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PAAGMAN

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Jahir nickt mir bedeutsam zu und scheint innerlich versöhnt zu sein: Wir liegen sehr gut in der Zeit (»German engineering!«) – zudem kann er nun den Beweis antreten, dass niederländische Taxifahrten tatsächlich übermäßig teuer sind. »21,40 Euro«, sagt er daher nicht ohne Stolz. Ich gebe ihm 25 Euro und bin doppelt erleichtert, die Buchhandlung noch rechtzeitig erreicht zu haben.

Das niederländische Buchbranchenmagazin Boekblad hatte mir im Vorfeld meiner Reise diesen Tipp gegeben, und dem äußeren Anschein nach hat sich die etwas chaotische Anreise schon jetzt gelohnt: Die Fassade von Paagman ist in einer hochglänzenden Kirschholzoptik gehalten, die im Eingangsbereich von einem schwarzen Ornamentbogen aus Metall überlagert wird. An einigen Stellen sind goldene Blüten in dieses Kunstwerk eingewoben, und auch der Schriftzug der Buchhandlung, der über den beiden Haupteingängen angebracht ist, setzt sich mit seinen goldenen Lettern stimmig von der Holzoptik ab.



Oben Nicht nur von innen, sondern auch von außen strahlt die kürzlich restaurierte Buchhandlung Paagmann Liebe zum Detail aus. © Paagman

Unten Bunt und einladend: Die Kinderbuchabteilung von Paagman ist ein wahres Paradies für kleine Leser und Entdecker. © Paagman

Ebenso einladend wie die Außenfassade ist der helle Eingangsbereich gestaltet – mit großen Zeitschriftenregalen und diversen Büchertischen auf der einen Seite sowie einer großzügig angelegten, frei stehenden Kassentheke auf der anderen Seite, die den Stil der Häuserfront aufgreift.

Ich stelle mich zunächst einer der Buchhändlerinnen vor und bedauer kurz vor Ladenschluss hier aufzuschlagen. Die junge Frau mit akkurat frisierten Pagenkopf und sommerlichen Blazer passt zum eleganten Erscheinungsbild von Paagman. Mit Blick auf meine Kamera bittet sie um Verständnis, dass sie kurz mit ihrem Chef telefonieren müsse – deutet mir zugleich aber an, dass ich mich ruhig schon umschauen soll, was ich gern tue.

Auch die weiteren Räume strahlen eine außergewöhnliche Atmosphäre aus: Während von der Straßenseite die Sonne durch die großen Fenster hereinbricht, trete ich ein wenig näher an die allesamt weiß gehaltenen Bücherregale heran und staune über die reichhaltige Auswahl an englischsprachigen Titeln. Und auch die außergewöhnlichen Dekorationselemente lassen mich immer wieder betrachtend verweilen, etwa vor dem Vogelkäfig, in dem ein Exemplar von Donna Tartts Distelfink schwebt.

Im Gespräch mit der Buchhändlerin erfahre ich, dass die Buchhandlung inzwischen in dritter Familiengeneration der Paagmans geführt wird. Erst kürzlich wurde nicht nur diese Buchhandlung aufwendig restauriert sowie ausgebaut, sondern auch eine zweite Buchhandlung in der Innenstadt eröffnet – und zwar in einer ehemaligen Filiale der insolventen Polare-Kette.

Die Buchhandlung in der Frederik Hendriklaan ist aber weiterhin ein Publikumsmagnet – nicht zuletzt aufgrund des integrierten Cafés Kicking Horse, das sich im hinteren Teil anschließt und neben kanadischem Kaffee allerhand Köstlichkeiten serviert. Außerdem werden regelmäßig attraktive Veranstaltungen angeboten; so war in der Vergangenheit bereits die Bestsellerautorin Elizabeth Gilbert für eine Lesung zu Gast, während im Herbst die Wombats für ein Minikonzert erwartet werden.

Das absolute Highlight sei aber die angeschlossene Kinderbuchhandlung Villa Paagman, die es nun seit knapp vier Jahren gibt, verrät mir die Buchhändlerin und lächelt zum ersten Mal entspannt. Sie weist mir den Weg durch einen roten Vorhang, der ein wenig an einen Zirkuseingang erinnert – und tatsächlich, so etwas habe ich zuvor überhaupt noch nie gesehen! Mit einem Mal finde ich mich in einer stilisierten Märchenwelt wieder. Jedes Bücherregal ist hier ein Kunstwerk und Unikat für sich: Ritterburg, verwunschener Schrank, Standuhr … Und neben einer beleuchteten Straßenlaterne sitzt ein Mädchen von vielleicht fünf Jahren in einer Tasse, die ungefähr dreimal so groß ist wie es selbst, und hat Kopfhörer auf den Ohren, über die es scheinbar einem Hörbuch oder Hörspiel lauscht. Weiter hinten turnen zwei Kinder auf einer überdimensionalen Dekotorte umher, an die ein riesiger nachgebauter Kamin angrenzt. Ich drehe mich einmal um die eigene Achse und staune über all die wunderbaren Details, an die hier bei der Gestaltung gedacht wurde. Eine Mutter beobachtet mich amüsiert und ruft: »De mooiste kinderboekwinkel van Nederland!« (Die schönste Kinderbuchabteilung der Niederlande!) Jetzt bedauere ich umso mehr, dass ich auch nicht ausnahmsweise Fotos schießen darf.

In 60 Buchhandlungen durch Europa

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