Читать книгу Als die Kaffeemühle streikte - Ulrike Strätling - Страница 11

Der Sonntagsbraten

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Es war Sonntagvormittag, genau zehn Uhr, als Karl zu mir sagte: „Inge, heute koche ich. Mach es dir im Wohnzimmer gemütlich und ruh dich aus!“

Ich traute meinen Ohren nicht, das war ja noch nie da gewesen. Noch nie hatte mein Mann den Kochlöffel geschwungen, in den ganzen vierzig Ehejahren nicht.

Zaghaft fragte ich: „Aber Karl, weißt du denn, wie man einen Rinderbraten zubereitet?“

„Papperlapapp, wird schon nicht so schwer sein. Nun geh schon ins Wohnzimmer!“, sagte Karl energisch.

„Aber Karl, so lass mich wenigstens helfen“, sagte ich.

„Papperlapapp, ich mach das schon“, sagte Karl ungeduldig und schob mich zur Küchentür hinaus. Es war zehn Uhr dreißig, als ich im Wohnzimmer saß. Ich fand aber keine Ruhe, und deshalb schlich ich mich zur verschlossenen Küchentür und spähte durch das Schlüsselloch. Ich sah meinen Karl, wie er sich meine Schürze umband. Es sah zu komisch aus und ich musste kichern. Dann hielt er den Rinderbraten in der Hand und begutachtete ihn ausgiebig von allen Seiten. Als Nächstes konnte ich sehen, wie Karl Zwiebeln schnitt. Oje, er wischte und rieb sich die Augen. Karl weinte.

Ich sah auf meine Armbanduhr. Es war gleich elf Uhr, also pünktlich würde es kein Essen geben. Karl arbeitete langsam, sehr langsam. Aber er schwitzte mächtig, sodass seine Stirn kräftig glänzte.

Um elf Uhr fünfzehn war das Fleisch im Topf und brutzelte. Doch ich fragte mich: Wann hatte er es gesalzen? Gesehen hatte ich jedenfalls nichts.

Um elf Uhr dreißig schälte Karl Kartoffeln. Mir tat langsam der Rücken weh. Nun hockte ich schon eine Stunde in dieser unbequemen Stellung vor dem Schlüsselloch. Plötzlich hörte ich einen Schrei, dann ein Stöhnen, darauf ein Fluchen.

Karl schrie: „So ein Mist, Schiete und zum Donnerwetter!“ Karl hatte sich in den Finger geschnitten. Der Ärmste blutete.

„Was ist los, Karl?“, rief ich besorgt.

„Nichts“, war die Antwort. Langsam taten mir nun auch noch die Augen weh. Das Gucken durch das Schlüsselloch war anstrengend, aber spannend.

Ein neuer Schrei, ich glaube, er war noch lauter. Karl hatte sich verbrannt. Er sprang durch die Küche und hielt sich den Arm unter den kalten Wasserstrahl. Langsam tat er mir leid. Karl sah ziemlich unglücklich aus.

Um zwölf Uhr dreißig rief er mich zum Essen. Karl staunte nicht schlecht, als er mich in gebückter Haltung vor der Küchentür fand. Mein Rücken tat weh, es hatte sich wohl etwas verklemmt. Ich kam gar nicht mehr hoch.

Karl grinste und half mir auf. „Du hast doch nicht etwa die ganze Zeit durchs Schlüsselloch geguckt?“, fragte er, als er mich zum Tisch führte.

Stolz füllte er meinen Teller. Sein Zeigefinger war verpflastert, an seinem Arm prangte eine dicke Brandblase und auf seiner Stirn standen nach wie vor die Schweißperlen.

Der Sonntagsbraten sah gut aus, das musste ich zugeben, doch leider war kein Salz daran. Auch die Kartoffeln waren ungesalzen und Gemüse gab es erst gar nicht. Aber ich sagte nichts und mein verschwitzter Karl sagte auch nichts. Keiner von uns holte einen Salzstreuer. Ich wollte nicht meckern und Karl war zu stolz, seinen Fehler zuzugeben. Na egal, dachte ich, der gute Wille zählt. Und ich lächelte ihm kauend zu.

„Lecker“, sagte ich schmunzelnd.

„Papperlapapp“, brummte Karl.

Als die Kaffeemühle streikte

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