Читать книгу Die Chronik des Dunklen Reiches -Band 1- - Tom Bleiring - Страница 6

****************

Оглавление

Racorum folgte diesem neuen, seltsamen Marius, doch er fragte sich, was diese Veränderung an seinem Begleiter wohl hervorgerufen haben mochte.

Eben, so ging es ihm durch den Sinn, ist er noch ein unbeholfener Jüngling, der von kaum etwas eine Ahnung hat. Und dann kommt dieses Inferno, diese Katastrophe über uns, und er verändert sich von einer Minute zur anderen. Und zwar nicht nur äußerlich, sondern vom gesamten Wesen her.

Es scheint fast so, als wäre er von einer höheren Macht berührt worden, doch im selben Moment schalt sich Racorum für diesen Gedanken selber einen Narren.

Er glaubte an die Götter, gewiss, und er wusste um die Macht der Magie, denn diese hatte er selbst schon Hundertfach beschworen, doch er zweifelte daran, dass ein Bauernjunge Teil eines höheren Planes sein sollte.

Eine halbe Tagesreise hinter ihnen lag Ypoor, diese einstmals herrliche Stadt, in Trümmern und wurde gerade von den Heerscharen des Westens besetzt, aber der Junge war ernsthaft der Meinung, dass diese Tatsache sie gar nicht betreffen würde, zumindest derzeit.

Der alternde Zauberer musste ihm zugutehalten, dass er nichts über den Westen und die Schrecken, die dort lebten, wissen konnte.

Zugegeben, Marius hatte das Banner erkannt, doch dies konnte ein Zufall sein.

Wo hätte er es aber jemals zuvor sehen können?

Selbst die mächtigsten Magier des Ost-Kontinents sprachen nur hinter vorgehaltener Hand vom Westen und jenem, der dort hauste.

Selbst Racorum hatte erst lange nach Beendigung seiner akademischen Ausbildung davon gehört, als er nämlich in der Hierarchie seines Ordens aufzusteigen begann.

Gut, es war ein kurzer Aufstieg, dem ein umso längerer Fall gefolgt war, aber er war eingeweiht worden.

Der Kontinent im Westen war eine vom Bösen regierte Landmasse.

Dort verbargen sich in jedem Schatten, in jedem Gebüsch und hinter jeder Ecke tausend unaussprechliche Gefahren, denn alle Länder des Westens waren vergiftet vom üblen Einfluss des Einen, der dort herrschte.

Der Eine , ein Hexenmeister und Fürst, wie ihn nur die Legende hätte darstellen können, war einst ein Teil des göttlichen Weltbildes gewesen, ein geschätzter und guter Diener jener Mächte, die die Welt im Gleichgewicht hielten.

Doch eines Tages geriet er unter den Einfluss des Bösen und wandte sich ab vom ewigen Licht, dem Guten und den Göttern.

Er verbarg sich in den Abgründen der Welt, studierte dort die schwarzen Künste und gewann so an Macht.

Dann fiel er mit den Armeen der Finsternis über die Welt her, zerstörte das Gleichgewicht von Gut und Böse und trennte die Welt der Sterblichen auf ewig von der der Götter.

Ein dunkles Zeitalter brach über die Wesen, die zu jener Zeit die Welt bevölkerten, herein.

Jene Völker, die ihren Ursprung in der astralen Kraft hatten, also die Elfen und Zwerge und Feenwesen, zogen sich in ihre Refugien zurück, um dem Kampf zu entkommen.

Eingeweihte sprachen in dieser Hinsicht vom sogenannten langen Schlaf, doch Racorum hatte sich oft gefragt, ob sie nicht einfach Opfer des alles vernichtenden Krieges geworden waren.

Ihrer Spuren konnte man heute noch finden, selbst in den entlegensten Winkeln der Welt, doch von den Erbauern jener gewaltigen Bergfestungen, den Bewohnern jener von Magie durchdrungenen Wälder hatte man seit jenen dunklen Tagen nichts mehr gesehen.

Zumindest gelang es dem Hexer nicht, wie er es eigentlich geplant hatte, die Welt der Sterblichen zu verderben, um sie für die Horden der Finsternis bewohnbar zu machen.

Die Götter, die sich einige wenige Verbindungen in die Welt hatten erhalten können, entsandten ein letztes Aufgebot aus den tapfersten Kriegern aller Völker, welches sich dem Einen entgegen stellen sollte.

Sie taten es ohne Furcht und errangen, nach einer harten und blutigen Schlacht, den Sieg.

Der Hexer wurde niedergeworfen, doch die mildtätigen Götter schonten sein Leben und verbannten ihn in den Westen, in jene Länder also, die er zuerst verdorben hatte.

Sie nahmen ihm einen Großteil seiner Macht, schlossen diese in einen Kristall ein und gaben sie den Sterblichen zur Verwahrung.

Doch die Kraft des Bösen, die jenem Teil des Hexers innewohnte, der sich in dem Kristall befand, sprengte diesen in fünf Splitter.

Diese wurden von den Kriegern des letzten Aufgebotes gefunden, die daraufhin die Splitter an geheimen Orten verbargen, um eine Rückkehr des Hexers auf immer zu verhindern.

Sie selbst wurden dafür zu Wächtern über das Gleichgewicht bestimmt, einem Orden aus Kriegern, der die Waagschale in Balance halten sollte.

Wie viel Wahrheit in diesem Teil der Legende steckte, wollte Racorum nicht bewerten, doch er hatte einige der übelsten Orte des Ost-Kontinents zu Gesicht bekommen und zweifelte im Grunde seines Herzes an der Existenz eines solchen Ordens gerechter Kämpfer.

Die Legende endete damit, dass die Götter den letzten Landweg zwischen West und Ost in eine todbringende Eiswüste verwandelten, die kein lebendes Wesen durchqueren konnte.

In ihrem Zentrum sollte sogar Magie ihre Wirkung verlieren, behauptete die Sage.

Aber woher sollte dieser Bauernjunge, dem er so blindlings gefolgt war, von alldem etwas wissen?

Racorum hörte seinen Magen knurren.

Schlecht gelaunt erinnerte er sich daran, dass er Marius auf den Umstand, dass sie keine Mäntel, kein Geld und keinen Proviant mit sich trugen, angesprochen hatte, doch dieser hatte nur vielsagend auf das Trümmerfeld gedeutet und ihn gefragt, ob er nach solch einem Feuersturm erwarten würde, hier noch etwas Brauchbares zu finden.

Sicher, der Junge hatte Recht, aber das machte die Situation nicht erträglicher.

Racorum war Zeit seiner Wanderschaft durch die Länder des Ostens daran gewöhnt, gut zu speisen und in weichen Betten zu nächtigen.

Jetzt zog er im Gefolge eines scheinbar verwirrten jungen Mannes durch die Lande, mit nicht mehr bei sich als den Kleidern, die er am Leibe trug.

Und ein weiches Bett schien ihn auch nicht so bald zu erwarten, von angenehmer weiblicher Gesellschaft ganz zu schweigen.

Natürlich stand ihm das weite Feld der Zauberei offen, um seine Situation etwas zu verbessern, doch um mittels Magie auch nur ein halbwegs vernünftiges Stück Brot zu beschwören, musste man gut zwei Stunden intensiv meditieren, um genug astrale Kraft dafür sammeln zu können.

Und Marius wollte nichts von Rast hören; ein inneres Feuer, ein unbändiger Drang schien ihn vorwärts zu treiben.

>>Er kommt doch vom Lande, also muss er doch was Essbares hier finden können, << knurrte Racorum missmutig.

Er war sich sicher gewesen, leise genug gesprochen zu haben, aber dennoch hielt Marius plötzlich an und wandte sich ihm zu.

>>Wie lautet die Formel, mit der ihr Brot herbeizaubern würdet? , << erkundigte er sich freundlich.

Racorum, der eine umständliche Erklärung für sinnlos hielt, nannte ihm die Formel, fügte aber hinzu:

>>Um diesen Zauber wirken zu können, müsste ich erst meditieren, um genug Kraft dafür zu haben.

Mein Magen ist aber leer und meine Stimmung miserabel, also wird das sobald nichts werden. <<

Marius lächelte, griff nach einem Stein am Wegesrand und verbarg ihn zwischen seinen Händen.

>>Ihr sollt ja auch nicht zaubern, mein Freund, << erwiderte er und öffnete die Hände.

Augenblicklich drang der süße Duft frisch gebackenen Brotes an Racorum’s Nase, woraufhin sich sein Magen schmerzhaft verkrampfte und laut rumorte.

>>Was ist das für ein Blendwerk, << zischte er überrascht, >>was für eine Illusion?

Du sagtest mir doch, du hättest keinen Schimmer von Magie!

Wie hast du das also gerade gemacht? <<

Er riss seinem Gefährten das warme, wenn auch recht kleine Brot aus den Händen und betastete, beschnupperte es genau.

Doch was immer er auch damit anstellte, es blieb doch einfach nur Brot.

Vorsichtig biss er ein Stück davon ab und stöhnte vor lauter Glückseligkeit.

Dann jedoch beäugte er Marius misstrauisch und fragte:

>>Das verwandelt sich zurück in einen Stein, wenn ich es aufgegessen habe, nicht wahr?

Du treibst einen bösen Scherz mit mir! <<

Marius jedoch schüttelte den Kopf.

>>Es ist und bleibt Brot, wie ihr es euch gewünscht habt, mein Freund, << antwortete er.

Racorum brach ein Stück davon ab und hielt es Marius hin.

>>Erzähl mir, was mit dir geschehen ist, << sagte er und setzte sich an den Wegesrand.

>>Wir haben noch einen langen Weg vor uns, << erwiderte der Junge, nahm jedoch das Brot und aß davon.

>>Das mag sein, << sagte Racorum, >>aber ich will verstehen was hier vor sich geht.

Was genau ist mit dir passiert, als dieses Inferno Ypoor ausgelöscht hat?

Du hast dich verändert, und zwar auf eine Art und Weise, die mir unheimlich ist.

Dein Blick ist härter und kälter geworden, du scheinst deine kindlichen Züge mit einem Schlag verloren zu haben.

Dein Gebaren ist sehr viel erwachsener geworden, und deine Worte gleichen denen eines Sehers.

Verfügst du über das zweite Gesicht? Was hast du gesehen und erlebt, als die Flammen uns erreichten, uns aber nicht verzehrt haben? <<

Marius seufzte, dann schilderte er dem Zauberer in kurzen Worten seine Erlebnisse in Ypoor und verschwieg ihm auch nicht die Begegnung mit dem Tod.

Racorum hörte aufmerksam zu, unterbrach ihn nicht und nahm jedes Wort in sich auf.

Als Marius seinen Bericht beendet hatte, kratzte sich Racorum nachdenklich am Kinn.

>>Das ist mehr als nur seltsam, << sagte er, >>geradezu außergewöhnlich.

Die Götter scheinen dich zu lieben, aber vielleicht hassen sie dich auch, wer weiß?

Die Gabe, die sie dir haben zukommen lassen, würden manche eher als Fluch bezeichnen.

Mir ist schon viel Seltsames auf meinen Reisen begegnet, aber ich habe nie zu träumen gewagt, dass ich irgendwann einmal Teil einer solchen Geschichte werden würde.

Ich glaube dir, Junge, auch wenn es mir schwer fällt.

Ich habe viele Jahre harten Studiums über mich ergehen lassen müssen, um hinter die Geheimnisse der Magie zu kommen, wobei ich nicht behaupte, sie vollständig ergründet zu haben.

Dass du, ein halbes Kind noch, solche Kräfte erhalten haben sollst, macht mich doch etwas neidisch, aber du hast es dir nicht ausgesucht.

Ich werde dich weiter begleiten, denn ich kann mir denken, dass du trotz allem einen guten Freund an deiner Seite gebrauchen kannst, zumindest bis zu dem Moment, an dem sich dir dein Schicksal offenbaren wird. <<

>>Ich hatte gehofft, dass ihr so handeln werdet, << antwortete Marius dankbar.

>>Auch wenn ich sonderbare und unheimliche Fähigkeiten erhalten habe, brauche ich dennoch einen Begleiter in dieser rauen und gefahrvollen Welt.

Und ich habe ja erst begonnen, meine Kräfte zu entdecken.

Von daher wäre es mir recht, wenn ich euch bei mir wüsste, als Freund und Ratgeber. <<

Racorum erhob sich, klopfte den Straßenstaub von seinen Kleidern und hielt Marius die Hand hin.

>>Den sollst du in mir finden, mein Junge, bis zum Tage meines Todes, << erwiderte der Zauberer in feierlichem Tonfall.

Marius schlug in die ihm angebotene Hand ein, dann setzten er und der Zauberer ihren Weg nach Osten fort.

Die Chronik des Dunklen Reiches -Band 1-

Подняться наверх