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1.8 Pumpeninsuline

In Insulinpumpen kommt nur schnell wirkendes Insulin zum Einsatz (in der Regel kurzwirksames Analoginsulin, selten noch Normalinsulin). Der basale Insulinbedarf wird durch die automatische, häufige Abgabe von kleinsten Insulinmengen entsprechend der programmierten Basalrate gedeckt. Die Injektion von Basal- bzw. Verzögerungsinsulin ist daher nicht mehr notwendig.

Die Entscheidung, welches schnell wirkende Insulin verwendet werden soll, muss individuell getroffen werden. Die Präparate unterscheiden sich strukturell und in den pharmakologischen Eigenschaften (Wirkbeginn, Wirkmaximum, Wirkdauer). Für die Insulinpumpentherapie sind folgende Insuline zugelassen (Stand Herbst 2019):

Normalinsulin (Sanofi-Aventis: Insuman® Infusat)

schnell wirkende Analoginsuline:

–Insulin Lispro (Eli Lilly: Humalog®, Berlin Chemie: Liprolog®)

–Insulin Aspart (Novo Nordisk: NovoRapid®)

–Insulin Glulisin (Sanofi-Aventis: Apidra®)

–Faster-Acting Insulin Aspart (Novo Nordisk: Fiasp®)

InsulinartHandelsnameWirkbeginnWirkmaximumWirkdauer
NormalinsulinInsuman Infusat30 Min.2 – 3 Std.4 – 6 Std.
schnelles Analoginsulin- Insulin Lispro- Insulin Aspart- Insulinglulisin- Humalog®, Liprolog®- NovoRapid®- Apidra®10 – 20 Min.1 – 2 Std.3 – 5 Std.
ultraschnelles AnaloginsulinFiasp®5 – 10 Min.1 – 2 Std.3 – 5 Std.

Tab. 2: Die für die Insulinpumpentherapie verfügbaren „schnellen“ Insuline bzw. Bolusinsuline unterscheiden sich vor allem im Wirkbeginn und in der Wirkdauer. Die Parameter sind dosisabhängig und individuell verschieden. Große Insulindosen können länger, sehr kleine Dosen können kürzer wirken als in der Tabelle genannt.

Normalinsulin (Humaninsulin)

Seit 1983 ist in Deutschland Normalinsulin auf dem Markt. Dieses entspricht genau dem menschlichen Insulinmolekül und wird deshalb auch Humaninsulin genannt. Vor 1983 wurden Menschen mit Diabetes ausschließlich mit Rinder- und Schweineinsulin behandelt.

Normalinsulin wirkt relativ träge, da sich in der Ampulle die Insulinmoleküle zusammenlagern. Normalinsulin beginnt bei subkutaner Injektion nach ca. 30 Minuten zu wirken und erreicht nach ca. 2 – 3 Stunden sein Wirkmaximum. Die Wirkdauer hängt von der verabreichten Dosis ab und beträgt ca. 4 – 6 Stunden, große Mengen wirken sogar noch länger. Aufgrund der trägen Insulinwirkung kommt Normalinsulin bei der Pumpentherapie nur noch selten zum Einsatz.

Schnell wirkende Analoginsuline

Für den Einsatz bei der Pumpentherapie sind schnell wirkende Analoginsuline meist besser geeignet als Normalinsulin. Im Jahr 1996 kam in Deutschland das erste schnell wirkende Analoginsulin auf dem Markt. Durch gentechnische Veränderungen des Insulinmoleküls wurde erreicht, dass sich die Insulinmoleküle nicht mehr so fest zusammenlagern, sodass das Insulin schneller aus dem Unterhautfettgewebe aufgenommen wird. Zurzeit sind drei schnell wirkende Analoginsuline auf dem Markt, die sich in ihrem Wirkprofil stark ähneln: Insulin Lispro (Humalog®, Lilly; Liprolog®, Berlin Chemie), Insulin Aspart (NovoRapid®, Novo Nordisk) und Insulinglulisin (Apidra®, Sanofi-Aventis).

Schnell wirkende Analoginsuline gelangen nach der Injektion rascher ins Blut als Normalinsulin (Wirkbeginn nach ca. 10 – 20 Minuten), sie erreichen schneller ihr Wirkmaximum (nach ca. 1 – 2 Stunden) und ihre Wirkung ist früher beendet. Die Wirkdauer hängt stark von der verabreichten Dosis ab und beträgt ca. 3 – 5 Stunden, bei hohen Dosierungen auch länger.

Der schnellere Wirkbeginn macht in manchen Fällen, aber bei Weitem nicht immer, einen Spritz-Ess-Abstand überflüssig. Die Blutzuckerwerte nach den Mahlzeiten sind niedriger als bei der Verwendung von Normalinsulin (bei gleichem Bolustiming), und auch zur Korrektur erhöhter Blutzuckerwerte, sind die Analoginsuline besser geeignet. Der Hauptvorteil der schnell wirkenden Analoginsuline ist jedoch die im Vergleich zu Normalinsulin kürzere Wirkdauer. Dadurch wird ein flexiblerer Lebensstil möglich, z. B. kann man spontaner Sport treiben.

Ultraschnell wirkendes Analoginsulin

Zahlreiche Firmen arbeiten an noch schnelleren Analoginsulinen. Vor allem für die Pumpentherapie und in Zusammenhang mit Closed-Loop-Systemen wäre eine noch schnellere und kürzere Wirkung hilfreich.


Vom Normalinsulin wird über schnelles Analoginsulin bis zum ultraschnellen Analoginsulin der Wirkbeginn schneller, die maximale Wirkstärke größer und die Wirkdauer kürzer.


Die Wirkdauer von schnell wirkendem Analoginsulin wird häufig unterschätzt (hier am Beispiel Humalog®). Nach Injektion von 6 Einheiten schnellen Analoginsulins ist die Wirkung nach ca. 4 – 5 Stunden beendet, bei 12 Einheiten nach ca. 5 – 6 Stunden und bei 18 Einheiten nach ca. 6 – 7 Stunden (ultraschnelles Analoginsulin wirkt ein wenig kürzer, Normalinsulin wesentlich länger).

Das erste ultraschnelle Analoginsulin ist seit 2017 in Deutschland unter dem Namen Fiasp® („fast-acting insulin aspart“, Novo Nordisk) auf dem Markt. Fiasp® besteht aus dem bereits bekannten Insulin Aspart (NovoRapid®), dessen Aufnahme aus dem Unterhautfettgewebe durch zwei Hilfsstoffe (Nicotinamid und Arginin) weiter beschleunigt wurde. Im Vergleich zu schnell wirkenden Analoginsulinen setzt die Wirkung von Fiasp® etwas rascher ein, sodass ein größerer Anteil des Insulins in der ersten Stunde nach Injektion wirkt. Das Wirkmaximum (1 – 2 Stunden) und die Wirkdauer (3 – 5 Stunden) sind jedoch nur unwesentlich beschleunigt.

Die klinische Erfahrung mit Fiasp® zeigt, dass die Insulinwirkung bei vielen, aber nicht bei allen Patienten beschleunigt wird. Ein Teil der Anwender kehrt wieder zu anderen schnell wirkenden Analoginsulinen zurück.

Praxis-Tipp: Insulinwirkung

Wissen Sie eigentlich, wie schnell, wie lange und wie stark Ihr Insulin wirkt? Das ist vor allem bei Fragen der Bolusüberlappung wichtig. Es ist gar nicht so einfach, sich das abstrakt vorzustellen.

Mit folgendem Webtool kann man sich die Wirkverläufe verschiedener Insuline in beliebigen Dosierungen und sogar die Insulintherapie eines ganzen Tages anzeigen lassen www.hypos.de → Link: „Wie wirkt Ihr Insulin?“ (Individuelle Abweichungen vom gezeigten „Idealmodell“ kommen oft vor, insbesondere ist die Wirkdauer häufig länger als angegeben).

Mehr Informationen zur Wirkdauer von Bolusgaben und eine Abbildung von Insulinabklingkurven finden Sie in Kap. 5.7 (Bolusrechner).

Insulinkonzentration

Standardmäßig wird in den Pumpen Insulin der Konzentration U100 verwendet, in einem Milliliter sind also 100 I.E. enthalten (I.E. = Internationale Einheiten). Bei außerordentlich niedrigem Insulinverbrauch, wie z. B. bei Säuglingen, kann es aufgrund der geringen Durchflussrate theoretisch zu Katheterverschlüssen kommen. Verdünnte Insulinkonzentrationen sorgen für höhere Durchflussraten, sind jedoch als Fertigarzneimittel nicht verfügbar und von den aktuellen Insulinpumpen softwaremäßig nicht vorgesehen. Verdünnte Insulinlösungen sind daher absoluten Ausnahmefällen vorbehalten (siehe Kap. 1.8.4).

1.8.1 Individuelle Auswahl des Pumpeninsulins

Bei der Insulinpumpentherapie kommen in der Regel schnell wirkende Analoginsuline zum Einsatz. In Deutschland verwenden über 90 Prozent der Pumpenträger schnell wirkende Analoginsuline. Die rasche Verbreitung der schnellen Insuline ab der Jahrtausendwende ist im Bereich der jungen Patienten sehr gut dokumentiert (siehe Abb. 11). Sämtliche in diesem Kapitel aufgeführten Insulinarten können in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Hauptargument für schnell wirkendes Analoginsulin in der Pumpe ist die schnellere und kürzere Insulinwirkung, die verschiedene Auswirkungen hat, beispielsweise

schnelleres Wirkmaximum, daher geringerer Blutzuckeranstieg nach dem Essen bei gleichem Bolus-Timing;

etwas schnellerer Wirkbeginn, daher seltener/weniger Spritz-Ess-Abstand (die Hoffnung, dass ein Spritz-Ess-Abstand gar nicht mehr nötig ist, hat sich in der Praxis nicht einmal für das ultraschnelle Analoginsulin erfüllt);

kürzere Wirkdauer, daher frühzeitigere Korrektur erhöhter Blutzuckerwerte möglich;

HbA1c-Verbesserung um 0,2 – 0,5 % in Studien;

geringeres subkutanes Insulindepot, daher mehr Spontaneität z. B. beim Sport (kürzere Vorlaufzeit).

Für die Verwendung von Normalinsulin in der Pumpe gibt es nur noch wenige Argumente, beispielsweise

Allergie auf schnell wirkende Analoginsuline oder enthaltene Konservierungsstoffe,

Bedürfnis nach maximaler Therapiesicherheit (Normalinsulin ist seit sehr langer Zeit im Einsatz und intensiv untersucht),

größeres subkutanes Insulindepot und damit theoretisch geringere Gefahr einer Ketoazidose bei Ausfall der Insulinversorgung; in Studien jedoch kein Unterschied der Häufigkeit,

Verwendung im Rahmen der intraperitonealen Insulinpumpentherapie (Diaport®, CIPII).


Abb. 11: Im Jahr 2007 kam bei 87,2 Prozent der 0 bis 20 Jahre alten Insulinpumpenträger ein schnellwirkendes Analoginsulin zum Einsatz. Gezeigt sind die Daten von 37.206 Patienten (DPV-Wiss Datenbank, Deutschland und Österreich).[17]

Verweildauer des Insulins in der Pumpe

Wie lange darf eine Insulinampulle in der Pumpe verweilen? Bei den meisten Insulinarten gibt es keine zeitlichen Begrenzungen, es sei denn, es besteht der Verdacht auf eine abnehmende Insulinwirkung (z. B. Pumpe in der Sonne zu heiß geworden), dann sollte sofort gewechselt werden. Einzige Ausnahme ist Insulinglulisin (Apidra®): Bei Verwendung dieses Analoginsulins wird in der Fachinformation ein Wechsel der Insulinampulle nach spätestens 48 Stunden empfohlen.

1.8.2 Vorgefüllte Insulinampullen

Vorgefüllte Insulinampullen sind praktisch, aber nicht für alle Insulinpumpenmodelle erhältlich. Hat man sich für ein Insulinpumpenmodell entschieden, gibt es bezüglich der Insulinart keine Auswahlmöglichkeit mehr, wenn man vorgefüllte Pumpenampullen verwenden möchte (Tab. 3, Stand Herbst 2019).


InsulinartInsulinpumpenmodell
Insulin Aspart (NovoRapid®)Roche Accu-Chek Insight, Ypsopump
Humaninsulin (Insuman® Infusat)Roche Accu-Chek Spirit, Accu-Chek Combo

Tab. 3: Aktuell sind nur für Insulinpumpen der Firma Roche und für die Ypsopump vorgefüllte Ampullen erhältlich.

1.8.3 Befüllen von Leerampullen

Die Pumpeninsuline werden – wenn nicht als Fertigampullen (siehe Kap. 1.8.2) – meist in 10-ml-Durchstechflaschen aus der Apotheke bezogen. Für fast jedes Insulinpumpenmodell sind Leerampullen im Angebot (Ausnahme Roche Accu-Chek Insight, Stand Herbst 2019).

Bei jedem Ampullenwechsel muss eine neue Leerampulle aufgezogen werden. Aus Stabilitätsgründen dürfen auf keinen Fall Plastikampullen „auf Vorrat“ aufgezogen werden, selbst dann nicht, wenn diese im Kühlschrank gelagert werden. Das selbstständige Befüllen einer Leerampulle wird hier am Beispiel der Roche Accu-Chek Combo erklärt. Die Leerampullen der anderen Hersteller werden nach einem sehr ähnlichen Prinzip befüllt. Der Zeitaufwand beträgt mit etwas Übung ca. eine Minute.


Schritt 1


Materialien vorbereiten und Hände waschen. Das Insulin sollte annähernd Zimmertemperatur haben (erwärmen in der Hand oder in der Hosentasche).

Schritt 2


Um die Leerampulle zunächst mit Luft zu füllen, ziehen Sie die Aufziehstange des Systems zurück bis Sie einen Widerstand spüren (ca. 3,15 ml).

Schritt 3


Stellen Sie das Insulinfläschchen auf eine feste, ebene Unterlage. Ampullensystem mit der Umfüllhilfe nach unten auf das Fläschchen aufsetzen, bis ein Klicken zu hören ist.

Schritt 4


Die Aufziehstange ganz nach unten drücken und in dieser Position halten, um einen Druck im Fläschchen aufzubauen.

Schritt 5


Fläschchen mit dem Ampullensystem auf den Kopf drehen, ohne die Aufziehstange loszulassen. Jetzt langsam und kontrolliert die Aufziehstange nach unten ziehen – das Insulin wird aus dem Fläschchen aufgezogen.

Schritt 6


Eventuell auftretende Luftbläschen durch Klopfen mit dem Finger und mithilfe der Aufziehstange ins Insulinfläschchen zurückdrücken.

Schritt 7


Das Fläschchen vom Ampullensystem abziehen. Die Aufziehstange jetzt gegen den Uhrzeigersinn drehen, vom Stopfen lösen und abnehmen.

Schritt 8


Die blaue Umfüllhilfe gegen den Uhrzeigersinn drehen und gleichzeitig von der Ampulle abziehen.

Schritt 9


Schutzkappe auf die Ampullenspitze setzen, bis sie einrastet. Aufziehstange und Umfüllhilfe (blaue Komponenten) im Hausmüll entsorgen.

1.9 Kostenübernahme von Insulinpumpe und Verbrauchsmaterial

Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, eine ausreichende und zweckmäßige Patientenversorgung zu gewährleisten, die das Maß des Notwendigen nicht übersteigen darf und die wirtschaftlich sein muss (§ 12 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V). Verständlicherweise wägt der Kostenträger bei jedem gestellten Antrag ab, ob sich die Investition für die zunächst teurere Insulinpumpentherapie im speziellen Fall auch wirklich rentiert. In einer Stellungnahme vom April 2006 stellt eine Arbeitsgruppe des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) fest, dass die Insulinpumpentherapie der ICT nicht grundsätzlich überlegen ist. Das hat zur Folge, dass nach Ansicht des MDK jeder Einzelfall geprüft werden muss.[18]

Vorab möchten wir betonen, dass die Krankenkassen die Kosten für die Insulinpumpentherapie meist übernehmen, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, falls eine anerkannte Indikation besteht (siehe Kap. 1.6) und falls die folgenden Hinweise befolgt werden.

Die Krankenkassen leiten die Antragsunterlagen in der Regel an den MDK weiter, der seine Entscheidung nach standardisierten Abläufen und nach Aktenlage trifft, d. h. ohne weitere Anhörung des verordnenden Arztes oder des Patienten. Wie können die Chancen auf eine Kostenübernahme verbessert werden?

Praxis-Tipp: Beantragung der Kostenübernahme

1.Die vom MDK geforderte Vorgehensweise zur Verordnung von Insulinpumpen muss befolgt werden, inklusive der aufwendigen Dokumentationspflichten.

2.Arzt und Patient müssen die notwendigen Unterlagen mit Sorgfalt erstellen.

3.Atteste oder Gutachten von weiteren Fachärzten, wie z. B. Gynäkologen, Augenärzten oder Nephrologen, unterstützen das Gutachten des Diabetologen sehr.

4.Zusätzlich zu den Diabetes-Daten sollten auch hilfreiche private Informationen einfließen (z. B. Situation am Arbeitsplatz, Schulwechsel, Prüfungen, Pubertät …). Je mehr Information zusätzlich zu den ausgefüllten Formularen geliefert werden, desto vollständiger ist das Bild von der Situation des Antragstellers.

5.Die Entscheidung hängt letztlich von einem Sachbearbeiter ab, der „auch nur ein Mensch“ ist. Häufig ist er durch saubere, vollständige Unterlagen positiv zu stimmen.

Im Folgenden wird erläutert, wie die Beantragung einer Insulinpumpe grundsätzlich abläuft, welche Unterlagen Arzt, Patient und Insulinpumpenhersteller beitragen müssen und worauf es bei der ärztlichen Gutachtenerstellung ankommt.

Die Insulinpumpenhersteller und einige Diabetesfachhändler bieten Ärzten und Patienten administrative Unterstützung beim Beantragungsprozess an. Auf Anfrage sind aktuelles Informationsmaterial und Hilfen zur Gutachtenerstellung erhältlich. Die kompetenten Mitarbeiter sind aus verständlichen Gründen ständig auf dem Laufenden und sollten frühzeitig hinzugezogen werden (Kontaktadressen siehe Kap. 19.7).

1.9.1 Ablauf der Beantragung einer Insulinpumpe

a) Erstverordnung einer Insulinpumpe

Der Umstieg von der ICT auf die Insulinpumpentherapie ist mit einem insgesamt halbjährigen Kostenübernahme-Marathon verbunden. In Abbildung 12 ist dargestellt, welche Aufgaben dabei Patient, Arzt und Insulinpumpenhersteller bzw. Diabetesfachhändler zukommen.

b) Folgeverordnung einer Insulinpumpe

Die aktuell verfügbaren Insulinpumpen haben keine Laufzeitbegrenzung mehr, eine Pumpe muss also nicht zwingend nach einer bestimmten Zeit durch ein neues Modell ersetzt werden. Die Hersteller gewährleisten vier Jahre lang eine einwandfreie Funktion der Insulinpumpe (Garantiezeit). Kommt es während dieser Zeit zu einem Defekt, wird die Pumpe kurzfristig auf Kosten des Herstellers ausgetauscht. Im Falle eines Defekts nach Ablauf der Garantiezeit muss eine Kostenübernahme für eine neue Insulinpumpe beim Kostenträger beantragt werden („Insulinpumpen-Folgeverordnung“).

c) Vorzeitiger Wechsel des Insulinpumpenmodells

Deutlich komplizierter wird es, wenn man vor Ablauf der Garantiezeit eine andere Insulinpumpe möchte, denn die Krankenkasse hat ja bereits für vier Jahre bezahlt. Relativ gute Chancen bestehen im seltenen Fall, wenn das aktuelle Pumpenmodell aus triftigen Gründen nicht mehr getragen werden kann (z. B. Unverträglichkeit des verfügbaren Kathetermaterials oder des einzigen verfügbaren Pumpeninsulins). Auch wäre denkbar, dass therapeutische Probleme bestehen, die mit einer weiterentwickelten Insulinpumpe deutlich besser lösbar sind (z. B. könnten unvorhersehbare Nachtverläufe in einigen Jahren durch Hybrid-Closed-Loop-Systeme gebessert werden). In diesen Fällen sollten Sie im Vorfeld Kontakt mit ihrer Krankenkasse aufnehmen und den Antrag gemeinsam mit Ihrem Diabetesteam ausführlich begründen. Die angeführten Argumente müssen „wasserdicht“ belegt werden, z. B. durch allergologische Atteste oder durch Notarztprotokolle zum Nachweis schwerer Hypoglykämien, damit überhaupt eine Chance auf einen vorzeitigen Pumpenwechsel besteht.


Abb. 12: Kostenübernahmeprozess bei Erstverordnung einer Insulinpumpe (nach [19], [20]). Der abgebildete Prozess orientiert sich an den Empfehlungen des MDK. Einzelne Krankenkassen und Bundesländer haben spezifische Anforderungen. Diese Prozessbeschreibung kann nicht alle regionalen Besonderheiten abdecken und soll als allgemeiner Leitfaden dienen (CSII = continuous subcutaneous insulin infusion = kontinuierliche subkutane Insulininfusion = Insulinpumpentherapie).

1.9.2 Unterlagen zur Beantragung der Insulinpumpentherapie

Die Erstverordnung einer Insulinpumpe erfordert einigen Papierkram. Der Antrag muss in zwei Stufen gestellt werden (siehe Kap. 1.9.1): Zuerst muss ein Antrag auf Erprobung der Insulinpumpentherapie gestellt werden (siehe Tabelle 4, Punkt 1). Nach Abschluss der Probephase werden zur Dokumentation, dass sie erfolgreich verlaufen ist, weitere Unterlagen beim Kostenträger eingereicht (siehe Tabelle 4, Punkt 2). Wird bei bereits laufender Insulinpumpentherapie eine neue Insulinpumpe fällig, muss eine Folgeverordnung beantragt werden (siehe Tabelle 4, Punkt 3). (Nach [21], [22])

Vor Einsendung von Unterlagen an die Krankenkasse sollte auf jeden Fall geklärt werden, welches Vorgehen und welche Unterlagen im Einzelfall erwartet werden, da einige Kostenträger von dem geschilderten Verfahren abweichen. Der Patient sollte von den eingesendeten Unterlagen immer eine Kopie anfertigen, falls z. B. die Blutzuckertagebücher bei der Krankenkasse verloren gehen.

Seit 2017 dürfen Unterlagen, die für den MDK bestimmt sind, aus Datenschutzgründen nicht mehr an die Krankenkasse geschickt werden. Stattdessen muss der Arzt sein Gutachten und die weiteren medizinischen Unterlagen direkt an den MDK schicken, wofür er von der Krankenkasse einen Freiumschlag und einen Weiterleitungsbogen erhält (sogenanntes „Umschlagverfahren“ – es lebe die Bürokratie).

Unterlagen zum Antrag auf Erprobung der Insulinpumpentherapie Unterlagen nach Abschluss der ca. dreimonatigen Probephase Unterlagen zum Antrag auf eine Insulinpumpen-Folgeverordnung
ArztGutachten zur Erprobung der Insulinpumpentherapie (siehe Kap. 1.9.3)Rezept über die Verordnung der Insulinpumpeggf. Atteste oder Gutachten weiterer FachärzteGutachten nach Insulinpumpenerprobung (Verlaufsgutachten) (siehe Kap. 1.9.3)Gutachten zur Folgeversorgung mit der Insulinpumpentherapie (siehe Kap. 1.9.3)Rezept über die Verordnung der Insulinpumpeggf. Atteste oder Gutachten weiterer Fachärzte
PatientPatientenanfrage (formloser Antrag auf Erprobung der CSII)Kopie des „Gesundheits-Pass Diabetes“Blutzuckertagebücher der letzten 3 Monate unter ICT mit folgenden Informationen:-Blutzuckerwerte oder ausgelesene und ausgedruckte CGM/FGM Kurven mit Datum und Uhrzeit (mindestens 4 x täglich)-Art, Dosis und Uhrzeit der Basal- und Bolusinsulingaben-konsumierte Kohlenhydrate/BE/KHE-BE-Faktor (Insulineinheiten pro BE/KHE)-Korrekturfaktor, Zielblutzucker-Maßnahmen bei besonderen Ereignissen (z. B. Sport, Krankheit, ungewohnte Nahrung)Blutzuckertagebücher der ersten drei Monate unter der CSII mit folgenden Informationen:-Blutzuckerwerte mit Datum und Uhrzeit (mindestens 4 x täglich)-Dosis und Uhrzeit der Bolusgaben-Basalrateneinstellung und deren Veränderungen-konsumierte Kohlenhydrate/BE/KHE-BE-Faktor (Insulineinheiten pro BE/KHE)-Korrekturfaktor, Zielblutzucker-Maßnahmen bei besonderen Ereignissen (z. B. Sport, Krankheit, ungewohnte Nahrung)Patientenanfrage (formloser Antrag auf Weiterführung der Insulinpumpentherapie)Kopie des „Gesundheits-Pass Diabetes“Blutzuckertagebücher oder kontinuierliches Glukosesensortagebuch der letzten 3 Monate unter der Insulinpumpentherapie mit folgenden Informationen:-Blutzuckerwerte mit Datum und Uhrzeit (mindestens 4 x täglich)-Dosis und Uhrzeit der Bolusgaben-Basalrateneinstellung und deren Veränderungen-Konsumierte Kohlenhydrate/BE/KHE-BE-Faktor (Insulineinheiten pro BE/KHE)-Korrekturfaktor, Zielblutzucker-Maßnahmen bei besonderen Ereignissen (z. B. Sport, Krankheit, ungewohnte Nahrung)
InsulinpumpenherstellerKostenvoranschlag für die InsulinpumpeKostenvoranschlag für die Insulinpumpe

Tab. 4: Übersicht der nötigen Unterlagen zur Beantragung der Insulinpumpentherapie

1.9.3 Inhaltliche Schwerpunkte bei der ärztlichen Gutachtenerstellung

Drei verschiedene Typen von ärztlichen Gutachten sind im Verlauf einer „Insulinpumpenkarriere“ notwendig (siehe Kap. 1.9.1 und 1.9.2). Worauf es im Detail ankommt, um den Anforderungen des MDK zu genügen, wird im Folgenden kurz umrissen. Konkrete Unterstützung bei der Gutachtenerstellung leisten die Insulinpumpenhersteller (Kontaktadressen siehe Kap. 19.7).

Gutachten zur Erprobung der Insulinpumpentherapie

Voraussetzungen:

Eine harte Indikation für die Insulinpumpentherapie besteht (siehe Kap. 1.6)

Der Patient hat sich für die Insulinpumpentherapie entschieden und während der vergangenen 3 Monate unter ICT gewissenhaft ein Blutzuckertagebuch oder kontinuierliches Glukosesensortagebuch zur Einreichung beim Kostenträger geführt (siehe Kap. 1.9.2).

Trotz Ausschöpfung aller sinnvollen Optimierungen können mit der ICT die vereinbarten Therapieziele nicht erreicht werden. Insbesondere wurden nachfolgende Anpassungsmöglichkeiten bzw. Korrekturmaßnahmen durchgeführt: Veränderung der Insulindosis, Anpassung des Basalinsulins (inkl. Dosis, Injektionszeitpunkt, Injektionshäufigkeit, Verwendung langwirkender Analoginsuline), Dosisfindung mit Einstellungsversuch ohne Störfaktoren, Hypoglykämie-Problematik (nachvollziehbare Anpassungen), ggf. Ernährungsberatung und Schulung.

Inhalt des ärztlichen Gutachtens zur Insulinpumpenerprobung:

Diabetologisch-fachärztlich erweiterte Begründung: konkrete Einstellungsproblematik unter ICT; welche Maßnahmen wurden zur Lösung des Problems im Rahmen der ICT bereits durchgeführt (Korrekturmaßnahmen, siehe oben)?

Angabe von Diabetestyp und -dauer

Datum der letzten ICT-Schulung

Die letzten 4 HbA1c-Werte unter ICT mit Datum und Normbereich

Mitteilung der individuell vereinbarten Therapieziele

Angabe der Häufigkeit von Hypoglyämien mit Fremdhilfe unter ICT (inkl. Datum) in den letzten 12 Monaten. Eventuell vorhandene Notarztprotokolle sollten in Kopie beigelegt werden.

Welche Insulinpumpe soll eingesetzt werden?

Gutachten nach Insulinpumpenerprobung (Verlaufsgutachten)

Diabetologisch-fachärztliche Darstellung der Pumpenerprobung (Therapieerfolg: Annäherung an die in (1) definierten Therapieziele) mit konkreten Verweisen auf die Blutzuckerdokumentation oder Glukosesensordokumentation des Patienten

Datum des Beginns der Insulinpumpenerprobung

HbA1c-Wert (Datum und Normbereich) am Ende der ca. dreimonatigen Pumpenerprobung

Angabe der Häufigkeit von Hypoglykämien mit Fremdhilfe (inkl. Datum) unter der Pumpentherapie

Gutachten zur Folgeversorgung mit der Insulinpumpentherapie

Mitteilung der individuell vereinbarten Therapieziele und ob diese bisher mit der Insulinpumpentherapie erreicht wurden (mit Verweis auf die Blutzuckerdokumentation oder Glukosesensordokumentation des Patienten)

Angabe der Häufigkeit von Hypoglykämien mit Fremdhilfe (inkl. Datum) unter der Pumpentherapie

Mitteilung der letzten 4 HbA1c-Werte mit Datum und Normbereich unter der Insulinpumpentherapie

Datum des Beginns der Insulinpumpentherapie

1.9.4 Probleme bei der Kostenübernahme

Ein Antrag auf Kostenübernahme der Insulinpumpentherapie wird in der Regel ohne Probleme genehmigt, wenn eine klare medizinische Indikation zur Insulinpumpentherapie vorliegt (siehe Kap. 1.6), wenn das ärztliche Gutachten kein „Standardtext“, sondern wirklich für den Einzelfall formuliert und begründet ist (siehe Kap. 1.9.3) und wenn die Antragsunterlagen vollständig sind (siehe Kap. 1.9.2).

Doch selbst unter perfekten Bedingungen kann die Kostenübernahme-Prozedur ins Stocken geraten. Böse Zungen unterstellen den Kostenträgern dabei sogar eine Verzögerungstaktik, denn jeder Tag ohne Insulinpumpe ist für die Krankenversicherung ein „guter“, preisgünstiger Tag (die langfristigen Einsparungen durch weniger Folgeerkrankungen sind für die Kostenträger offenbar kein Argument). Und je länger der Patient mit einer Injektionstherapie zurechtkommen muss und je länger ihm dies ohne schwere Stoffwechselentgleisungen gelingt, desto leichter fällt es der Krankenkasse, zu argumentieren, dass die Pumpe ja eigentlich gar nicht nötig ist.

Problem 1: Rückfragen nach Einreichung der Antragsunterlagen

Bei der Bearbeitung eines Kostenübernahmeantrags müssen die Mitarbeiter der Krankenkassen und des MDK ellenlange Checklisten abarbeiten. Nicht selten stoßen sie dabei auf offene Fragen oder fehlende Unterlagen. Alle Rückfragen müssen zeitnah und umfassend beantwortet werden, und zwar unabhängig davon, ob sie als sinnvoll erachtet werden oder nicht. Fehlende Unterlagen müssen akribisch erstellt und unverzüglich nachgereicht werden. Kann eine Rückfrage nicht beantwortet werden, ist ein entsprechender Hinweis an die Krankenkasse zu empfehlen, um das Verfahren nicht unnötig zu verzögern.

Problem 2: Ablehnung der Kostenübernahme

Hat die Krankenversicherung den Kostenübernahmeantrag für die Insulinpumpentherapie abgelehnt, obwohl eine medizinische Indikation vorliegt, sollte der Patient unverzüglich gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen. Wird im Bescheid über die einmonatige Widerspruchsfrist belehrt, muss diese unbedingt eingehalten werden. Zur Wahrung der Frist ist eine formlose Erklärung ausreichend, die aus Beweisgründen schriftlich verfasst werden sollte. Die (medizinische) Begründung kann nachgereicht werden. Daher: Sofort Widerspruch einlegen!

Gleichzeitig sollte der zukünftige Pumpenträger bei seiner Krankenkasse das Gutachten des MDK anfordern, damit er und sein Diabetologe in der Widerspruchsbegründung auf die Argumente des MDK Bezug nehmen können (Recht auf Akteneinsicht gemäß § 25 SGB X). Nach dem Widerspruch hat der Kostenträger drei Monate Zeit, darüber zu entscheiden.

Problem 3: Erfolgloser Widerspruch

Wurde ein Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt und war auch ein Widerspruch erfolglos, kann der Patient prozesskostenfrei Klage vor dem Sozialgericht erheben. Von einer Klage in „Eigenregie“ ist abzuraten. Stattdessen sollte spätestens jetzt ein spezialisierter Anwalt mit einschlägiger Erfahrung hinzugezogen werden (siehe Kasten: Praxis-Tipp Rechtsberatung). Die damit verbundenen Kosten werden in der Regel von einer Rechtsschutzversicherung getragen. Wer ein geringes Einkommen hat, kann Prozesskostenhilfe beantragen. In begründeten Fällen sind die Chancen gut, vor dem Sozialgericht recht zu bekommen. Allerdings dauert ein solcher Rechtsstreit erfahrungsgemäß Monate oder Jahre. Um nicht so lange auf die Pumpentherapie warten zu müssen, kann unter Umständen im Wege des Eilrechtsschutzes eine vorläufige Entscheidung erwirkt werden.

Nicht wenige Patienten wechseln in einer solchen Situation aber auch einfach die gesetzliche Krankenkasse, um bei der neuen Kasse einen erneuten Antrag zu stellen – mit hoffentlich besserem Ergebnis.

Siehe auch Praxis-Tipp „Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse – so geht's“ in Kap. 12.5.3.

Praxis-Tipp: Rechtsberatung

www.diabetikerbund.de

Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB), die größte Selbsthilfeorganisation für Diabetiker in Deutschland, hat das Rechtsberatungsnetz „Zucker im Blut – Recht im Leben“ geschaffen. Über den DDB-Bundesverband (Tel. 030/420824980) wird im Bedarfsfall Kontakt zu einem spezialisierten Rechtsanwalt hergestellt. Für DDB-Mitglieder ist eine anfängliche Rechtsberatung kostenfrei.

www.diabetes-und-recht.de

Der Rechtsanwalt Oliver Ebert, bekannt durch Beiträge im „Diabetes Journal“ und als Autor der Diabetestagebuchsoftware Diabass®, veröffentlicht auf seiner Internetseite hilfreiche allgemeine Informationen zu Rechtsfragen für Diabetiker und bietet seine Dienste an.

www.ihr-gesundheitsrecht.de

Die Rechtsanwältin Sabine Westermann ist spezialisiert auf Widerspruchsverfahren bei Insulinpumpen- und CGM-Kostenübernahmeanträgen (Kaskelstraße 29, 10317 Berlin, Tel. 030/57797776, Fax 030/57797281, E-Mail info@ihr-gesundheitsrecht.de).

1.9.5 Verbrauchsmaterial der Insulinpumpentherapie – Kostenübernahme und praktische Tipps

Wenn die Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Insulinpumpe erklärt (siehe Kap. 1.9.1 bis 1.9.4), dann gehört dazu notwendigerweise auch das Verbrauchsmaterial. Hierbei gelten besondere „Spielregeln“, die im Folgenden beschrieben werden.

Das Verbrauchsmaterial kostet mehr als die Anschaffung einer Insulinpumpe.

Insulinkatheter, Aufziehampullen und weiteres Zubehör sind aus wirtschaftlicher Sicht keine unwichtigen Einmalartikel, sondern in der Summe sogar wesentlich teurer als die Anschaffung einer Insulinpumpe (ca. 4.000 €). So liegen z. B. die Kosten für ein Infusionsset bei ca. 10 € pro Stück. Wird der Katheter alle 2 Tage gewechselt, entstehen dafür Kosten von ca. 1.800 € im Jahr, während der vierjährigen Garantiezeit der Pumpe von ca. 7.000 € – allein für die Insulinkatheter.

Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, eine „ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche“ Versorgung ihrer Versicherten sicherzustellen (§ 12 Sozialgesetzbuch V). Schließlich geht es nicht nur um die Gesundheit, sondern auch um das Geld der Versicherten.

Welche Bezugsquellen gibt es für Insulinpumpenzubehör?

Mit dem Ziel der Kostenreduktion haben die gesetzlichen Krankenkassen Vereinbarungen mit sogenannten „Leistungserbringern“ getroffen. Leistungserbringer sind …

Pumpenhersteller,

Diabetes-Versandhändler (ggf. mit Läden in der Nähe von Diabetes-Schwerpunktpraxen) und

Apotheken,

… die Versorgungsverträge mit den Kassen abgeschlossen haben. Diese Verträge regeln nicht nur den Preis für das Zubehör, sondern auch welche Qualitätsstandards und Lieferzeiten einzuhalten sind und was der Kundenservice leisten muss. Ohne eine solche Vereinbarung dürfen die Leistungserbringer kein Verbrauchsmaterial an Pumpenträger abgeben.

Die meisten Pumpenträger in Deutschland beziehen das Zubehör von einem der großen Diabetes-Versandhändler oder vom Hersteller. Nur relativ wenige Apotheken haben die genannten Versorgungsverträge abgeschlossen. Vorteile der Diabetes-Versandhändler sind z. B. ein großes herstellerübergreifendes Sortiment, verschiedene Bestell-Möglichkeiten (Rezept einsenden/Telefonhotline/E-Mail/Internet/Bestellung per App …) und die kostenlose Lieferung nach Hause. Mögliche Nachteile sind vor allem der postalischen Lieferung geschuldet (Lieferzeit, unsichere Lagertemperatur während der Auslieferung, Probleme bei der Paketzustellung etc.).

Namen und Kontaktadressen einiger Diabetes-Versandhändler und der Pumpenhersteller: Siehe Anhang (Kap. 19.7).


Abb.: alvarez – iStockphoto

Welche Verordnungsformen gibt es für Insulinpumpenzubehör?

Die aktuell häufigste Form ist, dass der Arzt das Insulinpumpenzubehör als sogenannte „Pauschalverordnung“ gleich für ein ganzes Jahr rezeptiert (auch „Jahresrezept“ genannt). Hat die Krankenkasse z. B. mit dem Diabetes-Versandhändler einen Versorgungsvertrag abgeschlossen, überweist sie dem Händler eine monatliche Pauschale von ca. 200 €, unabhängig davon, wie viele Insulinkatheter, Insulinampullen etc. der Pumpenträger dann beim Versandhändler abruft.

Weniger häufig sind Einzelverordnungen, bei denen z. B. jede Katheterlieferung einzeln rezeptiert wird. Eine größere, aber genau festgelegte Menge von z. B. Blutzuckerteststreifen kann als Dauerverordnung rezeptiert werden, wobei gleich ein Lieferplan festgelegt wird (z. B. für ein Jahr mit quartalsweiser Zustellung).

Etwas komplizierter wird die Sachlage durch zwei Probleme:

Viele Pumpenträger wissen nicht, nach welcher Verordnungsform sie beliefert werden. Die Krankenkassen informieren die Patienten nicht immer verständlich darüber. Auch die Leistungserbringer haben kein ureigenes Interesse daran, dass die Patienten darüber Bescheid wissen (denn je weniger Material der Pumpenträger bei einer Pauschalverordnung abruft umso besser!). Falls Ihnen nicht klar ist, nach welchem System Ihre Versorgung mit Pumpenzubehör funktioniert und wie viel Material Ihnen „zusteht“, fragen Sie direkt bei Ihrer Krankenkasse nach!

Teilweise stellen Krankenkassen und Leistungserbringer die Versorgungsform ohne Rücksprache mit Diabetesteam und Patient um. Stellt ein Arzt z. B. am Jahresanfang eine Einzelverordnung für Insulinkatheter aus, ohne zu wissen dass die Krankenkasse und der Diabetes-Versandhändler einen laufenden Vertrag mit Pauschalversorgung haben, so kann die Einzelverordnung weitgehend unbemerkt als Jahresrezept interpretiert werden. Das ist zunächst kein Problem und vielleicht sogar praktisch, kann später aber z. B. bei einem Wechsel der Bezugsquelle Ärger machen (ein Wechsel des Leistungserbringers ist nur auf Antrag möglich).

Wie sollte ein Rezept für Insulinkatheter, Insulinampullen etc. formuliert sein?

Ihr Diabetesteam sollte wissen, wie eine Einzel-, Dauer- oder Pauschalverordnung aussehen muss. Hier sind Beispiele für die jeweiligen Verordnungsformen:

Einzelverordnung: 10 x 50 Blutzuckerteststreifen vom Typ …

Dauerverordnung: Langzeitverordnung; gültig vom 01.01.2020 – 31.12.2020; Gesamtbedarf: 48 x 50 Blutzuckerteststreifen; Lieferzyklus: Quartal; Diagnose: Diabetes mellitus Typ 1.

Pauschalverordnung: Versorgungszeitraum 01.01.2020 – 31.12.2010; Diagnose: Diabetes mellitus Typ 1; Therapieform: Insulinpumpentherapie; Insulinpumpenzubehör.

Wie viele Insulinkatheter bekomme ich pro Quartal?

Ein Pumpenträger erhält so viel Verbrauchsmaterial wie medizinisch notwendig, und zwar unabhängig von der Verordnungsform (Einzel- oder Pauschalverordnung). Das klingt nach einer Binsenwahrheit, jedoch kommt es im Rahmen von Pauschalverordnungen immer wieder zu Auseinandersetzungen, vor allem bei der Zahl der Insulinkatheter.

Der Grund für die Querelen bei einer Pauschalversorgung ist leicht zu verstehen. Ein typisches Beispiel:

Der Patient Bernd arbeitet als Landschaftsgärtner und muss immer nach der Arbeit sein Infusionsset wechseln (nach dem Duschen), da die Infusionsstelle dann stark verschmutzt ist und das Pflaster aufgrund der Schweißbildung nicht mehr gut hält. Er verwendet eine Stahlkanüle und benötigt ca. 24 Insulinkatheter im Monat.

Die Krankenkasse überweist dem Versandhändler ca. 200 € im Monat, wie sie es im Versorgungsvertrag mit dem Händler vereinbart hat. Damit sind sämtliche Kosten für das Insulinpumpenzubehör pauschal abgegolten, egal wie viele z. B. Insulinkatheter im Einzelfall benötigt werden.

Der Diabetes-Versandhändler/Leistungserbringer würde mit einem Patienten, der seinen Insulinkatheter seltener wechselt als empfohlen einen deutlichen Gewinn machen (Stahlkatheter: Wechsel empfohlen nach 1 – 2 Tagen, Teflonkatheter: nach 2 – 3 Tagen). Im Fall von Bernd, der nicht 15 sondern 24 Insulinkatheter im Monat benötigt, entstehen zwar überdurchschnittliche Kosten, der Versorgungsvertrag ist jedoch eine Mischkalkulation, sodass der Mehrbedarf des einen durch den Minderbedarf des anderen Patienten ausgeglichen werden sollte.

Das Prinzip der Pauschalversorgung ist konfliktträchtig, nicht selten werden die Querelen zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse auf dem Rücken der Patienten ausgetragen. Logischerweise muss ein Leistungserbringer kostendeckend arbeiten. Sein Gewinn fällt höher aus, wenn die Patienten die Infusionssets im Durchschnitt länger tragen als empfohlen. Hingegen schmälern Patienten, die häufiger wechseln müssen (d. h. mit „Mehrbedarf“), den Gewinn des Leistungserbringers.

Einige Krankenkassen vergüten einen medizinisch begründeten Mehrbedarf auf Antrag des Leistungserbringers zusätzlich, einige tun dies nicht – je nach Formulierung des Versorgungsvertrags (dieser wird meist konsequent geheim gehalten). Wie man bei Problemen mit der Lieferung von Mehrbedarf vorgehen kann, ist im Praxis-Tipp beschrieben.

Werden auch Tragelösungen, Desinfektionsmittel und Pflastermaterial bezahlt?

Je nach Produktkategorie gelten verschiedene Regeln in der gesetzlichen Krankenversicherung:

1.Kostenübernahme bis zweimal pro Jahr

–Tragesysteme für Insulinpumpen (nur Original-Tragesysteme der Insulinpumpen-Hersteller!)

2.Keine allgemeine Kostenübernahme, nur im Einzelfall / bei guter Begründung

–Produkte zum Schutz vor Hautreizungen unter dem Pflaster

–Folien, Klebevlies und Pflaster zur Fixierung von Sensoren, Pods und Infusionssets

3.Keine Kostenübernahme

–Textilien/Unterwäsche mit eingenähten Pumpentaschen

–„Reine Dekorationsartikel“, z. B. Klebefolien für Insulinpumpen oder CGM-Sensoren

–Mittel zur Hautdesinfektion oder Pflasterentferner, z. B. alkoholische Sprühlösungen, Alkoholtupfer

–Armgurte zur Fixierung von Sensoren

–(Kinesio-)Tapes zur Fixierung von Sensoren

Praxis-Tipp: Zu wenig Insulinkatheter – was tun?

Bekommen Sie von Ihrem Versandhändler/Leistungserbringer z. B. nicht genügen Insulinkatheter, da Sie mehr Katheter benötigen als vorgesehen? Das kann passieren, wenn die Krankenkasse den Leistungserbringer nach einer Pauschalvereinbarung bezahlt. In einem solchen Fall empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

1.Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Krankenkasse auf, um zu erfahren, wie viele z. B. Insulinkatheter Ihnen laut Versorgungsvertrag (geheim!) zustehen. Möglicherweise zeigt sich bereits an dieser Stelle, dass der Leistungserbringer Ihnen mehr Insulinkatheter schicken muss.

2.Falls es so einfach noch nicht klappt: Lassen Sie sich von Ihrem Arzt bescheinigen, dass Sie aus medizinischen Gründen z. B. mehr Insulinkatheter/Pods benötigen als vom Hersteller vorgesehen.

–Achten Sie darauf, dass das Attest plausibel ist – es müssen glaubhafte Gründe angeführt werden (z. B. Klebeprobleme, Allergieprobleme, Hygieneprobleme, sehr hoher Insulinbedarf bei Patch-Pumpe …). Eine gute Dokumentation von Patientenseite unterstützt ein solches Attest wirkungsvoll.

–Ohne medizinische Begründung haben Sie keine Chance auf mehr Material bzw. müssen dies selbst bezahlen.

3.Die Krankenkasse lässt den Fall möglicherweise vom Medizinischen Dienst (MDK) prüfen:

–Ergibt die Prüfung, dass der Mehrbedarf medizinisch erforderlich ist, müssen Sie ausreichend viel Verbrauchsmaterial erhalten. Ob dieser auf Kosten der Krankenkasse oder auf Kosten des Versandhändlers geht (je nach Formulierung des geheimen Versorgungsvertrags) werden Sie meist nicht erfahren.

–Ergibt die Prüfung, dass der Mehrbedarf medizinisch nicht erforderlich ist, können Sie Widerspruch einlegen (erneute Argumentation) oder den zusätzlichen Bedarf selbst bezahlen.

CGM- und Insulinpumpenfibel

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