Читать книгу Coriolanus - Уильям Шекспир, William Szekspir, the Simon Studio - Страница 2

Erster Aufzug
Erste Szene

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Rom, eine Straße

Es tritt auf ein Haufe aufrührerischer Bürger mit Stäben, Knütteln und anderen Waffen

Erster Bürger

Ehe wir irgend weitergehn, hört mich sprechen.


Zweiter Bürger

Sprich! sprich! —


Erster Bürger

Ihr alle seid entschlossen, lieber zu sterben als zu verhungern?


Alle Bürger

Entschlossen! entschlossen! —


Erster Bürger

Erstlich wißt ihr: Cajus Marcius ist der Hauptfeind des Volkes.


Alle Bürger

Wir wissen's! Wir wissen's! —


Erster Bürger

Laßt uns ihn umbringen, so können wir die Kornpreise selbst machen.

Ist das ein Wahrspruch?


Alle Bürger

Kein Geschwätz mehr darüber. Wir wollen's tun. Fort! fort!


Zweiter Bürger

Noch ein Wort, meine guten Bürger!


Erster Bürger

Wir werden für die armen Bürger gehalten, die Patrizier für die guten. Das, wovon der Adel schwelgt, würde uns nähren. Gäben sie uns nur das Überflüssige, ehe es verdirbt, so könnten wir glauben, sie nährten uns auf menschliche Weise; aber sie denken, soviel sind wir nicht wert. Der Hunger, der uns ausgemergelt, der Anblick unsers Elends ist gleichsam ein Verzeichnis, in welchem postenweise ihr Überfluß aufgeführt wird. Unser Leiden ist ihnen ein Gewinn. Dies wollen wir mit unsern Spießen rächen, ehe wir selbst Spießgerten werden. Denn das wissen die Götter! Ich rede so aus Hunger nach Brot, und nicht aus Durst nach Rache.

Zweiter Bürger

Wollt ihr besonders auf den Cajus Marcius losgehen?


Alle

Auf ihn zuerst, er ist ein wahrer Hund gegen das Volk.


Zweiter Bürger

Bedenkt ihr auch, welche Dienste er dem Vaterlande getan hat?


Erster Bürger

Sehr wohl! und man könnte ihn auch recht gern dafür loben; aber er belohnt sich selbst dadurch, daß er so stolz ist.

Zweiter Bürger

Nein, rede nicht so boshaft.


Erster Bürger

Ich sage euch, was er rühmlich getan hat, tat er nur deshalb. Wenn auch

zu gewissenhafte Menschen so billig sind, zu sagen, es war für sein

Vaterland, so tat er's doch nur, seiner Mutter Freude zu machen und zum

Teil, um stolz zu sein; denn sein Stolz ist ebenso groß als sein Verdienst.


Zweiter Bürger

Was er an seiner Natur nicht ändern kann, das rechnet Ihr ihm für ein Laster.

Das dürft Ihr wenigstens nicht sagen, daß er habsüchtig ist.


Erster Bürger

Wenn ich das auch nicht darf, werden mir doch die Anklagen nicht ausgehen.

Er hat Fehler so überlei, daß die Aufzählung ermüdet.


(Geschrei hinter der Szene.)

Welch Geschrei ist das? Die andre Seite der Stadt ist in Aufruhr. Was stehn wir hier und schwatzen? Aufs Kapitol!


Alle

Kommt! Kommt! —


Erster Bürger

Still! Wer kommt hier?


(Menenius Agrippa tritt auf)

Zweiter Bürger

Der würdige Menenius Agrippa, einer, der das Volk immer geliebt hat.


Erster Bürger

Der ist noch ehrlich genug. Wären nur die übrigen alle so!


Menenius

Was habt ihr vor, Landsleute? wohin geht ihr

Mit Stangen, Knütteln? Sprecht, was gibt's? Ich bitt euch!


Erster Bürger

Unsre Sache ist dem Senat nicht unbekannt; sie haben davon munkeln hören seit vierzehn Tagen, was wir vorhaben und das wollen wir ihnen nun durch Taten zeigen. Sie sagen, arme Klienten haben schlimmen Atem: sie sollen erfahren, daß wir auch schlimme Arme haben.

Menenius

Ei, Leute! gute Freund' und liebe Nachbarn,

Wollt ihr euch selbst zugrunde richten?


Erster Bürger

Nicht möglich, wir sind schon zugrund gerichtet.


Menenius

Ich sag euch, Freund', es sorgt mit wahrer Liebe

Für euch der Adel. Eure Not betreffend,

Die jetzge Teurung, könntet ihr so gut

Dem Himmel dräun mit Knütteln, als sie schwingen

Gegen den Staat von Rom, des Lauf sich bricht

So grade Bahn, daß es zehntausend Zügel

Von härtrem Erz zerreißt, als jemals ihm

Nur eure Hemmung bietet. Diese Teurung,

Die Götter machen sie, nicht die Patrizier;

Gebeugte Knie, nicht Arme müssen helfen.

Ach! durch das Elend werdet ihr verlockt

Dahin, wo größres euch umfängt. Ihr lästert

Roms Lenker, die wie Väter für euch sorgen,

Wenn ihr wie Feinde sie verflucht.


Erster Bürger

Für uns sorgen! – nun, wahrhaftig! – Sie sorgten noch nie für uns. Uns verhungern lassen, und ihre Vorratshäuser sind vollgestopft mit Korn. Verordnungen machen gegen den Wucher, um die Wucherer zu unterstützen. Täglich irgendein heilsames Gesetz gegen die Reichen widerrufen und täglich schärfere Verordnungen ersinnen, die Armen zu fesseln und einzuzwängen. Wenn der Krieg uns nicht auffrißt, tun sie's: das ist ihre ganze Liebe für uns.

Menenius

Entweder müßt ihr selbst

Als ungewöhnlich tückisch euch bekennen,

Sonst schelt ich euch als töricht. Ich erzähl euch

Ein hübsches Märchen; möglich, daß ihr's kennt;

Doch, da's hier eben herpaßt, will ich wagen,

Es nochmals aufzuwärmen.


Erster Bürger

Gut, wir wollen's anhören, Herr. Ihr müßt aber nicht glauben, unser

Unglück mit einem Märchen wegfoppen zu können; doch, wenn Ihr wollt,

her damit.


Menenius

Einstmals geschah's, daß alle Leibesglieder,

Dem Bauch rebellisch, also ihn verklagten:

Daß er allein nur wie ein Schlund verharre

In Leibes Mitte, arbeitslos und müßig,

Die Speisen stets verschlingend, niemals tätig,

So wie die andern all, wo jene Kräfte

Sähn, hörten, sprächen, dächten, gingen, fühlten

Und, wechselseitig unterstützt, dem Willen

Und allgemeinen Wohl und Nutzen dienten

Des ganzen Leibs. Der Bauch erwiderte —


Erster Bürger

Gut, Herr, was hat der Bauch denn nun erwidert?


Menenius

Ich sag es gleich. – Mit einer Art von Lächeln,

Das nicht von Herzen ging, nur gleichsam so —

(Denn seht, ich kann den Bauch ja lächeln lassen

So gut als sprechen) gab er höhnisch Antwort

Den mißvergnügten Gliedern, die rebellisch

Die Einkünft ihm nicht gönnten; ganz so passend

Wie ihr auf unsre Senatoren scheltet,

Weil sie nicht sind wie ihr.


Erster Bürger

Des Bauches Antwort. Wie!

Das fürstlich hohe Haupt; das wache Auge;

Das Herz: der kluge Rat; der Arm: der Krieger;

Das Bein: das Roß; die Zunge: der Trompeter;

Nebst andern Ämtern noch und kleinern Hilfen

In diesem unserm Bau, wenn sie —


Menenius

Was denn,

Mein Treu! der Mensch da schwatzt! Was denn? Was denn?


Erster Bürger

So würden eingezwängt vom Fresser Bauch,

Der nur des Leibes Abfluß —


Menenius

Gut, was denn?


Erster Bürger

Die andern Kräfte, wenn sie nun so klagten,

Der Bauch, was könnt er sagen?


Menenius

Ihr sollt's hören.

Schenkt ihr ein bißchen, was ihr wenig habt,

Geduld, so sag ich euch des Bauches Antwort.


Erster Bürger

Ihr macht es lang.


Menenius

Jetzt paßt wohl auf, mein Freund!

Eur höchst verständger Bauch, er war bedächtig,

Nicht rasch, gleich den Beschuldgern, und sprach so:

"Wahr ist's, ihr einverleibten Freunde", sagt' er,

"Zuerst nehm ich die ganze Nahrung auf,

Von der ihr alle lebt; und das ist recht,

Weil ich das Vorratshaus, die Werkstatt bin

Des ganzen Körpers. Doch bedenkt es wohl;

Durch eures Blutes Ströme send ich sie

Bis an den Hof, das Herz – den Thron, das Hirn,

Und durch des Körpers Gäng und Windungen

Empfängt der stärkste Nerv, die feinste Ader

Von mir den angemeßnen Unterhalt,

Wovon sie leben. Und obwohl ihr alle – "

Ihr guten Freund' (habt acht), dies sagt der Bauch.


Erster Bürger

Gut. Weiter!


Menenius

"Seht ihr auch nicht all auf eins,

Was jeder Einzelne von mir empfängt,

Doch kann ich Rechnung legen, daß ich allen

Das feinste Mehl von allem wieder gebe,

Und nur die Klei' mir bleibt." Wie meint ihr nun?


Erster Bürger

Das war 'ne Antwort. Doch wie paßt das hier?


Menenius

Roms Senatoren sind der gute Bauch,

Ihr die empörten Glieder; denn erwägt

Ihr Mühn, ihr Sorgen. Wohl bedenkt, was alles

Des Staates Vorteil heischt; so seht ihr ein,

Kein allgemeines Gut, was ihr empfangt,

Das nicht entsprang und kam zu euch von ihnen,

Durchaus nicht von euch selbst. Was denkt ihr nun?

Du, große Zeh, in dieser Ratsversammlung.


Erster Bürger

Ich, die große Zehe? Warum die große Zehe?


Menenius

Weil du, der Niedrigst, Ärmst, Erbärmlichste

Von dieser weisen Rebellion, vorantrittst.

Du, Schwächling ohne Kraft und Ansehen, läufst

Voran und führst, dir Vorteil zu erjagen. —

Doch schwenkt nur eure Stäb und dürren Knüttel,

Rom und sein Rattenvolk zieht aus zur Schlacht,

Der eine Teil muß Tod sich fressen.


(Cajus Marcius tritt auf.)

Heil! edler Marcius.


Marcius

Dank Euch! Was gibt es hier? Rebellsche Schurken,

Die ihr das Jucken eurer Einsicht kratzt,

Bis ihr zu Aussatz werdet.


Erster Bürger

Von Euch bekommen wir doch immer gute Worte.


Marcius

Ein gutes Wort dir geben, hieße schmeicheln

Jenseits des Abscheus. Was verlangt ihr, Hunde,

Die Krieg nicht wollt noch Frieden? jener schreckt euch,

Und dieser macht euch frech. Wer euch vertraut,

Find't euch als Hasen, wo er Löwen hofft

Wo Füchse, Gäns. Ihr seid nicht sichrer, nein!

Als glühnde Feuerkohlen auf dem Eis,

Schnee in der Sonne. Eure Tugend ist,

Den adeln, den Verbrechen niedertreten,

Dem Recht zu fluchen, das ihn schlägt. Wer Größe

Verdient, verdient auch euern Haß; und eure Liebe

Ist eines Kranken Gier, der heftig wünscht,

Was nur sein Übel mehrt. Wer sich verläßt

Auf eure Gunst, der schwimmt mit blei'rnen Flossen,

Und haut mit Binsen Eichen nieder. Hängt euch!

Euch traun?

Ein Augenblick, so ändert ihr den Sinn,

Und nennt den edel, den ihr eben haßtet,

Den schlecht, der euer Abgott war. Was gibt's?

Daß ihr, auf jedem Platz der Stadt gedrängt,

Schreit gegen den Senat, der doch allein,

Zunächst den Göttern, euch in Furcht erhält;

Ihr fräßt einander sonst. Was wollen sie?


Menenius

Nach eignem Preis das Korn, das, wie sie sagen

Im Überfluß daliegt.


Marcius

Hängt sie! Sie sagen's?

Beim Feuer sitzend, wissen sie genau,

Was auf dem Kapitol geschieht; wer steigt,

Wer gilt, wer fällt; da stiften sie Faktionen

Und schließen Ehen; stärken die Partei

Und beugen die, die nicht nach ihrem Sinn,

Noch unter ihre Nägelschuh. Sie sagen,

Korn sei genug vorhanden?

Wenn sich der Adel doch der Mild entschlüge,

Daß ich mein Schwert ziehn dürft. Ich häufte Berge

Von Leichen der zerhaunen Sklaven, höher,

Als meine Lanze fliegt.


Menenius

Nein, diese sind fast gänzlich schon beruhigt;

Denn, fehlt im Überfluß auch der Verstand,

So sind sie doch ausbündig feig. Doch sagt mir,

Was macht der andre Trupp?


Marcius

Schon ganz zerstreut.

Die Schurken!

Sie hungern, sagten sie, und ächzten Sprüchlein,

Als: "Not bricht Eisen; Hunde müssen fressen;

Das Brot ist für den Mund; die Götter senden

Nicht bloß den Reichen Korn." Mit solchen Fetzen

Macht sich ihr Klagen Luft; man hört sie gütig,

Bewilligt eine Fordrung – eine starke —

(Des Adels Herz zu brechen, jede Kraft

Zu töten) und nun schmeißen sie die Mützen,

Als sollten auf des Mondes Horn sie hängen,

Frech laut und lauter jauchzend.


Menenius

Und was ward zugestanden?


Marcius

Fünf Tribunen,

Um ihre Pöbelweisheit zu vertreten,

Aus eigner Wahl: der ein ist Junius Brutus,

Sicinius und – was weiß ich – Tod und Pest!

Die Lumpen sollten eh die Stadt abdecken,

Als mich so weit zu bringen. Nächstens nun

Gewinnen sie noch mehr und fordern Größres

Mit Androhn der Empörung.


Menenius

Das ist seltsam.


Marcius

Geht, fort mit euch, ihr Überbleibsel!


(Ein Bote tritt auf.)

Bote

Ist Cajus Marcius hier?


Marcius

Nun ja! was soll's?


Bote

Ich meld Euch, Herr, die Volsker sind in Waffen.


Marcius

Mich freut's! So werden wir am besten los

Den Überfluß, der schimmlicht wird. – Seht da,

Die würdgen Väter. Es treten auf Cominius, Titus Lartius und andre

Senatoren, Junius Brutus und Sicinius Velutus.


Erster Senator

Marcius, was Ihr uns sagtet, ist geschehn:

Die Volsker sind in Waffen.


Marcius

Ja, sie führt

Tullus Aufidius, der macht euch zu schaffen.

Ich sündge, seinen Adel ihm zu neiden,

Und wär ich etwas andres als ich bin,

So wünscht ich, er zu sein.


Cominius

Ihr fochtet miteinander.


Marcius

Wenn, halb und halb geteilt, die Welt sich zauste,

Und er auf meiner Seit, ich fiele ab,

Nur daß ich ihn bekämpft'. – Er ist ein Löwe,

Den ich zu jagen stolz bin.


Erster Senator

Darum, Marcius,

Magst du Cominius folgen in den Krieg.


Cominius

Ihr habt es einst versprochen.


Marcius

Herr, das hab ich,

Und halte Wort. Du, Titus Lartius, siehst

Noch einmal Tullus, mich ins Antlitz schlagen.

Wie – bist du krank? bleibst aus?


Titus

Nein, Cajus Marcius.

Ich lehn auf eine Krück und schlage mit der andern,

Eh ich dies' Werk versäum.


Marcius

O edles Blut!


Erster Senator

Begleitet uns zum Kapitol, dort harren

Die treusten Freunde unser.


Titus

Geht voran —

Cominius, folgt ihm nach, wir folgen euch,

Ihr seid des Vorrangs würdig.


Cominius

Edler Marcius!


Erster Senator (zu den Bürgern)

Geht, macht euch fort! – nach Haus!


Marcius

Nein, laßt sie folgen.

Die Volsker haben Korn; dahin ihr Ratten,

Die Scheuren freßt. – Hochadlige Rebellen,

Eur Mut schlägt herrlich aus. Ich bitte, folgt.


(Senatoren, Cominius, Marcius, Titus Lartius und Menenius gehn ab; die Bürger schleichen sich fort.)

Sicinius

War je ein Mensch so stolz wie dieser Marcius?


Brutus

Er hat nicht seinesgleichen.


Sicinius

Als wir ernannt zu Volkstribunen wurden —


Brutus

Saht Ihr sein Aug, den Mund?


Sicinius

Ja, und sein Höhnen!


Brutus

Gereizt schont nicht sein Spott die Götter selbst.


Sicinius

Den keuschen Mond auch würd er lästern.


Brutus

Verschling ihn dieser Krieg; er ward zu stolz,

So tapfer wie er ist.


Sicinius

Solch ein Gemüt,

Gekitzelt noch vom Glück, verschmäht den Schatten,

Auf den er mittags tritt. Doch wundert's mich,

Wie nur sein Hochmut es erträgt, zu stehn

Unter Cominius.


Brutus

Ruhm, nach dem er zielt,

Und der schon reich ihn schmückt, wird besser nicht

Erhalten und erhöht, als auf dem Platz

Zunächst dem ersten; denn was nun mißlingt,

Das ist des Feldherrn Schuld, tut er auch alles,

Was Menschenkraft vermag; und schwindelnd Urteil

Ruft dann vom Marcius aus: O hätte dieser

Den Krieg geführt!


Sicinius

Gewiß und geht es gut,

So raubt das Vorurteil, am Marcius hängend,

Cominius jegliches Verdienst.


Brutus

Jawohl. —

Cominius' halben Ruhm hat Marcius schon,

Erwarb er ihn auch nicht; und jenes Fehler,

Sie werden Marcius' Ruhm, tat er auch selbst

Nichts Großes mehr.


Sicinius

Kommt, laßt uns hin und hören

Die Ausfert'gung, und was in Art und Weise

Er, außer seiner Einzigkeit, nun geht

In diesen jetzgen Kampf.


Brutus

So gehn wir denn.


(Beide ab.)

Coriolanus

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