Читать книгу Psychiatrische Differenzialdiagnostik - Ulrich Seidl - Страница 12

Exkurs: Phänomenologie

Оглавление

Eine Brücke zwischen den Grundlagen psychischer Krankheit und den daraus folgenden klinischen Erscheinungen schlägt die anthropologisch-phänomenologische Psychiatrie, indem sie sich auf das innere Erleben des Patienten fokussiert. Sie geht dabei über das rein formale Beschreiben von Symptomen hinaus und bemüht sich um ein tieferes Verständnis des Erlebens der eigenen Person und der Welt in Gesundheit und Krankheit. Dabei wird eine ganzheitliche Sicht angestrebt, die dem Menschen in seiner Subjektivität, seinen Verhältnissen und Bedingtheiten einschließlich somatischen Aspekten bis hin zu neurobiologischen Grundlagen gerecht wird. Die phänomenologische Anamnese ist entsprechend bemüht, die Selbst- und Weltsicht des Patienten zu begreifen (Fuchs 2016). Sie strebt nach der hermeneutischen Erarbeitung von Sinnstrukturen, die das Erleben und Handeln leiten (Schmidt-Degenhard 1997).

Die anthropologisch-phänomenologische Psychiatrie beschränkt sich freilich nicht auf das reine Erfassen und Beschreiben von Zuständen, sondern bildet hieraus Hypothesen zu Krankheitsentstehung und Symptomentwicklung, die schließlich auch in therapeutische Überlegungen münden. Dennoch sieht sich die Phänomenologie immer wieder dem Vorwurf der Praxisferne ausgesetzt. Bedacht werden muss auch, dass ein Verständnis der Selbst- und Weltsicht des Patienten in der Psychose an ihre Grenzen stößt, wenn besondere Gesetzmäßigkeiten und die eigene Qualität des Erlebens ein Begreifen und Verstehen im üblichen Sinne nicht ohne weiteres gestatten ( Kap. 1.3).

Psychiatrische Differenzialdiagnostik

Подняться наверх