuz als stellvertretendes Opfer für uns gestorben ist, kann die Macht der Sünde in unserem eigenen Leben brechen. Nur so können wir sehen, wie grundfalsch alle unsere Versuche zur Selbsterlösung sind, und nur so werden diese Versuche unnötig. Und wenn wir aufgehört haben, uns selber erlösen zu wollen, verlieren die Dinge, die uns treiben und hetzen und versklaven, ihre Macht. Der Satan verliert seine Macht über uns.

Ja, es ist möglich, das Neue Testament zu predigen, ohne wirklich Christus und seine Erlösung zu predigen. Sie denken, dass das Problem darin besteht, wie ich von einem der Psalmen oder aus dem 2. Buch der Könige zu Jesus komme? Das Problem ist viel größer. Christus predigen heißt das Evangelium predigen, und das Evangelium predigen heißt, Christus und seine Gnade und sein Erlösungswerk predigen, und das können wir in jedem Buch der Bibel versäumen.

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