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Gewinnen um jeden Preis
ОглавлениеDonald Trump hatte schon zu Zeiten als New Yorker Geschäftsmann einen zwielichtigen Ruf. Es ist ein offenes Geheimnis in der Immobilienbranche der größten Stadt Amerikas, dass der günstigste Beton von der Mafia geliefert wird. Trotzdem ist dem »Concrete Club« naturgemäß daran gelegen, möglichst diskret zu agieren. Ganz anders Trump. Der junge Unternehmer rühmt sich schon 1983 bei der Eröffnung des Trump Tower auf der 5th Avenue, ungleich billiger zu bauen als die Konkurrenz. Es bleibt genug Geld über, um den eigenen Namen in Gold am Gebäude anbringen zu lassen – ein Gebäude, das laut Trump 68 Stockwerke hat. Schon bald fliegt der Schwindel auf: Der Besitzer hat 10 Etagen hinzugedichtet. Er sieht darin keinerlei Problem, schließlich wolle in New York, wo Status alles ist, jeder möglichst hoch hinaus. Der Erfolg gibt ihm Recht, schnell übersteigt die Zahl der Mietanfragen die der Wohnungen im Turm. Trump wird diese Skrupellosigkeit beibehalten und über dreißig Jahre später in die Politik mitnehmen.
Inzwischen gibt er sich keine Mühe mehr, seine Absichten zu verhehlen, im Gegenteil. An einem kühlen Januartag 2017 hält der neue Präsident der USA seine Antrittsrede. Nach nicht einmal zehn Minuten – Trump ist bereits heiser – fällt der entscheidende Satz: »From this day forward, it’s going to be only America first. America first.« »Ab dem heutigen Tag gilt nur noch eines: Amerika zuerst. Amerika zuerst.«
Mit diesem schlichten Satz spricht Trump vielen seiner Landsleute aus der Seele. Mindestens so vielen ist diese Einstellung zutiefst suspekt. Nicht alle würden es wohl so direkt ausdrücken wie einer von Trumps Vorgängern im Amt, der ebenfalls im Publikum sitzt. George W. Bush bezeichnet die Rede des frisch Vereidigten später in texanischer Direktheit als weird shit, merkwürdigen Scheiß. Doch ist die Welt seit Bushs Zeiten eine andere geworden. Bush 43, ein Erzkonservativer mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein, hatte in Zentraleuropa wahrlich keinen guten Ruf: Zuerst der nicht zuletzt durch eine Lüge vor den Vereinten Nationen gerechtfertigte Krieg gegen den Irak. Dann die Arroganz gegenüber »old Europe«, das nicht mitziehen wollte. »Das alte Europa« wird 2003 Deutschlands Wort des Jahres, Zeichen dafür, dass die amerikanische Hybris hierzulande allergische Reaktionen hervorruft. Vielen erscheint allerdings bald zwei Jahrzehnte später eine Allergie im Vergleich zur handfesten Verkühlung, die derzeit die transatlantischen Beziehungen im Griff hat, vergleichsweise erträglich. Man wünscht sich angesichts Nr. 45 die alten Haudegen vom Schlage Bushs, John McCains und Madeleine Albrights zurück. Es wird beim Wunsch bleiben.