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Wie ich einem schönen Inder hörig wurde!

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Anfang der 1960er-Jahre war ich am Züricher Schauspielhaus engagiert. Es war ein eisiger Winter. Der Zürichsee zugefroren, die Vorstellungen waren gefährdet, und das halbe Ensemble erkältet. Ich war es gewöhnt, schwanger, fiebrig, mit Muskel- oder seelischen Schmerzen aufzutreten, aber diesmal war meine Nase verstopft und meine Stimme so gut wie unhörbar.

Mein wunderbarer Kollege Harry Tagore riet mir, einen Mann namens Yesudian zu kontaktieren, einen Inder, der Hatha Yoga lehrte. Skeptisch folgte ich seinem Ratschlag, für den ich ihm bis heute dankbar bin.

Der Yogi, übrigens ein bildhübscher, junger Mann, sprach Englisch und zeigte mir einige Übungen der Bauchatmung. Ich machte sie sofort und problemlos nach. Ihn überraschte das, doch für korrekt ausgebildete Sänger und Schauspieler ist die Bauchatmung die Basis für den Klang der Stimme. Ohne Bauchatmung keine Stimmführung. Ach, würden doch die Schönen in den Medien diesen Hinweis ernst nehmen.

Jedenfalls verneigte sich die indische Schönheit freundlich und sagte: »Wir versuchen Shirshasana, die Königsübung. Wenn die Übung gelingt, üben Sie bitte dreimal täglich fünf Minuten. Damit kniete er nieder, atmete tief ein und aus, und stieg leicht wie eine Feder in den Kopfstand. Ich staunte. Sein Kopf ruhte vor seinen gefalteten Händen.

Ich bewunderte die Schönheit seines ebenmäßigen Körpers, als er genau so leicht wie er aufgestiegen war, wieder zu Boden glitt. Er lächelte. »Shirsha ist Sanskrit und heißt Kopf«, sagte er. Es heißt Kopfstand, nicht Handstand. Unwissende glauben, bei der umgekehrten Körperhaltung könnte eine Ader im Gehirn platzen. Diese Behauptung kann niemand bestätigen. Ein Gehirnschlag kann uns nur dann treffen, wenn unsere Lebensfunktionen bereits gestört sind.

Ich verstand. Nicht das Sportliche der üblichen Trainingseinheiten war angesagt, keine abgewinkelten Arme, kein heftiges Hochschwingen, kein Zappeln, bis die Senkrechte erreicht war. Ich putzte mir sicherheitshalber die Nase. »Ich kann das nicht!«

Er tat, als habe er mich nicht verstanden, und deutete auf die Wand. Ich kniete nieder, legte meine Hände zusammen und vor den Kopf. Leicht und elegant wie Yesudian wollte ich meine Beine hochziehen. Ich war vierzig und tänzerisch trainiert. Vergeblich. Ich zappelte wie ein Maikäfer, der auf dem Rücken liegt.

Mit leiser Stimme sagte Yesudian: »Work easy …« Damit schlang er einen weißen Seidenschal um eines meiner Fußgelenke und hob langsam das dazugehörige Bein hoch, bis der Fuß die Wand berührte. Ich war verblüfft. Ohne dass ich etwas verändert hatte, war mein rechtes Bein automatisch auch hochgestiegen und berührte ebenfalls die Wand. Ich kann nicht sagen, wie lange ich Shirshasana machte. Ich spürte nur eine ruhige Sicherheit in mir. Yesudian sagte: »So langsam wie Sie aufgestiegen sind, kommen Sie jetzt in die kniende Stellung zurück. Wenn Sie umfallen wie ein Mehlsack, ist Shirshasana wirkungslos. Er führte mein Bein mit dem Schal behutsam zurück auf den Boden. Das rechte Bein folgte wieder und ich kniete vor der Wand. Leise sagte Yesudian: »Bleiben Sie am Boden und legen Sie Ihre Fäuste übereinander und Ihre Stirn einige Minuten auf Ihre Fäuste. Er berührte leicht meine Schulter und reichte mir Papiertaschentücher. Aus meiner Nase kamen Bergwerke.

Danach atmete ich frei und wurde Yesudians gelehrige Schülerin! Jahrzehntelang praktiziere ich Sirscha und denke bei anstrengenden Proben immer an Yesudians »Work easy!«

Nix wie Zores!

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