Читать книгу Das Jahr mit meinem Pony - Torbjörg Hagström - Страница 16

Der Augenblick der Entscheidung

Оглавление

Eines Tages, als ich im Schritt durch das Dorf reite, bleibt Strolch unvermittelt stehen. Ich schnalze mit der Zunge und gebe Schenkeldruck. Er versucht, sich umzudrehen, ich hindere ihn daran, und da hüpft er ein Stück rückwärts. Er will offensichtlich nach Hause, und so steige ich ab und führe ihn ein Stück weit am Zügel, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.

Aber das ist keine Lösung für uns beide. Strolch widersetzt sich weiterhin, es ist jeden Tag das gleiche mit ihm. Ich versuche, alles zu vermeiden, was ihn dazu verleiten könnte, stehenzubleiben, aber er tut es immer wieder. Er schert plötzlich nach rechts oder links aus, geht rückwärts, steigt – nur, um nicht vorwärts gehen zu müssen. Er hat einfach keine Lust dazu.

So vergeht fast eine Woche. Am Sonntag ist es am schlimmsten. Ob ich ihn antreibe oder ihm bittend zurede, ich bringe ihn keinen Schritt vorwärts, wenn ich nicht absitze und ihn führe. So geht es nicht, er soll ja geritten werden. Erst als wir auf dem Heimweg sind, steige ich wieder auf. Nun wird er wohl endlich gehen, denke ich. Ich schnalze auffordernd.

Da fängt Strolch wieder an zu buckeln. Ich rutsche auf dem glatten Vielseitigkeitssattel wie das bekannte Butterstück auf der heißen Kartoffel. Ich rufe Strolch Kommandos zu und versuche verzweifelt, im Sattel zu bleiben.

Endlich hört er mit dem Buckeln auf und steht wieder ruhig da. Jetzt verstehe ich ihn: Er widersetzt sich nicht nur, weil er nach Hause will, er will mich vor allem nicht auf seinem Rücken haben! Er will mich ganz einfach einschüchtern und dazu bringen, daß ich absteige. Das hat er die ganze Woche gewollt, aber ich habe es nicht verstanden.

Jetzt steht er ruhig da und erwartet gespannt meine Reaktion. Ich habe große Lust, abzusitzen. Doch wenn ich das tue, wird er in Zukunft gar nicht mehr tun, was ich von ihm will. Plötzlich wird mir klar, daß dies der entscheidende Augenblick ist: Sitze ich jetzt ab, dann habe ich verspielt.

Sitze ich jetzt ab, dann kann ich morgen Lasse anrufen und ihm sagen, er solle sein Pferd wieder abholen, denn ich werde es dann nicht mehr reiten können. Jetzt muß ich Strolch dazu bringen, mich zu respektieren – sonst habe ich ihn für immer verloren. Jetzt ist der entscheidende Augenblick zwischen ihm und mir, das fühle ich.

Ich schnalze mit der Zunge. Das Rodeo beginnt von neuem; nach so vielen Siegen in der vergangenen Woche gibt er nicht so schnell auf. Ich schlage ihn nicht, das tue ich grundsätzlich nicht, aber ich setze alle Hilfen ein, treibe ihn an, wie ich es gelernt habe. Springend geht es ein Stück vorwärts, dann wechselt Strolch schließlich in zügigen, ungeduldigen Trab.

Weißer Schneeweg, schwarzer Schotter am Wegrand, zurückgelegte Ohren meines Ponys, schneller, aufgeregter Trab. Strolch ist zornig, und sein Zorn treibt ihn vorwärts. Wir traben den ganzen Heimweg. Es ist kein harmonischer Ritt, aber ich habe das Gefühl, daß ich gewonnen habe. Ich klopfe beruhigend seinen Hals.

Am nächsten Tag ist er ganz sanft.

Das Jahr mit meinem Pony

Подняться наверх