Читать книгу Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften, eBook - Ulrich Wackerbarth - Страница 66
b) Mehrheitsklauseln
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Das nach § 709 Abs. 1 BGB (= § 714 BGB-E) für Beschlüsse vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip wird den praktischen Bedürfnissen allerdings selten gerecht. Deshalb wird häufig von der gemäß § 709 Abs. 2 BGB (bzw. § 708 BGB-E) zugelassenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Einstimmigkeitsprinzip durch eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag abzubedingen und durch das Prinzip der einfachen Mehrheit zu ersetzen, die – je nach gesellschaftsvertraglicher Regelung – nach Köpfen (jeder Gesellschafter hat eine Stimme, so ist eine Mehrheitsklausel gem. § 709 Abs. 2 BGB im Zweifel zu verstehen) oder nach Kapitalanteilen zu berechnen ist. Das gilt grundsätzlich auch im Hinblick auf Grundlagengeschäfte, z.B. Änderungen des Gesellschaftsvertrags selbst.[12] Die sogenannte Mehrheitsklausel muss die von ihr betroffenen Gegenstände nicht minutiös auflisten (anders die Vertreter des sog. Bestimmtheitsgebots[13]). Es reicht aus, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag durch Auslegung eindeutig ergibt, dass der maßgebliche Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.[14]
Allerdings sind der Zulässigkeit von Mehrheitsentscheidungen in Gesellschaftsverträgen Grenzen gesetzt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Zulassung einer Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag einen „unzulässigen Eingriff in schlechthin unentziehbare“ oder nur mit Zustimmung des Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte darstellen.[15] Welche Mitgliedschaftsrechte zu diesem Kernbereich gehören, ist nicht scharf abgrenzbar. Als schlechthin unentziehbar werden das Informations- und Kündigungsrecht, das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen sowie das Klagerecht gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse angesehen.[16] Nicht durch bloße Mehrheitsentscheidung, also relativ unentziehbar, sollen das Stimmrecht, das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, sowie die Freiheit von nachträglichen Beitragserhöhungen sein.[17] Der BGH[18] sieht in auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel in Gesellschaftsverträgen getroffenen Mehrheitsentscheidungen, die in den „Kernbereich“ der Mitgliedschaftsrechte der Minderheit eingreifen, eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht. Auf diese Art und Weise zustande gekommene Mehrheitsentscheidungen sind im Zweifel unwirksam. Unwirksam ist allerdings nur die treupflichtwidrige Mehrheitsentscheidung selbst, nicht aber die Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag.[19] Bei nachträglichen Beitragserhöhungen ist die Zustimmung eines jeden betroffenen Gesellschafters gem. § 707 BGB zwingend notwendig (s.a. § 710 S. 1 BGB-E).[20]
Beispiel:
Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft sieht vor, dass über Angelegenheiten der laufenden Verwaltung Mehrheitsentscheidungen getroffen werden können. Die 5 Gesellschafter stimmten mit einer Mehrheit von 4 zu 1 Stimmen (A) über den Jahresabschluss ab. A vertritt nun die Auffassung, der Beschluss werde von der Mehrheitsklausel im Vertrag nicht gedeckt. Der BGH[21] hat die Feststellung des Jahresabschlusses einer Personengesellschaft als eine den Gesellschaftern obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung eingeordnet, die nicht in den Kernbereich der Mitgliedschaft eines Gesellschafters eingreife; ein entsprechender Gesellschafterbeschluss sei deshalb durch die Mehrheitsklausel legitimiert und folglich wirksam.