Читать книгу Diesel - Tom Dekker - Страница 11
VII
ОглавлениеCollin Rand ging nachdenklich in dem mondän eingerichteten, aber für seinen Geschmack viel zu kleinen Arbeitszimmer, das er nach seiner Wiedereinsetzung als Oberster Richter der City im Gouverneurspalast bezogen hatte, auf und ab. Nicht zum ersten Mal wanderten seine Gedanken eifersüchtig zu den prunkvollen Räumen, in denen Patty Song residierte. Neben dem riesigen Büro, von dem aus der Gouverneur einen großartigen Blick auf den Ratsplatz und die umliegenden Straßen genoss, gehörten ein Vorzimmer, ein prunkvoller Empfangsraum, von dem aus der Balkon abging, und ein Ankleide- sowie Schlafzimmer dazu. Nicht, dass Collin Rand jemals die Absicht gehegt hätte, hier zu übernachten. Im Vergleich zu seinen Villen und Sommerhäusern waren die Räumlichkeiten im Gouverneurspalast eher bescheiden ausgestattet, aber es wurmte ihn dennoch, dass es jemanden gab, dem mehr zugesprochen wurde als ihm.
Ein selbstbewusstes Klopfen an der Tür ließ den Obersten Richter auffahren. Das musste Bartholomeo sein. Niemand sonst wagte es, in diesem fordernden Tonfall an seine Tür zu klopfen.
Ohne auf eine Antwort zu warten, trat Collin Rands Leibwächter, Privatsekretär und erster Ratgeber in das Arbeitszimmer ein und deutete eine sehr knappe Verbeugung an, die Collin Rand über alle Maßen ärgerte. Wäre er nicht so dringlich auf Bartholomeos ergebene Dienste angewiesen, er würde diesem kecken Burschen schon klarmachen, wie er sich seinem Dienstherrn gegenüber angemessen zu verhalten hätte.
Ungnädig blickte Rand seinem Sekretär entgegen. „Ein Gordon Fletcher wünscht Euch zu sprechen, euer Ehren.“, verkündete der breitschultrige Bursche mit dem kantigen Gesicht ungerührt.
Rand wedelte unwirsch mit der Hand. „Kenne ich nicht. Hat er einen Termin?“
Bartholomeo räusperte sich vorlaut. „Nein, das hat er nicht.“
„Dann schick ihn wieder fort!“, beschied der Oberste Richter und drehte seinem Leibwächter demonstrativ den Rücken zu.
Der bewegte sich aber nicht von der Stelle. „Wenn ich Euer Ehren einen Rat geben dürfte – der Bursche könnte sich noch als nützlich erweisen.“
Collin Rand machte auf dem Absatz kehrt und zog die linke Augenbraue gefährlich scharf nach oben. Wenn er eines gar nicht ausstehen konnte, waren es Situationen, in denen seine Anweisungen nicht sofort umgesetzt wurden. Andererseits geschah das bei Bartholomeo nicht allzu oft, und wenn er sich bisher so vorlaut aus der Deckung gewagt hatte, dann meist mit gutem Grund.
Einen Moment standen sie Auge in Auge da und taxierten einander. Rand wusste, dass Bartholomeo ihn nicht wirklich brauchte. Wenn er ihn eines Tages aus seinen Diensten entlassen würde, hätte er im Handumdrehen eine neue Anstellung gefunden. Für ihn selbst sah es da schon schwieriger aus. Es war nahezu unmöglich, einen so umfassend kompetenten Mitarbeiter zu finden, auf dessen Verschwiegenheit er blind vertrauen konnte und der außerdem ein Hühnchen zubereiten konnte, wie kein anderer. Es wurmte Collin Rand, dass Bartholomeo das wusste und es ihn bei jeder Gelegenheit spüren ließ, aber jetzt war nicht der Zeitpunkt für kleinliche Auseinandersetzungen. Er würde Bartholomeos Dienste bald wieder über Gebühr beanspruchen.
Gnädig nickte er seinem Ratgeber zu. „Dann schick ihn herein!“, seufzte er.
Mit einem strahlenden Lächeln öffnete Bartholomeo die Tür. „Hereinspaziert!“, rief er für Collin Rands Geschmack eine Spur zu gut gelaunt, aber auch diese Albernheiten kannte er von seinem Leibwächter bereits zur Genüge.
Ein gutgekleideter junger Mann trat ein und verbeugte sich galant. Der Oberste Richter kniff die Augen zusammen und unterzog den Gentleman einer genaueren Überprüfung. Der samtblaue Zylinder, den er bei der Verbeugung vom Kopf genommen hatte und nun vor die Brust hielt, war von erlesener Qualität, Jackett und Hose in erlesener schwarzblauer Tönung aus einem der teuersten Läden der Stadt. Aus dem durchaus attraktiven, frisch rasierten Gesicht unter einem nach der Mode der Zeit mit Pomade gefestigten Scheitel stachen eisblaue Augen hervor, die tatendurstig die Welt beobachteten. Collin Rand kam zu dem Schluss, dass ihm der junge Mann gefiel. Die Tatsache, dass er so mir nichts, dir nichts in sein Büro hereingeschneit kam, deutete darauf hin, dass er nicht davor zurückscheute, gewisse Risiken einzugehen. Und seine exklusive Kleiderwahl deutete auf einen Lebenswandel hin, für dessen Finanzierung der junge Mann einem wohlhabenden Gönner, der sich nicht zu knausrig zeigte, aus der Hand fressen würde. Wenn es hart auf hart käme, wäre er vermutlich schnell über alle Berge, aber bis dahin hätte der Oberste Richter sicher Verwendung für diesen eitlen Gecken.
Auch Gordon Fletcher taxierte den Mann, über den er in den letzten Stunden eifrig Informationen gesammelt hatte, aufmerksam. Es war erstaunlich gewesen, wie viel man über Collin Rand in so kurzer Zeit herausfinden konnte. Der Mann war ein lebende Legende, auch wenn die meisten der Geschichten, die sich um ihn rankten, nicht gerade für ihn sprachen. Gerissen, skrupellos, über dem Gesetz stehend, machtgierig und herrisch waren nur einige Attribute, mit denen er von den Bewohnern der Stadt, mit denen Fletcher ins Gespräch gekommen war, betitelt wurde. Und das waren noch die eher schmeichelhaften Ausdrücke, mit denen Collin Rand auf den Straßen der City bedacht wurde.
Als erstes fiel Gordon Fletcher Rands Körpergröße auf. Er selbst war nicht von kleinem Wuchs, dennoch überragte Rand ihn noch um mehrere Fingerbreiten. Die schwarzen, schütteren Haare waren zu einem ordentlichen Scheitel gelegt, die seinem Amt entsprechend ganz in tiefem Schwarz gehaltene Kleidung konnte in Eleganz und Preis durchaus mit der seinen konkurrieren. Eine schmale Nase, die dem Schnabel eines Greifvogels nicht unähnlich war, dominierte das Gesicht, dessen rechte Wange von einer dünnen Narbe geteilt wurde. Fletcher fragte sich, ob diese von einem Fechtduell herrührte. Der Blick der stechend grünen Augen des Obersten Richters der Stadt wurde Fletcher unangenehm. Außerdem begann sein Rücken zu schmerzen. Unaufgefordert löste er die Verbeugung langsam auf, behielt den Hut aber in der Hand und schaute sich unauffällig in dem kleinen, teuer aber schlicht möblierten Büro um. Ein Arbeitstisch, der von Papieren übersät war und ein großer Ledersessel, der so positioniert war, dass man von ihm aus sowohl das große Fenster als auch die Tür im Auge behalten konnte, bildeten das Herzstück dieses Raumes. Zu Fletchers Rechter war die Wand mit Regalen, die größtenteils juristische Fachliteratur enthielten, bestückt, linker Hand stand ein kleiner Teetisch mit drei flachen Sesseln.
Auf dem Gesicht des Obersten Richters zeigte sich ein schmallippiges Lächeln, als er seinen jungen Gast zu diesem Tischchen hinüberwinkte und ihm bedeutete, auf dem Stuhl, dessen Lehne zur Tür zeigte, Platz zu nehmen. Rand setzte sich ihm gegenüber, so dass er weiterhin Tür und Fenster im Blick hatte, während Gordon Fletcher nur seinen Gastgeber und die Holztäfelung der Wand betrachten konnte, ohne unhöflich zu sein. Fletcher lächelte in sich hinein. Collin Rand war ein Kenner seines Fachs. Bei ihm war er genau an der richtigen Adresse gelandet. Wenn er es geschickt anstellte, konnte dieser Mann sein Ticket zu Erfolg und Reichtum in dieser Stadt werden.
„Was kann ich für Euch tun?“, fragte Rand mit gespielter Neugier.
„Mein Name ist Gordon Fletcher.“, stellte sich der junge Mann zunächst vor. „Ich bin neu in der Stadt und bitte um eine Anstellung bei Euch.“
Diese Unverblümtheit entlockte Collin Rand ein ehrliches Lachen. Der junge Mann gefiel ihm immer besser. Dennoch beschloss er, ihn noch etwas zappeln zu lassen.
„Eine Anstellung? Bei mir?“ Nachdenklich blickte er zu den Stuckmustern an der Decke auf. „Könnt Ihr kochen?“, fragte er dann wie aus dem Nichts.
Fletcher stutzte einen Augenblick. „Kochen?“, fragte er dann belustigt. „Im Notfall kann ich mir eine heiße Suppe zurechtbrühen. Ich ziehe es aber vor, andere für mich die Gaumenfreuden zubereiten zu lassen. Und das sollten Euer Ehren ebenfalls tun.“
Es kostete Rand viel Selbstbeherrschung zu verhindern, dass sein Mundwinkel belustigt nach oben huschte. „Wie ein Leibwächter seid Ihr auch nicht gerade gebaut.“, stellte er kühl fest.
Gordon Fletcher schaute an sich hinab. Bisher hatte er sich immer als eher athletischen Vertreter seines Geschlechts betrachtet. „Ihr lasst Euch doch nicht so leicht von der Schale ins Bockshorn jagen?“, parierte er den Angriff galant. Seine anfängliche Nervosität war schnell gewichen und langsam begann er, Gefallen an diesem Austausch zu finden.
„In welcher Funktion könnte ich Euch sonst anstellen?“, fragte Collin Rand nun frei heraus.
„Als Berater, Meinungsmacher, Informationsbeschaffer, Gerüchtestreuer und Mann fürs Feine.“, antwortete Gordon Fletcher mit einem feinen, selbstbewussten Lächeln.
„Mann fürs Feine?“, hakte Rand mit gerunzelter Stirn nach.
„Einen Mann fürs Grobe scheint Ihr schon zu haben.“, erklärte Fletcher mit einem Wink Richtung Tür, vor der sich mit Sicherheit Bartholomeo postiert hatte.
„Sehr richtig.“, stellte Collin Rand kühl fest. „Und wie lauten Eure Referenzen?“, bohrte er weiter.
Gordon Fletcher strich sich galant über das Kinn. „Ich habe in mehreren Städten Erfahrung in kommunaler Verwaltung gesammelt, einem russischen Adligen als Geheimattaché gedient, für zwei Zeitungen und eine Postagentur gearbeitet und kenne mich bestens aus mit den Gepflogenheiten der Reichen und Schönen ebenso wie der Armen und weniger Gutaussehenden.“, kokettierte er.
Der Oberste Richter konnte ein Schmunzeln nicht mehr unterdrücken. Was für ein Pfundskerl hatte sich da in sein Arbeitszimmer verirrt? Und genau zur richtigen Zeit.
„Und was war Eure letzte Station, wenn ich fragen darf?“ So leicht wollte er es dem jungen Haudegen nun doch nicht machen.
„Der Luftschiffhafen, Euer Ehren.“, antwortete Gordon Fletcher mit einem breiten Lächeln. „Von dort habe ich den direkten Weg in Eure Diensträume genommen, um Euch meine Aufwartung zu machen.“
Collin Rand zweifelte nicht daran, dass diese Angabe gelogen war. Er war sich außerdem bewusst, dass Fletcher seine Frage nicht beantwortet hatte. Und genau diese Unverfrorenheit imponierte ihm. „Nun gut. Ihr seid engagiert. Den Papierkram wird Bartholomeo mit Euch bearbeiten. Wann könnt Ihr beginnen?“ Er stand auf und streckte seinem Gegenüber die Hand entgegen.
Fletcher sprang ebenfalls auf und ergriff die ihm dargebotene Rechte. „Sofort, Euer Ehren!“, platzte er wie aus der Pistole geschossen heraus.
Es klopfte an der Tür und Bartholomeo steckte den Kopf herein. „Der Gouverneur wünscht Euch zu sprechen.“, verkündete er und warf den beiden Männern einen neugierigen Blick zu.
„Sehr gut.“, erklärte Collin Rand sichtlich gut gelaunt. „Dann wollen wir ihn nicht warten lassen.“ Er löste den Griff der Hand und ging um den Tisch herum auf die Tür zu. „Und ihr beide kommt mit.“, kommandierte er.
Mit einem breiten Grinsen nickte Bartholomeo Gordon Fletcher zu. Dann drehte er sich um und folgte seinem Herren. Fletcher konnte gerade noch die linke Hand hochreißen, um zu verhindern, dass ihm die zuschlagende schwere Tür die Schulter rammte.
„Mein lieber Song.“, begrüßte Rand den Gouverneur überschwänglich, als er mit wehenden Röcken in dessen Amtsräume stürmte. Patty Song stand mit dem Rücken zur Tür an einem der großen Fenster, von denen aus man einen guten Blick auf das Treiben der Leute vor dem Gouverneurspalast hatte.
„Ihr kommt spät, Collin.“, brummte er missmutig, schob den Vorhang zurück und drehte sich seinem Gast entgegen.
Hinter Rand waren inzwischen auch Bartholomeo und Gordon Fletcher in den Audienzsaal getreten. Der junge Mann schaute sich interessiert um. Die Wände des Raums waren mit einer intarsienverzierten Edelholztäfelung geschmückt, davor standen kunstvoll gedrechselte Bänke und fein ziselierte Kohlebecken. In einigen von ihnen lag dem kühlen Spätherbstwetter angemessen bereits Glut, von der eine angenehme Wärme zur hohen, mit Jagdszenen bemalten Decke aufstieg. An der rechten Stirnseite stand ein prunkvoller Lehnstuhl, auf dem der Gouverneur offensichtlich bei öffentlichen Anlässen und Empfängen residierte. Heute aber bedeutete er seinen Gästen, an einem kleinen Tisch, um den herum einige Sessel gruppiert waren, Platz zu nehmen. Bartholomeo bedachte er nur mit einem flüchtigen Blick, umso irritierter schaute er zu dem unbekannten jungen Mann im Gefolge des Obersten Richters.
Als Collin Rand die fragenden Blicke des Gouverneurs bemerkte, beeilte er sich um eine Vorstellung. „Gouverneur, das ist Gordon Fletcher, ein sehr talentierter junger Mann, der mich in Zukunft bei Rechercheaufgaben unterstützen wird.“ Er bedachte Fletcher mit einem knappen Nicken. „Fletcher, unser Gouverneur, Patty Song.“, stellte er daraufhin mit einem liebenswürdigen Lächeln den korpulenten Mann vor, der wie Fletcher mit Kennerblick bemerkte, ein blondes Toupet und unter seinem edlen Nadelstreifenanzug eine den modischen Geschmack treffende dunkelblau karierte Weste trug.
„Ah, sehr recht. Wir müssen den jungen Leuten Chancen bieten, so dass sie sich beweisen und dereinst in unsere Fußstapfen treten können, was, Rand?“, versucht Song es mit jovialem Geplänkel, konnte aber seine Anspannung nicht verbergen.
„In der Tat.“, beschied Collin Rand knapp. „Ihr habt uns aus einer wichtigen Besprechung gerufen.“, log er, ohne rot zu werden. Soweit Fletcher das einschätzen konnte, war zwischen ihnen alles gesagt worden und Rand hatte nicht den Eindruck gemacht, überaus geschäftig zu sein.
„Das Volk ist unruhig, Rand. Der Diesel wird knapper.“, keuchte Song. Winzige Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
„Ach, das Volk ist immer unruhig.“, wiegelte Rand ungeduldig ab.
Gordon Fletcher erhob sich leise und trat vorsichtig an einen der Vorhänge heran. Auf dem Platz hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt, die verhalten, aber ausdauernd, Parolen skandierte.
Rand, dem Fletchers Bewegung nicht entgangen war, deutete ein Schulterzucken an. „Das da unten sind doch nur die üblichen Unzufriedenen, die bei jeder Gelegenheit einen politischen Putsch ausrufen. Um die würde ich mir keine großen Gedanken machen. Und im Übrigen – wer aus diesem Pöbel fährt schon eine Dieselkutsche? Die eigentlichen Leidtragenden der Dieselkrise sind doch die wohlbetuchten Bürger, die sich ein solches Gefährt überhaupt leisten können.“
„Wenn es so einfach wäre.“, widersprach Song und wand sich sichtlich auf seinem Sessel. „Die Versorgung großer Teile der City wird inzwischen mit dieselgetriebenen Transporten organisiert. Werden diese schwieriger, steigen die Preise.“
„Oder es kommt zu Lieferengpässen.“, mischte sich Gordon Fletcher ungefragt in die Diskussion ein.
Bartolomoe warf ihm einen warnenden Blick zu, doch Collin Rand betrachtete seinen neuen Schützling eher neugierig als verärgert.
„Nun, dann sollten wir dem Volk wieder einmal ein Spektakel bieten. Der Pöbel liebt das Schauspiel. Und wenn sie etwas haben, worüber sie sich die Mäuler zerreißen können, werden ihnen ein paar fehlende Radieschen im Salat gar nicht mehr auffallen.“, lachte er hämisch.
Patty Song klopfte sich mit der Rechten begeistert auf den fetten Oberschenkel. „Das ist eine gute Idee. Bald findet ja das Speedwayrennen statt. Das wird sie auf andere Gedanken bringen.“
„Das dauert zu lange.“, stellte Gordon Fletcher klar. „Die Stimmung dort unten ist noch nicht sehr angespannt, könnte sich bei schlechter Versorgungslage aber schnell anheizen. Die Leute stört nichts so sehr wie ein knurrender Magen.“
„Ganz recht, Fletcher, ganz recht!“, stimmte ihm Rand zu Bartholomeos großer Überraschung zu. „Und deshalb schlage ich vor, dass wir noch heute unseren geehrten Gouverneur zum Lord erklären. Paragraph 153 unseres Civilcodex sieht diese Möglichkeit für Personen, die sich außerordentlich um das Wohl der City verdient gemacht haben, ausdrücklich vor. Und auf wen würde so etwas besser passen als auf einen Gouverneur.“ Schelmisch lächelte er in die Runde.
„Ich halte das für eine ausgezeichnete Idee.“, erklärte Gordon Fletcher. „Das sollte die Leute ein paar Tage lang bei Laune halten. Was hätten sie alles zu tuscheln und zu tratschen.“ Ein begeisterter Glanz trat in seine Augen.
Patty Song strich sich selbstvergessen über den fetten Bauch. „Lord, sagt ihr? Das wäre wahrlich zu viel der Ehre.“, kokettierte er.
„Ach was!“, spielte Collin Rand den Entrüsteten. „Ich bitte Euch, Song! Wenn es jemand verdient hat, dann Ihr.“
Song wog einen Moment lang den Kopf, dann ging er endlich auf den Vorschlag ein. „Nun, wenn es Euer sehnlichster Wunsch ist, will ich mich natürlich nicht querstellen.“ Selbst Fletcher, der den Mann kaum kannte, konnte sehen, wie selbstzufrieden der Gouverneur bei der Aussicht auf diesen neuen Titel war.
„Dann bereiten wir alles für die Ausrufung vor. Sie sollte am frühen Abend stattfinden.“, entschied Collin Rand und blickte in die Runde. „Meine Herren. Wir haben einiges an Arbeit zu erledigen.“
Bei diesen Worten sprang er auf, Bartholomeo folgte seinem Beispiel umgehend und Gordon Fletcher trat diensteifrig vom Fenster weg. „Herr Gouverneur, wir empfehlen uns.“
Rand nickte Patty Song, der selig lächelnd in seinem Sessel verharrte und zur Decke starrte, knapp zu und eilte dann zur Tür hinaus auf den breiten Flur. „Bartholomeo, du bereitest den Palast vor, so dass er dem Ereignis gebührend erstrahlt. Fletcher, du bringst die Nachricht unters Volk und bist mir dafür verantwortlich, dass eine dem Anlass entsprechende Masse an einfachem Volk pünktlich zur Ausrufung unter dem Balkon des Gouverneurspalastes erscheint!“
„Sehr wohl.“, antworteten die beiden Untergebenen wie aus einem Munde.
Rand verschwand eiligen Schrittes in seinem Arbeitszimmer.
„Song hat sich ja wie ein kleines Kind gefreut.“, bemerkte Gordon Fletcher schmunzelnd.
„Wenn das mal nicht etwas verfrüht ist.“, raunte ihm Bartholomeo zu.
Fletcher warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Rand arbeitet daran, selbst Gouverneur zu werden. Und früher oder später wird er das erreichen. Wenn er es bis dahin geschafft hat, dass in der Bevölkerung die Verknüpfung des Amtes mit dem Titel eines Lords allgemein anerkannt ist, hat er heute zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“ Lächelnd zwinkerte er Fletcher zu, dann machte er sich daran, seinen Aufgaben nachzukommen und ließ den jungen Mann mit seinen Gedanken allein in dem kalten, zugigen Flur zurück.